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Alt 24.05.2015, 14:44   #363
dickermichel
Szenekenner
 
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Beiträge: 2.034
Payday: das Rennen (Teil 2)

Der Wettkampf - Schwimmen
Um drei Minuten nach sieben gab’s einen Knall und erst mal eine Mischung aus Brust, Wasserballkraul und Freestyle-Ringen.
Klar, bis zur Boje kein Spaß, aber danach schwamm ich ganz rechts Richtung Meer, hatte meine Ruhe und zog entspannt meine Arme durchs kühle Wasser.
Auf Anraten HaFus achtete ich darauf, den rechten Arm nicht zu stark zu belasten, da ich ja aufgrund des Sturzes vor ein paar Wochen meine Schulterkapsel und die Bänder lädiert hatte, und es lief flüssig, null anstrengend, wieso auch?
Die Belastung war erheblich unterhalb meiner Intervallbelastungen und die Ausdauer, die aus diesen resultiert (auch wenn das die meisten nicht glauben), war natürlich auch da.
Schnell war der erste Landgang fällig, vor dem ich ein wenig Bammel hatte, da ich schon beim Runtergehen zum Strand gemerkt hatte, dass Sand und Kurven für das Knie nicht gut waren. Doch im Storchengang stakste ich elegant um die 180°-Kurve und ab in die nächste Runde.
Irgendjemand schien inzwischen den Quirl angeworfen zu haben, denn die Wellen waren spürbar höher und es war ein dauerndes Rauf und Runter.

Entsprechend war meine Schwimmzeit in der zweiten Runde (wie ich an dem Ausdruck nach WK-Ende gesehen habe) über drei Minuten langsamer als in der ersten.
Ok, mit 59.31 zwar mein erstes Ziel klar verfehlt, doch das störte mich überhaupt nicht, denn ich war superlocker geschwommen, hatte jede Menge Luft aus meinen Darm umweltfreundlich in den Tiefen des Meeres versenkt (die Nachfolgen des Abends /der Nacht), hatte mich nicht verausgabt, keine Schmerzen in der Schulter gehabt = das erste Ziel des guten Wettkampftages war also erreicht!

Laufen in die Wechselzone war gemütlich, dort holte ich erst mal meine Kekse raus und meine Flasche Apfelwasser (1:1), aß zwei Stück davon, trank ca. 350-400ml (habe ich abends gesehen), zog mir meinen Neo aus, Helm auf die Birne, Brille auf die Augen, Startnummer um, packte mein Esszeug ins Trikot und hatschte mit den Schuhen zu meinem mich schon sehnsüchtig erwartenden Rad. Dort setzte ich mich erst mal auf die netterweise für mich hingebaute Bordsteinkante, zog mir meine klassischen Radschuhe an und stakste (wieder mal) mit dem Rad zum Ausgang.
Dort wie immer das gleiche Bild: Einige Athleten, die mit ihren Schlingerbewegungen aufgrund ihrer Unfähigkeit, die am Pedal hängenden Schuhe anzuziehen, alle anderen Athleten behindern.
Ich finde, dass sollten nur die Athleten machen dürfen, die vorher einen Test bestanden haben …
Anyway, ich saß auf dem Rad.


Der Wettkampf - Radeln
Schon auf den ersten Metern machte es mich stutzig, dass wir mit voller Lotte Rückenwind fuhren - DAS konnte nicht sein.
Doch, sagte der Windgott: „Heute machen wir das mal completely different.“


Schon auf der großen Straße schob der Wind von vorne und der Seite gegen Dich, dass man alle Hände voll zu tun hatte. Für das 3km kurze Stück von Puerto Calero zur Straße nach Yaiza benötigte ich auf komplett kleinem Blatt über acht Minuten!
Im Training hatte ich dafür bei den acht Intervallen jeweils nur fünf Minuten auf dem großen Blatt gebraucht.

Es ging so bis kurz vor der Abzweigung zu den Feuerbergen weiter, erst hier hatte man den Wind richtig von hinten und konnte Gas geben, leider nur kurz, denn dann dreht man wieder in den Wind nach El Golfo.
Zurück auf der großen Straße ein kurzes Stück Gewürge, dann rechts-links in die Feuerberge.
Nun hatte ich die ja auch fünf Mal durchfahren und kannte die Zeiten vom ersten KM-Schild bis oben: die waren am raceday alle Makulatur.
Allerdings nicht nur wg. des Windes, sondern auch, weil ich von Beginn an nicht so richtig Zugriff auf meine Beine hatte.
Dies blieb auch bis zum Club La Santa so.

