Ich mag mal eingrätschen zum letzten Satz und seiner Frage:
Christen sehen das so, das war real.
Also setzt man das mal als Prämisse an.
Das war ja hier die zentrale Duskussion zum Wahrheitsbegriff.
m.
Real schon, aber nicht unbedingt empirisch. Die ganzen Empiristen hier wollen ja gerade nichts anderes als real anerkennen als das (nicht näher bestimmte) Empirische. Teilweise behaupten dieselben dann sogar über Metaphysik müsse man nicht diskutieren...
Willst Du Dich beim Schöpfer darüber beschweren, daß die Welt nicht Deiner Vorstellung von Perfektion entspricht? Nach christl. Lehre ist alles Irdische vergänglich und imperfekt.
Der letzte Satz verlangt aber nach einer logischen und glaubwürdigen Begründung. Warum haben die aufrecht gehenden Menschen fast dieselbe Wirbelsäule wie Tiere, die sich auf allen Vieren fortbewegen? Ständige Rückenschmerzen inklusive.
Wirbelsäulen gibt es seit 400 Millionen Jahren. Ihre Besitzer bewegten sich auf allen Vieren. Erst in den letzten 4 Millionen Jahren gingen unsere Vorfahren zumindest teilweise aufrecht. Das ist nur 1% der Zeit in aufrechter Lage, gegenüber 99% in horizontaler Lage. Das erklärt aus wissenschaftlicher Sicht zwanglos, warum unsere Wirbelsäule den Anforderungen eines aufrecht gehenden Wesens nur sehr unvollkommen entspricht. Evolution ist nirgendwo perfekt, sondern hangelt sich von einem Kompromiss zum nächsten vorwärts.
Falls unsere Wirbelsäule das Werk eines Schöpfers sein soll, lässt das Rückschlüsse auf ihn selbst zu. Konnte er das nicht besser (Allmacht), oder wollte er es nicht (Güte), oder sah er diese Probleme nicht voraus (Allwissenheit)?
Die Unvollkommenheit der Welt ist ein empirischer Beweis gegen die Vollkommenheit ihres angeblichen Schöpfers. Damit behaupte ich nicht, es gäbe keinen Gott, denn darüber kann ich nichts wissen. Er hat als Schöpfer aber gewiss nicht die Eigenschaft der Vollkommenheit.
Ja, es gibt Gemeinsamkeiten in den Behauptungen des Judentums, des Islams und des Christentums, ihren zahllosen Untergruppen und Auslegungstraditionen. Du bist jedoch nicht auf das Argument eingegangen, wie sie gleichzeitig wahr sein und sich widersprechen können.
Gott steht über der Moral und sein (vermeintliches) Handeln ist auch nicht nach moralischen Maßstäben zu bewerten.
Das behaupten nur Gläubige, deren moralisches Rückgrat bereits gebrochen wurde.
So etwas schreibt nur jemand, der sich selbst als Sklave und rechtlos begreift, oder der andere Leute auf diese Spur locken möchte.
Falls sich die Christen irgendwann fragen sollten, warum man ihnen gerade in moralischen und ethischen Fragen nicht mehr zuhören wollte: Das ist es. Die völlige Verkorkstheit moralischen Denkens, das nichts weiter ist als rechtlose Unterwerfung.
Bitte nimm meinen größtmöglichen Protest zur Kenntnis.
Die Welt wurde nicht in sechs Tagen und auch nicht in der Reihenfolge geschaffen, wie es in der Bibel steht. Die Frage ist in der Bibel empirisch falsch beantwortet, spielt aber auch für die religiöse Aussage, auf die sich auch der Wahrheitsanspruch bezieht, nicht die geringste Rolle.
Es spielt sehr wohl eine Rolle. Und zwar gerade bezüglich des Wahrheitsanspruchs. Die Bibel und die Christen beanspruchen, dass Gott entweder selbst die Bibel geschrieben hat (das gilt für die Zehn Gebote), oder dass von Gott ausgewählte Personen exakt das aufgeschrieben haben, was er aufgeschrieben haben wollte (das gilt für den Rest).
