Ich bin nicht gefragt und erlaube mir dennoch die Laiengegenfrage: ist die insgesamt strenge Erziehung nicht umgekehrt Symptom einer streng religiösen Prägung?
Schauen wir mal, was der Mann vom Fach dazu schreibt.
Du hast gemäß dieser Argumentation Deinen Kindern ebenfalls den Glauben an tausende Religionen und Götter genommen, und sie noch vor der Religionsmündigkeit zugunsten Deiner eigenen Religion eingeschränkt.
Kann man so sagen. Ich wollte damit nur sagen, dass es in meinen Augen eine wertfreie oder neutrale Erziehung nicht gibt. Ich strebte solche eine Erziehung auch nie wirklich an.
Kann man so sagen. Ich wollte damit nur sagen, dass es in meinen Augen eine wertfreie oder neutrale Erziehung nicht gibt. Ich strebte solche eine Erziehung auch nie wirklich an.
Die Werte-freie Erziehung gibt es tatsächlich nicht. Wir vermitteln Werte in der Erziehung, immer, zu jedem Zeitpunkt, bewusst oder unbewusst. Und wenn wir uns als Eltern entscheiden, keine religiöse Prägungen zu vermitteln, ist dies ja auch eine Haltung die wir weitergeben, die prägt.
Kann man so sagen. Ich wollte damit nur sagen, dass es in meinen Augen eine wertfreie oder neutrale Erziehung nicht gibt. Ich strebte solche eine Erziehung auch nie wirklich an.
Welche Werte der Religionen gibst Du denn bevorzugt weiter? Das Christentum und die Bibel sind Dir in großen Teilen unbekannt, außerdem erkennst Du die Bibel als Autorität nicht an, ebensowenig die Amtskirchen. Für den Islam, das Judentum und den Hinduismus vermute ich naseweis dasselbe.
Dazu kommt ein äußerst komplexer Wahrheits- und Realitätsbegriff in den Religionen; wir würden wohl alle durchfallen, wenn Zarathustra uns diesbezüglich prüfen würde.
Welche religiösen Werte gibst Du also weiter, wenn ich fragen darf?
Danke für deine Erfahrung, klingt nachvollziehbar. In der Literatur habe ich nicht auf Anhieb was dazu gefunden. Hast Du dazu einen Literaturhinweis?
Du weisst ja, wieviel anerkannte Perspektiven gerade in der Psychotherapie vorherrschen. Deswegen beschränken sich die modernen Diagnosesysteme zu Recht auf rein deskriptive Klassifikationen als kleinster Nenner. Es bleibt dann dem therapeutischen Handwerk / Kunst überlassen, im Einzelfall zusammen mit den jugendlichen Patienten und Eltern von der gesicherten Diagnose auf mögliche Ursachen zu schliessen und zu mehr psychischer Gesundheit zu verhelfen.
Konkret würde sich die Psychoanalyse z.B. mehr mit der Rolle des zu starken Über-Ichs, zu schwachen Ichś und der Rolle von Schuldgefühlen sowie der übermässigen Triebunterdrückung bei den Auswirkungen religiöser Erziehung beschäftigen (Freud behandelt ausführlichst die Auswirkungen religiöser Erziehung auf die Psyche. Die klassische weibliche Hysterie von Freud mit Pseudolähmung findet man übrigens nur noch in islamisch geprägten Regionen , bei uns sehr selten wegen der sex. Freizügigkeit). Die Familientherapie wiederum sieht bei streng religiösen Familien geschlossene Familiensysteme vorliegen, die es gilt, in welche mit mehr Offenheit für die Umwelt zu ändern. Die Verhaltenstherapeuten trainieren eher mit den Kindern / Jugendlichen anhand konkreter Ziele und bemühen sich, dass die Eltern die Therapie der Kinder nicht abbrechen. Usf.
Zitat:
Zitat von captainbeefheart
Nachdem Du vom Fach bist: Ist das monokausal auf diese Themen zurückzuführen, oder ist die streng religiöse Prägung nicht ein Symptom einer insgesamt strengen Erziehung? Soweit ich weiß sind z.B. Depressionserkrankungen überwiegend multi-kausal.
Man kann, wie Du schreibst, affektive Störungen, zu denen reaktive Depressionen gehören, nie mechanisch-deterministisch ausschliessslich einzelnen Ursachen zuordnen, oft aber bestimmten Auslösern (Tod der Oma, Verbot einer ersten Jugendliebe usf.)
In meinen Augen besteht schon ein wesentlicher Unterschied, ob Eltern streng-autoritär erziehen (Motto: "Die ChefIn bestimmt alles) oder ob diese Haltung zusätzlich in einem religiösen Gedankensystem verankert ist, was Kinder / Jugendliche teilweise schon verinnerlicht haben (mit Selbstbestrafungstendenzen z.B.). Im ersten Fall macht Widerstand weniger Schuldgefühle und die Entwicklung einer eigenen Identität fällt leichter wie im zweiten.
Die Werte-freie Erziehung gibt es tatsächlich nicht. Wir vermitteln Werte in der Erziehung, immer, zu jedem Zeitpunkt, bewusst oder unbewusst. Und wenn wir uns als Eltern entscheiden, keine religiöse Prägungen zu vermitteln, ist dies ja auch eine Haltung die wir weitergeben, die prägt.
Das sehe ich auch so. Die Haltung "lerne zu lernen, lerne zu zweifeln, lerne zu fragen" ist eine Prägung wie "lerne zu glauben; lerne, dass es Bereiche gibt die du nicht hinterfragen darfst; lerne, dass es Menschen gibt, deren Meinung Du nicht hinterfragen darfst". Aber der Unterschied ist offensichtlich.
3. Wir wissen heute, dass etwa 50% unserer Persönlichkeit angeboren sind, 30% in der frühkindlichen Phase (bis ca. 3 Jahre) und nur 20% danach geprägt werden.
Geschickt formuliert, du hättest ja auch mit "Die Wissenschaft hat festgestellt ...." beginnen können.
Zeig das mal einer Gender-Forscherin. Die wird allein ihrer Drittmittel wegen das Gegenteil behaupten und belegen können.
Zum Thema: Ein Freund von mir war die Tage ganz meiner Meinung, dass unsere Kinder eigentlich von Beginn so waren wie heute. Und Eltern unterscheiden sich nur darin, wer mehr Schaden mit der Erziehung anrichtet.
Meine Tochter wurde von ihrer Mutter sehr religiös erzogen, ich hab mich dazu die Jahre wohlwollend distanziert verhalten. Mit 16 sieht sie fast alles so wie ich, obwohl ich das Thema nie angesprochen habe. Da hat sie ganz allein so gefunden.