Zitat:
Zitat von Harm
Jan nimm sie: Kauf zwei komplette Sets, eins für Dich eins für mich, ich zahl beide!
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Genau die Idee hatte ich auch, habe es aber nicht getan. Aber ich besorge sie Dir, versprochen.
Did not finish. Wettkampf nicht beendet. Gescheitert an der Aufgabe Alpetriathlon.
Gleich zu Beginn des Wettkampftages gibt es etwas, das ist in der Triathlonwelt sehr selten, nämlich eine Abfahrt auf Kredit. Die Teilnehmer sind angewiesen, oben in Alpe d´Huez zu parken und ihre zweite Wechselzone mit den Laufschuhen einzurichten, um dann mit dem Wettkampfrad hinunter zu fahren. Wie schön, so muss ein Triathlontag anfangen! Nichts machen, nur rollen, ausgucken auf die herrlichen Berge und später auf den schönen See, der nur 1x p.a. in diesem Wettkampf beschwommen werden darf, ansonsten hängt ein Wasserkraftwerk dran, welches extra für unseren Triathlon ausgeschaltet wird. Die Wechselzone ist gut eingerichtet und wunderbar sortiert: Pros haben niedrige Startnummern, danach sind die Reihen nach Nationen geordnet, so dass ich bei den anderen 50 Deutschen stehe und schön einfach plaudern kann. Prima! Gute Idee. Von den 1300 Startern auf der LD (2,2-118-20) sind die Hälfte Franzosen, der Wettkampf ist extrem international, kein Wunder, jeder Radsportler auf diesem Planeten träumt davon, ein Mal im Leben nach Alpe d´Huez raufzufahren und wie kann es schöner sein als als Bestandteil eines Triathlons?
So langsam geht es los, die Damen dürfen eine Viertelstunde eher an den Schwimmstart. Beste Bedingungen, dank des schönen Wetters ist der See mit 18,6 °C top temperiert. Ich versuche, genau die Anweisungen des Race Manuals zu befolgen und lutsche brav, halbe Körperlänge versetzt und versuche so viel Kraft wie irgend möglich zu sparen. Auch der Wechsel klappt einigermaßen und schon bald sitze ich auf dem Rad. Die Radstrecke besteht aus mehreren Abschnitten: 1. 25 km warm machen, 2. Alpe de Grand Serre (1375 m), 3. Col de Mallisol (1153 m), 4. Col de Ornon (1371 m) 5. der erwähnte Aufstieg nach Alpe d´Huez auf 1850 m, mit dem ich mich seit einem Jahr beschäftige. Die 21 Kehren, benannt nach den unsterblichen Etappensiegern oben auf der Bergstation.
Schon am ersten Anstieg habe ich ein Problem: die Schaltung hat sich irgendwie verstellt, so dass ich nicht aufs kleinste Ritzel schalten kann, welches ich aber brauche, um den Berg hochzukommen. Es geht nur, wenn ich den Schalthebel konsequent nach innen drücke. Zunächst geht das ganz gut aber nach kurzer Zeit wird es mühsam. Als einzige Möglichkeit bleibt mir, einen größeren Gang zu fahren und mich mit mehr Krafteinsatz auf die Passhöhe zu quälen, wo ich mir Support erhoffe. Den gibt es tatsächlich! Ich bekomme die Schaltung eingestellt. Dafür jedoch muss ich absteigen und – kriege gleich ein paar wunderbare Krämpfe. Außerdem wird es auch noch immer heißer, später sind es 41°C im Schatten, den es äußerst selten gibt. Na gut, weiter geht’s, jetzt gibt es eine Abfahrt zum Erholen und dann wieder einen Climb, der ganz gut läuft, eine Abfahrt und dann den eigentlich recht einfachen Aufstieg auf den Ornon. Im Kurbeln nach oben und mit den Augen wenige Zentimeter vor dem Vorderrad sehe ich nicht, dass zwei englische Teilnehmer kurz vor mir angehalten haben. Mit sehr niedriger Geschwindigkeit bremse ich voll und als ich stehe falle ich sofort von Krämpfen geschüttelt ins Gras. So langsam habe ich es dicke: es ist heiß, der Body will nicht, das Rad hat Defekt, das Zeitlimit droht und so geht dann die Motivation schnell flöten. Shit. Ich fahre noch zur Verpflegungsstelle und gebe dann auf. Der Traum ist geplatzt, ich habe es noch nicht einmal in den Aufstieg geschafft.
