Szenekenner
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Schnodos Schnorchelei Version 2.0
Weil ich bei der Ausübung der ursprünglichen Folge und beim Gespräch mit experimentierfreudigen Schwimmern und Schwimmerinnen festgestellt habe, dass diese sich noch verbessern und besser beschreiben lässt, habe ich Schnodos Schnorchelei Version 2.0 aufgelegt. Es handelt sich hierbei um keine neue verbesserte Rezeptur, wie ich sie leider oft bei meinen Lieblingsprodukten erlebe, sondern eher um einen "director's cut" mit entsprechender Länge.
Die Übungsfolge habe ich entworfen, um folgende Probleme in meiner Kraulbewegung zu adressieren: - schlechte Wasserlage
- ineffektiver Zug
- schlechte Streckung
- zu weiter Beinschlag
- unrhythmischer Beinschlag
- ineffizientes Anstellen ("catch")
- Führen des Zuges mit dem Ellenbogen ("dropped elbow")
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Schnodos Schnorchelei Version 2.0 ist eine hybride Übungsfolge, die mit isolierten Übungen beginnt und schließlich in eine Progression aufeinander aufbauender Übungen mündet. Jede Übung ist, wenn nicht anders angegeben, mit Schnorchel zu absolvieren. Vorher nach Lust und Laune einschwimmen* oder schon mal mit macoios Eisenbahnschienen die eckigsten Kanten rundschleifen, oder beides machen.
Bildinhalt: Streamline
Schnorchelei Teil 1: Vorbereitung - Sculling
- 100 m Abstoßen in Streamline, übergehen in Position 11
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in Sculling aus der Armstreckung
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in Sculling mit hohem Ellenbogen
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in Sculling in der Abdruckposition
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in Sculling von der Streckung bis zur Abdruckposition
Erläuterung der Übungen für Teil 1
Hier sind die einzelnen Übungen beschrieben, wenn verfügbar ist ein Video verlinkt, das die Übung zeigt. Falls die Darstellung im Video von meiner Vorstellung abweicht, gebe ich das an. - Streamline
Ziel: Fundamentale Grundposition für jede Lage erarbeiten.
Hände übereinander legen und mit dem Daumen der oberen Hand verriegeln. In die Knie gehen und kraftvoll von der Wand abstoßen, in ca. 1 m Tiefe. Körper lang machen und kompakt halten, Schulterblätter in Schwimmrichtung vorschieben, Blick zum Beckenboden. Leichten, kleinen Kraulbeinschlag beginnen, wenn das Gleiten langsamer wird. Kopf und Beine sollen gleichzeitig an der Wasseroberfläche ankommen.
Richard Quick zeigt, wie man diese Position an Land einüben kann: Posture Line Land Excercises
- Position 11 (position eleven)
Ziel: Gute Wasserlage erarbeiten und zu erspüren; mit engen Beinschlag leichten Vortrieb zu erzeugen.
Dies ist die Ausgangsposition für alle folgenden Schritte. Aus der Streamline, die Hände lösen jeden Arm in Verlängerung der Schulter bringen.
Wichtig dabei ist, auf dem Wasser zu liegen. D.h. man sollte vom Hinterkopf, über Hals, Rücken bis zum Gesäß die Luft spüren. Der Körper soll von den Fingerspitzen bis in die Zehen gestreckt sein, die Schultern nach vorne geschoben. Die Hände sind in der gleichen Tiefe. Der Kick soll kompakt und nicht angestrengt sein.
- Sculling aus der Armstreckung (front scull)
Ziel: Seitliche Bewegung zu Beginn des Übergang aus der Streckung in die Anstellposition erspüren.
Die Schultern sollen vorne bleiben, die Ellenbogen sich möglichst wenig bewegen, die Bewegung erfolgt in den Unterarmen und Händen. Die Hände bleiben in Verlängerung der Unterarme.
