Wenn z.B. ein Theologe von Wissen und Realität spricht, wäre es hilfreich die Begriffsverwendung der antiken und der mittelalterlichen philosophischen Tradition zu berücksichtigen, um den Sinn zu verstehen, den er damit verbinden will.
Das wäre hilfreich, wenn es sich um einen antiken Text handelt. Dann muss man die antiken Umstände berücksichtigen.
Allerdings, wenn Papst Franziskus (der Gute und Wahrhaftige! ) einen Priester hinauswirft, weil dieser sich als schwul zu erkennen gab, dann besteht keinerlei Klärungsbedarf über Begriffe oder "philosophische Traditionen". Wir wissen auch ohne diese Hilfsmittel, wie es gemeint ist.
Weiterhin, wenn Bischof Overbeck im TV wiedermal gegen alle hetzt, die seinem engstirnigen Weltbild nicht entsprechen, dann muss ich mir kein mittelalterliches Sprachlexikon besorgen, um zu verstehen, was er meint.
Offenbar verstehen wir ihren Kontext ganz passabel.
Komischerweise haben diese Herren keinerlei Schwierigkeiten damit, sich verständlich auszudrücken, wenn es darum geht, anderen eins auszuwischen oder ihre eigenen Pfründe zu sichern.
Aber sobald ihre eigenen Grundlagen infrage gestellt werden, beginnt ein nebulöses Schwurbeln und Raunen, und plötzlich verschwimmt die Realität vor unser aller Augen zu einem nicht mehr identifizierbaren Brei aus Worthülsen und Allgemeinplätzen.
Ich verstehe nicht, welche Konsequenzen Du daraus ableiten willst. Soll die Konsequenz daraus sein, dass niemand je etwas wissen kann, und dass folglich die Debatte ingesamt zu unterbleiben hat?
Ist es da nicht eher wahrscheinlich, dass die gesellschaftliche Debatte (mal abgesehen von diesem Thread) einfach Deinen Standpunkt ignorieren wird, und die Debatte dennoch führen wird?
Der Kontext ist letztlich der, den die Gesellschaft einnimmt. Die Gesellschaft muss entscheiden, ob die reichste Kirche der Welt tatsächlich unsere knappen Steuergelder braucht, um ihre feudalen Bischöfe zu bezahlen. Willst Du da mit einer Grundsatzdebatte anfangen über Kontext und Subsysteme?
Jenes Subsystem, welches der feudale Bischof für sich in Anspruch nimmt, kann doch allen anderen Leuten völlig egal sein. Wenn er seine Rente selber zahlt, dann kann er mit seinem Kontext anstellen, was er will. Kein Mensch interessiert sich für seinen Kontext.
Wie so oft geht es recht durcheinander.
Sprechen wir jetzt über den vermeintlichen Wahrheitsanspruch oder Steuerprivilegien?
Wenn über Letzteres: Worin genau unterscheidet sich das Steuerprivileg des Bischof strukturell von dem des z.B. Selbständigen, bestimmter gesellschaftstechtlicher Konstruktionen oder jedes anderen, der aus bestimmten Gründen in der Unterscheidung zahlen/nicht zahlen bzw. Ressourcen bekommen/nicht bekommen ein Privileg genießt?
Wenn über Letzteres: Worin genau unterscheidet sich das Steuerprivileg des Bischof strukturell von dem des z.B. Selbständigen, bestimmter gesellschaftstechtlicher Konstruktionen oder jedes anderen, der aus bestimmten Gründen in der Unterscheidung zahlen/nicht zahlen bzw. Ressourcen bekommen/nicht bekommen ein Privileg genießt?
Allerdings, wenn Papst Franziskus (der Gute und Wahrhaftige! ) einen Priester hinauswirft,
Weiterhin, wenn Bischof Overbeck im TV wiedermal gegen alle hetzt,
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Danke für ein hervorragendes Beispiel für das zuvor von mir genannte wahllose Durcheinanderwerfen von völlig verschiedenen Dingen!
Ich sprach vom Realitäts- und Wissensbegriff im theolog. Kontext. In welcher Verbindung sollen dazu die von Dir angesprochenen Punkte stehen?
Nur wird das in der Diskussion hier erheblich erschwert dadurch, daß so viele verschiedenartige Dinge wahllos durcheinander geworfen und die Versuche diese zu sortieren zurückgewiesen werden.
Kann man so sehen. Andererseits haben wir ein Schema, an das sich alle gemeinsam halten können: Hypothese und Beweis. Man stellt eine Hypthese in einer wohldefinierten Terminologie auf, und liefert anschließend Beweise oder zumindest plausible Argumente. Daran können sich alle halten.
Es ist aus meiner unmaßgeblichen Sicht die Aufgabe der Religionen, sich selbst zu entrümpeln. Maria sei durch den Heiligen Geist durch’s Ohr geschwängert worden – damit kann man sich im Jahr 2017 nicht ernsthaft auseinander setzen. Gibt es Hexen? Niemand lieferte je einen Beweis. Hat der Schöpfer des Universums, das aus hunderten Milliarden Galaxien mit jeweils hundert Milliarden Sonnen besteht, eine Abneigung gegen Sex vor der Ehe? Totaler Bullshit.
Sokrates, Einstein, Gandhi, die Geschwister Scholl und viele mehr, vielleicht auch Jesus, waren Geschenke für die Menschen. Mich würde interessieren, was Jesus damals gemeint hat – auch wenn ich seine Ansichten niemals auf die heutige Zeit übertragen wollte, in der er rückständig und (sorry) primitiv wirken muss. Er war, gemessen an heutigen Maßstäben, schrecklich ungebildet; er irrte sich in vielen Dingen und war in religiösen Angelegenheiten übereifrig, an der Grenze zum Fanatismus. Dennoch würde mich interessieren, was er wollte. Die sakrale Überhöhung, und, damit einhergehend, die Bullshitisierung seiner Motive ist sehr bedauerlich und allein das Werk der Kirche. Es ist ihre Schuld, dass wir heute über so unsäglichen Quatsch wie die Jungfräulichkeit seiner Mutter (!) diskutieren, anstatt wirklich spirituelle Fragen. Am Hymen Marias ist de facto gar nichts spirituell.
Danke für ein hervorragendes Beispiel für das zuvor von mir genannte wahllose Durcheinanderwerfen von völlig verschiedenen Dingen!
Ich sprach vom Realitäts- und Wissensbegriff im theolog. Kontext. In welcher Verbindung sollen dazu die von Dir angesprochenen Punkte stehen?
Was ich sagen wollte ist, dass der Kontext unter heute lebenden Menschen, die heute eine Debatte führen, völlig klar ist. Er muss nicht erst langatmig geklärt werden.
Wenn Bischof Overbeck im TV spricht, dann spricht er so, dass er verstanden wird, und zwar im Kontext seiner Zuhörer und dem "Hier und Jetzt". Sollte er in einem für die Zuschauer nebulösen Kontext reden, dann wird man ihn auffordern, sich verständlich auszudrücken. Falls er das nicht kann, geht die Debatte ohne ihn weiter.
Der Kontext ist völlig klar. Ob Gott die Welt erschaffen hat, interessiert nur in diesem heute verständlichen Kontext, nämlich, ob er die Welt erschaffen hat. Niemand will einen Exkurs über die Worte "Welt" und "Erschaffung" hören. Hat er sie geschaffen oder nicht? Wenn der Klerus nicht imstande ist, darauf eine klare Antwort zu geben, dann ist der Klerus nicht Teil der Debatte.