Niemand von Euch ist je im Besenwagen gewesen, ich weiß, aber kennt ihr aus Harry Potter und der Stein der Weisen den
Fahrenden Ritter (noch schöner im Original, The Knight Bus), den Londoner Doppeldeckerbus mit unglaublichen Fahreigenschaften, der gestrandete Zauberer einsammelt? Ganz ähnlich ist der Besenwagen in Alpe d`Huez. Vorne ein großer Reisebus, hinten ein Anhänger, in dem die Räder systematisch gestapelt werden. Da der Bus voll war, war auch der Anhänger voll, einige Besitzer von High End Boliden haben ganz schön geguckt, als ihr Liebling in den Paddock gezwängt wurde. Und genau wie der Fahrende Ritter hält auch unser Bus an jeder Milchkanne an, um gestrandete Zauberer-äh Triathleten einzusammeln. Der Unterschied ist, dass dies bei Harry Potter in Sekundenschnelle geht, wir aber immer anhalten, Fahrer und Beifahrer steigen aus, Startnummer und Transponder werden kassiert, der Hänger geöffnet, das Rad eingeladen. Unsere Reisegeschwindigkeit ist also deutlich niedriger als die eines Wettkämpfers auf durchschnittlichem Niveau. Krämpfe auch noch im Bus, vielen Dank auch, warum tue ich mir das nur an? (eine Frage, die ich jetzt, hier und heute sofort beantworten kann!). In Oisans, also noch vor Beginn des berühmten Aufstiegs, ist der Wagen voll. Wenn man aus dem Bus auf die Gestrandeten guckt, sehen sie ein wenig so aus wie Menschen, die neben einem vollen Rettungsboot ertrinken müssen. Der Bus fährt also rauf, oben lädt er 50 Passagiere und ihre Räder aus und fährt dann wieder ganz runter nach Oisans, das Raumschiff kann nur unten im Kreisel wenden. Für passierte Sportler heißt das mindestens 90 weitere Minuten warten. Und auf der ganzen Strecke nach oben sehe ich immer wieder Teilnehmer, die zwar längst das Zeitlimit überschritten haben, aber trotzdem weiter kämpfen, kämpfen wir ihren Traum vom Berg der Holländer. Respekt, Riesenrespekt.
Oben kommen jedenfalls immer noch reichlich Athleten rein, das ganze Programm, schnell laufend, langsam laufend, gehend. Bestens präsentiert sich auch P1, die hochrespektabel in guter Zeit den Wettkampf beendet. Der Neid auf die wunderschöne Finishermedaille ist groß.
Ich glaube, die Devotionalien, die ich erhielt, verschenke ich alle, von denen kriege ich nur schlechte Laune. Obwohl, irgendwie habe ich auch mal Lust, mit einem nagelneuen T-Shirt mein Rad zu putzen, da demütige ich mich noch einmal bestens selbst.
Was ich alles falsch gemacht habe:
• Zu wenig trainiert. Immer nur in der Firma rumhängen, einmal die Woche laufen gehen, das reicht natürlich nicht. Nicht annähernd.
• Falsch trainiert. Im Mittelpunkt hätten einfach lange und harte Radeinheiten stehen müssen, 100 – 200 km, ausserdem hätte ich im Winter auf der Rolle mit richtig viel Wiederstand mal Kraftausdauer machen müssen. Habe ich aber nicht. Ich habe mich darauf verlassen, dass ich schon irgendwie oben ankomme und dann mit meiner Laufstärke locker ins Ziel trabe. Pustekuchen. Die Streckenlänge verschweigt die atemberaubenden Details, Details, die zusätzlich viele viele Körner kosten.
