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Alt 15.05.2015, 12:20   #215
dickermichel
Szenekenner
 
Registriert seit: 24.08.2007
Beiträge: 2.034
2013: Einmal Phoenix aus der Asche - und wieder zurück … (Teil 2)

Aufgrund der umfangreichen Ereignislage in 2013, der Schreibwut des TE und der sich dramatisch verkürzenden Zeit bis zum WK, gibt's den zweiten Teil schon heute kurz vor Mittag:

Ich durchquerte also Fuerte von Süden nach Norden, war fast immer zwischen fünf und sechs Stunden unterwegs - und dann hatte ich ja auch noch einen Plan fürs Laufen (wie Ihr seht, wimmelt es in meinem Leben vor Plänen):
Die Radeinheiten sollten von der Länge gleich bleiben, aber das Laufen jedes Mal verlängert werden, also 30, 40, 50min im ersten 3-Tage-Block, dann 60, 70 und 80min im zweiten Block, der dritte Block war dann eher freestyle, zum einen weil ich bei einer Einheit anscheinend auf dem Rad noch einen Teil des Meeres abgefahren war und sechseinhalb Stunden unterwegs war und danach nach einer gute Stunde Laufen genug hatte, zum anderen weil mein Körper bei 34 und 31h Wochenbelastung auf seine Grenzen verwies.
Noch der Ordnung halber: Auch hier war der Pool von unorthodoxer Gestaltung (zumindest, wenn man Bahnen erwartet), aber für acht morgendliche Einheiten zwischen 20 und 30 Minuten hat es gereicht.

Eine Anekdote von der ersten langen Einheit am ersten Tag habe ich noch:
Dank des winterlichen Radtrainings mit bis zu 3h existierte so etwas wie Eingewöhnungsphase nicht in meiner Vorstellung, ergo:
Munter fünf Stunden auf der Insel herumgekurvt, dann den Heimweg (immer mit Rückenwind) angetreten, und als ich nur noch 20min vor dem Hotel war, musste ich schleunigst das Rad und mich in einer schattigen Bushaltestelle ablegen, denn ich konnte mit einem Schlag nicht mehr geradeaus gucken, geschweige denn das Rad halten.
Dort lag ich nun, um mich herum drei entvölkerte Häuser, Wasser war zwar noch in einer der Flaschen, aber sonst nix.
Ich hatte in dem Moment wirklich keinen Schimmer, wie ich von dort wegkommen sollte und stellte mir schon Schlagzeilen der Zeitungen von 2025 wie „Mumifizierter Triathlet von Forscherteam bei Erkundung bisher unerschlossener Gebiete auf Fuerteventura gefunden“ vor, wobei ich für so einen Gedanken sicherlich zehn Minuten benötigte, denn ich konnte einfach gar nix mehr.
Aber wie beim Terminator fing das Licht wieder an zu blinken und mir fiel ein, dass ich in meinem Wimmerl (= Tasche, die man sich um die Hüfte bindet) doch noch zwei Gels aus der Gran Canaria-Zeit (2005/2006!) drin haben müsste.
Denn da ich beim Radfahren nie was zum Essen dabei habe (jaja, ich weiß …), warteten die Gels weit über ihr Haltbarkeitsdatum hinaus treu auf ihre Einsatzmöglichkeit - und ich kann Euch sagen:
NIE in meinem Leben zuvor und danach habe ich köstlichere Gels gegessen - das war Haute Cuisine auf höchstem Niveau.
Nach weiteren zehn Minuten sass ich wieder auf dem Rad, kam ins Hotel und lief eine halbe Stunde, als wäre ich nicht vorher kurz vorm Exitus gewesen, unglaublich, was unsere Körper leisten können.

Das Trainingslager war also ein voller Erfolg und ich gedachte nach der Rückkehr unvermindert weiter zumachen, wobei die langen Radsachen nun erst einmal vorbei waren, da würde im Mai/Juni noch mal ein 2-3-Wochen-Block folgen.

Nun hatte ich ja das Jahr davor die Jugendgruppe des Ruderclubs am Dienstag übernommen, mit denen ich ein simples Programm abspulte:
20min Bodyweight und Sprints, danach 1h Fußball.
So machten wir das auch im Winter 2012/2013 und am 19. März in der letzten Stunde des Wintertrainings fünf Minuten vor Schluss, knüppelte mir ein recht guter Fußballer, der es generell ungern sah, dass so ein alter Knacker mindestens genauso gut wie er spielte, den rechten Fuß mit einer Wucht weg, dass noch vier Monate später der Arzt bei einem Kontroll-MRT meinte, ich hätte damals ja riesiges Glück gehabt, dass der mir nicht das gesamte Sprunggelenk zertrümmert hatte.
Ja, was hatte ich für ein Glück!!!
Es war nur ein knöcherner Abriss am Wadenbein sowie ein paar Bänder, die durch waren - ich war total happy.
Das Interessante war, dass ich in dem Moment, als er ausholte, dachte: ‚Nein, das machst Du jetzt bitte nicht…‘, aber bevor dieser Gedanke in meinem Fuß war, war seiner schon in meinem, quasi.

