Die Schweiz hat gewählt: Rechtspopulisten der SVP bei rund 29 %
"[…] Die Rechtspopulisten von der Schweizerischen Volkspartei SVP erreichen laut der dritten Hochrechnung des gfs.bern rund 29 Prozent und können mehr als drei Prozent hinzugewinnen. Viele Schweizer Medien verzeichnen einen Rechtsruck.
Die SVP ist eine Art Schwesterpartei der deutschen AfD und schon länger die stärkste politische Kraft in der Schweiz.
Die Sozialdemokraten der PS erreichen 17,5 Prozent und gewinnen leicht hinzu. Die Grünen verlieren etwa 4 Prozent und fallen unter die 10-Prozent-Marke. Die FDP und die Mitte kommen beide in der 3. Hochrechnung auf 14,6 Prozent.
[…] Die Rechtspopulisten hatten im Wahlkampf vor allem die ihrer Ansicht nach zu starke Einwanderung in die Schweiz zum Thema gemacht."
Quelle: Euronews
Ich finde es etwas überpathetisch, von einem Rechtsruck zu sprechen, wenn einfach die bisher schon stärkste Regierungspartei ein paar Prozent hinzugewinnt. Wären es Linke, dann wäre es auch kein Linksruck.
Sowas ist für mich einfach die Bestätigung, daß die Regierungsarbeit und die Wahlversprechen zusammen vielen in der Bevölkerung zusagen (offenbar klappt es besser, als bei der Ampel in Deutschland). Die Verluste der Grünen zeigen auch, daß sie weniger gut die Probleme der Menschen ansprechen. Ist vielleicht der Zuwachs der SVP eher enttäuschten Grünen-Wählern geschuldet als wachsendem Zuspruch für die SVP? Es gibt irgendwo sicher Analysen dazu.
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“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Vielleicht ein paar Punkte zur SVP:
In diesem Thread habe ich schon seit Gründung der AFD auf die SVP als stärkste Partei der Schweiz hingewiesen. Alice Weidel, die in der CH wohnt und vernetzt ist, nahm sich von Anfang an die SVP zum Vorbild. Einen Höcke Flügel wie in DE gibt es allerdings eher nicht bei der SVP. Folgt die AFD dem Schweizer Vorbild, besitzt sie auch in Deutschland ein mögliches theoretisches Wählerpotential bis an die 30 %.
Die Stimmbeteiligung ist traditionell niedrig, ca. 46 % . Das liegt an 3 Punkten:
* Es wird sich an der Regierungszusammensetzung im Bundesrat (alle grösseren Parteien sind im Verhältnis vertreten) wahrscheinlich nichts ändern.
* An der direkten Demokratie und dem starken Föderalismus, wo die Gemeinden und Kantone z.B. die Steuersätze für Einommenssteuer beschliessen und über viele den Bürger direkt betreffende Belange entscheiden.
* Alle verabschiedeten Gesetze können zur Volksabstimmung gebracht werden, das Volk selbst kann Gesetzes-Initiativen lancieren.
Im Parlament, dem gesetzgebenden Nationalrat, kooperieren die anderen Parteien (Rechte-Mitte-SVP-Grüne) oft fallweise zusammen und überstimmen die SVP.
Das hat zur Folge, dass die SVP, obwohl stärkste Partei und mit 2 von 7 Bundesräten in der Regierung (Kollegialorgan, der Vorsitz wechselt, kein bestimmender Präsident wie in den meisten Ländern) vertreten, für manche Gesetze, wo die SVP eine von der Mehrheit der anderen Parteien abweichende Position vertritt, seit Jahrzehnten Volksinitiativen als Minderheit im Nationalrat lanciert, um mit ihren Anliegen bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit gegen im Nationalrat verabschiedete Gesetze zu holen oder neue Gesetzes-Initiativen zu organisieren, was der SVP manchmal erfolgreich gelingt oder sie zumindest in ihrem Profil als starke, zu berücksichtigende Minderheit gegenüber allen anderen Parteien profiliert. Zentral dabei seit Jahrzehnten: die Migration und die Souveränität gegenüber EU. Neu: Klimaschutzgesetz. Neu: Die Neutralitätspolitik. Die SVP lehnt die wirtschaftlichen Russland Sanktionen der EU ab sowie die Waffendeals mit Deutschland wegen der Ukraine. Eine entsprechende Initiative zur Volksabstimmung läuft: die-schweizer-neutralitaet-retten . Auch letzterer Punkt hat der SVP Wählerstimmen sicher eingebracht, wird allerdings hierzulande in der Berichterstattung absichtlich verschwiegen.
