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Weil gerade von Hong Kong die Rede war: Ich sehe mir diese Bilder im Fernsehen an, wie die entmachtete Bevölkerung dort für Freiheit und Demokratie kämpft, in praktisch aussichtsloser Lage, wenn man die enorme Übermacht von China bedenkt.
Und hier in Deutschland haben wir offenbar nichts anderes zu tun als darüber zu zanken, ob eine Flugreise nach Mallorca weiterhin 29 Euro kosten darf, oder ob Bahntickets um 7 Prozent günstiger werden, oder ob wir ein Mittagessen ohne Fleisch aushalten können.
Das sind kleine Problemchen, die wir bequem in Freiheit und Sicherheit angehen können. Unser Leben wird weiterhin Spaß machen, auch während einer Phase der Neuorientierung, in der wir vielleicht noch nicht überall eine optimale Lösung gefunden haben. Aber das Schlimmste, was mir persönlich passieren kann, ist etwas mehr Gedränge in der S-Bahn, oder eine Reservierungspflicht im ICE, oder ein höherer Preis auf Lebensmittel, die vom anderen Ende des Planeten stammen.
Ich bin sogar in der komfortablen Lage, kein Politiker und kein Ingenieur der Energiewirtschaft zu sein. Ich gehöre also nicht zu denen, die tatsächlich etwas Großes beitragen können und werden. Ich bin lediglich ein Konsument, und offenbar wird von mir erwartet, dass ich meinen Fleischkonsum reduziere, oder dass ich mal über einen Urlaub mit der Bahn nachdenke, oder dass ich in der Stadt mit dem Fahrrad fahre.
Ja, du meine Güte! Dann mache ich das halt.
Wenn das der Preis ist, dann sind wir weiß Gott nochmal günstig davongekommen. Die Bürger in Hong Kong zahlen einen ganz anderen Preis. Die wären froh, wenn es so günstig wäre. Und so verhält es sich nicht nur in Hong Kong, sondern an vielen, vielen Stellen unserer Welt.
Auch in der Vergangenheit mussten die Menschen immer wieder einen Preis dafür bezahlen, dass die Reise weiterging. Arne hat die Pest-Epidemien der vergangenen Jahrhunderte angesprochen. Die Menschen damals haben einen enormen Preis bezahlt, und es war verdammt knapp. Denken wir an die AIDS-Epidemie der 90er-Jahre -- aber stellen wir uns vor, dieses Virus wäre durch die Luft übertragbar gewesen wie eine Grippe. Oder es hätte sich über das Trinkwasser verbreitet. Das hätte das Ende sein können. Solche Katastrophen wird es auch in Zukunft geben: Warten wir mal ab, welche Bakterien aus Afrika sich plötzlich im wärmeren Europa wohlfühlen und dort auf eine wehrlose Tier- und Pflanzenwelt treffen.
Wenn's diesmal nur ein bissl CO2 ist, wenn's also nur der Elektromotor anstelle des Diesels ist, dann können wir alle sehr erleichtert sein. Dann sind wir dem Teufel noch mal von der Schippe gesprungen.
Ärmel hochkrempeln, anpacken, mitmachen. Wer stattdessen an der Seitenlinie stehen will, um von dort mit schlauen Sprüchen den Leuten die Motivation zu nehmen, der soll das tun, denn wir sind ein freies Land. Man kann sich ja die Ohren zuhalten. Das ist eben der Preis, den wir für diese Freiheit bezahlen.
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