Im Krankenhaus stülpte man mir dann ein Riesentrumm von gipsähnlicher Schiene um das Bein, drückte mir die 20er-Packung Thrombose-Spritzen in die Hand und schickte mich heim. Zum Glück ließ ich mir die Bilder mitgeben, die ich umgehend meinem Vater (wie schon erwähnt: Arzt, Chirurg, und viel Orthopädie-Erfahrung) schickte.
Der war ebenfalls schockiert und ebenfalls der Meinung, dass dieses Schienendings der völlig falsche Therapieansatz dafür wäre, schon allein die Idee, den Patienten so immobil zuhalten, dass er sich Zeug gegen Thrombose spritzen muss, war dermaßen old school, dass man höchstens noch in Büchern aus dem Antiquariat darüber lesen kann.
Ich also am nächsten Tag in die Klinik, wo ich eine unschöne Diskussion mit dem Oberarzt hatte, der natürlich seine aus den Tiefen Russlands (anscheinend gibt es dort die alten Lehrbücher noch außerhalb von Antiquariaten) kommende (und nichts desto trotz sehr bemühte und freundliche) Ärztin verteidigen musste und meinte, bei der Schwere der Verletzung sei mindestens die nächsten drei bis vier Wochen komplette Ruhestellung zwingend.
Ich weiß jetzt gar nicht mehr, ob ich von ihm ein Rezept für die Aircast-Schiene bekam oder sie mir selbst kaufen musste, egal, damit hatte ich Schutz und das Maß an Mobilität, dass der Fuss benötigt, um richtig heilen zu können.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, flog ich neun Tage nach dem Unfall für eine Woche in den Osterferien mit meiner Familie in das Hotel Su in die Türkei.
Denn ich hatte ihnen so vorgeschwärmt, dass sie da auch hinwollten - und ich begründete das klammheimlich mit der vagen Vorstellung eines kleinen Lauf- und Kraft-Trainingslagers (sehr toller Fitness-/Wellness-Bereich).
Mit Krücken in der Türkei bekam ich zumindest den Vortritt und mit der Schiene konnte ich durchaus sporteln:
Aquajogging im Indoor-Pool für Nichtschwimmer, Krafttraining ging auch ein wenig und sogar auf dem Ergometer konnte ich vorsichtig radeln - mein Körper hatte früher schon die Fähigkeit vergleichsmäßig schnell zu heilen und auch mit 45 Jahren funktionierte das noch, wenn auch nicht mehr wie in den jungen Jahren.

Zurück in D-Land war klar, dass ich bis Roth nicht so fit sein würde, um meine Ziele zu erreichen.
Zwar konnte ich mit der Schiene radeln und in dem Fitness-Studio, in dem ich mit dem Ruderclub im Winter gewesen war, durfte ich den Crosstrainer und später das Laufband gegen ein paar € Gebühr nutzen, aber an intensive oder längere Sachen war vor Mai nicht zu denken.
Im Mai lief ich auf Anraten meines Vaters das erste Mal ohne Schiene, was gut ging, aber generell war ich sehr vorsichtig, denn bei allem Spaß am Sport steht für mich immer die langfristige und bleibende Gesundheit meines Körpers im Mittelpunkt.

Im Juni ging ich dann zu dem schon erwähnten Kontroll-MRT, weil ich wissen wollte, wie das Ganze aussah und zum Glück war alles geheilt, wobei die Ärzte mir sagten, dass es in Summe bis zu sechs Monate dauern würde, bis alles zu 100% hergestellt sei, was jedoch für meine Sportart weniger relevant sei, aber z. B. für Fußballer (Ballack hatte eine ähnliche Verletzung und musste entsprechend lang pausieren). Denn solange ich keine extremen und belastenden Bewegungen in meinem Sport ausüben würde, wäre es sicher. Zum Glück ist das beim Triathlon nicht der Fall, also konnte ich …, ja, was denn eigentlich?

Mit Läufen zwischen 20 und 30min (sobald möglich, selbstverständlich schneller oder intervallig) war auf der LD kein Pfifferling zu holen - Roth wurde abgesagt.
Und für den Inferno in gut zwei Monaten war das Zeitfenster der sechs Monate noch nicht offen, denn bei der Laufstrecke läuft man ja irgendwann mal über Stock und Stein = 1x Umknicken und alles wieder von vorne (blöderweise hatte ich das im August beim Bergwandern mit der Familie vergessen …).

Ok, also mein gesamter Plan, mich wie der in der Überschrift genannte Phönix aus der Asche zu erheben, war gescheitert, Phönix blieb in der Asche und ich war schlecht gelaunt (wieder ein Futsch-Plan), enttäuscht (wofür hatte ich extra ein Trainingslager gemacht?), verärgert (der Junge hatte nicht einmal Entschuldigung gesagt oder gefragt, wie es mir ginge) und kurz davor, den Ende 2012 gefassten Entschluss, Triathlet zu sein, rückgängig zu machen.
Nur theoretisch, denn ich lasse mir doch nicht von so einem Rotzbengel meine ganze Saison kaputtmachen, dann eben anders!

Ich schaute mir also die Wettkämpfe in meiner Nähe an und wurde nicht nur fündig, sondern hatte auch das Glück, mich noch anmelden zu können.
Und wie das bei mir so ist, wollte ich nicht einfach nur ein paar WKs machen, sondern …
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