Noch kurz zum Wetter:
Es war selbstverständlich (das wäre eine Erleichterung für mich) überhaupt nicht warm, der Wind pfiff so unerbittlich und kalt in alle Poren, dass ich schon währenddessen wusste, das gibt mindestens eine Hals- und Ohrenentzündung am nächsten Tag (zum Glück nur Halsschmerzen + Auswurf….:-).
Und gefroren habe ich eh ...

Nun hatte ich ja natürlich ein paar Pläne (!) gebastelt, von denen es galt, herauszufinden, welcher der passendste für den heutigen Tag sein sollte.
Plan 1 war sehr schnell schwimmen (geknickt), von Anfang an schneller radeln als im Training (ebenfalls geknickt), alles zusammen noch schneller als meine öffentlichen Zeitvorgaben - keine Frage, Plan 1 kam in Ablage P.
Plan 2 war meine Blog-Zeitvorgabe, die ebenfalls schon beim Schwimmen nicht funktioniert hatte und wo ich aufgrund der vergangenen Zeit bis zum La Santa fast zu 100% sicher war, dass eine 5.20 kaum noch möglich sein würde. Denn wenn der Wind hier so pfiff, dann pfiff er die Berge hoch erst recht so.
Also wanderte Plan 2 ebenfalls in Ablage P.
Blieb noch Plan 3 übrig, der aus zwei Komponenten bestand: einen tollen WK-Tag erleben und beim Radeln auf die kommenden Beine zu warten.
Es gibt dazu einen schönen Artikel von Torbjorn Sindballe, in dem er über „The Art and Science of Peaking“ u. a. schreibt, dass bei einem dann in Summe exzellenten WK auf Hawaii die Beine erst ab km70, 80 kamen.
Und Wunder 1: so war es auch bei mir:
Kurz nach dem Club La Santa meldeten sich die Beine mit einem „Wir wären dann auch soweit - was geht, Alter?“

Ja, was ging nun?
Das war egal, Hauptsache, ich konnte Stoff geben, und so fuhr ich wie ein Berserker nach Famara runter, zum Kreisel nach Teguise eher locker, dann bis zum Kreisel in Teguise, wo man links zum Mirador abbiegt, wieder in Intervallform.
Das war die Taktik, die ich mir für Plan 1 aufgrund meines Trainings zuhause und auf Lanza zurecht gelegt hatte:
Ich hatte die Strecke in acht Intervalle unterteilt (von denen ich die ersten drei bis Tinajo mangels Power nicht fahren konnte):
Normales WK-Tempo als Basis, die Intervalle in Längen von 5min bis 20min erheblich schneller.

In Teguise hatte mir jemand zugerufen, ich sei auf Platz 65 oder 66 - ups, so weit hinten?
Unverschämtheit.

Also einsammeln, was schon beim ersten Anstieg im Rahmen meines nun dritten und längeren Intervalls bis hoch zum höchsten Punkt der Strecke (Los Nieves) begann.
Die Abfahrt nach Haira fuhr ich vorsichtig, danach sah ich schon weitere Athleten vor mir in Richtung Mirador del Rio, so dass ich ca. bei Platz 50 mit Rückenwind nach Tahiche brettern konnte.
Dort stellte ich im Übrigen fest, dass meine Ess-Strategie bisher ganz gut funktioniert hatte:
2 Kekse shortbread in T1
+ 4 weitere Kekse in den ersten 30-40min
+ danach Start mit dem Energy-Zeug alle 15min
Ich hatte in weiser Voraussicht für knapp sechs Stunden portioniert und die erste, dann leere Flasche bei Teguise (nach gut drei Stunden) gegen eine Wasserflasche als zusätzliche Reserve zur Aerobottle, in der ich immer nur Wasser drin habe, getauscht.

Aber: auf der Gerade sah ich auch, dass meine zweite Flasche nur noch zu maximal einem Fünftel gefüllt war, definitiv zu wenig bis zum Ende.
Ein Problem?
Nein, Michel hatte vorgesorgt...
Mit zwei extra Tuben Liquid Energy dabei und dem Sesamriegel.
Letzterer kam aufgrund des Magenthemas natürlich nicht zum Einsatz, doch eine Tube für zwei Portionen in 35-40min deckte den Bedarf fürs Erste.

