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Vollständige Version anzeigen : Claudia Pechstein des Dopings überführt?


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Hafu
02.11.2010, 11:18
"fünfmalige Olympiasiegerin Pechstein, die durch den Weltverband ISU wegen auffälliger Blutwerte ohne direkten Dopingnachweis für zwei Jahre gesperrt worden war, ist derzeit wegen der Folgen eines Nervenzusammenbruchs krankgeschrieben. "

...sehr sympathisch!:(
Die Dopingsperre mal eben mit Dauerkrankmeldung auf Kosten des Steuerzahlers überbrückt.

KalleMalle
02.11.2010, 11:31
Und zwei Zeilen später:

"In Kürze will Pechstein, die bei einem Comeback in Calgary knapp 39 Jahre alt wäre, zunächst ihre Autobiographie veröffentlichen."

Janee schonklar. Ist ne ganz neue Therapie bei Nervenzusammenbruch.
Muß sie aber machen - wegen ihrer Blutanomalie. :Kotz:

ironlollo
02.11.2010, 11:38
Das sie dienstunfähig ist und somit nicht am Schreibtisch sitzen kann (oder etwa nicht will?) heißt ja nicht, dass sie nicht gleichzeitig in der Lage ist, zu trainieren. Man man man...

uwe1603
06.11.2010, 18:26
Und zwei Zeilen später:

"In Kürze will Pechstein, die bei einem Comeback in Calgary knapp 39 Jahre alt wäre, zunächst ihre Autobiographie veröffentlichen."

Janee schonklar. Ist ne ganz neue Therapie bei Nervenzusammenbruch.
Muß sie aber machen - wegen ihrer Blutanomalie. :Kotz:

Auf dieses Buch hat die Welt nur gewartet!:Nee: Als CP mit dem Einspruch nicht weiterkam, war mir sofort klar: Als nächstes schreibt die ein Buch, aber um der ganzen Sache noch einen drauf zu setzen, dann das derzeit überall aktuelle Thema "Selbstmord" mit reinzubringen, finde ich ziemlich abgefahren.:(

trimac
06.11.2010, 21:47
laut Buch wollte sie sich umbringen uns sich von einer autobahnbrücke stürzen. nich nur das sie einen fehler nicht zugibt, sondern auch das sie mit dieser tat höchstwahrscheinlich unschuldige Menschen in den Tod mitnimmt - Absolut charakterlos !!!:Nee:

ironlollo
06.11.2010, 21:52
laut Buch wollte sie sich umbringen uns sich von einer autobahnbrücke stürzen. nich nur das sie einen fehler nicht zugibt, sondern auch das sie mit dieser tat höchstwahrscheinlich unschuldige Menschen in den Tod mitnimmt - Absolut charakterlos !!!:Nee:

Wenn es denn tatsächlich so war, was ich nicht glaube und was sich nachträglich auch nicht beweisen lässt. Aber irgendeinen "Aufhänger" für das Buch muss sie sich ja einfallen lassen, da sonst niemand das Buch kauft.

trimac
06.11.2010, 22:03
Wenn es denn tatsächlich so war, was ich nicht glaube und was sich nachträglich auch nicht beweisen lässt. Aber irgendeinen "Aufhänger" für das Buch muss sie sich ja einfallen lassen, da sonst niemand das Buch kauft.

ich hab diese meldung aus unserem Teletext des ORF's gelesen!!

LidlRacer
06.11.2010, 22:17
laut Buch wollte sie sich umbringen uns sich von einer autobahnbrücke stürzen. nich nur das sie einen fehler nicht zugibt, sondern auch das sie mit dieser tat höchstwahrscheinlich unschuldige Menschen in den Tod mitnimmt - Absolut charakterlos !!!:Nee:

Wen nimmt sie denn da mit (außer ihrem Freund)? Wenn sie von einer Autobahn in irgendein Tal springt, ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass sie irgendwen trifft.

Aber hier
http://www.bild.de/BILD/sport/wintersport/2010/11/06/claudia-pechstein/selbstmord-gedanken-hatte-abschieds-sms-geschickt.html
klingt es überhaupt nicht so, als wäre das ernst gemeint gewesen.

uwe1603
07.11.2010, 10:05
Aber hier
http://www.bild.de/BILD/sport/wintersport/2010/11/06/claudia-pechstein/selbstmord-gedanken-hatte-abschieds-sms-geschickt.html
klingt es überhaupt nicht so, als wäre das ernst gemeint gewesen.

Dazu kam gestern sogar was im TV... Schauspielschule - Ganz großes Kino, oder super Werbeidee für dieses Buch!:Nee:

carmen
07.11.2010, 11:33
Hat sie denn in ihrem Buch auch geschrieben, dass sie sich auf die Spiele von Salt Lake privat und fern von der Mannschaft in Oslo vorbereitet hat, mit dem Ami Peter Mueller, Olympiasieger 1976, der eng mit dem niederlaendischen Arzt Berend Nikkels zusammenarbeitete, der wiederum sich selbst im angesehenen Rotterdamer «NRC Handelsblad» als «einer der wenigen Insider auf dem Gebiet des Blutdopings» bezeichnete? (Wessen Name war das noch eben gleich, der im Prozess gegen Springstein als dessen Dopinglieferant auftauchte, weil dieser bei ihm nach dem Gendopingmittel Repoxygen fragte?) Und hat sie in den Memoiren auch vermerkt, dass ihr frueherer Coach Joachim Franke schon 1975 Mitglied jener geheimen DDR-Forschungsgruppe «zusätzliche Leistungsreserven» war, die nachweislich Dopingpräparate ausprobiert hat und der wahrscheinlich dafuer 2002 das Bundesverdienstkreuz erhielt?

Solche leicht recherchierbaren Geschichten wuerden doch eine Biografie weit interessanter machen, als irgendwelche Sentimentalitaeten, deren Wahrheitsgehalt keiner ueberpruefen kann.

Jimmi
12.11.2010, 12:44
Ohne die konkreten Artikel gelesen zu haben...

Ich bin medizinischer Laie, habe aber die Zeitschrift von einer Bekannten bekommen. Dort werden Blutproben der letzten Jahre statistisch ausgewertet mit dem Ergebnis, dass es ein Anomalie wohl gibt, diese aber mit gezielten Doping nichts zu tun haben kann, da wirkungslos.
Wäre es Dir als Arzt, Leistungssportler und ausgewiesenem Dopingexperten möglich da mal reinzusehen und den Artikel kritisch zu beurteilen?

Gruß vom Jimmi

KalleMalle
12.11.2010, 13:20
Ich wünsche Ihr einen guten Therapeuten, denn den braucht sie so oder so. Ob gedopt oder nicht.

Sie fängt an mir Leid zu tun....

Dev
12.11.2010, 14:59
In der neuen DZfSm (Blut und Doping) stehen mehrere Artikel zum Thema. Da wird durchaus die Verurteilung CP kritisiert...
Kannst Du mir den Artikel als PDF zur Verfügung stellen?:Blumen:

Dev

remi
15.11.2010, 13:11
Ich wünsche Ihr einen guten Therapeuten, denn den braucht sie so oder so. Ob gedopt oder nicht.

Sie fängt an mir Leid zu tun....

mitleid braucht sie sicher am allerwenigsten ....

Jimmi
17.11.2010, 09:41
Aber den betreffenden Artikel hat immer noch kein Fachkundiger gelesen. :confused:

Gruß

maifelder
12.03.2011, 16:57
Bronzemedaille über 5000m, die Motivation muss man über 2 Jahre erstmal aufrecht erhalten.

hazelman
12.03.2011, 17:36
Silbermedaille über 5000m, die Motivation muss man über 2 Jahre erstmal aufrecht erhalten.

