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Alt 17.02.2007, 21:23   #61
Anja
Szenekenner
 
Benutzerbild von Anja
 
Registriert seit: 08.10.2006
Beiträge: 1.252
Zur Prävention:

Ich beginne chronologisch entsprechend dem Lebensalter:

Erziehungskurse für werdende Eltern: So wie es selbstverständlich ist, im Rahmen der Geburtsvorbereitung einen Kurs zu besuchen in dem man auf die Geburt vorbereitet wird, sollte es selbstverständlich sein, daß Kurse angeboten werden, die werdende Eltern in puncto Entwicklungspsychologische Gegebenheiten und die daraus resultierenden pädagogischen Interventionen unterrichtet. Für Tagesmütter wird sowas empfohlen bzw. ist es teilweise sogar Pflicht um höhere Tagessätze bezahlt zu bekommen. Warum muß eine Tagesmutter über kindliche Ängste, Tagesrhythmus, Ernährung etc. lernen, jedoch nicht alle Eltern? Die Politik könnte dies bewerben und finanziell unterstützen (z. B. über die Schwangerenberatung, Krankenkassen, Frauen- und Kinderärzte). Eltern sind das erste und wichtigste Vorbild.

Kinderkrippen/Kindergartenplätze: Früher wurde die Betreuung der Kleinkinder/Kinder von den Eltern und/oder Großeltern übernommen. Wenn dies nicht mehr möglich ist, muß an der Stelle qualifizierte Betreuungsangebote einsetzen. Zu vernünftigen Preisen (gestaffelt nach Einkommen, für Bedürftige somit kostenlos), in wirklich flexiblen Zeitenmodellen und gut erreichbar. Eine Variante wären in diesem System auch Betriebskindergärten, wodurch nicht nur die Kinder gut betreut wären, sondern durch den gemeinsamen Arbeitsort von Kind und Eltern Zeit- und Geldersparnis gegeben wäre und es im Sinne von geringeren Fahrtkosten auch umweltfreundlicher wäre. Zudem wäre es für alle Beteiligten streßfreier. Die Politik muß das, was sie seit Jahren ankündigt umsetzen. Kindergartenplatz für alle. Die Wirtschaft kann dazu verpflichtet werden eine bestimmte Anzahl Plätze zu stellen oder als Abgabe an das zuständige Jugendamt zu zahlen (die Abgabe natürlich höher als ein realer Platz kostet) um damit angeregt zu werden eine hauseigene Versorgung zu gewährleisten. Die Oberaufsicht für diese Krippen/Kindergärten bleibt bei den Kommunen um den Standard zu wahren.

In den Schulen müßte die Gesamtschulzeit verlängert werden. Nicht mehr Schulstoff in weniger Zeit, sondern die wichtigen Dinge in angemessener Zeit. Zum eigentlichen Schulstoff Unterricht in "Verhalten" - der, genauso wie eine qualifizierte Nachmittagsbetreuung, ggf. in außerschulischen Einrichtungen von Sozialpädagogen und Erziehern durchgeführt wird. Hier ist eine klare Trennung zwischen reinem Schullernen (Schule als eher ungelieber Ort) und Leben (Gemeinsam essen, spielen, lernen, erleben) vermutlich sinnvoll. Kinder, die nachmittags unversorgt wären, müssen sowohl eine Mahlzeit bekommen, als auch kostenlos Nachhilfe und Freizeitangebote. Die Politik kann damit über den Weg "Schule", wo jedes Kind sein muß auch alle erreichen und Bildung nicht zu einem Privileg für Reiche machen und während der Nachmittage (oder auch mal Vormittage in einem flexiblen Ganztagesplan) eine Erziehung erfolgt, die nur in einem Rahmen möglich ist, die keinem Lehrplan zu folgen hat.

Zum Schulende hin müssen die Jugendlichen auf das Berufsleben vorbereitet werden. Das ist nicht mit dem Schreiben einer Bewerbung (auf dem Stand von vor 20 Jahren...) und einem Besuch im BiZ getan. Praktikumstage, Lernfelder, eigenverantwortlichen und praxisbezogenes Lernen sind dazu notwendig. Hier braucht es eine Änderung der Lehrpläne und eine flexiblere Gestaltung des Unterrichts. Lehrer müssen verpflichtet werden sich fortzubilden, müssen kündbar sein. Externe Dozenten müssen hinzugezogen werden. Es kann nicht sein, daß ein Hauptschullehrer, der im Studium nur zwei Fächer gelernt hat, nach dem Referendariat plötzlich alles außer Religion unterrichten darf. Die Politik kann durch die Kultuspolitik darauf Einfluß nehmen. Es müssen auch an öffentlichen Schulen über die Möglichkeiten des Fundraisings nachgedacht werden. So wie große Unternehmen teilweise Universitäten unterstützen, so können sie auch Schulen unterstützen. Kommt ihnen später auch wieder zu Gute, wenn sie dafür gut ausgebildete Schulabgänger bekommen.