Dies behauptet sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche, und die entsprechenden Aussagen dieser Kirchen wurden hier zig mal gepostet (und ebenso oft ignoriert).
Wenn Gott allwissend und allmächtig wäre, hätte er keinerlei Mühe, den Schöpfungsvorgang korrekt darzustellen. Man müsste es nicht damit entschuldigen, dass es nicht der Kern der Aussage wäre. Sondern ein allmächtiges und allwissenden Wesen würde den Text in jedem noch so kleinen Detail korrekt gestalten, mühelos. Es würde im Gegenteil einer besonderer Anstrengung bedürfen, einen Fehler zu machen.
Kein Mensch würde einen Fehler machen bei der Frage, wie viele Kinder er hätte. Wir würden keine ungefähre Angabe machen, mit der Begründung, es wäre uns allgemein um "die Familie" gegangen. Sondern, egal wie nebensächlich es wäre, wir würden immer die exakte Anzahl unserer Kinder nennen. Schon gar nicht würden wir die Reihenfolge durcheinander bringen, ob wir zuerst unsere Frau oder zuerst unsere Kinder hatten. Erst recht nicht, wenn es um die "Schöpfung" dieser Familie geht!
Das sind doch recht hanebüchene Ausreden. Die Bibel enthält exakt jene Fehler, die eine unwissende Priesterkaste zwangsläufig machen musste -- weil sie eben KEINE göttliche Offenbarung bekamen. Dieser Umstand ist heute derart offensichtlich, dass er sofort jene in Verdacht bringt, die es heute noch mit viel Mühe und Tricks plausibel machen wollen.
Außerdem ist es eine Schachmatt-Situation. Wenn die Gläubigen zugeben, dass bestimmte Dinge aus irgendwelchen Gründen falsch oder nachlässig dargestellt wurden, dann ist die Bibel eben keine zuverlässige Quelle -- egal aus welchem Grund. Dann kann auch die ganze Jesus-Geschichte falsch oder "nicht so gemeint" sein.
Zu allen Zeiten gibt es einen jeweils aktuellen Wissensstand. Metaphysik oder Religion liefern soetwas wie einen allgemeinen Rahmen unter anderem auch dafür. Die Tatsache, daß sich die Religion in ihrer bildlichen Sprache des zur Zeit ihrer Gründung herrschenden Wissensstandes bedient, führt natürlich oft zu solchen Verwechslungen, wie sie hier in der Diskussion fortwährend auftreten.
...................
Für den Papst und die Gläubigen, die ihm in dieser Frage folgen, gilt das sehr wohl auch: Die Welt wurde nicht in sechs Tagen und auch nicht in der Reihenfolge geschaffen, wie es in der Bibel steht.
Die Frage ist in der Bibel empirisch falsch beantwortet, spielt aber auch für die religiöse Aussage, auf die sich auch der Wahrheitsanspruch bezieht, nicht die geringste Rolle.
Danke für die inhaltlichen Einwände. Du hast ja viel zu tun. Ich möchte so darauf antworten, damit die unterschiedlichen Anschauungen klar hervortreten und es hoffentlich allgemein verständlich ist, was ich ausdrücken möchte.
Selbstverständlich beeinflussten sich Religionen und die Entwicklung der Wissenschaften konkret historisch in vielfältiger Art, sowohl inhaltlich wie auch materiell inbezug auf Ressourcen. Wie religiöse Lehren dem wissenschaftlichen Fortschritt Impulse gaben oder ihn behinderten, überlasse ich gerne der konkreten Geschichte der einzelnen Wissenschaften wie z.B. der Geschichte der Medizin. Trotzdem würde ich eine verallgemeinerte These wagen: überall da, wo es inhaltlich zu Veränderungen und Umbrüchen an vorherrschenden religiösen Welt- und Menschenbildern durch wissenschaftliche Ergebnisse kam, rief ein solcher Umbruch den Widerstand des Klerus hervor.