Auch wenn der Coach mich böse anguckte: Ich bekam eben das kalte :Kotz:

Die Dame hatte die Frechheit, sich während ihrer fast kompletten Sperre wegen Erschöpfungszuständen krank schreiben zu lassen (http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1297664001635) und hat munter weiter trainiert. Ich wiederhole mich, aber ich könnt :Kotz:

Thorsten
12.03.2011, 18:07
Sie hat vermutlich nur ein leichtes regeneratives Training gemacht, um nicht den ganzen Tag krank zu Hause rumsitzen zu müssen. So wie unsereins auch mal eine Runde frische Luft schnappt, während man krank geschrieben ist. Scheint bei ihr zumindest noch für Bronze zu reichen.
;)

Megalodon
12.03.2011, 18:18
Das, insbesondere hazels Kommentar, bestätigt doch nur wieder, was ich vom Profisport denke: Das ist doch nur eine verlogene und durch und durch verdorbene Sch.....

hazelman
12.03.2011, 18:22
Das, insbesondere hazels Kommentar, bestätigt doch nur wieder, was ich vom Profisport denke: Das ist doch nur eine verlogene und durch und durch verdorbene Sch.....

Ach, über einen Kamm scheren würde ich die nicht, aber trotzdem hast Du in dinsem speziellen Fall Recht, für mich ist Frau P. eine verlogene und durch und durch verdorbene ...

Megalodon
12.03.2011, 18:33
Ach, über einen Kamm scheren würde ich die nicht, ...

Ich weiß auch nicht, aber dieser Thread mit seinen "Einzelfällen" ist halt doch auch eine Aussage für sich.
Seit dem Festina Skandal glaube ich einfach, dass saubere PROs nur die sind, die (noch) nicht erwischt wurden.

ironlollo
12.03.2011, 19:44
Komme grad vom Radeln heim und sehe dann ne Medaille für Pechstein über 5.000m? Ich kann mich da nur Hazels Kommentar anschließen. Zur Arbeit am Büroschreibtisch reicht die Kraft nicht aber zum täglichen Training kann sie trotz ihrer Krankschreibung latschen?!

blaho
12.03.2011, 20:07
Warum soll sie arbeiten, wenn andere weniger Erfolgreiche vom selben Arbeitgeber die Zeit zum trainieren bekommen?

FinP
12.03.2011, 20:12
Weil der Dienstherr sie am Arbeitsplatz haben wollte. Freistellung ist doch kein Rechtsanspruch.

Wenn es ihr bei ihrem Arbeitgeber nicht gefällt, dann kann sie ja gehen...

endorphi
12.03.2011, 20:17
Ich weiß auch nicht, aber dieser Thread mit seinen "Einzelfällen" ist halt doch auch eine Aussage für sich.
Seit dem Festina Skandal glaube ich einfach, dass saubere PROs nur die sind, die (noch) nicht erwischt wurden.

Ist zwar hart, aber es gibt Momente in denen ich genauso denke, auch wenn ich es nicht will.......

drullse
12.03.2011, 20:57
Auch wenn der Coach mich böse anguckte: Ich bekam eben das kalte :Kotz:

Die Dame hatte die Frechheit, sich während ihrer fast kompletten Sperre wegen Erschöpfungszuständen krank schreiben zu lassen (http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1297664001635) und hat munter weiter trainiert. Ich wiederhole mich, aber ich könnt :Kotz:

Full ACK, aber sowas von...

Edit sagt noch: kann der Coach doch mal mitteilen, was an der Geschichte toll sein soll (oder gehts wieder nur drum, dass man die "sportliche" Leistung einer Frau nicht kritisieren darf?).

Das, insbesondere hazels Kommentar, bestätigt doch nur wieder, was ich vom Profisport denke: Das ist doch nur eine verlogene und durch und durch verdorbene Sch.....

Siehe oben...

Aber: der Dienstherr ist genauso zum Kotzen, der sich das bieten lässt.

sybenwurz
12.03.2011, 22:01
In jedem anderen Job biste nach so ner Aktion doch draussen.
Ich muss mich grad sehr beherrschen, keine unflätigen Kraftausdrücke zu gebrauchen.

TriFra
12.03.2011, 23:31
Das ist ja unglaublich . . . . .
Was möchte diese "Athletin" damit beweisen ?? Das Sie SAUBER
ist ??
Absolute Frechheit :Nee: :Nee:

TriFra
12.03.2011, 23:45
Und sagt dann auch noch rotzfrech im Aktuellen Sportstudio :
" Heute habe ich es allen gezeigt ":confused: :confused: :confused:

Thorsten
13.03.2011, 00:20
Vielleicht würde ich mit 2 Jahren krank feiern auch die Hawaii-Quali schaffen.

ironlollo
13.03.2011, 00:37
Vielleicht würde ich mit 2 Jahren krank feiern auch die Hawaii-Quali schaffen.

Bei Dir wird man das krank feiern sicher nicht so lasch handhaben ;)

ironlollo
14.03.2011, 20:23
Claudia Pechstein ist gleich bei Blickpunkt Sport im BR zu Gast. Mal sehen, gegen wen sie da wieder abledern wird.

Hafu
14.03.2011, 20:44
...
Aber: der Dienstherr ist genauso zum Kotzen, der sich das bieten lässt.

Bei Dir wird man das krank feiern sicher nicht so lasch handhaben ;)

Welche Sanktionsmöglichkeiten sieht das Beamtenrecht denn vor bei offensichtlich unbegründeten Krankschreibungen?

Einem "normalen" Arbeitnehmer wäre in der gleichen Situation wie bei Claudia Pechstein längst gekündigt worden, aber solange ein Beamter einen Arzt findet, der ihm bescheinigt, woran er zu leiden glaubt, sind dem Dienstherrn ja nahezu die Hände gebunden.

Ich habe keinen Respekt vor ihrer Leistung, selbst wenn sie sauber erbracht sein sollte.

hazelman
14.03.2011, 20:53
Welche Sanktionsmöglichkeiten sieht das Beamtenrecht denn vor bei offensichtlich unbegründeten Krankschreibungen?

Einem "normalen" Arbeitnehmer wäre in der gleichen Situation wie bei Claudia Pechstein längst gekündigt worden, aber solange ein Beamter einen Arzt findet, der ihm bescheinigt, woran er zu leiden glaubt, sind dem Dienstherrn ja nahezu die Hände gebunden.


Einspruch!
In der Privatwirtschaft kann Dir als Arbeitgeber genau dasselbe passieren. Wenn der Arzt Dich krank schreibt, egal welcher, muss der Arbeitgeber das zunächst mal akzeptieren. Aber auch der Dienstherr der Beamten kann Dir den medizinischen Dienst der KK auf den Hals hetzen, falls er Bedenken hat.

Falls die Krankschreibungen unbegründet sein sollten, steht auch Beamten gegenüber dasselbe Arsenal zur Verfügung wie den privaten Arbeitgebern. Problem bloß, dass psychische Leiden eben so blöde zu widerlegen sind.



Ich habe keinen Respekt vor ihrer Leistung, selbst wenn sie sauber erbracht sein sollte.

Geht mir genauso!

phonofreund
14.03.2011, 22:44
Claudia Pechstein ist gleich bei Blickpunkt Sport im BR zu Gast. Mal sehen, gegen wen sie da wieder abledern wird.

Doping ist völlig inakzeptabel, aber mich beschleicht langsam das Gefühl, das hier eine Massenhysterie dahin gehend entsteht, immer auf die selben Leute einzuprügeln. Es gibt nun mal auch Menschen, die zu Unrecht verurteilt wurden. Ob das hier so ist, wage ich nicht zu behaupten, aber irgendwann muß es gut sein...... In einigen Dingen hat die Frau einfach recht.

sybenwurz
14.03.2011, 23:20
Doping ist völlig inakzeptabel, aber mich beschleicht langsam das Gefühl, das hier eine Massenhysterie dahin gehend entsteht, immer auf die selben Leute einzuprügeln. Es gibt nun mal auch Menschen, die zu Unrecht verurteilt wurden. Ob das hier so ist, wage ich nicht zu behaupten, aber irgendwann muß es gut sein...... In einigen Dingen hat die Frau einfach recht.

