Zitat:
Zitat von Zarathustra
Wenn Du eine Auffasung egal von wem diskutieren willst, ist die Mindestanforderung immer, daß Du diese nicht von vornherein falsch oder entstellend wiedergibst, was Dir natürlich auch im Folgenden wieder nicht gelingt:
Jörn: "Was ist mit der Auffassung von Thomas von Aquin, die Verfolgung und das Töten von Ungläubigen wäre statthaft?"
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Diesen Einwand gegenüber Jörn verstehe ich nicht. Der Text von Thomas von Aquin in der Summa theologica zum Thema "Häresie" erscheint mir kaum eine andere Interpretation wie die von Jörn zuzulassen. Gegen die Hinrichtung von Häretikern spricht nach Th. von Aquin, dass man damit den Häretikern die Chance verwehrt, Busse zu tun und sich zu bessern, das Fehlen von Rückkehrmöglichkeiten zum rechten Glauben sowie dass Häretiker selber indirekt und ungewollt zur Festigung des richtigen Glaubens beitragen, für die Hinrichtung spricht der Schweregrad der Schuld und das Festhalten am Ketzertum nach zwei Verweisen.
" a) Die Häretiker müssen geduldet werden. Denn:
I. Der Apostel (2. Tim. 2.) sagt: „Der Diener Gottes soll sanftmütig sein, mit Bescheidenheit bessern jene, die der Wahrheit widerstehen; daß doch Gott ihnen Reue einflöße, um die Wahrheit zu erkennen und daß sie sich befreien aus den Fallstricken der Sünder.“ Werden aber die Häretiker nicht geduldet oder gar dem Tode überliefert, so nimmt man ihnen die Möglichkeit, Buße zu thun. Also ist dies gegen das Apostolische Gebot.
II. Was notwendig ist in der Kirche, das soll man ertragen. Der Apostel aber sagt: „Es müssen Häresien sein, damit die erprobt sind in euch offenbar werden.“(1. Kor. 11.)
III. Matth. 13. ermahnt der Herr, man solle das Unkraut lassen bis zur Ernte d. h. bis zum Ende der Welt. Das Unkraut aber sind die Häretiker.
Auf der anderen Seite heißt es Tit. 3.: „Den häretischen Menschen vermeide nach dem ersten und zweiten Verweise; denn wisse, daß ein derartiger verkehrt ist.“
b) Ich antworte; rücksichtlich der Häretiker muß etwas berücksichtigt werden von seiten der Häretiker und etwas von seiten der Kirche.
Auf seiten der Häretiker steht ihre Sünde, kraft deren sie verdient haben, nicht nur von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen zu werden, sondern auch aus der Welt zu scheiden durch den Tod. Denn weit schwerere [S. 89] Schuld ist es, den Glauben zu fälschen, welcher der Seele das Leben gewährt, wie Geld zu fälschen, das nur zum Unterhalte des zeitlichen Lebens dient. Wenn also die Falschmünzer und dergleichen Übelthäter seitens der weltlichen Fürsten mit dem Tode bestraft werden und zwar gerechterweise, so verdienen dies um so mehr die Häretiker, sobald sie überführt werden der Häresie.
Auf seiten der Kirche aber besteht Erbarmen, damit die Häretiker sich bekehren. Und deshalb verurteilt sie nicht allsogleich, sondern „nach dem ersten und zweiten Verweise.“ Nachher aber, dauert die Hartnäckigkeit fort und kann die Kirche eine Bekehrung nicht mehr hoffen, sorgt sie für das Seelenheil der anderen, trennt „den häretischen Menschen“ von der Kirchengemeinschaft und überläßt ihn dem bürgerlichen Gerichte, daß er durch den Tod von der Welt geschieden werde. Denn Hieronymus sagt (ad Gal. 5. modicum fermentum): „Abgeschnitten muß werden das faule Fleisch; das räudige Schaf muß aus dem Schafstalle getrieben werden, damit nicht das ganze Haus, die ganze Masse, Leib und Seele brennen, verderbt werden, faulen, zu Grunde gehen. In Alexandrien war Arius ein Feuerfunke; weil man ihn aber nicht sogleich unterdrückt hat, ward von ihm der ganze Erdkreis in Flammen gesetzt."
Das gesamte Kapitel zur Häresie:
Summa theologica
Ich selber würde einen Theologen wie Thomas von Aquin immer nur historisch einordnen und verstehen wollen, nämlich im Kontext seiner Zeit, als einflussreicher Angehöriger eines ganz bestimmten Ordens und eines mächtigen und reichen Kirchenreiches, der er eine umfassende (göttliche, kirchliche, weltliche Fragen betreffende) einheitliche und geschlossene Lehre geben wollte.
Ps: Aber vielleichst kritisierst Du nur, dass Jörn von "Ungläubigen" statt Ketzern / Häretikern schrieb?