Medien-Fahrplan zur Homo-Ehe
Hier stelle ich mal übersichtlich zusammen, was sich in den nächsten Tagen im Parlament und in den Medien tun wird, und wer welche Position einnimmt. Ich halte das für spannend.
TV
- Mittwoch, 22:15 und 0:00 Uhr auf Phoenix: Talkrunde mit Vertretern der Parteien (auch als Live-Stream unter phoenix.de)
- Donnerstag, 22:15 Uhr auf ZDF: Maybritt Illner
- Freitag, ab 8:00 oder 8:45 Uhr: LIVE AUS DEM BUNDESTAG (auf Phoenix und per Stream auf phoenix.de). Übertragen wird eine 40-minütige Debatte, anschließend die Abstimmung. Derzeit steht 8:45 im Programm, könnte sich aber auf 8:00 vorziehen (siehe unten).
Aktueller Stand und Prozedere
Auslöser für die plötzliche Bewegung ist der Umstand, dass die Abgeordneten der CDU sich nicht mehr an den Fraktionszwang halten müssen. Die Aufhebung des Franktionszwangs gilt aber nur für diese eine Sache. In anderen Sachen stimmt die CDU-Fraktion weiterhin geschlossen ab, unabhängig von der Meinung des einzelnen Abgeordneten.
Dieser Umstand wird nun genutzt, um zu versuchen, die „Ehe für alle“ doch noch auszubremsen. Denn damit das Thema überhaupt im Bundestag behandelt werden kann (die sog. „Befassung“), muss es zuerst in einem Ausschuss vorbereitet werden, in diesem Fall im Rechtsausschuss. Dort wird abgestimmt, ob ein Thema auf die Tagesordnung des Bundestags gesetzt werden soll. In dieser Abstimmung, die heute früh erfolgte, stimmte die CDU geschlossen dagegen.
Jedoch kann der gesamte Bundestag (also nicht nur die Regierungs-Fraktionen, sondern alle Abgeordneten) ein Thema auf die Tagesordnung setzen. Dies geschieht am Beginn einer Sitzung und muss dann durch einfache Mehrheit aller Abgeordneten bestätigt werden. Genau dieser Weg wird nun beschritten.
Der Fraktionsführer der CDU, Volker Kauder, argumentiert nun, dass der Fraktionszwang nur für die Abstimmung über die Homo-Ehe aufgehoben sei; nicht jedoch für die Abstimmung darüber, ob das Thema überhaupt behandelt wird. Er hat angekündigt, dass die CDU in dieser Frage geschlossen dagegen stimmen wird. (Ob er sich damit intern durchsetzen wird, ist natürlich nicht sicher, aber recht wahrscheinlich.)
Ein wahrscheinliches Szenario könnte also darin bestehen, dass am Freitag um 8:00 ein Antrag im Bundestag zur Befassung des Themas gestellt wird, den die CDU geschlossen ablehnen wird. Deswegen kommt es darauf an, dass die restlichen Parteien geschlossen dafür stimmen. Es ist nicht sicher, ob Phoenix diesen Teil der Debatte übertragen wird, da er um 8:00 beginnt und Phoenix derzeit von 8:45 Uhr ausgeht.
Die Parteien sind anscheinend gewillt, alles in die Waagschale zu werfen. Für 7:30 Uhr sind „Zähl-Apelle“ in den Räumen der jeweiligen Fraktionen angesetzt, d.h., es wird kontrolliert, ob alle Abgeordneten anwesend sind.
Eine Befassung um 8:00 ist für die eher „links“ angesiedelten Abgeordneten problematisch, weil ein Linker normalerweise nicht vor 12:00 Uhr frühstückt, während das konservative Spektrum des Bundestags meist um 5:00 Uhr aufsteht zum Kühe melken.
Die Mehrheit für die „Ehe für alle“ ist gering für jene Abstimmungen, bei denen die CDU geschlossen abstimmt. SPD, Grüne und Linke bringen es auf 320 Stimmen; die CDU hat 309 Stimmen. Wenn der Fraktionszwang wegfällt, werden sicherlich einige CDU-Abgeordnete für den Antrag stimmen, dann wäre eine Mehrheit recht wahrscheinlich.
7:30 Uhr: Zähl-Apelle in den Fraktionen
8:00 Uhr: Antrag zur Befassung, Abstimmung zur Tagesordnung
8:05 Uhr: 40-minütige Debatte
8:45 Uhr: Abstimmung über den Gesetzentwurf
9:00 Uhr: Ende der Befassung.
Wer sagt was?
Die letzte „Befassung“ des Bundestags mit dem Thema fand erst vor ein paar Monaten statt, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Die einstündige Debatte fand vor weitgehend leeren Stühlen statt. Sehenswert sind die Eröffnungs-Statements von Grüne und CDU. Hier eine stichwortartige Zusammenfassung.
Grüne: Macht jetzt endlich Nägel mit Köpfen, der ganze Zirkus ist doch langsam nur noch lächerlich. (Sehenswerte Rede von Volker Beck.)
CDU: Die Ehe ist ein von der Kirche verwendetes Wort, welches historisch noch vor dem Staat angesiedelt ist. Es steht dem Bundestag also nicht zu, diesen Begriff einfach zu nehmen und dessen Inhalt zu definieren oder gar zu ändern. Das darf nur die Kirche. (Zwischenrufe aus der Opposition.)
SPD: Wenn es nicht gleich ist, dann ist es Diskriminierung. Der Sprecher wies auf seine eigene 24-jährige Beziehung zu seinem Lebenspartner hin. Er sagte, dass er endlich Schluss machen wolle mit außerehelichem Sex.
Linke: Meine Rede von vor ein paar Jahren könnte ich heute nochmal halten, herzlichen Glückwunsch. Die SPD solle sich nicht als Retter der Homosexuellen aufspielen, denn immerhin stütze sie die Politik der CDU, indem sie die Anträge in jeder einzelnen Sitzung des Rechtsauschusses vertagt habe (insgesamt 30 mal).
Die lebhafte und sehenswerte Debatte ist hier auf Youtube zu finden:
https://youtu.be/xI6lqEqVyIU