Naja, ne "krankheit" die weltweit dreimal auftritt, aber dann gleich bei Frau Pechstein und zwei ihrer Kolleginen.
Sorry, nee, aber da geht mir einerseits Verständnis dafür ab, andererseits bin und bleibe ich bei meiner Auffassung, dass so jemand keinen Leistungssport treiben sollte.
Und erst recht nicht, wenn er/sie krankgeschrieben ist.
Ich denke auch, dass ein Arbeitgeber/Dienstherr da alle Trümpfe in der Hand haben dürfte.
Entweder, ein Arbeitenehmer ist krank und leistungsmässig eingeschränkt oder gesund, aber im ersteren Fall entzieht es sich meinem Verständnis, wie es dennoch zu ner Medaille in nem internationalen Wettkampf reichen kann bzw. zum Training dazu.
Ob da nu (immer noch) Doping dahintersteht oder nicht iss mir mittlerweile vollkommen schwurps. Die Krankfeierei und dabei trainieren iss charakterlich sowas von schice,, dass ich die Lady alleine deshalb nichtmal mitm Arsch mehr angucken würde, selbst wenn sie der personifizierte Ausbund an Sauberkeit wär.

Klugschnacker
15.03.2011, 07:35
Naja, ne "krankheit" die weltweit dreimal auftritt, aber dann gleich bei Frau Pechstein und zwei ihrer Kolleginen.


Mittlerweile scheinen aber die Zweifel an der Richtigkeit ihrer Dopingsperre eher größer zu werden.

Pechstein, fataler Irrtum?
Langsam dürfte auch der schärfste Kritiker Zweifel bekommen. Zweifel daran, ob Claudia Pechstein tatsächlich gedopt hat. Denn die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin weist offenbar nach wie vor schwankende Retikulozyten-Blutwerte auf.
http://www.fnp.de/fnp/sport/ueberregional/kommentar-pechstein-fataler-irrtum_rmn01.c.8722828.de.html

Auch Fußballer mit auffälligen Blutwerten
Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ist mit ihren Blutwerten kein Einzelfall: Wissenschaftler haben auch bei anderen Leistungssportlern Blutanomalien festgestellt. Als Indiz dafür, dass Pechstein nicht gedopt hat, taugt das Resultat allerdings nicht.
http://www.spiegel.de/sport/wintersport/0,1518,749914,00.html

Nicht auszudenken, wenn sie zu unrecht verurteilt worden wäre – und damit meine ich nicht nur die sportrechtliche, sondern auch die öffentliche Ächtung und die Konsequenzen ihres Arbeitgebers.

Angesichts dieser Möglichkeit finde ich ihre vielleicht getürkte Krankschreibung, deren Ursache übrigens seelische und nicht körperliche Erschöpfung war, vergleichsweise harmlos.

Ich bin bezüglich des Profisports ziemlich desillusioniert, doch es ist nicht völlig auszuschließen, dass Claudia Pechstein ein Unrecht geschehen ist. Die soziale Ächtung sollte IMO deshalb etwas vorsichtiger ausfallen.

Grüße,
Arne

Hafu
15.03.2011, 07:56
Mittlerweile scheinen aber die Zweifel an der Richtigkeit ihrer Dopingsperre eher größer zu werden.

Pechstein, fataler Irrtum?
Langsam dürfte auch der schärfste Kritiker Zweifel bekommen. Zweifel daran, ob Claudia Pechstein tatsächlich gedopt hat. Denn die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin weist offenbar nach wie vor schwankende Retikulozyten-Blutwerte auf.
http://www.fnp.de/fnp/sport/ueberregional/kommentar-pechstein-fataler-irrtum_rmn01.c.8722828.de.html

Zitat aus dem obigen Text: "Und es ist absolut nicht vorstellbar, dass sich die 39-Jährige derzeit dopt. Keine Athletin steht mehr in der öffentlichen Kritik."
:confused: Hää?? Warum ist das absolut nicht vorstellbar? Mal angenommen, die Experten der WADA, aufgrund deren Expertisen die letztinstanzlichen Verurteilungen erfolgten, hätten Recht und Pechstein hat mit einer oder mehreren Substanzen gedopt, die einzeln nicht nachweisbar sind (z.B. wg. zu kurzer Halbwertszeit oder Zufuhr in nicht nachweisbaren Mini-Dosen), dann wäre es aus Sicht der erwischten Athletin geradezu ein absolute Notwendigkeit, mit dem Doping auch während ihrer Sperre (zumal sie da ja schon längst wieder voll im Training stand) weiter zu machen, um auch weiterhin schwankende Retikulozytenwerte auf ihrer HP dokumentieren zu können. Eine Normalisierung der Blutwerte während der Sperre oder eben jetzt bei wieder aufgenommenem Wettkampfbetrieb wäre ja erst recht ein Indiz, dass die WADA-Experten mit ihren Einschätzungen richtig lagen.


Auch Fußballer mit auffälligen Blutwerten
Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ist mit ihren Blutwerten kein Einzelfall: Wissenschaftler haben auch bei anderen Leistungssportlern Blutanomalien festgestellt. ...http://www.spiegel.de/sport/wintersport/0,1518,749914,00.html

...

...dass Fußballer oder gar andere Leistungssportler selbst zu Dopingmitteln greifen und damit die Blutanomalien erzeugen, die bei Pechsteins Blutbilder aufgefallen sind, ist natürlich nur schwer vorstellbar...;)

Klugschnacker
15.03.2011, 08:10
Ist schon alles richtig, was Du sagst. Aber man kann IMO eine zu Unrecht erfolgte Verurteilung nicht völlig ausschließen. Der Fall ist zu unklar, um sich voll auf die eine oder andere Seite zu stellen.

Grüße,
Arne

phonofreund
15.03.2011, 08:39
Ist schon alles richtig, was Du sagst. Aber man kann IMO eine zu Unrecht erfolgte Verurteilung nicht völlig ausschließen. Der Fall ist zu unklar, um sich voll auf die eine oder andere Seite zu stellen.

Grüße,
Arne

Genauso sieht es aus. Aber bloß nicht auf die Idee kommen, das es tatsächlich mal die Falsche erwischt hat...........

ironlollo
15.03.2011, 09:06
Welche Sanktionsmöglichkeiten sieht das Beamtenrecht denn vor bei offensichtlich unbegründeten Krankschreibungen?

Soweit ich weiß, kann der Dienstherr in solchen Fällen den Gang zum Amtsarzt anordnen. Und ob die dann die Einschätzung der zuvor selbst gewählten Ärzte von Claudia P. teilen?

snigel
15.03.2011, 09:23
Ich finde es bemerkenswert, wie sie sich nach einer 2jährigen Sperre so zurückgemeldet hat. Der psychische Druck ist wohl auch nicht zu unterschätzen, dem sie ausgesetzt ist. Alleine deswegen hat sie schon meinen Respekt verdient!

Wie die Sperre zustande gekommen ist, wissen wir alle und ob sie nun wirklich gedopt hat oder nicht weis keiner.

Über irgendwelche Steuergelder die hier verbraten werden braucht man auch nicht reden, da es an anderen Ecken in Deutschland mehr brennt wo Steuergelder verschwendet werden und das nicht zu knapp.

An dem Weg den sie eingeschlagen hat finde ich persönlich nichts verkehrt, sofern sie wirklich clean ist.

