gemeinsam zwiften | youtube | forum heute
Triathlon Coaching
Triathlon Coaching
Individueller Trainingsplan vom persönlichen Coach
Wissenschaftliches Training
Doppeltes Radtraining: Straße und Rolle mit separaten Programmen
Persönlich: Regelmäßige Video-Termine
Mehr erfahren: Jetzt unverbindlichen Video-Talk buchen!
triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 18.08.2018, 12:11   #1977
Pantone
Szenekenner
 
Registriert seit: 08.05.2008
Beiträge: 1.805
Die große Weisheit eines kleinen Mannes

Heute Morgen um halb zehn schnappt sich der Junior seinen Rucksack und den Matratzenwürfel, den er mit zum Übernachten zu seinem Vater nimmt, und meint ganz sachlich: "Mama, es gibt immer eine minimale Chance. Vielleicht 1:100. Das war bei mir auch so. Meine Chance, zur Eintracht zu kommen, war vielleicht 1:100, aber ich bin hingegangen und hab´s versucht und sie haben mich genommen. Du brauchst einen Verlag." Ich gucke bedröppelt und antworte: "Das, was ich hier schreibe, ist etwas ganz anderes. Nele Neuhaus schreibt Krimi-Bestseller und ganze Romane. So viel Geld wie sie werde ich nie verdienen." Dann wünsche ich ihm viel Spaß und mein Großer hüpft fröhlich die Treppe runter.

Damit wäre das eigentlich erledigt. Warum, also, nagt irgendwas in meinem Inneren? Nele Neuhaus ist eine freundliche, offene Frau und Bestsellerautorin mit ihren Taunus-Krimis. Vor Jahren hat sie ein Haus gekauft, das uns auch gefallen hätte. Und immer, wenn wir Freunde besuchen, parken wir bei Frau Neuhaus vor der Tür.

Unsd seit Jahren führe ich die gleichen Diskussionen mit dem Blonden: Er möchte Geschwister und er möchte ein Haus. Am besten eine Villa. Dass das mit den Geschwistern nichts wird, hat er mittlerweise verstanden. Daer Wunsch nach einem Haus kommt immer und immer wieder. Auf seinem Handy hat er das Bild von einer Riesenvilla mit irgendeinem Motivationsspruch. Das mit dem Fußball-Profi kommt also nicht von ungefähr. Als Mutter denkst Du: "Hey, das ist falsch. Du sollst Dinge tun, die Du liebst." Aber wer, seien wir ehrlich, liebt das, was er tut, immer und zu jedem Zeitpunkt? Wenn ich den Dicken auf dem Fußplatz sehe, sieht es so aus, als sei es tatsächlich das Richtige für ihn. Er lässt sich nicht unterkriegen. Immer wieder hatte er als Torwart die riskantesten Manöver gespielt und hatte regelmäßig üble Gegentore kassiert. Nein, vor zwei Jahren hatte er das nicht so machen wollen wie der andere Torwart. Er, so hatte er mir erklärt, würde sich nicht einfach auf den Ball werfen, sondern er wolle das gleich richtig lernen und richtig machen. Auf keinen Fall wolle er sich irgendetwas falsch angewöhnen. Das war manchmal schwer zu auszuhalten. Jedenfalls für mich. Auf Armlänge von mir entfernt sitzende Väter hatten sich ungeniert darüber unterhalten, wie schlecht mein Sohn sei und er auf jeden Fall aus dem Kader fliegen würde. Verbale Blutgrätschen. Grob unsportlich.

Mittlerweile ist das alles anders. Ich habe mich so weit in das Fußballthema eingearbeitet, dass ich entspannt am Spielfeldrand stehen kann. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass nicht die elterlichen Fans das Sagen haben, sondern Trainer, sportliche und technische Leiter. Und dass diese Profis am Ende das sagen, was ich mir in meinem kleinen Laien-Kopf so überlegt habe, hat mich schon mehr als einmal beruhigt. Bei riskanten Manövern bleibt mir nicht mehr das Herz stehen. Wer kurz vor der eigenen Torlinie den gegnerischen Stürmer mit dem Ball am Fuß ausspielt, hat zumindest keine Angst, Fehler zu machen. Wegbolzen kann jeder. Hackentricks mit Körpertäuschung kommen auch bei den Elternfans gut an, wenn sie klappen. Und das ist in letzter Zeit fast immer der Fall. Die selben Väter, die meinen Filius schon längst aussortiert hätten, rufen dann: "Super!". Der Trainer stöhnt später, dass er schon graue Haare habe, vergisst aber auch nicht, ein Lob hinterherzuschicken: "Überragend gelöst."

So gesehen habe ich ein Vorbild für vieles direkt vor der Nase.

Und ja, es gibt immer eine minimale Chance. Für fast alles im Leben.
Pantone ist offline   Mit Zitat antworten