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Zitat von noam
Tja wo soll ich anfangen
Grundsätzlich ist in Deutschland ja nun der Fachsportverband zuständig für Lobbyarbeit im eigenen Sinne und muss in die Verantwortung genommen werden, wenn es darum geht Rahmenbedingungen zu schaffen, um im sportlichen Sinn erfolgreich zu sein.
Was passiert in Deutschland. Viele Sportbecken werden aufgrund eines Wartungsstaus oder fehlender Gelder geschlossen oder zu Abteuerspielplätzen für kleine und große Kinder umgebaut, so dass eine sportliche Nutzung nicht mehr wirklich möglich ist.
Ganzjährig nutzbare Schwimmbäder mit 50m Bahn sind in der Breite einfach nicht vorhanden.
Hier sehe ich den Verband schon in der Pflicht entsprechend Druck auf die Politik auszuüben, entsprechende Möglichkeiten zu schaffen oder zumindest nicht zu verschlechtern, gerade wenn der Bundesinnenminister doch öffentlich Leistungen einfordert wie vor 4 Jahren.
Dann die Talentsichtung und Förderung. Bei uns (gut, das ist jetzt 20 Jahre her) ging es eher darum wer sich ein Schwimminternat leisten konnte / wollte und nicht dass ein Sportler gefördert werden sollte. 1991 wurden meine Eltern angesprochen, ob ich nicht in ein Schwimminternat sollte / wollte. Das sollte dann allerdings voll eigenfinanziert werden für eine recht hohe monatliche Summe und ich weiß von anderen dass es da auch so gelaufen ist. So bekomme ich keine Talente zusammen, woraus sich dann vielleicht einer mal durchsetzt.
Dann kann ich noch diverse Geschichten aus meinem damaligen Trainingsumfeld erzählen, wo einfach Talente ignoriert wurden, weil der Landestrainer den Heimverein bzw den dortigen Trainer doof fand oder das Kind aus dem Ladeskader geflogen ist, weil es an seiner eigenen Konfirmation teilgenommen hat anstatt an einem läppischen Vergleichswettkampf. Oder die neue Landestrainerin im Prinzip nur ihre eigenen Kinder fördert und alle anderen müssen sehen wo sie bleiben.
Manche aus meinem damaligen Umfeld haben es dann dennoch zu Weltmeisterschaften und auch zu Olympia geschafft. Aber das waren in der Regel die, die sich den damaligen Strukturen (auch finanziell) voll unterworfen haben und damals bei weitem nicht die schnellsten waren.
Die Infrastruktur im Schwimmsport ist einfach unglaublich teuer. Anderen Ländern ist es das Wert. Hier wird lieber für jeden Dorfverein ein bundesligataugliches Fußballstadion gebaut. ich war auf jeden Fall im Laufe meiner Zeit als Schwimmer dreimal mehr Zeit auf den Wegen zum Training und wieder nach Hause unterwegs als im Wasser.
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Die Missstände und Probleme im Umgang mit Schwimmsport kann ich zu hundert Prozent bestätigen, nur sehe ich das Ganze eher als gesamtgesellschaftliches Problem und nicht als Organisationsversagen des Verbandes.
Den Deutschen ist Fußball nunmal wichtig und es fließt dort viel Geld rein: als Ergebnis gilt die deutsche Nachwuchsarbeit im Fußball als beispielhaft weltweit.
In den USA fristet Fußball neben den relevanten Sportarten wie Football, Basketball, Baseball, Eishockey und eben auch ein stück weit Schwimmen, das ebenfalls in den USA sehr populär ist, ein Schattendasein.
Für einen jungen, aufstrebenden Schwimmer ist also die USA das gelobte Land, für einen jungen, aufstrebenden Fußballer ist es Deutschland.
Und der DFB ist sicher nicht grundsätzlich besser aufgestellt und hat fachkundigere Funktionäre im Vergleich zum DSV, sondern er hat vermutlich nur einfach viel mehr Mittel zur Verfügung, mit denen sich sinnvolles anstellen lässt und wenn er neue Leistungszentren eröffnen oder bestehende erweitern oder modernisieren will, rennt er bei Kommunen und Politikern stets offene Türen ein, wo der DSV u.U. überhaupt nicht mal Gehör findet, wenn er den Bau neuer Sportschwimmbäder anregen will.
Ich bin mir sicher, dass nach diesen Spielen ein grundsätzlicher Umbau des Deutschen Sportfördersystems unumgänglich sein wird und auch angegangen wird. Das derzeitige VErteilungssystem, demzufolge nahezu alle olympischen Sportarten gefördert werden (nur eben je nach Leistung unterschiedlich stark) ist bei begrenzten zur Verteilung anstehenden Mitteln nicht mehr erfolgversprechend.
Man muss es entweder schaffen, die Sportfördermittel im Gesamtvolumen erheblich zu erhöhen (unrealistisch, auch wenn es die Briten im Vorfeld von London 2012 geschafft haben, indem sie eine feste Kopplung festlegten, derzufolge ein fester Prozentsatz der staatlichen Lotterieeinnahmen in die Sportförderung fließen
muss), oder man muss sich bei der Förderung auf die wenigen Disziplinen beschränken, die nach gesamtgesellschaftlichem Konsens wichtig
und die außerdem medaillenträchtig sind.