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Szenekenner
Registriert seit: 03.09.2009
Ort: Vulkaneifel2Wetterau
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Ich freue mich dass es hier mal wieder einen Ernährungsthread gibt, in dem angeregt und mit Tiefgang auf der Sachebene diskutiert wird. Ich habe hier gerne mitgelesen und würde nun meinen Senf auch mal dazugeben. Ich habe in meinem Leben von Junkfood über Vegetarisch, Paleo und ZeroCarb schon vieles ausprobiert, pendele jetzt seit Jahren nach meinem Empfinden irgendwo in der Mitte rum, mit leichter Tendenz zu „weniger Carb“. Mein persönliches Idealbild liegt tendenziell ungefähr bei 60% Gemüse, 20 Obst, 10 Fisch/Fleisch, 10 Nüsse/Milchprodukte/Getreide/sonstiges.
Für das Ernährungsthema habe ich mich erstmals begonnen zu interessieren als ich mich 2005 für meine erste Langdistanz vorbereitet habe. Während es damals allein darum ging die nötigen Kalorien aufnehmen zu können, hat sich das bis heute sehr vertieft und verbreitert. Ich habe mittlerweile verstanden dass es DIE EINE Ernährungsform, mit der alle Menschen gesund und nachhaltig leben können, nicht geben kann. Ebenfalls ist es meiner Meinung nach sinnlos, Getreide oder Soja anzubauen um es dann z.B. an Rinder zu verfüttern, insbesondere auch weil das gar keine geeigneten Nahrungsmittel für diese Tiere sind. Gegen Rinder, die z.B. in Argentinien im natürlichen Grasland der Pampas leben oder die im Allgäu, wo der Boden zum Ackerbau nicht geeignet ist, grasen, und dann deren Milch und Fleisch zu verzehren, habe ich wenig einzuwenden.
Die "anecdotal evidence" von der von MJ verlinkten Seite meatheals.com halte ich grundsätzlich schon für authentisch, allerdings kann man daraus auch nicht mehr (oder weniger) ableiten als von gleichartigen Schilderungen von Veganern wie z.B. Mauna Kea (von dem ich übrigens zahlreiche Beiträge hier im Forum sehr schätze). Formulierungen wie „wenn ein schöner tag darin besteht ein lamm umzubringen“ finde ich, neben orthographischen Aspekten, allerdings wenig hilfreich, um Verständnis für irgendwas zu wecken. Post 56 / Seite 7 allerdings und da insb. „Nicht alles, was ich zu mir nehme kommt auch wirklich an.“ trifft den Nagel auf den Kopf. Wenn ich mir einmal wöchentlich 150gr frische Rinder- oder Lammleber vom örtlichen Demeterhof hole ist das erstens voller Nährstoffe, zweitens extrem günstig und, so bin ich überzeugt, kommt zu sehr großen Teilen im Körper da an, wo es hingehört.
Leid und Tod möglichst weitgehend aus dem Leben gestrichen zu haben ist für viele Vegetarier/Veganer sicher ein wichtiger Punkt, auch wenn das meiner Meinung nach rein vordergründige Augenwischerei ist. Es gibt kein Leben ohne Tod, er ist das Ende des einen Lebens und der Anfang von neuem. Kein neues Leben ohne vorherigen Tod von etwas anderem, Tier oder Pflanze. Abgesehen davon, dass auch Pflanzen leben und sterben, können auch diese ein soziales Verhalten an den Tag legen, die populären Bücher von Peter Wohlleben geben hier einen Vorgeschmack. Das ganze tierischerweise auf vier Beine und zwei Augen einzugrenzen, wie es manchmal geschieht, hilft ethisch auch nicht weiter.
Dass Massentierhaltung und Hähnchenschenkel oder „Wurst“ für 29 Cent beim Discounter weder nachhaltig noch für den Esser gesund sein können, dazu dürfte es hier im Thread breiten Konsens geben. Die entstehenden Güllemengen sind ebenfalls ein echtes Problem, auch wenn natürlicherweise der Stickstoff nur über tierische Exkremente oder tote Tierkörper den Pflanzen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen können. Mineralischer Kunstdünger ist jedenfalls aufgrund seiner unglaublich energieintensiven Erzeugung keine Alternative und rein pflanzliche Maßnahmen sind stickstoffseitig viel schwächer.
Bei Nahrung pflanzlichen Ursprungs sieht es, insbesondere sofern sie industriell erzeugt wird, aus Tierschutzsicht auch nicht besser aus. Ein hypothetischer Veganer, der nur glyphosatgedüngtes Zeug zu sich nimmt, hat wohl auch wenig gewonnen. Aber auch beim Pflügen sterben Bodenbewohner, bei der Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln Insekten, beim Transport werden Lebewesen überfahren, Lagerung, Verpackung und Zubereitung verbrauchen Energie bei deren Erzeugung Schadstoffe entstehen die auf Umweltschäden und sogar Todesfälle (tierisch und menschlich) umgerechnet werden können. Wenn du essen willst muss irgendwo anders gestorben werden, ob direkt (Fleisch liegt auf dem Teller) oder indirekt (pflanzliche Kost). Es geht natürlicherweise nicht anders, Bio hin oder her. Diese Erkenntnis ist meiner Meinung nach ein wichtiger Knackpunkt in der ganzen Ernährungsgeschichte. Auf der anderen Seite der Skala steht die unsägliche Massentierhaltung, dazwischen können wir uns bewegen, aber es bleibt ein Dilemma.
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Grüße
Tri-K
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