Ich würde gerne versuchen, die konkrete Diskussion einmal auf der prinzipiellen Ebene abzuhandeln. Ich finde nämlich, dass die Regeln sportlicher Wettkämpfe in erster Linie (=oberste Hierarchiestufe der Regeln) so klar definiert sein müssen, dass jeder schon VORHER weiß, was in welchem Fall passiert. Auf einer zweiten Ebene kommen dann aber subjektive Faktoren ins Spiel, etwa Schiedsrichterentscheidungen. Und die entscheidende Frage scheint mir zu sein, ob es sich bei einer Regelübertretung um eine Regel der (nennen wir es einmal einfach so) 1. Kategorie oder der 2. Kategorie handelt.
Beispiel Kategorie 1: "Wer die Strecke abkürzt, wird disqualifiziert." Oder "der Athlet ist selbst dafür verantwortlich, dass er die richtige Anzahl von Runden läuft." Bei diesen Regeln gibt es meiner Ansicht nach überhaupt keinen Spielraum. Wer die Strecke nicht ordentlich "lernt" hat wirklich Pech gehabt, wenn er sich verfährt. Und muss halt auch dann, wenn die Beschilderung nicht ausreichend war, die Konsequenzen tragen.
Dass viele hier für pragmatische, "faire" Regelauslegung plädieren, macht Euch durchaus sympathisch, das kann aber nur für Regeln der 2. Kategorie gelten, also dort, wo das Reglement einen Spielraum lässt. Eine Strafe für Windschattenfahren ist z.B. so eine Sache. Ob die jetzt objektiv zu Recht ausgesprochen wurde oder nicht, ist wurscht: Schiedsrichterentscheidungen sind Tatsachenentscheidungen. Und sie werden vor allem auch unverzüglich ausgesprochen und abgesessen. Das heißt, jeder im Rennen weiß sofort, woran er ist. Und es kann nicht passieren, dass man dann erst im Ziel irgendein Ergebnis ausrechnet, das einem am besten in den Kram passt.
Also Fairness in allen Ehren. Da bin ich unbedingt dafür. Ich find es aber unfair, eindeutige Regeln (=1. Kategorie = ohne Interpretationsspielraum) einfach willkürlich zu ändern. Dann bitte wirklich so, wie es hier eh schon geschrieben wurde: Antrag auf Regeländerung, Beschluss, Veröffentlichung und ab dann gilt die neue Regel. Auf die muss man sich dann aber auch wieder verlassen können.
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