Servus Beieinander!
Man sollte nicht vergessen, dass die Wissenschaft es war, die das geozentrische Weltbild entwickelte. Das kam aus der Antke, insbesondere von Aristoteles. Die Kirche hat es sich freilich gerne zu eigen gemacht, weil es in das damalige weltliche wie religiöse Gedankengut passte.
Die Situation im Spätmittelalter war darüber hinaus eine völlig andere, was das Verhälnis von Kirche und Wissenschaft anging als heute. Überwiegend waren die Wissenschaftler immer noch „Männer der Kirche und des Glaubens“. Ein vom Klerus gefördertes Studium Generale oder Theologie, Philosophie, Logik oder Kirchenrecht, später Medizin im venezianische Padua oder in Pisa war nicht ungewöhnlich.
Auch diejenigen, die bereits im 15. und 16. Jahrhundert die Grundlagen der Aufklärung gelegt haben, waren Männer der Kirche. Allen voran Nikolaus von Cue (Cusanus) den ich weiter oben bereits zur Lektüre empfohlen habe und auch der von Cusanus überaus geschätzte Ramon Lull - hochinovativ dessen Schriften. Allerdings musste man damals noch um sein Leben fürchten, wenn man nicht geschickt mit neuen Thesen umging und gleichzeitig ein guter Politiker war. Die Inquisition, Folter und der Scheiterhaufen war immer gegenwärtig.
Diese Situation wirkte auch noch bis ins 17. Jahrhundert nach, wurde meiner Enschätzung nach eher noch schlimmer, weil Geld und Geldgeschäfte - durch die florentinische Medici Dynastie - Europa (und den Papst) fest im Griff hatten.
Auch Gallilei genoss zunächst eine Erziehung in einem Benediktinerkloster und hatte später immer steten Briefwechsel mit Mönchen. Man muss wissen, dass der Briefwechsel das Instrument des wissenschaftlichen Diskurses in dieser Zeit war. Wen man die Briefwechsel dann veröffentlichte, hat man sie - um gut dazustehen - vorher noch ausgiebig beschönigt um nicht zu sagen gefälscht. Eine Praxis, die auch in der heutigen Wissenschaft noch nicht völlig ausgestorben ist.
Ich finde es immer schade, wenn man die „Entdeckung“ des Heliozentrischen Weltbildes nur Galillei zuschreibt. Kopernikus hat 1509 in seiner Schrift „Commentariolus“ bereits ebendieses formuliert. Wirklich wissenschaftlich nachgewiesen wurde es eh erst im 18. Jh von James Bradley - übrigens ein Geistlicher.
Was das Denken und den Glauben angeht, halte ich es im Allgemeinen für wichtig, dass man einerseits Verstand und Vernunft unterscheidet und andererseits den Denkprozess und das Ergebnis des Denkprozesses. Letztlich sollte man auch die Begrifflichkeit Erkennnis in entsprechende Kontexte setzen wenn nötig. Mindestens das sind Grundlagen der Philosophie über die Grenzen des menschlichen Denkens. Über die Grenzen des eigenen Denkens zu reflektieren ist eine der Königsdisziplinen der Philosophie, die uralte Frage: „Was kann ich überhaupt wissen?“
Grüße Helmut
