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Alt 11.10.2017, 01:24   #8411
Jörn
Esst mehr Gemüse
 
Benutzerbild von Jörn
 
Registriert seit: 22.09.2006
Beiträge: 3.499
Es ist eine gute Idee, die Falsifizierbarkeit von Religion zu betrachten. Aufbauend auf Arnes Posting möchte ich darlegen, warum Religionen an der Falsifizierbarkeit scheitern, selbst wenn man ihnen einen geschützten Bereich außerhalb der Wissenschaft zugesteht.

Nehmen wir an, Lesch hätte recht: Religionen könnten nicht falsifiziert werden, deswegen würde die Prüfung auf Falsifizierung unterbleiben. Das ist tatsächlich eine Schachmatt-Situation für die Religionen. Aus folgendem Grund:

Jede Religion macht Aussagen. Diese Aussagen haben mindestens die Eigenschaft, sich von anderen Aussagen abzugrenzen. Nehmen wir die Aussage, es gäbe Gott. Egal ob das stimmt oder nicht: Mindestens enthält die Aussage die Abgrenzung zum Gegenteil (nämlich dass es keinen Gott gibt).

Diese Betrachtung ist völlig unabhängig davon, ob es Gott gibt, oder ob ich es prüfen kann. Es spielt lediglich eine Rolle, dass Aussagen getroffen werden (egal ob wahr oder nicht), die sich vom Gegenteil unterscheiden lassen. „Es regnet“ lässt sich unterscheiden von „es regnet nicht“ — egal ob es regnet. Ich kann also prüfen, ob eine Aussage dieser Anforderung gerecht wird: Ist eine Aussage unterscheidbar von ihrem Gegenteil, ja oder nein?

Das ist bereits eine Falsifizierung. Aber wir wollten ja auf jede Falsifizierung verzichten.

Also unterlassen wir diese Falsifizierung. Wir unterlassen die Prüfung, ob eine religiöse Behauptung womöglich das exakte Gegenteil einer anderen religiösen Behauptung darstellt. Nochmals, es geht nicht darum, welche davon wahr ist. Es geht nur darum, dass ich die Prüfung unterlasse, ob sie sich unterscheiden.

Das Ergebnis ist ein System, in dem eine Aussage und deren exaktes Gegenteil gleichermaßen valide sind. Ich prüfe es überhaupt nicht. Gottes erste Botschaft an uns könnte lauten, dass er nicht existiert — und es wäre kein Widerspruch. Man könnte einen einzigen Gott haben oder tausende, oder gar keinen. Alle Varianten wären valide, und zwar gleichzeitig. Gott könnte eine Raupe sein oder ein Stück Blech oder beides gleichzeitig. Es lässt sich keine Aussage formulieren, die falsch wäre. Denn „richtig“ und „falsch“ gibt es nur dann als Kriterien, wenn eine Falsifizierung zugelassen wird.

Ein System, in dem nie etwas falsch ist, weil eine Prüfung per se ausgeschlossen ist, ist wertlos. Es ist unsinnig. Der Verzicht auf Falsifizierung zimmert also kein geschütztes Biotop für die Religionen, sondern zerstört sie.

Die Ironie der Geschichte ist, dass es zum Kern von Religionen gehört, alle anderen "Weisheiten" für falsch zu erklären. Sie selbst wollen aber nicht infrage gestellt werden.
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