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Zitat von keko#
Möglicherweise komme ich ihm rein gedanklich näher als sonst wie. Ich gehe davon aus, dass unsere Fähigkeiten beschränkt sind, die wir rein auf Beobachtung und Analyse bauen. Spätestens beim Urknall hängen wir ja fest.
Deshalb schließe ich Glaube und Religion auch nicht kategorisch aus, da Glaube für mich eine weitere Option darstellt, Gott (i.S.v.: es gibt etwas, dass wir als Gott bezeichnen) zu finden oder zu ergründen.
Wenn ich mir Gott als einen Mann vorstelle, der über das Wasser läuft, bekomme ich Probleme, weil das nicht möglich ist. D.h. für mich nicht, dass Gott nicht möglich ist, sondern dass ich vielleicht auf dem falschen Weg bin.
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Hallo keko, ich verstehe Deine Argumentation. Du sagst, dass der unbegrenzte Glaube das begrenzte Denken überflügeln könnte und deswegen als Option nicht ausgeschlossen werden darf.
Ich möchte darlegen, dass dahinter jedoch eine Immunisierungsstrategie und ein paar rhetorische Tricks stecken:
Erstens, wie jedes religiöse Argument wird es in den Bereich des Unerreichbaren und Nicht-überprüfbaren verschoben. Ist das nicht ein grandioser Zufall, dass wir alle religiösen Argumente in diesem Boot finden? Der einzige Zweck ist, nicht angreifbar zu sein.
Zweitens, es wird suggeriert als sei das Denken begrenzt und der Glaube unbegrenzt. Das ist ein rhetorischer Trick. Beweise dafür fehlen.
Drittens, warum sollte "Glauben" keine Form des "Denkens" sein? Natürlich ist Glaube eine Form des Denkens (und nichts anderes). Es geht bei diesem Argument nur scheinbar um den Vorgang (das Denken), sondern um die anschließende
Prüfung, die man geflissentlich weglässt. Hier wird lediglich eingeschmuggelt, dass man seine Hypothesen nicht zu belegen braucht, solange man es als "Glaube" deklariert. Nur deswegen ist der Glaube unbegrenzt, genauso wie Märchenbücher unbegrenzt sind. Nehmen wir an, Glaube
wäre unbegrenzt -- schön, aber warum sollte man die Prüfung unterlassen? Dazu gibt es keinen Grund.
Viertens, Glaube wird als eine Form der Erkenntnis angegeben. Dabei wird verschleiert, dass noch überhaupt nie durch "Glaube" irgendetwas erkannt wurde. Die Verbindung mit dem Denken und der Wissenschaft stellt den Glauben auf eine Stufe, die ihm nicht zukommt. Ebenso könnte ich behaupten, Hüpfen auf einem Bein wäre eine Form der Erkenntnis.
Fünftens,
eine Erkenntnis, von der man nicht weiß, ob es eine Erkenntnis ist, ist keine Erkenntnis. Deswegen kann "Glaube" nie eine Erkenntnis hervorbringen, sondern nur die selbstgefällige Illusion einer Erkenntnis.
Sechstens, die Sache mit dem Urknall: Wir kommen mit unserem affigen Denken ja nicht mal über den Urknall hinaus -- da muss dann der Glaube übernehmen. Das ist ein beliebter rhetorischer Trick, der zeigt, wie einfach man die Dinge in ihr exaktes Gegenteil verkehren kann. Dass wir Affen auf unserem Felsbrocken irgendwo im All in der Lage waren, bis 0,000000000000000000000000000000000000000000000000 01 Sekunden an den Urknall heranzukommen (also quasi in die Zeit zurückzureisen), ist eine haarsträubende Errungenschaft. Die Truppen der Wissenschaft belagern derzeit die letzte Bastion, und die Katapulte feuern ununterbrochen. Diese Bastion wird fallen, und die Truppe wird weiterziehen zur nächsten Burg, die danach erobert werden soll.
Wenn man eine Sache seriös behaupten kann, dann ist es die enorme Leistung, zu der das Denken und seine Werkzeuge in der Lage sind. Beweisbare Aussagen über den Urknall zu erhalten ist nämlich
alles andere als wenig. Zu behaupten, die Urknall-Forschung wäre ein Beweis dafür, wie begrenzt wir sind, ist eine völlige Verdrehung der Tatsachen. Es zeigt ganz im Gegenteil, dass wir selbst Dinge erforschen können, die über unsere Vorstellung weit hinausgehen und die sich vor 13.800.000.000 Jahren ereignet haben.
Dem gegenüber sind die Weisheiten des Glaubens äußerst begrenzt bzw. beschränkt: Da haben wir die alberne Geschichte mit Adam und Eva,
an die alle felsenfest und mit göttlicher Bestätigung geglaubt haben, bis die Wissenschaft bewies, dass sie falsch sein muss. Seitdem ist sie allen peinlich und es wird so getan, als stünde sie gar nicht in der Bibel. Trotz dieser Schlappe wird weiterhin behauptet, der Glaube sei eine vorzügliche Form der Erkenntnisgewinnung.
Bester keko, meiner Meinung nach machst Du einen logischen Fehler: Selbst wenn der
Inhalt des Glaubens nicht überprüfbar sein könnte, dann ist dennoch überprüfbar, ob der Glaube per se (als Form der Erkenntnis) erfolgversprechend ist. Du begründest es zwar mit der
Schwäche des Denkens, aber damit hast Du die
Stärke des Glaubens nicht bewiesen. Du müsstest wenigstens eine
einzige Erkenntnis nennen können, die der Glaube irgendwann mal zutage gefördert hat und die dem Denken verschlossen war. Wenn Du nicht einen einzigen solchen Vorgang in der gesamten Menschheitsgeschichte finden kannst, dann ist mir nicht ersichtlich, wie sich Deine Hoffnung auf Erkenntnis begründen lässt.
Danke fürs Lesen und für die Debatte!
