Zitat von LidlRacer
Man stelle sich mal für einen Moment eine ideale (Rad-)Sportwelt vor, in der niemand dopt. So sollte es ja eigentlich sein.
In dieser eigentlich normalen Welt wäre Ulle mit einiger Wahrscheinlichkeit ähnlich erfolgreich gewesen, wie er es in der leider realen Dopingwelt war. Vielleicht sogar noch erfolgreicher.
Man könnte also eigentlich sagen: Dieser Erfolg steht ihm zu.
Jan Ullrich entstammt einer DDR- Doping- Ära und wenn er dementsprechend "aufgebaut" worden ist... Über seine Fähigkeiten zu spekulieren und ihm dahingehend ein Anrecht zuzusprechen ist daher etwas hochgegriffen. Ich will ihm da sein großes Talent nicht absprechen, ob es aber größer war als von Virenque, Armstrong (der schon als 19 jähriger Triathlet ein immenses Talent erkennen ließ)sei dahingestellt.
Da finde ich es etwas überheblich und unrealistisch, von ihm zu verlangen, er möge kampflos auf den ihm zustehenden Erfolg verzichten, soll nicht das tun, was er am besten und besser als (fast) alle anderen kann und was ihm Spaß macht, auf das er sich viele Jahre lang (in denen er nicht wusste, was auf ihn zukommen würde) vorbereitet hat, "nur" weil die ganze Radsportwelt völlig aus den Fugen geraten ist.
Es ist nicht überheblich von jemanden zu erwarten, dass er sich an die Gesetze hält nur weil viele andere das nicht tun. Auf Basis dieser Argumentation ist die Legitimierung von Unrecht nicht hinnehmbar: Nach dem Motto: "Der andere hat das auch gemacht, deshalb darf ich das auch, der Erfolg steht mir zu..."
Sicherlich hat er nicht gerne gedopt. Sicher hätte er gerne auf den ganzen Scheiß verzichtet. Auf die Heimlichtuerei, Lügerei, gesundheitliche Risiken, Kosten, seine öffentliche Vernichtung nachdem er aufgeflogen ist.
Klar, aber er hat seine Einnahmen mit seinen "Ausgaben" abgewogen und sich dafür entschieden, dass sich das Lügen, Heimlichtuen, gesundheitliche Risiko und sein eventuelles Auffliegen lohnt, so what
Die individuelle Schuld in diesem verkorksten Radsport sehe ich bei den allermeisten Fahrern inklusive Ullrich wirklich als gering an.
Ohne Doper kein Doping sage ich da nur. Und die Gier nach mehr Leistung und damit mehr Erfolg, Geld und Ruhm trieb alle an zu dopen. Die individuelle Schuld ist somit aus dem Radsport- Individuum entstanden.
Alle sind Verlierer in diesem perversen System (außer den Dopinglieferanten und -Ärzten). Natürlich sind die wenigen, die sich dem Dopingsystem verweigerten, die größten Verlierer, aber ein einzelner Ullrich oder wer auch immer hätte an deren Schicksal nicht viel ändern können.
Das sehe ich anders wenn ich sehe, wie bei wie viele Menschen und Medien Jan Ullrich Einfluss hatte. Wenn es jemand gekonnt hätte dann derjenige, der die Massen begeistert hat.
Ja, dass er Leute, die die Wahrheit gesagt haben (Spiegel und Werner Franke), verklagt hat, ist besonders unschön. Da kann man aber vermuten, dass er von Leuten, die insbesondere ihren eigenen Arsch retten wollten, getrieben wurde.
Und wieder wird er als ein Opfer von Beratern dargestellt. Die ihm das Zeug bei Fuentes besorgt haben sind dran gewesen, seine (Medien-) Berater mussten somit ihre Ärsche nicht retten, es ging Jan Ullrich vor allem darum seinen Arsch zu retten und die Kohle in Sicherheit zu bringen.
Auch unschön, dass er wohl bis heute noch lügt.
Wäre gut, wenn er die ganze Scheiße doch noch mal umfangreich aufklären würde ...
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