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Die Regeln erlauben durchaus auch nachträgliche Analysen, sonst hätten die Proben ja vernichtet werden müssen.
Wenn ich mich richtig erinnere, hat das Labor im Fall Armstrong auch zahlreiche Proben anderer Radsportler anonymisiert im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie nachuntersucht ( und dabei auch noch in anderen Proben Epo-Spuren entdeckt).
Die Ergebnisse wurden dann an die WADA gemeldet, weil diese dann über weitere Maßnahmen entscheiden gehabt zu hätte. Erst dort erfolgte dann die namentliche Zuordnung von Probe und Athleten und dort war dann auch die undichte Stelle, die das Ganze wieder an die Presse gelangen ließ.
Dabei muss man wissen, dass Armstrong (und darum mag ich ihn nicht) gerne mal Kleinkrieg führt. Ein bekanntes Opfer ist Felippe Simeoni, der vor Jahren mal im Rahmen eines Gerichtsprozesses die Mauer des Schweigens in einem Prozess gegen einen von Lance's Ärzten durchbrochen und eine Aussage gemacht hat, die den besagten Arzt belastet hat (der daraufhin rechtskräftig verurteilt wurde). Simeoni wird seitdem nach Strich und Faden von Armstrong und seinen Vasallen im Peloton gemobbt (Google-Recherche nach Simeoni und Armstron führt etliche Beispiele zu Tage).
Ein anderes bekanntes Feindbild von Armstrong ist Dick Pound der (ehemalige) Chef der WADA. Armstrong hatte in der Vergangenheit nichts unversucht gelassen, Pound als WADA-Chef absetzen zu lassen, diesen auch mehrfach über seine Anwälte verklagt. Und Armstrong hat in den USA erstklassige Verbindungen in allerhöchste Regierungskreise (war ja u.a. auch schon mehrfach mit George W. Bush Mountainbiken).
Vor diesem Hintergrund wundert es mich nicht, dass die WADA, nachdem sie erkennen musste, dass wegen Verjährung aufgrund des positiven Epo-Testes keine formale Sperre mehr möglich ist, das Ergebnis dieser Nachuntersuchung trotzdem an die Presse lanciert hat.
Wenn man mich genauso attackiert und in der beruflichen Existenz bedroht hätte wie Armstrong es mit Pound vorexerziert hatte, würde ich höchstwahrscheinlich genauso handeln, auch wenn es nicht die feine und formaljuristisch korrekte Art ist. Von daher kann ich das "Entstehen dieser undichten Stelle" bei der WADA auch aus menschlicher Sicht gut nachvollziehen. War zwar, um mal 'ne Metapher aus dem Fußball zu benutzen, eine Art Revanchefoul, aber in dem Fall eins, dass ähnlich wie der Kopfstoß von Zidane gegen Materazzi 2006, wenigstens todsicher den Richtigen getroffen hat
Verjährung ist ja etwas anderes wie Unschuld. Der Test ist positiv, daran gibt es keine Zweifel. Die Öffentlichkeit interessiert sich nicht für Verjährungsfristen sondern nur dafür, ob jemand in der Vergangenheit betrogen hat oder nicht. Und bei Armstrong kann sie zu 100% davon ausgehen: er hat!
P.S.: Gibt's einen Sonderpreis für das längste Posting des Tages? ;-)
Geändert von Hafu (17.09.2008 um 13:59 Uhr).
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