Die Kernfrage ist dann aber, ob bei dieser Konstellation (versuchter Betrug, weil das Team schon wusste oder ahnte, dass die Aussage unrichtig ist) eine zivilrechtliche Rückzahlungspflicht seitens Schumacher bestehen kann.
Zu dieser Frage sagt mir mein Gefühl, dass es mehrwertig sein könnte, die Promotion zum Thema "Die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2" einer gewissen Fr. Dr. S zu lesen
Kann aber auch sein, dass das gar nix damit zu tun hat
Es geht darum, dass man nicht ausblenden kann, was in dem "Gewerbe" stillschweigend von allen Seiten in Kauf genommen wird. Darum geht es Arne nach meinem Verständnis.
Letzten Freitag war ich vor Gericht in Potsdam. Zivilklage, keine große Sache, keiner will nachgeben und zitiert die teilweise am weitesten entfernt gütligen Gesetzestexte, um Recht zu bekommen.
Zitat Richter: "Sie kommen beide aus dem gleichen Geschäft, und da hilft es mitunter den gesunden Menschenverstand walten zu lassen. "
Geholfen hats nichts, nachgeben will immer noch keiner.
Ein anderes Tatbestandsmerkmal ist aber die durch die Täuschung bedingte "Irrtumserregung". Und das ist es, auf was Arne - juristisch vielleicht laienhaft, im Ansatz aber richtig - hinauswill:
Nur dann, wenn man bei Gerolsteiner tatsächlich geglaubt hat, Schumacher dope nicht, ist die Irrtumserregung erfüllt.
Wenn man das - warum auch immer - nicht geglaubt hat (oder wenn es Gerolsteiner tatsächlich egal war!), wurde kein Irrtum erregt und damit liegt auch kein Betrug vor.
Dazu:
BGH 3 StR 161/02
Der BGH hält an der bisherigen Rechtsprechung zur Tatbestandsmäßigkeit des Irrtums bei Zweifeln des Opfers fest. Ein tatbestandsmäßiger Irrtum i.S.d. § 263 StGB kann auch dann vorliegen, wenn das Opfer zwar erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vom Täter gemachten Angaben hat, ihre Wahrheit aber immerhin noch für möglich hält.
Auf die Vermeidbarkeit des Irrtums durch mögliche sorgfältige Nachprüfungen kommt es jedenfalls dann nicht an, wenn die Täuschung dem Täter zur Geltendmachung eines gesetzlichen oder vertraglichen Anspruches dient und somit das Opfer in der Freiheit, die Erfüllung wegen Zweifeln zu verweigern, durch das mit der Weigerung verbundene Prozessrisiko beschränkt ist.
Falls Herr Holczer als Zeuge befragt wird, wird er sicher sagen, dass er den Beteuerungen Schumachers geglaubt hat. Gegenteiliges zu beweisen ist wohl sehr schwer. Und, wie oben ausgeführt, beseitigen Zweifel den Irrtum nicht.
Aber lassen wir die juristische Diskussion, das gehört nicht in dieses Forum und langweilt die anderen. Kernpunkt meiner Kritik ist, dass jeder sich berufen fühlt, sich zu juristischen Themen zu äußern, wohingegen man bei anderen Themen sehr selten an der Kompetenz der Spezialisten zweifelt.
Zitat:
Zitat von Skunkworks
Intuitives Rechtsgefühl:
Wenn ein Radsportler bei einem neuen Team unterschreibt und behauptet er dope nicht, dann ist das in etwa so als ob man für einen Bürojob angibt, dass man MS-Office bestens beherrsche.
Ein Team Manager sollte, kann oder muss sogar davon ausgehen, dass seine Fahrer dopen. Besseres Beispiel: Verklagen Spediteure ihre Fahrer, die wegen zu lange auf dem Bock sitzens zwangspausieren müssen auf Schadensersatz, weil die Ware nicht rechtzeitig angekommen ist?
Es geht darum, dass man nicht ausblenden kann, was in dem "Gewerbe" stillschweigend von allen Seiten in Kauf genommen wird. Darum geht es Arne nach meinem Verständnis.