Hafu
15.03.2011, 09:27
Ist schon alles richtig, was Du sagst. Aber man kann IMO eine zu Unrecht erfolgte Verurteilung nicht völlig ausschließen. Der Fall ist zu unklar, um sich voll auf die eine oder andere Seite zu stellen.

Grüße,
Arne

Völlig ausschließen kann man eine falsche Verurteilung auch bei den direkten Nachweisverfahren nicht. Auch da lässt sich immer eine Situation konstruieren, derzufolge der Athlet, bei dem eine Substanz gefunden worden ist, unschuldig ist (kontaminiertes Fleisch, Haschkekse von der Schwiegermutter, von der Stasi in die Zahnpasta gemischtes Nandrolon, im Wettkampf vom Veranstalter angereichte offene mit Dopingsubstanzen versetzte Getränke usw.).

Wenn man bei Dopingverdacht nur Verurteilungen mit hundertprozentiger Sicherheit akzeptieren will, dann kann man den ganzen Antidopingkampf auch gleich ganz bleiben lassen.

Schon jetzt sind dopende Athleten deutlich im Vorteil gegenüber den Verbänden, die sich um einen sauberen Sport bemühen.

Um den Fall Pechstein selbst hundertprozentig zuverlässig zu beurteilen fehlt mir ehrlich gesagt die entsprechende Expertise, obwohl ich mich diesbezüglich trotzdem für deutlich qualifizierter halte, als die meisten Journalisten, die es sich zutrauen meinungsbildend klar in die eine oder andere Richtung Stellung zu beziehen.
Ich vertraue da eher auf unabhängige Experten, insbesondere solche aus dem nicht deutschsprachigem Raum: welches Interesse sollte z. B. Bengt Saltin, ein international hoch angesehener Physiologe und federführender Berater der WADA haben, ein deutsche Eisschnelläuferin in die Pfanne zu hauen (http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,635847-2,00.html)?

Kurt D.
15.03.2011, 09:46
Völlig ausschließen kann man eine falsche Verurteilung auch bei den direkten Nachweisverfahren nicht. Auch da lässt sich immer eine Situation konstruieren, derzufolge der Athlet, bei dem eine Substanz gefunden worden ist, unschuldig ist (kontaminiertes Fleisch, Haschkekse von der Schwiegermutter, von der Stasi in die Zahnpasta gemischtes Nandrolon, im Wettkampf vom Veranstalter angereichte offene mit Dopingsubstanzen versetzte Getränke usw.).

Wenn man bei Dopingverdacht nur Verurteilungen mit hundertprozentiger Sicherheit akzeptieren will, dann kann man den ganzen Antidopingkampf auch gleich ganz bleiben lassen.

Schon jetzt sind dopende Athleten deutlich im Vorteil gegenüber den Verbänden, die sich um einen sauberen Sport bemühen.

Um den Fall Pechstein selbst hundertprozentig zuverlässig zu beurteilen fehlt mir ehrlich gesagt die entsprechende Expertise, obwohl ich mich diesbezüglich trotzdem für deutlich qualifizierter halte, als die meisten Journalisten, die es sich zutrauen meinungsbildend klar in die eine oder andere Richtung Stellung zu beziehen.
Ich vertraue da eher auf unabhängige Experten, insbesondere solche aus dem nicht deutschsprachigem Raum: welches Interesse sollte z. B. Bengt Saltin, ein international hoch angesehener Physiologe und federführender Berater der WADA haben, ein deutsche Eisschnelläuferin in die Pfanne zu hauen (http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,635847-2,00.html)?

@Arne / @Hafu:
Wer böse denkt, muss annehmen, sie dopt weiter. Eigentlich hätte ihr nun verdächtigtes Blutbild eine Schutzsperre (!) nach sich ziehen müssen...
Der Wunsch nach "Ausnahmeregelung" muss ihr gleichwohl aber verwehrt bleiben, der Logik der Ankläger folgend. Ein solcher "Persilschein" hätte alles noch absurder erscheinen lassen.

Noch eine "Delikatesse": Die bei Pechstein im Februar 2009 genommene Probe wurde seinerzeit gar nicht auf EPO kontrolliert (...), der zuständige Verband hatte sich das Geld hierfür gespart (...kommt mir bekannt vor, auch aus unseren Bereichen...).

Zudem haben neue Nachforschungen ergeben, dass die A-Probe vernichtet wurde, weil der zuständige Verband es "versäumt" hat, einen Antrag auf weitere Aufbewahrung zu stellen!
Ergänzend noch zu erwähnen,....die B-Probe ist ganz verschwunden!


PS: ;) Demnächst kommt auch wieder der Osterhase vorbei, natürlich in Begleitung vom Weihnachtsmann ... :)

Jimmi
15.03.2011, 09:57
Hat denn einer der Experten inzwischen mal den/die Artikel in der "Sportmedizin" gelesen und kann das beurteilen?

Das ist alles sehr wissenschaftlich aufgezogen und wahrscheinlich nicht von CP gesponsert.

Gruß vom Jimmi

Hafu
15.03.2011, 10:18
Hat denn einer der Experten inzwischen mal den/die Artikel in der "Sportmedizin" gelesen und kann das beurteilen?

Das ist alles sehr wissenschaftlich aufgezogen und wahrscheinlich nicht von CP gesponsert.

Gruß vom Jimmi

Ich halte mich wie gesagt nicht für einen "Experten" im Bereich Hämatologie, habe aber die entsprechenden Artikel gelesen. Meiner Meinung nach gehen sie beide von der (vermutlich falschen) Grundannahme aus, dass CP mit EPO ihr Blutbild manipuliert habe und diese hypothetische Grundannahme widerlegen sie mit wissenschaftlich durchaus plausiblen Argumenten.

CP wurde aber nicht wegen Epo-Dopings gesperrt, sondern aufgrund auffälliger, und wiederholt im Zusammenhang mit wichtigen Wettkämpfen auftretenden Veränderungen ihrer Retikulozytenwerte.

Zu Epo-Doping passen ihre Retikulozytenwerte mit relativ konstanten Hb-Werten in der Tat nicht besonders gut, aber z. B. Prof. Werner Franke hat ja wiederholt darauf hingewiesen, dass es außer Epo auch noch andere Substanzen gibt, die das blutbildende System beeinflussen (nämlich sämtliche Anabolika, Testosteron und auch Wachstumshormone). Nicht zufällig haben Männer höhere Hb-Werte (nämlich um 2g%) als Frauen.

Auf die Möglichkeit, dass die bei CP gemessenen Blutbildveränderungen nicht von Epo-Doping, sondern von Steroid-oder Testosterondoping (in Mini-Dosen, die einen direkten Substanznachweis nicht erlauben) herrührt, gehen die Artikel überhaupt nicht ein.

sybenwurz
15.03.2011, 11:18
...doch es ist nicht völlig auszuschließen, dass Claudia Pechstein ein Unrecht geschehen ist.

Der Fall ist zu unklar, um sich voll auf die eine oder andere Seite zu stellen.

Arne, in dem Fall tuts mir leid, aber das kann ich nicht nachvollziehen.
Während beispielsweise ein Herr Baumann alles getan hat, um seine Unschuld zu beweisen, fehlt mir dieser unbedingte Willen bei Frau Pechstein.
Stattdessen erinnere ich mich lebhaft an stets abwechselnde Phantasien zur Begründung der Blutwerte, die sich teilweise noch widersprochen haben.
Wir (ich meine das Forum, weniger dich und mich) waren uns damals einig, dass jemand mit so ner Krankheit oder auch nur dem Verdacht auf eine solche, keinen Leistungssport treiben sollte.
Statt an der Klärung des Krankheitsbildes und ggf. ner Abhilfe zu arbeiten, sehe ich bei Pechstein ne hinterfotzige Art und Weise sich gegen verhängte Sanktionen und berechtigte Ansprüche ihres Arbeitgebers zu widersetzen mit nix als dem Statement, dass sie nicht gedopt habe und allen gesundheitlichen Problemen zum Trotz mit quietschfidelem, offensichtlich erfolgreichem Leistungstraining.
Sorry, aber als Person, die zu Unrecht des Dopings beschuldigt würde, sähe ich meine Vorgehensweise deutlich eher in der Art Baumanns als jener Pechsteins, völlig abgesehen von der moralischen Aufrichtigkeit, am Arbeitsplatz zu erscheinen, wenn mein Arbeitgeber dies so erwartet und es mir offensichtlich gut genug geht, leistungsorientiert zu trainieren.