So ging es hoch nach Nazaret und auch das war unglaublich:
Sofort aufs kleine Blatt geschaltet, weil der Wind Dich überhaupt nicht vorwärts kommen ließ, doch mir war das egal, denn das war mein achter und damit letzter Intervall (inkl. der beschi**enen 408er).
Wieder auf der normalen Straße angekommen, blies der Wind eher seitlich von hinten, also ok, doch hier machte ich retrospektiv den einzigen Ernährungsfehler an diesem Tag:

Meine Empfindung, dass ich schwächer würde, habe ich NICHT auf mangelnde Energie zurückgeführt, sondern auf die bisher harte Strecke.
Das war nur zum Teil richtig, hier hätte ich mehr Selbstvertrauen in meine Beine haben müssen, denn auf diesem letzten Stück, das eigentlich schnell ist, habe ich ordentlich Zeit verloren.
Ich machte die Flasche kurz nach der Abzweigung nach links leer und dachte, das reicht für die letzten 15min.
Doch bei der Abfahrt der Donkey Road musste ich mich massiv konzentrieren - auch das ein klares Zeichen für Energiemangel.
Ein Athlet, der kurz vor mir eingebogen war, war schon auf der LZ-2, also ich noch auf der Road rumgurkte, hat mir also allein auf diesem Stück eine Minute abgenommen.

Als ich dann auch mal auf die LZ-2 eingebogen war, passierte mir etwas noch nie Dagewesenes:
Mein Bauch verhärtete sich wie Sau, ich konnte nicht mehr treten und „zum Glück“ begann meine Mundpartie sich zu kräuseln.
Ich hatte das schon mal in dem Blog hier erzählt, dass dies bei mir das Zechen für kompletten Energiemangel darstellt.
Darum auch "zum Glück", denn so wusste ich sofort, was Sache war, schob mir eine komplette Tube Liquid Energy - in einem Stück!
Und keine zwei, drei Minuten später (leider haben mich währenddessen noch zwei Athleten, u. a. der Flo hier aus dem Forum überholt, die zählen also nicht bzgl. meines Platzes nach Rad ... ), war das System wieder auf „go!“, was natürlich die letzten fünf Minuten bis zum Ziel nicht viel brachte, aber immerhin schon mal eine Grundlage für den Lauf schuf.

Noch ein Hinweis zum Trinken auf dem Rad:
Aufgrund der Kälte die ersten zwei Stunden habe ich relativ wenig getrunken bzw. immer erst, wenn ich es im Kopf spürte (Zeichen für zu wenig Flüssigkeit bei mir),
Getrunken habe ich nur so viel, bis mein Bauch mir signalisierte, jetzt ist genug; der war ja generell ein wenig empfindlich nach der Nacht:
Sobald er nach Wassereinnahme zu Grummeln anfing, trank ich einen kleinen Schluck Energyzeug hinterher, um den Magen zu beruhigen (Salz und KH!).
Erst auf der zweiten Hälfte konnte und wollte ich mehr trinken - auch da immer so lange, bis mein Magen sich meldete.

Und noch ein Hinweis zum Essen:
Nach diesem WK weiß ich, dass ich zu den Athleten gehöre, die bis zu 100g KH bei einem harten Rennen verarbeiten können - eine längst überfällige Erkenntnis nach 18 oder 19 LDs, oder ... ?

In der Wechselzone angekommen, gab ich das Rad ab, zog meine Schuhe aus und wollte aus Gewohnheit loslaufen, doch sofort ein starker Stich im linken Knie, also nix laufen, sondern gehen.


Ich holte mein Sackerl, ging zum Pinkeln (das musste ich schon KM160) und dann sehr gemütlich in die Wechselzone, wo die Damen völlig fassungslos waren, dass da jemand nicht wie auf der Flucht rein- und wieder rausraste.

Naja, wieso sollte ich?
Ich wusste überhaupt nicht, was mich erwartete, ich hoffte lediglich, dass ich mit Schuhen und einem entsprechenden vermeidenden Laufstil irgendwie vom Fleck kommen würde - mehr wollte ich nicht.
Man sieht das ja ganz gut auf dem Bild von Highlander: das linke Bein war nicht locker, weil ich eben ein paar bestimmte Bewegungen vermeiden musste.

Das Laufen würde also genau das werden, was ich befürchtet hatte: jogging, so lange wie möglich und dann halt wandern.
dickermichel ist offline   Mit Zitat antworten