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Zitat von FlyLive
Die Entscheidung beleidigt zu sein, ist beim Beleidigten und nicht bei dessen Gesprächspartner.
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Ich habe ein schlechtes Gewissen, erneut zu antworten, weil unser Dialog schon recht viel Raum eingenommen hat und nun erstmal andere Teilnehmer zu Wort kommen müssten.
Aber das Thema der Beleidigung schimmert immer wieder durch, und deswegen lohnt es sich vielleicht, nochmal etwas dazu zu schreiben.
Um es anschaulich zu machen, ein kurzer Ausflug zum berühmten "Blasphemie-Paragraphen":
Der deutsche "Blasphemie-Paragraph" ist das Verbot, religiöse Dinge zu verunglimpfen. Entscheidendes Kriterium ist die Störung des öffentlichen Friedens. Man könnte auch sagen, es geht um den Grad der öffentlichen Aufruhr, der darüber entscheidet, ob etwas zulässig ist oder nicht. Klingt erstmal vernünftig.
Nun könnten bestimmte Religionsgemeinschaften auf den Dreh kommen, bei jeder Kleinigkeit völlig aus der Haut zu fahren. Auf diese Weise würde eine eher freiheitliche Regelung, die lediglich den öffentlichen Frieden nicht mutwillig gestört sehen möchte, dazu führen, dass überhaupt keine Freiheit mehr besteht. Mehr noch: Die Entscheidung darüber, was zulässig ist, läge allein bei den Religionsgemeinschaften -- weil diese darüber entscheiden, wann sie aus der Haut fahren. Andersdenkende wären dieser Willkür machtlos ausgeliefert.
Aus diesem Grund kann die Entscheidung, was als Beleidigung gilt,
nicht allein von
einer Partei abhängen.
Soweit ich weiß, richtet sich die Rechtsprechung vor allem danach, ob bestimmte Äußerungen
allein den Zweck verfolgten, etwas herabzusetzen, oder ob stattdessen eine inhaltliche Auseinandersetzung stattfand. Bei einer inhaltlichen Auseinandersetzung überwiegt das Recht der freien Meinungsäußerung.
Ich finde das weise und würde es auch auf den alltäglichen Umgang übertragen. Wer also sein eigenes Beleidigt-Sein dazu verwendet, die Debatte zu beenden oder bestimmte, berechtigte Inhalte zu verhindern, der liegt falsch. Der muss lernen, weniger beleidigt zu sein oder es auszuhalten.