NBer
15.03.2011, 11:21
....Während beispielsweise ein Herr Baumann alles getan hat, um seine Unschuld zu beweisen, fehlt mir dieser unbedingte Willen bei Frau Pechstein......
Statt an der Klärung des Krankheitsbildes und ggf. ner Abhilfe zu arbeiten, sehe ich bei Pechstein ne hinterfotzige Art und Weise sich gegen verhängte Sanktionen und berechtigte Ansprüche ihres Arbeitgebers zu widersetzen mit nix als dem Statement, dass sie nicht gedopt habe.......

öööööhm, habe den fall jetzt nicht detailliert mitverfolgt, aber hat sie nicht medizinische koryphäen und sogar anerkannte dopingjäger wie franke aufmarschieren lassen, sich von ihnen untersuchen lassen usw? was hätte sie deiner meinung nach noch machen sollen?

drullse
15.03.2011, 11:29
was hätte sie deiner meinung nach noch machen sollen?

Wieder arbeiten gehen.

ironlollo
15.03.2011, 11:31
Wieder arbeiten gehen.

Wieso wieder? ;)

carmen
15.03.2011, 11:39
öööööhm, habe den fall jetzt nicht detailliert mitverfolgt, aber hat sie nicht medizinische koryphäen und sogar anerkannte dopingjäger wie franke aufmarschieren lassen, sich von ihnen untersuchen lassen usw? was hätte sie deiner meinung nach noch machen sollen?

Das war jetzt Satire, oder?

Man erinnere sich an das Urteil der ISU:
(…) Because the only possibility to prove a congenital blood disease is by way of an examination of the individual, for which the ISU has no authority, Complainant in its Statement of Reply correctly stated that it is for the Alleged Offender to prove any congenital blood disease by undergoing medical examination. In light of this the Panel was surprised to learn from the Reply of the Alleged Offender of June 18, 2009, page 20 and from the testimony of Dr. Lutz at the oral hearing that until one week before the hearing there was no attempt by the Alleged Offender to medically determine whether she carries a blood disease.

(…) After a private consultation between the Alleged Offender, the Interested ISU Member and the support personnel the Alleged Offender announced to the Panel that she did not accept the offer of time but instead requested a decision to be made on the evidence as it exists at the end of the hearing.
(...) Given that the Alleged Offender refused to furnish to the Panel the only evidence possible to prove the only reasonably possible alternative cause for her blood profile other than blood doping, thereby depriving the Complainant of the only possibility to eliminate this alternative cause, the Panel considers that it cannot take this possible altemative cause into consideration. (…)

NBer
15.03.2011, 13:28
Das war jetzt Satire, oder?

Man erinnere sich an das Urteil der ISU:
....

kann kein englisch. deswegen noch einmal meine frage: sie hat mit hilfe von experten versucht ihr blutbild zu erklären. was hätte sie noch machen können?

sybenwurz
15.03.2011, 16:00
...aber hat sie nicht medizinische koryphäen und sogar anerkannte dopingjäger wie franke aufmarschieren lassen, sich von ihnen untersuchen lassen usw?

Den Franke nicht, soweit ich mich erinnern kann (ich meine aber, er hätte aus der Ferne ne dopingbezogene Erklärung geliefert bzw. n Statement abgeliefert, wie sich die Werte durch Doping erklären liessen), zu Anfang gabs aber sich widersprechende Begründungen verschiedener Spezialisten is die sich wohl auf ne gemeinsame Richtung einigen konnten.
Die Links müsstest du den vorderen Seiten dieses Freds entnehmen.
Vornehmlich hab ich mich jetzt auch auf den Umstand bezogen, dass diese Kugelzellenanämie sehr selten zu sein scheint , während Miss Pechstein inklusive zweier ihrer Eisschnelllaufkolleginnen davon betroffen zu sein scheinen.

carmen
15.03.2011, 16:50
kann kein englisch. deswegen noch einmal meine frage: sie hat mit hilfe von experten versucht ihr blutbild zu erklären. was hätte sie noch machen können?Dann fuer Dich nochmal im Schnelldurchlauf:
Am 8. Feb. 2009 hat die ISU bei der Mehrkampf-WM die Pechstein und die DESG ueber ihre wiederholt zu hohen Blutwerte informiert und eine Suspendierung ausgesprochen, weil ihre Blutwerte gegen die von ihr eigenhaendig unterschriebenen Richtlinien des Verbandes verstiessen. Verdacht auf Blutmanipulation, welcher Art auch immer, das war die sachliche Grundlage fuer ihre Suspendierung.

Bis zur Verhandlung und einem definitive Urteil wurde Pechstein netterweise von der ISU geraten und ihr Zeit gegeben, ihre Ausschlaege ueber den Grenzwert zu erklaeren und Expertisen einzuholen, die eine Krankheit aufzeigen wuerden. Es wurde ihr auch angeboten, eine spezielle Untersuchung auf eine Kugelzellenanaemie zu machen, was aber Pechstein in der Folge und, wie zitiert, zum Erstaunen des Gerichtes abgelehnt hat. Soviel auch gleich zur Beweislastumkehr. Brisant: Nach Aussage Alexander S. Kekulé, Professor für medizinische Mikrobiologie in Halle, haette bei gruendlichen Tests im Februar 2009 unter Aufsicht der ISU allerdings auch ein besonders raffiniertes Blutdoping auffliegen koennen. Vielleicht darum zogen es Sie und ihr Verband vor, 3 ½ Monate lang zu luegen und die Oeffentlichkeit zu taeuschen. Auf Staatskosten natuerlich.

Am 5. Maerz hat die ISU das Verfahren eroeffnet. Aber es wurde von Seiten Pechsteins weiter vertuscht und verheimlicht, aber nichts unternommen, und es folgten Krankmeldungen in der Presse und ruehrende Geschichten warum Pechstein jetzt doch nicht zum Weltcup Finale in Salt Lake (6. bis 8. Maerz) und die Einzelstrecken-WM in Vancouver (12. bis 15. Maerz) reisen koenne. Boese Krankheiten waren schuld, obwohl jeder Beteiligte da schon wusste, wo die Stunde geschlagen hatte.

Und so gings dann weiter, die deutsche Presse spielte nett mit, bis am 1. Juli die Suspendierung der ISU in eine 2 Jahres-Sperre ab dem 9. Feb. 2009 umgewandelt und das Urteil der DESG und Pechsten eroeffnet wurde, Pechstein selbst wollte das Ding moeglichste schnell hinter sich bringen und am Ende der Anhoerung ein Urteil gesprochen haben, auch ohne Blutuntersuchung, nochmal, obwohl die Moeglichkeit einer HS von Anfang an von den Kontrolleuren in Betracht gezogen wurde.

Noch am 2. Juli, die Sperre war bereits ausgesprochen, verbreitete die DESG ueber DPA ihre Unwahrheiten! Dazu noch ein falsches aerztliches Attest, etc., wird man so gaubwuerdig?