• Kein Trainingslager. Was mich ja schon seit vielen Jahren bestens durch die Saison bringt, dieses Jahr hat es ausgerechnet nicht geklappt. Schön viele Grundlagenkilometer aus dem Winter, das war immer die Basis für eine brauchbare Form im Sommer.
• Keine Fokussierung. Immer stand der Hauptwettkampf im Mittelpunkt meines Sportjahres, immer habe ich ihn mir nicht nur inhaltlich, so wie heuer, sondern auch geographisch und sporttechnisch erarbeitet. Auch da hat es dieses Jahr extrem gefehlt.
• Schlechte Vorortorganisation. Gerade in Alpe d´Huez hätte ich viel günstiger zu Start-Ziel wohnen können, das Thema essen und trinken habe ich auch vernachlässigt. Vor dem Hintergrund dieses Wettkampfs war das sträflich und wurde auch bestraft.
• Schlechtes Material. Noch in der Woche vorm Wettkampf bin ich mit dem TT 120 km oder so gefahren, vorher habe ich noch geglaubt, ich könne damit den Wettkampf bestreiten, schließlich hatte das letztes Jahr in Davos auch geklappt. Dann aber fiel mir ein, dass wir in Alpe d´Huez ja von 3300 hm sprechen und so wurde das alte Trainingsrad mit den drei Kettenblättern nochmal frisch gemacht, neues (altes) Vorderrad usw. So frisch war es am Ende dann aber doch nicht, vor allem viel zu schwer.
• Zu schwer war auch ich. Normalerweise komme ich mit 77 kg aus dem Winter, dann kommt das Trainingslager, die Fastenzeit und die Spargelsaison. Wenn ich dann den Hauptwettkampf fokussiere und mich nicht zu knapp aber ein bisschen vernünftig ernähre, ist es kein Problem, an einem ganz bestimmten Tag 70 kg zu wiegen. Dieses Jahr wog ich 74 kg. Dumm.
• …and counting! Ich quäle mich mit diesen Zeilen schon so genug, wenn mir noch etwas einfällt trage ich es hier noch ein, jetzt höre ich hier lieber auf. Ich habe dies alles aber trotzdem geschrieben, um mich zu stellen!
Was mir sonst noch so auffiel:
• Die Damen starteten ja 15 min vor den Herren, diesen Vorsprung gab Daniela Ryff
Präsentierte sie auch am Messestand, ihre neue Waffe, Startnummer 1. Und natürlich TT, da schäme ich mich noch mehr
nicht mehr her und kam als erste ins Ziel. Keiner der Profimänner war 15 min schneller als Daniela. Außerdem lief sie auch die schnellste Zeit über den Halbmarathon. Auf der Messe ließ sie sich strahlend lächelnd mit Fans photographieren, erklärte mir im Plauderton, den Sponsor „THE HEIMAT“, der mir nichts sagte. Was für ein Weib, atemberaubend schön. Und als ich sie sowieso schon leicht debil anstarte, trug sie auch noch einen wunderbaren Chronographen eines namhaften Herstellers. Hoffentlich bezahlt der Dich auch, Du bist jeden Rappen wert.
• Man kann sich auch komplett abschießen, wenn Triathlon L nicht reicht: Dienstag Duathlon, Mittwoch als Supporter für die Kids, Donnerstag L und Freitag M. Dabei dann 3x21 Kehren, in Summe.
• Eine Tombola, die den Namen verdient: ein Jacuzzi, eine Woche Skiferien für zwei, Hauptpreis ein Renault Twingo. So kommen auch viele zur Siegerehrung.
Ach ja, den Kredit für die Abfahrt kann ich leider nicht zurückzahlen. Ob ich noch einmal antrete? Ich glaube eher nicht, es war zwar eigentlich schweinegeil, es gibt aber überall so tolle Sachen…