M., Du kritisierst, dass ich mich nicht "allgemein" auf die Religion beziehe und stattdessen nur das Christentum berücksichtige.
Wenn eine These
allgemein richtig ist, dann ist sie auch im
konkreten Fall richtig. Wenn die Prüfung im konkreten Fall fehlschlägt, dann ist auch die allgemeine These widerlegt. Aus diesem Grund argumentiere ich gerne konkret.
Um "allgemein" über die vielen Religionen zu urteilen, müsste ich die Mehrzahl davon gründlich kennen; außerdem die Rahmenbedingungen, in denen sie wirksam sind. Dazu bin ich nicht imstande. Von mir aus können alle, die sich besser auskennen, weiterhin "allgemein" debattieren, und ich werde dann sehen, ob ich eine Übereinstimmung im konkreten Fall des Christentums erkennen kann.
Zitat:
Zitat von Matthias75
Die Angst vor der Hölle wird niemand dazu bringen, einer Religion beizutreten, da sie bereits den Glauben an ein ewiges Leben, also an die Religion, voraussetzt. Diese Angst kann sich eine Religion nur zunutze machen, wenn sie die Gläubigen vorher für sich gewonnen hat. Das war aber die ursprüngliche Fragestellung: Was bewegt Menschen, einer Religion beizutreten?
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Es geht Zug im Zug. Die Leute waren bereits gläubig, abergläubisch, oder mystisch. Diesen Schritt hatten sie bereits vollzogen; oft einfach aus Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, aus Tradition, oder weil die Gesetze es verlangten. Später wurden neue
Inhalte hinzugefügt, etwa weil bestimmte Einflüsse durch Eroberungen in eine Kultur getragen wurden, oder weil Aristoteles plötzlich wieder "in" war, oder weil Handelsreisende etwas erzählten, oder weil die Jesus-Legende sich ausbreitete.
Deswegen habe ich beschrieben, wie ein bereits bestehender Glaube (das Judentum) Schritt für Schritt verändert wurde. Es war nicht so, wie Du behauptest, dass ein Henne-Ei-Problem bestand. Sondern die Dinge rückten langsam und gemeinsam (!) in die heutige Position: die Gläubigen ebenso wie die Inhalte, an die sie glauben; die Angst ebenso wie deren Auflösung.
Eine Religion kann Problem und Lösung auch
gleichzeitig als Paket anbieten. Es muss nicht zuerst das Problem ungelöst bestehen, und anschließend erfindet jemand eine Lösung. Die Römer hatten keinen Bedarf an Hölle und Erbsünde. Es war nicht so, dass sie einen unerfüllten Bedarf hatten, und plötzlich erschien das Christentum mit der Lösung. Verdammnis und Erlösung wurden gleichzeitig versichert und überzeugten als Einheit. Jene Leute, die an Erlösung interessiert waren, wussten zuvor überhaupt nicht, dass sie verdammt waren. Verdammnis und Erlösung wurde ihnen zur gleichen Zeit verabreicht. (Gewalt hat ebenfalls geholfen, falls die Gläubigen sich widerspenstig zeigten.)