Nach der Schule - was leider mittlerweile nicht mehr gleichbedeutend ist mit dem Beginn einer Ausbildung muß es Maßnahmen geben, in denen diese Jugendlichen auf eine baldige Arbeitsaufnahme vorbereitet werden. Diese gibt es aktuell. Jedoch darf in diesem Bereich nicht zunehmend gespart werden, sondern es müssen noch intensivere Programme angeboten werden um Jugendliche in der Zeit ausbildungsfähig und fit für den Beruf zu machen. Gerade in dieser Zeit ist noch intensivere sozialpädagogische Begleitung nötig, um zu lernen den Frust auf Grund der fehlenden beruflichen Perspektive und die Probleme der Adoleszenz. Über die Arbeitsmarktpolitik kann auch hier verhindert werden, daß Jugendliche nach der Schulzeit abstürzen und aus dem sozialen System fallen.

Im außerschulischen Bereich sind vielfältige Freizeitangebote nötig, die notfalls kostenlos genutzt werden können. Offene Jugendtreffs sind eine Möglichkeit, gemeinwesenbezogene Sozialarbeit nützt nicht nur den Jugendlichen, sondern allen Altersgruppen. Gefragt sind somit alle Menschen, auch die ohne eigene Kinder, die Nachbarn und Kollegen. Alle sind Vorbild, alle können Einfluß nehmen.

Daneben sind spezielle Beratungsstellen und Einrichtungen nötig, die für spezielle Lebenslagen ausgebildet sind. Mehr Beratungsstellen für Süchtige, Schwangere, Jugendliche etc. Im Hinblick auf die aktuelle Situation ist schon viel erreicht, wenn die Fördergelder wieder so hoch gesetzt werden, wie sie vor 15 Jahren waren - noch höher mit noch mehr qualifiziertem Personal wäre der Idealzustand.

Vorsorgeuntersuchungen/Beratung für Eltern muß engmaschiger und umfangreicher ratsam und teilweise auch verpflichtend werden. Hierzu sind Veränderungen in der Gesundheitspolitik nötig. Während der Schwangerschaft brauch ich noch nicht intensiv über die Pädagogik in der Pubertät lehren. Das muß während der Schulzeit stattfinden. Schulen könnten zur Bildungseinrichtung auch für Eltern werden oder bei freien Bildungsträgern können entsprechende Kurse besucht werden. Eltern, die derartige Scheine nachweisen, könnten dafür Vergünstigungen bekommen.

Neben diesen offenen Angeboten müßten die gesetzlich verpflichtenden Leistungen (die Pflichtleistungen der Kinder- und Jugendhilfe) an weniger Bedingungen geknüpft sein, im weitestmöglichen Sinn (also z. B. in jedem angefragten Fall bis 27 und nicht nur bis 18) gewährt werden und das Personal der Jugendämter (teilweise auch der Sozial- und Gesundheitsämter) personell so ausgestattet sein, daß sie sich auch wirklich gut um die Hilfesuchenden kümmern können und nicht notgedrungen nur noch verwalten, statt sozialpädagogisch arbeiten zu können. Hierbei darf es auch nicht darum gegen kostengünstig zu arbeiten, sondern möglichst wirksam. Hier müssen vernünftige Standards geschaffen werden und genügend Geld zur Verfügung gestellt werden um entsprechende Arbeit zu leisten. Jugendhilfe darf kein Verschiebebahnhof sein.

In der Berufsausbildung muß in den Berufsschulen das gleiche Prinzip fortgesetzt werden, das in der Schule bestand: Neben dem Unterricht muß sozialpädagogische und/oder psychologische Beratung standfinden. Das kann in schulischen und in außerschulischen Bereichen stattfinden. Nachhilfe und Unterstützung für benachteiligte Jugendliche muß kostenlos möglich sein. Auch dies gibt es, nur auch da könnte mit - wie früher - höheren Zuschüssen noch qualifiziertere Arbeit geleistet werden. Auch hier besteht präventiv ein großes Handlungsfeld. Einfluß wird hier über die Schulen, die Kammern und Innungen und Arbeitsagenturen genommen werden. Hier tragen auch die "erfahrenen Hasen" aus dem Berufsleben eine Rolle. Als positives Vorbild, wie man erfolgreich und glücklich lebt, ohne andere zu übervorteilen.

Gerade in dieser Phase kann nochmal intensiv auf den Übergang zum Erwachsenen eingegangen werden. Selbständige Lebensführung, Partnerschaft, Lebensplanung, Perspektiven bilden - dies ist der letzte Schritt, bevor wir die Jugendlichen ins Erwachsenenleben entlassen und sie im glücklichsten Fall einige Zeit später im Rahmen der Schwangeren- und Familienberatung wieder treffen.

Und in der zweiten Generation werden die Maßnahmen noch besser greifen, weil die Grundlagen schon verinnerlicht sind.

Danke fürs Lesen - ich bin auf Eure Reaktionen gespannt.

Anja
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