http://www.ftd.de/meinung/leitartike...18523.html?p=2
noch ein kleiner Auszug aus einen Artikel in der FTD
Verhaltensökonomen haben bei Experimenten herausgefunden, dass sich Händler dann gern an einfache Regeln halten - guter Dollar, schlechter Dollar - und im Zweifel den anderen folgen. Schon ist die Blase da.
Für
Überforderung spricht, was der Wolfsburger Ökonom Markus Spiwoks herausfand, als er fast 10.000 Gewinnprognosen von Unternehmen auswertete, die Analysten von Morgan Stanley, Goldman Sachs, Lehman Brothers und anderen zwischen 1990 und 2006 aufstellten*. Erstaunlich: Die Vorhersagen wurden schlechter, je näher der Zeitraum lag, den es vorherzusagen galt. Im Schnitt lagen sie um 76 Prozent zu niedrig oder zu hoch. Mehr noch: Die Analysten näherten sich bei ihren Fehleinschätzungen aneinander an, waren also wenigstens einmütig überfordert. Spiwoks' Fazit: Solche Prognosen "können wenig bis nichts zu erfolgreichen Anlageentscheidungen beitragen".
Prozyklisch in die Katastrophe
Notenbanker nennen das "prozyklisches Verhalten". Bei steigenden Preisen wird auf (weiter) steigende Preise gesetzt, das potenziert sich, wenn es um sekundenschnell realisierbare virtuelle Geschäfte geht, wie sie für die Finanzwelt typisch sind - weniger für Autoverkäufe, Zahnräder und den Rest des Kapitalismus. Die Wende kommt erst, wenn irgendwann genügend Beteiligte Zweifel bekommen, dann aber heftig und mit der Gefahr, dass es ebenso prozyklisch ins Desaster geht. Was in etwa das beschreibt, was mit ein paar armen Häuslebauern angefangen und Wall Street wie US-Wirtschaft gerade an den Abgrund gebracht hat.
Wenn die Finanzmärkte ohnehin in Sachen Stabilisierung oft überfordert sind, war es vielleicht gar nicht so toll, auch noch Finanzinnovationen einzuführen, von denen selbst ein Hedge-Fonds-Profi sagt, dass er schon mal aufwache und rätsele, wie sie funktionieren. Nach Studien von Carmen und Vincent Reinhart hat die Häufigkeit von Finanzbonanzas in Schwellenländern zugenommen, je mehr die Finanzmärkte liberalisiert wurden. Oft habe das Wirtschaftswachstum anschließend nachgelassen.
Harvard-Ökonom Dani Rodrik zweifelt bereits, ob die Finanzliberalisierung Wohlstand gebracht hat. Vielleicht hat sich die Branche mit den komplizierten Produkten vor allem untereinander beschäftigt. Nur dass die Crashfolgen mittlerweile auch die Restwirtschaft mitziehen.
Mit starken Sprüchen über zügellose Manager ist da wenig geholfen. Es gilt, ziemlich strenge Regeln und Instrumente zu entwickeln, die automatisch gegensteuern, wenn wieder einmal alle in eine Richtung laufen.
Und die Finanzwelt täte gut daran, ein paar Gänge zurückzuschalten - und ihr Geschäft wieder an die begrenzten menschlichen Fähigkeiten anzupassen.