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Zitat von qbz
Ich schrieb meine Meinung dazu ja schon im anderen Thread: Ich erlebte das Zusammenschmelzen des öffentlichen Dienstes in der Stadt Berlin, das Verscherbeln der Stromwerke, das Verscherbeln von Grund und Häusern, von Wohnungsbaugesellschaften, die Auslagerung vieler Dienste, den so geschaffenen riesigen Stellenabbau, und engagierte mich an meiner Arbeitsstelle sehr stark dagegen. (Reinigung, Grünflächen, Hausmeister usf.. Die Kollegen kamen in einen sog. Überhang zur Vermittlung. Anschliessend wurden einige Aufgaben von Firmen mit Hartz IV-Beschäftigten erledigt mit schlechterer Qualität.)
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Deine Argumentation überzeugt mich nicht, weil Du bei privatisierten Unternehmen alle von mir oder anderen angeführten negativen Erfahrungen bereitwillig entschuldigst, weil halt irgendetwas noch falsch mit dem freien Markt läuft, noch nicht so weit ist etc., während Du negative Erfahrungen bei staatlichen Eigenbetrieben als systembedingt deklarierst, was nur durch Privatisierung und schlanken Staat lösbar wäre.
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So kommen wir tatsächlich nicht weiter. Wenn wir ehrlich sind kann weder ich, noch kannst Du jeweils den ultimativen Beweis führen, weil es am ceteris-paribus-Vergleich fehlt: Wir können nur sehen und bewerten, wie es sich MIT der Privatisierung entwickelt hat, wie das z.B. in Berlin gelaufen ist - wir können nicht sehen und bewerten wie sich der öffentliche Dienst in Berlin OHNE Privatisierung entwickelt hätte. Es bleibt nur der Vergleich mit strukturell ähnlichen Betrieben unter ähnlichen, aber niemals gleichen Bedingungen. Hier sieht zwar die empirische volkswirtschaftliche Forschung die Privatisierung prinzipiell "vorne", es gibt aber eben auch misslungene Fälle und auch bei den "erfolgreichen" lässt sich an den im Detail immer unterschiedlichen Rahmenbedingungen Punkte finden, die der Vergleich hinken lassen.
Gehen wir deshalb von der prinzipiell unauflösbaren mikroökonomischen auf die makroökonomische Betrachtungsebene. Hier ist das Bild dann doch deutlich klarer, wenn staatswirtschaftliche und marktwirtschaftliche Systeme mit den darin befindlichen Unternehmen verglichen werden. In den letzten Jahrzehnten ist es mittlerweile common sense, dass es bzgl. Wohlstand, Volkseinkommen, Innovation etc. einen klaren Vorteil der marktwirtschaftlich orientierten Systeme gegeben hat und es heute faktisch keine ernstzunehmenden, weil substanziell wettbewerbsfähigen staats- bzw. planwirtschaftlichen Systeme mehr gibt. Schau Dir dazu einfach mal die G20 Länder an.
Jedes der Systeme hat dabei Vor- und Nachteile und natürlich haben alle makro- und mikroökonomischen Systeme Dysfunktionalitäten, die ich bzgl. marktwirtschaftlicher Systeme sehr wohl sehe und nicht einfach "entschuldige". Ich könnte Dir jetzt eine mindestens ebenso lange Liste an Verwerfungen staatlicher Unternehmen in Deutschland aufzählen, das bringt uns aber nicht weiter, weil wir beide wissen, dass es in beiden Systemwelten integres ebenso wie nicht-integres Verhalten gibt.