Nach meinen Verständnis beansprucht die heutige kath. Lehre, in die Evolution einen Plan Gottes hineinzuprojizieren, der in kein biologisches wissenschaftlich-begründetes Erklärungsmodell passt, und den Zufall auszuschliessen. Ich kann gerne die heutige statt die der biblischen Schöpfungserzählung anführen. Erstere verringert den Widerspruch zur wissenschaftlich begründeten Evolutionslehre, zur Biologie, Anthropologie, Medizin, Psychologie in keinster Weise, finde ich. In beiden Fällen erschaffen sich die Menschen einen Schöpfer nach ihrem Bild, das ihrem Leben als Teil des göttlichen Planes, der göttlichen Idee Sinn verleihen soll.
Papst Johannes Paul der II: Christliches Menschenbild und Evolutionslehre, 1996
"Pius XII. hat diesen wesentlichen Punkt betont: Der menschliche Körper hat seinen Ursprung in der belebten Materie, die vor ihm existiert. Die Geistseele hingegen ist unmittelbar von Gott geschaffen: „animas enim a Deo immediate creari catholica fides nos retinere iubet“ (Enzyklika Humani generis, AAS 42 [1950], S. 575). Folglich sind diejenigen Evolutionstheorien nicht mit der Wahrheit über den Menschen vereinbar, die – angeleitet von der dahinter stehenden Weltanschauung – den Geist für eine Ausformung der Kräfte der belebten Materie oder für ein bloßes Epiphänomen dieser Materie halten. Diese Theorien sind im übrigen nicht imstande, die personale Würde des Menschen zu begründen.
....................
Die Berücksichtigung der in den verschiedenen Ordnungen des Wissens verwendeten Methode erlaubt uns, zwei Standpunkte, die unvereinbar scheinen, miteinander in Einklang zu bringen. Die empirischen Wissenschaften beschreiben und messen mit immer größerer Genauigkeit die vielfältigen Ausdrucksformen des Lebens und schreiben sie auf der Zeitachse fest. Der Moment des Übergangs ins Geistige ist nicht Gegenstand einer solchen Beobachtung, die aber dennoch auf experimenteller Ebene einer Reihe wertvoller Hinweise über das Besondere am Wesen des Menschen zutage fördern kann. Aber die Erfahrung des metaphysischen Wissens, des Bewußtseins seiner selbst und der eigenen Fähigkeit zur Reflexion, die Erfahrung des sittlichen Gewissens und der Freiheit oder auch die ästhetische und religiöse Erfahrung gehören in den Bereich der philosophischen Überlegungen, während die Theologie deren letztendlichen Sinn nach dem Plan des Schöpfers herausstellt." https://stjosef.at/dokumente/evolutio.htm
Ich frage Dich, welche Forschungen Johannes Paul II zur Evolution erbracht hat, die ihn
erstens qualifizieren, über die Wahrheit bzw. Falschheit zu entscheiden: "Folglich sind diejenigen Evolutionstheorien nicht mit der Wahrheit über den Menschen vereinbar,"
und zweitens zu behaupten, das menschliche Bewusstsein wäre unmittelbar von Gott erschaffen worden. (in weniger als 1 Tag? ). (Aus dieser Behauptung leitet er das Wahrheitskriterium für die Evolutionstheorie ab. )
Er begründet es mit "Erfahrung von metaphysischem Wissen", einem gewählten Wort für "Hokuspokus".
Gut, spitzfindig. Der Punkt ist: Niemand der über diese Fragen nachdenkt, kommt ohne grundsätzliche Annahmen aus; darüber kann man reflektieren und es Metaphysik nennen.
Grundsätzliche Annahme 1: alle metaphysischen Aussagen sind von Menschen formuliert, weshalb man sich über deren Wahrheit nicht sicher sein kann.
Grundsätzliche Annahme 2: der Gott christlichen Verständnisses hat alles erschaffen; es existiert ein Bereich des Lebens, der nur damit begriffen werden kann. Wer das nicht akzeptiert, greift zu kurz und versteht die Welt nicht.
Wird der Unterschied wirklich nicht klar?
Zitat:
Zitat von Zarathustra
Ich stelle fest, der Versuch auf den wichtigen Unterschied zwischen Glauben und Wissen hinzuweisen, findet kaum Interesse.
Der christliche Glaube beansprucht Wissen für sich. Willst du das bestreiten?