- Sculling mit hohem Ellenbogen (sculling in catch position)
Ziel: Wasser in der Anstellposition spüren, während die vorgeschobene Schulterposition gehalten wird.
Die Schulterblätter bleiben vorgeschoben. Sculling in der Armstreckung beginnen und permanent wedelnd in die Anstellposition führen. Darauf achten, dass die Ellenbogen oben bleiben.
- Sculling in der Abdruckposition (back scull)
Ziel: Armposition am Ende der Druckphase spüren, seitlichen Armaustritt aus dem Wasser vorbereiten.
Sculling in der Armstreckung beginnen und permanent wedelnd in die Abdruckposition führen. Versuchen zu fühlen, wie das von den Händen abgestoßene Wasser das Bein entlang "rollt" bis zu den Füßen.
- Sculling von der Streckung bis zur Abdruckposition (front to back scull)
Ziel: Wasser über den gesamten Zugweg hinweg spüren.
Während die Arme von der kompletten Streckung bis zum Finish durchgewedelt werden, soll zu jedem Zeitpunkt auf dem Arm der Wasserdruck entgegen der Schwimmrichtung gesucht und gehalten werden. Darauf achten, keine Ausweichbewegungen zu machen.
Bildinhalt: Schwimmerin mit Schnorchel
Schnorchelei Teil 2: Hauptteil - Zugprogression
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in hohen Ellenbogen
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in Abschlagschwimmen mit Rückholphase unter Wasser
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in Abschlagschwimmen
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in UNCO-Drill
- 100 m Streamline, Position 11, übergehen in UNCO-Drill beidseitig
- 100 m Streamline, ganze Lage
- 100 m Streamline, ganze Lage ohne Schnorchel
Erläuterung der zusätzlichen Übungen für Teil 2- Hoher Ellenbogen (EVF drill)
Ziel: Übergang aus der Streckung in die Anstellposition einstudieren.
Das Schulterblatt bleibt vorgeschoben. Anheben des Ellenbogens und leichtes nach-außen-Führen des Unterarms, dadurch liegt die Schulter seitlich am Gesicht an. Die Hand bleibt gestreckt in Verlängerung des Unterarms. Die Fingerspitzen zeigen zum Beckenboden. Eine leichte Körperrotation ist erwünscht, bei Beibehaltung einer guten Wasserlage - der Oberschenkel auf der passiven Seite sollte an der Wasseroberfläche sein. Die Position ca. eine bis zwei Sekunden halten. Dann durch Austrecken des Armes in die Ausgangsposition auflösen.
- Abschlagschwimmen mit Rückholphase unter Wasser (single arm drill with underwater recovery)
Ziel: Kompletten Zugweg abdecken.
Arm in die Anstellposition bringen, kurz halten, Zug durchführen, dabei gedanklich am Wasser abdrücken. Das Schulterblatt bleibt so lange wie möglich vorne. Nach dem Zug den Arm unter Wasser wieder nach vorne führen. Immer wieder die Ausgangsposition finden und die Wasserlage überprüfen. Den Kick ohne Stocken weiterlaufen lassen.
- Abschlagschwimmen (catch up drill)
Ziel: Rückholphase in den Zug integrieren.
Lange Pause zwischen den Zügen, Eintauchen der Hand mit den Fingerspitzen voraus. Immer wieder Position 11 mit Rücken an der Luft finden. Den Kick ohne Stocken weiterlaufen lassen.
- UNCO-Drill (UNCO drill)
Ziel: Integration des Armzuges in die Körperrotation.
Einarmiges Schwimmen mit angelegtem passiven Arm. Seitenwechsel jede Bahn. Die Bewegung wird durch ein "aus-dem-Weg-drehen" der Hüfte eingeleitet. Den Kick ohne Stocken weiterlaufen lassen.
- UNCO-Drill beidseitig (NAD-3 or Bilateral UNCO)
Ziel: Takt aus der Hüftrotation beziehen, Koordination verbessern.