Das ist doch viel zu kurz gedacht. Dazu der zweite Satz der Entscheidung. Hätte Holczer aufgrund seiner Zweifel die Zahlungen an Schumacher einstellen können? Klares Nein, denn Schumacher war noch nicht als Doper überführt. Hätte Holczer dennoch nicht gezahlt, hätte er einen eventuellen Prozess zu diesem Zeitpunkt klar verloren. Man kann doch nicht bei Streitigkeiten aus dem Vertrag einerseits die besondere Situation im Sport und die begründeten Zweifel berücksichtigen, andererseits aber sagen, solange nichts bewiesen ist, muss der Teamchef zahlen.
Konsequenz Eurer Auffassung wäre, dass sämtliche Verträge im Sportbereich, die eine Anti-Doping-Klausel haben, nicht rechtssicher wären, da man, einfach ausgedrückt, immer sagen könnte: "Ihr wusstet doch, worauf Ihr Euch eingelassen habt". Glaubt Ihr ernsthaft, irgendjemand würde noch einen Sportler sponsern?
Konsequenz Eurer Auffassung wäre, dass sämtliche Verträge im Sportbereich, die eine Anti-Doping-Klausel haben, nicht rechtssicher wären, da man, einfach ausgedrückt, immer sagen könnte: "Ihr wusstet doch, worauf Ihr Euch eingelassen habt". Glaubt Ihr ernsthaft, irgendjemand würde noch einen Sportler sponsern?
Konsequenz Eurer Auffassung wäre, dass sämtliche Verträge im Sportbereich, die eine Anti-Doping-Klausel haben, nicht rechtssicher wären, da man, einfach ausgedrückt, immer sagen könnte: "Ihr wusstet doch, worauf Ihr Euch eingelassen habt". Glaubt Ihr ernsthaft, irgendjemand würde noch einen Sportler sponsern?
Das wiederum halte ich für zu kurz gedacht.
Wieviele Doping Urteile gibt es eigentlich von ordentlichen Gerichten?
Ort: Hamburg, Bremen, Augsburg, St. Nazaire, Toulouse
Beiträge: 489
Zitat:
Zitat von Pippo
Falls Herr Holczer als Zeuge befragt wird, wird er sicher sagen, dass er den Beteuerungen Schumachers geglaubt hat.
Wenn ich mich recht entsinne, war das Gegenteil der Fall. Holczer war schon vor den positiven CERA-Proben davon überzeugt, das Schumacher betrügt und dies auch weiter vorhat. Er konnte dies (aus juristischen Gründen) nur nicht öffentlich kund tun.
Zitat:
Zitat von Pippo
... die juristische Diskussion ... langweilt die anderen.
Ganz im Gegenteil. Insbesondere nicht, da deine Ausführungen auch für Laien leicht verständlich sind.
Der BGH hält an der bisherigen Rechtsprechung zur Tatbestandsmäßigkeit des Irrtums bei Zweifeln des Opfers fest. Ein tatbestandsmäßiger Irrtum i.S.d. § 263 StGB kann auch dann vorliegen, wenn das Opfer zwar erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vom Täter gemachten Angaben hat, ihre Wahrheit aber immerhin noch für möglich hält.
Wenn ich mich recht entsinne, war das Gegenteil der Fall. Holczer war schon vor den positiven CERA-Proben davon überzeugt, das Schumacher betrügt und dies auch weiter vorhat. Er konnte dies (aus juristischen Gründen) nur nicht öffentlich kund tun.
Was ja nun so auch nicht ganz stimmt, wenn man mal Hintergrundinformationen glauben darf. Holczer wollte jene Protagonisten bei denen er begruendet den Verdacht hatte sie seien Betrueger einfach nicht mehr bei Rennen einsetzen, woraufhin die Betreffenden aber z.T. offensichtlich vor Arbeitsgericht gezogen sind und ihr Recht auf Arbeitsausfuehrung eingklagt haben. Holczers Dilemma war, nach eigenem Bekunden, "selbst wenn Du es weisst, Du kriegst einen Betrueger in Detschland mit unserem Arbeitsrecht nicht los, solange er nicht offiziell ueberfuehrt und gespert ist".