Und am 3. Juli stands dann in der Zeitung, das mit der Sperre. Und im Urteil kann jeder nachlesen, dass wie bereits erwaehnt, die Sportrichter eine Blutkrankheit zwar für unwahrscheinlich hielten, aber sich, ueberrascht zeigten, dass die Deutsche, obwohl lange informiert, bis zehn Tage vor der muendlichen Verhandlung trotz Anraten nochnichtmal eigenen Untersuchungen zum Beweis ihrer Unschuld eingeleitet hatte. Die DESG nicht und Pechstein schon gar nicht.

Der Rest, Pechsteins Presseveranstaltungen, ihr Gang vors CAS, die „ungewoehnliche“ Verteidigung und der erneute Verzicht auf eine Fristverlaengerung, das zwischenzeitlich eingeholte Attest des Haematologen Hubert Schrezenmeier in Ulm, der jedoch keine Hinweise auf HS fand, bis zum Urteil dieser letzten Instanz, sind bekannt. Wir kennen auch die Geschichte des Mitarbeiters ihrer Agentur Raphael Jockenhoefer, den sie natuerlich ueberhaupt nicht kennt, der am 25. Juli 2009 als Claudia’s Boyfriend angeblich Originalprotokolle suchte, als er beim Eindringen in der Klinik von Hamar von der Polizei verhaftet und mit einer Anzeige bedacht wurde. Und wir wissen, dass ihr Trainer Franke in der geheimen DDR-Forschungsgruppe „zusaetzliche Leistungsreserven mit Doping“ mitgearbeitet hat.

Erst 1 Woche nach dem Urteil des CAS fand dann ueberraschend die Pressekonferenz mit Ehninger + Co. statt, wo ihr dann ploetzlich eine besonders milde Form der „Hereditaeren Sphaerozytose“ attestiert wurde. 99,99% Sicherheit, man erinnere sich! Eine verminderte Stabilitaet der Erythrozyten, oder einen der bekannten fuenf typischen Erythrozyten-Defekte konnten zwar auch Ehninger und seine Mitstreiter bei Pechstein nicht nachweisen und statt der international anerkannten Diagnosekriterien stuetzte er sich auf einen noch nicht publizierten Labortest, der an der Charité seit kurzem erprobt wurde, aber mit diesem Argument zog sie dann vors Bundesgericht. Weil das Bundesgericht jedoch 1. nicht die Moeglichkeit des Dopings, sondern nur den ordnungsgemaessen Ablauf des Verfahrens ueberprueft, und 2. zeitgleich ein paar unliebsame Details (http://www.dradio.de/aodflash/player.php?station=1&broadcast=942284&datum=20100919&playtime=1284917356&fileid=ba9ce260&sendung=942284&beitrag=1275855&/) an die Oeffentlichkeit kamen, darum war das Ding gelaufen!

Untersuchung vor der letzten Instanz also Fehlanzeige! Und von verlaesslichem Ergebnis bis heute sowiso. Multiple-Choice-Angebot trifft es doch ganz schoen! (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/sport/1384149/) Und welchem deutschen Experten soll denn nun international noch einer was glauben, wenn die ihre Gutachten erstellen und wieder verwerfen, schneller als die Jahreszeiten wechseln? Da bleiben wahrscheinlich bloss deutsche Fans uebrig.

Vinoman
15.03.2011, 16:51
Wie auch immer, unter dem Strich halte ich das hier durchgezogene Vorgehen für unangemessen und der gängigen Rechtsauffassung zu wieder laufend. Wenn man sich dagegen anschaut, was gerade wieder im Radsport passiert, kann ich nur den Kopf schütteln...

Thorsten
15.03.2011, 19:27
Ob CP gedopt hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Neige aber mittlerweile dazu, dass in der Spitze mehr gedopte als saubere Athleten unterwegs sind. Und auf was würde man wetten, wenn auf dem Würfel 5 Sechsen und eine Eins sind?

Was mir halt wirklich auf die Eier geht, ist die Tatsache, dass sie sich krank schreiben lässt (auch wenn es psychische und nicht körperliche Erschöpfung ist) und dann auf Weltklasseniveau trainiert. Wie gut, dass man für so ein Training keinerlei geistige Frische und psychische Stärke braucht. Naja, zumindest wohl deutlich weniger, als es erfordert, sich an einen Schreibtisch zu setzen. Das ist für mich die große Frechheit.

gurke
15.03.2011, 19:37
Ob CP gedopt hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Neige aber mittlerweile dazu, dass in der Spitze mehr gedopte als saubere Athleten unterwegs sind. Und auf was würde man wetten, wenn auf dem Würfel 5 Sechsen und eine Eins sind?

Was mir halt wirklich auf die Eier geht, ist die Tatsache, dass sie sich krank schreiben lässt (auch wenn es psychische und nicht körperliche Erschöpfung ist) und dann auf Weltklasseniveau trainiert. Wie gut, dass man für so ein Training keinerlei geistige Frische und psychische Stärke braucht. Naja, zumindest wohl deutlich weniger, als es erfordert, sich an einen Schreibtisch zu setzen. Das ist für mich die große Frechheit.
Da kann ich nur voll zustimmen. :Danke:

Torschdn
15.03.2011, 20:26
Ob CP gedopt hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Neige aber mittlerweile dazu, dass in der Spitze mehr gedopte als saubere Athleten unterwegs sind. Und auf was würde man wetten, wenn auf dem Würfel 5 Sechsen und eine Eins sind?

Was mir halt wirklich auf die Eier geht, ist die Tatsache, dass sie sich krank schreiben lässt (auch wenn es psychische und nicht körperliche Erschöpfung ist) und dann auf Weltklasseniveau trainiert. Wie gut, dass man für so ein Training keinerlei geistige Frische und psychische Stärke braucht. Naja, zumindest wohl deutlich weniger, als es erfordert, sich an einen Schreibtisch zu setzen. Das ist für mich die große Frechheit.

So habe ich das noch gar nicht gesehen - ist aber in der Tat eine Frechheit.

Aus meiner Praxis kenne ich einen Fall. Krank geschrieben aufgrund von psychischer Überlastung - Kündigung durch den Arbeitgeber, da der Arbeitnehmer privat eine größere Veranstaltung eines Vereins organisiert hat - Urteil Arbeitsgericht: Wiedereinstellung, da der Arbeitnehmer dies alles nur zur Erhaltung seiner Gesundheit getan hat.

Thorsten
15.03.2011, 20:36
Den ganzen Tag bewegungslos verharren ist natürlich auch nicht die Lösung. Wenn CP sich jetzt wieder in Form bringt, wäre das in Ordnung, aber aus der Sperre und Krankschreibung sofort in Weltmeisterschaftsform auftauchen, ist unverhältnismäßig.

Wobei mich die Ansicht dieses Richters interessieren würde, wenn sein Gerichtsdiener so handeln würde und er seinen Kram selber machen müsste. Achso, das wäre ja was anderes ...

Jimmi
16.03.2011, 09:49
Warum verhalten sich Leute merkwürdig irrational? Wir haben auch über machen Äußerungen von Norman S. einfach nur den Kopf geschüttelt. Warum soll sich CP rational verhalten? Nur weil die gut Eisschnelllaufen kann heißt es noch lange nicht, dass die auch ein helles Köpfchen ist oder helle Köpfe um sich hat. Ich will hier niemanden in Schutz nehmen, aber die Gesetze der Logik gelten für das Verhalten von Menschen nur eingeschränkt.

Vinoman
16.03.2011, 12:08
Sehe ich genauso. Das kann man natürlich zu Recht verurteilen, nur ich kann mir vorstellen, dass Sie sich in einer "Ich gegen den Rest der Welt" Situation sieht und normal geltende Regeln des Anstands etc. völlig ausgeblendet sind.

