Gibt's noch gar keinen Thread zu dem Thema? Dann mach ich halt einen auf.
Ist zwar heute früh schon durch die Nachrichten gegeister, aber ich habe es erst nicht wirklich ernst genommen, weil die Opposition ja seit einigen Wochen nach jedem Fehlverhalten einzelner Soldaten oder vorgesetzten reflexhaft nach dem Rücktritt unseres Verteidigungsministers ruft.
Und ich hab' zwar den Hype um seine Person, den u.a. ja auch der Spiegel mit einer Titelgeschichte mit befeuert hat nie so ganz verstanden, aber direkt unsympathisch war Herr zu Guttenberg mir als Person und seine bisherigen Äußerungen als Politiker auch nicht.
Auf alle Fälle empfand ich ihn als wohltuend gegenüber manchen eher profillosen anderen aufstrebenden "Jungpolitikern" mit klassischer Parteikarriere wie z.B. Markus Söder.
Aber die Plagiats-Dr.-Arbeit geht absolut gar nicht.
Auf FAZ.net und Sueddeutsche.de kann man im Detail die abgeschriebenen Textstellen miteinander vergleichen und eine der beanstandeten Textstellen ist sogar im Abschnitt "Ergebnisse", also genau da, wo zweifelsfrei vom Doktoranden eine eigene gedankliche Leistung gefordert ist, die Einleitung der Arbeit, also die hinführung zum Thema stammt 1:1 aus einem FAZ-Leitartikel, ohne dass dies kenntlich gemacht wurde. Und es geht nicht um einzelne Sätze, sondern zum Teil um komplette Seiten, die per copy und paste ohne Quellenangabe verarbeitet worden sind!
Beim Heimjoggen musste ich immer wieder nachdenken, wie jemand, der zweifelsfrei in der Lage ist, flüssig und selbstständig zu formulieren, auf die Idee kommen kann, dass dies auf Dauer unentdeckt bleibt.
Kennen sich Politiker derart schlecht mit den Möglichkeiten von Google aus?
Jeder Akademiker weiß doch, dass eine Promotion veröffentlicht wird und danach für jeden auf Jahrzehnte einsehbar ist. Vor 20 Jahren haben sich doch schon Leute über die 20-seitige Promotion von Helmut Kohl lächerlich gemacht, aber das waren zumindest 20 selbst verfasste Seiten, sonst wäre es irgendwann zweifelsfrei aufgefallen.
Und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wusste Herr zu Guttenberg ja bereits, dass er Poltiker ist/wird. Die einzige plausible Lösung, für die Frage nach dem Warum, die mir eingefallen ist, ist die, dass er Teile der Promotion gar nicht selbst verfasst hat sondern anfertigen ließ. Das wird er aber nie zugeben, weil es das Ansehen noch mehr beschädigen würde als der Plagiatsvorwurf.
Bei einer selbst verfassten Arbeit müsste ihm das Risiko, dass die abgeschriebenen Passagen bekannt werden , ja bewusst gewesen sein und der Dr.-Titel ist für einen Politiker ja ohnehin nur ein nice-to-have und nicht wirklich notwendig. Und statt "summa cum laude" würde auch "com laude" als Benotung locker ausreichen.
Was meint ihr? Was hat ihn dazu geritten? Wie lange wird es sich mit einer derartig beschädigten Reputation noch halten können?