Wechselweises einarmiges Schwimmen mit angelegtem passiven Arm. Die Bewegung auch hier durch ein "aus-dem-Weg-drehen" der Hüfte einleiten und spüren, wie eine Pendelbewegung um die Längsachse entsteht. Den Kick ohne Stocken weiterlaufen lassen.
- Kraul, ganze Lage (swimming the freestyle easily and smoothly)
Ziel: Ohne störende Atmung die eingeübte Körperbewegung in die gesamte Lage übertragen.
Das Eingeübte in die Gesamtbewegung einfließen lassen. Nicht schnell schwimmen, sondern bewusst. Den Kick ohne Stocken weiterlaufen lassen.
- Kraul, ganze Lage ohne Schnorchel (swimming smooth freestyle)
Ziel: Kontrolle über die einzelnen Aspekte des Zuges erfahren und überprüfen.
Schnorchel weglegen, abwechselnd eine Bahn locker, eine Bahn zügig schwimmen. Gerne auch mit Konzentrationspause nach jeder Bahn.
Grundsätzliches zum Schluss
Ich habe bewusst bei der Schnorchelei nicht eine Bahn Übung mit einer Bahn ganzer Lage abgewechselt, weil ich kontinuierliche Steigerung des Tempos und der Bewegunskomplexität im Sinn habe. Ich möchte eine solide Bewegungsreferenz schaffen, auf die der Schwimmer in der ganzen Lage zurückgreifen kann. Ich meine, dass beim Üben der Sequenz intermittierende Bahnen ganze Lage die Konzentration auf den jeweiligen Teilaspekt mindern und den Lerneffekt hemmen, weil korrekt eingeübte Elemente mit suboptimal geschwommenen vermischt werden und so kein Fluss entstehen kann, der hilft die Bewegung zu verinnerlichen. Mein Gedanke ist, dass die Transferleistung in die ganze Lage nicht in jedem Teilschritt stattfindet sondern danach als Ganzes, wenn durch häufige Selbstüberprüfung und Korrektur die Bewegung so angepasst wird, dass das Empfinden sich dem erarbeiteten Bewegungsschablone nach und nach annähern kann.
Sehen wir es als Experiment. Wenn jemand die Folge mit eingeschobener ganzer Lage nachschwimmen möchte, würde ich mich über Feedback freuen.
Nachtrag: Nachdem ich die Übungen schon oft gemacht habe, habe ich festgestellt, dass es durchaus sinnvoll ist, Übung und ganze Lage abzuwechseln. Das allerdings erst, wenn die Mechanik schon nach einer Bahn gut sitzt. Dann verfestigt sich durch die ganze Lage die gute Technik. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man die schlechte Technik "wiederbelebt".
Wenn es sinnvoll erscheint, kann eine Übung auch länger als die angegebene Distanz geschwommen werden. Es ist aus meiner Sicht keine Übung dabei, deren häufige Wiederholung einen negativen Effekt hätte.
Beim Zusammenstellen habe ich einen tollen YouTube-Channel gefunden, der viele Übungen sehr ordentlich ausgeführt zeigt, ohne dass Eigenwerbung oder Gelaber auftaucht: Personal Swimming
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* Einschwimmen mache ich gerne so (Pausen nach Bedarf)
- 100 m Brust mit möglichst ordentlichem Tauchzug, Breakout etc.
- 100 m Schmetterling einarmig, Wechsel jede Bahn
- 100 m Kraul einarmig, Wechsel jede Bahn
- 50 m Rücken - immer zwei Züge auf einer Seite im Wechsel
- 50 m Rücken einarmig, passiver Arm angelegt, Wechsel jede Bahn
- 100 m Wasserballkraul
Geändert von schnodo (19.01.2021 um 12:58 Uhr).
Grund: Ergänzung, Formatierung, Version 1.0 verlinkt, Formulierung, defekten Link ersetzt
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