Natürlich gebe ich auch Thorsten Recht, wenn er vermutet, dass die meisten in der Spitze was nehmen. Aber dieser Verdacht reicht mE nicht zu einer Verurteilung. Dazu braucht man klare Regeln und eine nachgewiesene Verletzung dieser.

noam
16.03.2011, 12:18
ich weiß wohl, dass wenn der "normale" beamte sich sowas leisten würde, er ruck zuck seinen beamtenstatus an den nagel hängen dürfte...

ironlollo
16.03.2011, 12:24
ich weiß wohl, dass wenn der "normale" beamte sich sowas leisten würde, er ruck zuck seinen beamtenstatus an den nagel hängen dürfte...

Nur, wenn der Dienstherr alles richtig macht ;)

Bei meinem früheren Dienstherrn war ein Beamter, der auch monatelang krankgeschrieben war und dann gleichzeitig auf seiner Homepage angab, dass er in mehreren Produktionen (u.a. Nebendarsteller im Tatort) als Schauspieler in dem Zeitraum seiner Krankschreibung mitwirkte. Den wollten sie darauf hin auch loswerden, haben aber soviele gravierende Verfahrensfehler begangen, dass er anschließend mit seiner üppigen Besoldung in die Bibliothek "befördert" wurde. Den sind die wegen Blödheit nicht losgeworden.

sybenwurz
15.03.2013, 23:26
Duo Infernale (http://www.taz.de/Zoff-im-Eisschnelllauf/!112885/)

Trimichi
20.06.2013, 12:16
Duo Infernale (http://www.taz.de/Zoff-im-Eisschnelllauf/!112885/)

Nicht frei von Schuldgefühlen in der Causa Pechstein entsorge ich hiermit eine Altlast aus 3athlon.de - Zeiten und gratuliere wennauch nachträglich Frau Claudia Pechstein und ihrem Lebensgefährten zu dem gemeinsamen Glück :Blumen: :Blumen: :Blumen: .

Megalodon
19.09.2013, 17:49
Claudi gibt Gas :dresche :Lachen2:

Pechstein verklagt Verbände (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/prozess-im-eisschnelllauf-claudia-pechstein-will-schadenersatz-a-923263.html)

Spanky
25.09.2013, 12:43
Claudi gibt Gas :dresche :Lachen2:


EUR 3,5 Mio. Schadensersatz und 400 TEUR Schmerzensgeld sollen es werden....na dann mal los :cool:

http://www.n-tv.de/sport/Richterin-hofft-instaendig-auf-einen-Vergleich-article11435851.html

LidlRacer
11.01.2014, 00:22
Die Frau, die aus der Kälte kam (http://www.zeit.de/2014/03/claudia-pechstein-eisschnellauf-sotschi-doping)

Immer noch ein ziemlich undurchsichtiger Fall.

Noch während der Verhandlung wurde der neue Wada-Entwurf für den biologischen Pass vorgelegt. Darin wurde festgeschrieben, dass neben den Retikulozytenwerten zukünftig auch neun weitere Blutparameter herangezogen werden sollten, um auf mögliches Doping schließen zu können. Zusätzlich müsse ein dreiköpfiges Expertengremium angehört werden. Am 25. November 2009 fällte der CAS das Urteil gegen Pechstein und bestätigte ihre zweijährige Sperre. Sechs Tage später wurden die neuen Wada-Richtlinien eingeführt. Nach den neuen Richtlinien wäre Claudia Pechstein nicht gesperrt worden.

neonhelm
15.01.2015, 10:31
OLG München hat ihre Schadensersatzklage zugelassen. (http://www.sueddeutsche.de/sport/angriff-auf-die-sportgerichtsbarkeit-erster-sieg-fuer-claudia-pechstein-1.2305187)

Wenn sich Athleten aussuchen können, welcher Gerichtsbarkeit sie unterliegen, welche Konsequenzen hat das in der Gegenrichtung?

Klugschnacker
15.01.2015, 10:42
Sehr gut!

Jetzt muss die ISU beweisen, dass Pechstein gedopt war. Ich gehe davon aus, dass sie das nicht kann.

Edith: Falls der BGH zustimmt.

silbermond
15.01.2015, 10:52
Sehr gut!

Jetzt muss die IBU beweisen, dass Pechstein gedopt war. Ich gehe davon aus, dass sie das nicht kann.

Moin Moin!

Meine uneingeschränkte Zustimmung.

Ich hoffe, dass mittelfristig die Sportverbände dazu gezwungen werden ihr "Sportrecht", ihre "Sportgerichtsbarkeit" und ihre "Rechtssprechung" dem allgemein geltendem Recht zu unterwerfen.

Heinrich

StanX
15.01.2015, 11:04
Sehr gut!

Jetzt muss die IBU beweisen, dass Pechstein gedopt war. Ich gehe davon aus, dass sie das nicht kann.

+1

Daw war auch mein erster Gedanke dazu.

sgt.pepper
15.01.2015, 19:49
Sehr gut!

Jetzt muss die ISU beweisen, dass Pechstein gedopt war. Ich gehe davon aus, dass sie das nicht kann.

Edith: Falls der BGH zustimmt.

Ein kleiner Ausschnitt aus einem Spiegel.de Bericht

"Die Sportlerin wehrte sich und erklärte, die Blutwerte seien auf eine genetisch bedingte Anomalie zurückzuführen. Sie legte ein Gutachten vor, dass dies belegt, und mittlerweile gelten die schwankenden Blutwerte auch beim Verband nicht mehr als Dopingbeweis. Dennoch wies der Internationale Sportgerichtshof Cas Pechsteins Beschwerde im November 2009 zurück und bestätigte die Sperre. "

Finde ich schon dreist, dann trotzdem die Sperre zu bestätigen.

Hafu
15.01.2015, 20:23
...

Finde ich schon dreist, dann trotzdem die Sperre zu bestätigen.

Der CAS hatte seinerzeit dabei nicht darüber zu entscheiden, ob Pchstein gedopt war oder nicht, sondern ob im Fall Pechstein sämtliche sportrechtlichen Regularien eingehalten worden waren. Weder Experten von Pechsteins Seite noch solche von Seiten der Eislaufunion waren damals angehört worden.

Da bringt auch der Spiegel einiges durcheinander.

Unter Berücksichtigung der damals geltenden Grenzwerte war Pechsteins Sperre damals zu Recht erfolgt.

Gianni Bugno wurde z.B. in den 90er Jahren wegen Koffein-Dopings mal gesperrt. Später wurde der Koffein-Grenzwert aufgehoben und trotzdem war die damalige Sperre zu recht erfolgt.

Man sollte auch nicht vergessen, dass Pechsteins Blutwerte sich mehrmals gerade unmittelbar vor Großereignissen auffällig veränderten.
Man kann nämlich eine genetische Anomalie haben und trotzdem gedopt sein. Es gibt zwar Experten, die Pechstein für ungedopt halten, aber nach wie vor auch solche, die der Meinung sind, dass die geänderten Blutparameter mit ihrer leichten "genetischen Anomalie" nicht hinreichend erklärt sind.

Das jetzige Urteil ist als Weckruf an die Verbände, ihre Gerichtsbarkeit an die heutige Zeit anzupassen und z.B. auch die Besetzung des CAS transparenter zu gestalten, schon O.K.

Leider wird das Urteil in letzter Konsequenz auch dazu führen, dass viele zu 99% gedopten Sportler in Zukunft keine Sperre mehr fürchten müssen, weil jeder Fachverband noch viel größere Angst als bisher vor Schadensersatzforderungen durch gewiefte Anwälte haben muss. Nur noch die 100% glasklaren Dopingfälle werden in Zukunft zu Verfahren führen und das ist für saubere Athleten keine gute Nachricht.

Klugschnacker
15.01.2015, 20:43
Lieber zehn gedopte Betrüger laufen lassen, als einen sauberen Sportler zu unrecht verurteilen.

