| Szenekenner 
				 
				Registriert seit: 02.08.2007 Ort: Lausitz 
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				      | Das klapperkalte Manifest
 Anna, Elsa und Olaf können mit ihrem "FROZEN"-Wohlfühlwetter einpacken, denn seit ich aus dem superkurzen (La) Santa Clause Weihnachtsasyl zurück und direkt in das tiefgefrorene Sachsen eingespickt bin, wird die Strichliste der Frosttage immer länger.
 Bis zum ersten eisfreien Stück ab der Hautür schlidder ich fast einen Kilometer, so dass es diese Woche am Morgen durchgehend lediglich zum Hallensport reichte.
 Und da ist es mit der Motivation eher suboptimal.
 So wird man beim Frühschwimmen ja meist bereits beim Abduschen geweckt, weil man halb verpennt aber dennoch aggressiv ob der eigenen Blödheit den "Wasser Marsch"-Knopf mit der Faust bis an die alten DDR-Kacheln reinrammt, um keine zwei Sekunden später wie Rumpelstilzchen vor dem eiskalten Wassergeschoss aus der Decke brüllend aber hellwach wegzappelt.
 Und am nächsten Tag "the same procedure" - Verschlafenheit, Blut noch in der Tiefschlafphase und daher recht vereinzelt im Gehirn zirkulierend, Duschknopp-Hammer, Schrei, munter!
 
 Im Gym allerdings fehlt dieses Szenario.
 Der sauerstoffarme Morgenmief in der Umkleide weckt Uralterinnerungen an die 12 Mannkojen der Wachstation bei der NVA...
 Und im Schummerlicht schlurfst Du zum Ruderergometer, schnallst die Botten fest, siehst dabei, dass die Schuhbänder noch offen sind, bist aber zur aktuellen Stunde noch gelenkig wie eine Spitzhacke. Power und Antrieb sind sowieso noch irgendwo auf dem Weg zwischen Autoparkplatz und Umkleide unterwegs, also ruderste halbnackt erst einmal los.
 Die ersten 1000 Meter sind die Hölle, ein einziger Nervenkrieg!
 Dein Geist&Körper wird zum BVB, während Deine noch blutarmen Hinrwindungen zum "Roten Bullen" mutieren und mental anfangen, mental auf dich einzudreschen!
 Der Grundtenor ist seit Tagen, Wochen, Jahren in etwa immer wie folgt "Jammerlappen! Heulsuse! Jetzt biste die drei Etagen zum Gym hochgewankt, nur um auf dem bequemen Hocker Deinen Schwabbelarsch breitzusitzen, du Muschi!"
 Und so mutiert der deutsche Michel mit imaginärem Schlafkäppi nach 5 Minuten zum Fittnessterroristen und ballert auf dem quietschenden Ruderdingens Intervalle, danach geht es 60 Minuten rund im klassischen Zirkeltraining.
 Leider weiß ich nicht den aktuell korrekten, megacoolen HIIT-CrossTrainingHammertheWeakness-Szenebegriff - es geht eigentlich einfach nur um die bestmögliche Zerstörung der körperlichen Unversehrtheit.
 Früher hiess es unter uns Freunden der gitarrenlastigen Langhaarkapellen am Tag nach dem Roskilde, Earthquaker, Whatever OpenAir "Muskelkater im Genick ist des Moshers größtes Glück!"
 Jetzt ersetze ich einfach den (haarlosen) "Mosher" mit dem "Athleten" und der Spruch behält seine zeitlose Gültigkeit.
 Und wenn sich dann endlich die ersten Krämpfe anbahnen und es einem beim Aufstehen von der X-ten Bodenübung leicht schwindlig wird, geht es zurück in die Umkleide.
 Geschafft!
 
 Ein großer Schluck aus der Wasserpulle, langes, nasses Gymdress runter und kurzes, trockenes Wettkampfshirt drüber, Musikplayer mit dem Wacken-Livemitschnitt von 2012 auf die Ohren, kurz noch reichlich kaltes Wasser in die "Fresse", denn jetzt kommt das Sahnehäubchen, die Suche nach dem Schlüssel für die Tür einer Treppchenplatzierung, irgendwann einmal auf diesem fernen Lavaklumpen!!!
 Die 40 Minuten der Wahrheit - DAS LAUFBAND!
 Während draussen im Jahre des Herrn 2016 bislang noch kein ernsthafter Lauf ohne akute Verletzungsgefahr denkbar war, habe ich wie bereits mehrfach erwähnt, die Reize eines stupiden Rennens auf der Stelle für mich entdeckt.
 Zugegebenermaßen sind die ersten 5 Minuten unverändert und nett formuliert: todlangweilig!!!
 In dieser Zeit bin ich mental gefordert, am "Ball" zu bleiben. Und nach dem Verlassen dieser Todeszone sehe ich vor meinem geistigen Auge keine grauen Wände und dunklen Fenster mehr, sondern laufe in meiner eigenen, imaginären Welt, weit weg vom Stinkeklub - und diese ist meist die Dreikilometerrunde um den Club La Santa oder das Stück Queen K. zwischen Ampel und Abzweig Energy Lab und wechselt dann bei den schnellen Kilometern ab 16 und 17 km/h automatisch in die blaue Laufbahn des Clubs.
 500 Meter mit 16 km/h - ich laufe in Gedanken die Zielgerade auf das Ironmanzieltor zu, biege in die Kurve Richtung neue Clubanlage, dann die Gegenwindgerade Richtung Bike Center, an der Golfanlage vorbei und schwebe die letzte Gerade an den Tennisplätzen lang, um kurz darauf am Band für 500 Meter auf 17 km/h im Geist das gleiche Szenario wieder abzuspulen.
 Danach gibt es 500 Meter lockeres Traben bei 14 km/h, danach 15 km/h. Und wieder von vorn. Und noch einmal. Und...
 
 Irgendwann wird der Frost, das Eis und der Schnee vor uns unerbittlichen Ausdauerkriegern kapitulieren und wir können wieder draussen alles geben!
 Mit Volldampf auf das geilste Laufband der Welt - bestehend aus Wegen, Straßen, Bergen, um die Seen und in das Stadion!
 
 Athleten, durchhalten und bis zum Platzen Vorfreude inhalieren, denn es wird so ein geiles 2017!!!
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