Das hat dann ja aber wenig mit dem Thema des Rechtsrucks zu tun, sondern wäre in einem allgemeinen Politikthread angebracht. Auch wenn der SZ Artikel ziemlich interessant zu lesen ist & in weiten Teilen sicher nicht verkehrt ist.
Nein, ich meinte jetzt die direkten Kommentare zur Wahl, wo in der deutschen Berichterstattung nur auf das Migrationsthema als Schlüssel für die Erfolgsursache der SVP bei dieser Wahl hingewiesen wird, wo eben die Ablehnung des Klimaschutzgesetzes und die Russlandsanktionen / Waffendeals ebenfalls eine Rolle für das Wahlverhalten spielen. Für eine Mehrheit der Schweizer gehört die Neutralitätspolitik zur DNA und nationalen Identität, genauso wie der Nicht-EU Beitritt. Die anderen Parteien werden das spätestens an der Urne einmal mehr zur Kenntnis nehmen und anschliessend im Nationalrat umsetzen müssen. Auch die direkte Demokratie gehört zur DNA der CH. Aus Brüssel verordnete Gesetze lehnen eine Mehrheit der Schweizer ab.
Die SZ kann ich nicht lesen, die FAZ liegt aus durchsichtigen Gründen falsch. Die CH hat es aufgrund der eigenen Währung und aktiven Währungs- und Wirtschaftspolitik geschafft, obwohl keine eigenen Rohstoffe und trotz inflationärem internationalem Umfeld, die Inflation bei 3 % zu halten (Leitzins 1,75 %). Der nationale Sonderweg gegenüber der EU zahlt sich für die CH wirtschaftlich aus, weshalb die SVP ihre Stimmen erhält. Es liegen dem Sonderweg mehrheitlich entschiedene Volksabstimmungen zugrunde.
Was die Aggressivität betrifft: In einem Newsletter des Schweizer Botschafters (erfahrener SP-Diplomat in internationalen Konflikten) an die Auslandschweizer hat er sich über den Druck aus Deutschland beklagt, der auch auf ihn bei Empfängen und in Gesprächen ständig wegen der Neutralitätspolitik bei den Waffenlieferungen von Deutschland ausgeübt werde.
Die AFD teilt bei der Klimafrage und bei den Russlandsanktionen / Waffengeschenke für die Ukraine die Haltung der SVP. D.h. auch in DE erzielt die AFD deswegen, ausser der Migration, einen Stimmenzuwachs.
.... Die CH hat es aufgrund der eigenen Währung und aktiven Währungs- und Wirtschaftspolitik geschafft, obwohl keine eigenen Rohstoffe und trotz inflationärem internationalem Umfeld, die Inflation bei 3 % zu halten (Leitzins 1,75 %). Der nationale Sonderweg gegenüber der EU zahlt sich für die CH wirtschaftlich aus, weshalb die SVP ihre Stimmen erhält. Es liegen dem Sonderweg mehrheitlich entschiedene Volksabstimmungen zugrunde.....
DE dagegen hat es mit einer fortschreitenden Deindustrialisierung zu tun. Automobilzulieferer verlagern Produktion in günstige Länder und Schichten werden gestrichen, wo hohe Energiepreise drücken. Die Inflation pendelt sich auf relativ hohem Niveau ein. Das sind echte strukturelle Probleme und keine Dellen mehr.
Die Wut darüber werden wohl in Zukunft vermehrt Zuwanderer zu spüren bekommen:
BK Scholz will nun "im großen Stil" abschieben - das geht gerade aus in die rechte Sackgasse. Irgendwas ändern an den strukturellen Problemen wird es aber nicht.