Loretta
15.01.2015, 21:16
Lieber zehn gedopte Betrüger laufen lassen, als einen sauberen Sportler zu unrecht verurteilen.

Das sehe ich anders: die Quote von zu Unrecht verurteilten Sportler ist eher gering, zudem ist die Dunkelziffer der nicht erwischten Doper noch immer sehr hoch.
Natürlich ist es suboptimal wenn man jemanden zu Unrecht mit einer Sperre belegt. Allerdings gehört das zum Berufsrisiko, welches Claudia Pechstein damals mit ihrer Unterschrift eingegangen ist. Sofern sie nicht gedopt war und das ist eben nicht 100%ig sicher. Duch ihre Klage erreicht sie vor allem, dass in Zukunft Doper mehr Möglichkeiten haben sich aus der Affäre zu ziehen.
Würdest Du diese Aussage auch machen wenn die Quote statt bei 1 zu 10 bei 1 zu 100 liegen würde, oder bei 1 zu 1000?

NBer
15.01.2015, 21:25
Das sehe ich anders: die Quote von zu Unrecht verurteilten Sportler ist eher gering, zudem ist die Dunkelziffer der nicht erwischten Doper noch immer sehr hoch.
Natürlich ist es suboptimal wenn man jemanden zu Unrecht mit einer Sperre belegt. ..........

da von "suboptimal" zu reden, ist ist eine gewaltige untertreibung. jemand zu unrecht zu verurteilen muss ein ding der unmöglichkeit sein, jeder einzelne fall wäre da einer zuviel! da braucht man auch nicht mit quoten oder ähnlichem hantieren.
verbände und wada/nada haben 100%ige überführungen zu gewährleisten, alles andere wäre im zweifel gewaltiges unrecht. "im zweifel für den angeklagten" ist kein spruch, sondern ein grundsatz mit verfassungsrang, also eine grundlegende rechtsnorm.

Kinesis
15.01.2015, 21:39
Man sollte auch nicht vergessen, dass Pechsteins Blutwerte sich mehrmals gerade unmittelbar vor Großereignissen auffällig veränderten.
Man kann nämlich eine genetische Anomalie haben und trotzdem gedopt sein. Es gibt zwar Experten, die Pechstein für ungedopt halten, aber nach wie vor auch solche, die der Meinung sind, dass die geänderten Blutparameter mit ihrer leichten "genetischen Anomalie" nicht hinreichend erklärt sind.



Und man sollte auch nicht vergessen das es damals zwei Teamkolleginnen gab die auch zu bestimmten Zeiten im Jahr ähnlich auffällige, schwankende, Werte hatten. Seltsamerweise wurde darauf nie näher eingegangen.

MattF
15.01.2015, 21:41
Allerdings gehört das zum Berufsrisiko, welches Claudia Pechstein damals mit ihrer Unterschrift eingegangen ist.

Eine Unterschrift, ohne die sie quasie Berufsverbot gehabt hätte.

sgt.pepper
15.01.2015, 22:18
Lieber zehn gedopte Betrüger laufen lassen, als einen sauberen Sportler zu unrecht verurteilen.

+1


Im Zweifel für den Sportler, auch wenn ich Doper zum :Kotz: finde

LidlRacer
15.01.2015, 22:43
da von "suboptimal" zu reden, ist ist eine gewaltige untertreibung. jemand zu unrecht zu verurteilen muss ein ding der unmöglichkeit sein, jeder einzelne fall wäre da einer zuviel! da braucht man auch nicht mit quoten oder ähnlichem hantieren.
verbände und wada/nada haben 100%ige überführungen zu gewährleisten, alles andere wäre im zweifel gewaltiges unrecht. "im zweifel für den angeklagten" ist kein spruch, sondern ein grundsatz mit verfassungsrang, also eine grundlegende rechtsnorm.

Ja, eine falsche Verurteilung ist für den Betroffenen natürlich nicht "suboptimal" sondern eine Katastrophe.

Aber eine 100%ige Sicherheit hast Du nicht mal bei Mordprozessen.
Das ist leider unmöglich.

Kasrwatzmuff
16.01.2015, 07:39
Irgendwie verstoßen die Grundprinzipien der Sportgerichtsbarkeit schon meiner Rechtsauffassung.

Grundsätzlich sollte je eine Anklage nur dann erfolgen, wenn der Tatverdacht ausreichend ist. Hier sind die ordentliche und hoffentlich die Sportgerichtsbarkeit ja noch auf einer Linie.

Aber dann kommt für mich das eigentlich Unfassbare. Normalerweise gilt ja der Satz "im Zweifel für den Angeklagten". Im Bereich der ordentlichen Gerichte muss die Staatsanwaltschaft dem Täter die Schuld nachweisen. Bei den Sportgerichten ist es anders herum. Da gilt man solange als schuldig, bis man seine Unschuld beweisen kann.

Ich finde schon, dass generell die Beweislast bei dem Ankläger liegen sollte. Und dies sollte auch für die Sportgerichte gelten. Ich denke, in den meisten (Doping-)Fällen ist es doch unproblematisch, den Sportlern das Fehlverhalten nachzuweisen.

Wie schlimm aber die Sportgerichtsbarkeit teilweise handelt, hab ich schon mehrmals bei Verhandlungen vor Verbandsgerichten des Fußballverbandes erlebt. Was da passiert, ist schier unglaublich und erschütterte meinen Glauben an Gerechtigkeit bis ins Mark. Da trägt Justitia leider meistens keine Augenbinde...

sgt.pepper
16.01.2015, 08:42
Ja, eine falsche Verurteilung ist für den Betroffenen natürlich nicht "suboptimal" sondern eine Katastrophe.

Aber eine 100%ige Sicherheit hast Du nicht mal bei Mordprozessen.
Das ist leider unmöglich.

Und genau dies ist einer der Gründe warum ich gegen die Todesstrafe bin.

Megalodon
16.01.2015, 09:00
Lieber zehn gedopte Betrüger laufen lassen, als einen sauberen Sportler zu unrecht verurteilen.

Das kann man auch anders sehen wenn man bedenkt, welchen Schaden 10 Betrüger, oder andere Verbrecher, anderen und damit der Gesellschaft zufügen können.

da von "suboptimal" zu reden, ist ist eine gewaltige untertreibung. jemand zu unrecht zu verurteilen muss ein ding der unmöglichkeit sein, jeder einzelne fall wäre da einer zuviel! da braucht man auch nicht mit quoten oder ähnlichem hantieren.
verbände und wada/nada haben 100%ige überführungen zu gewährleisten, alles andere wäre im zweifel gewaltiges unrecht. "im zweifel für den angeklagten" ist kein spruch, sondern ein grundsatz mit verfassungsrang, also eine grundlegende rechtsnorm.

Wenns danach gehen würde, dürften die meisten Doper nie verurteilt werden. Das sind in der Regel nämlich Indizienprozesse und bei denen bleiben immer Restzweifel.

Demnächst solls ja ein Antidopinggesetz geben. Dann steht Dopen unter Strafe. Pechstein ware dann eine Beschuldigte in einem Strafverfahren, mit allem was dazu gehört. Da werden sich manche Sportler noch wundern und sich vielleicht den CAS wieder zurück wünschen.

Megalodon
16.01.2015, 09:04
Irgendwie verstoßen die Grundprinzipien der Sportgerichtsbarkeit schon meiner Rechtsauffassung.

Grundsätzlich sollte je eine Anklage nur dann erfolgen, wenn der Tatverdacht ausreichend ist. Hier sind die ordentliche und hoffentlich die Sportgerichtsbarkeit ja noch auf einer Linie.

Aber dann kommt für mich das eigentlich Unfassbare. Normalerweise gilt ja der Satz "im Zweifel für den Angeklagten". Im Bereich der ordentlichen Gerichte muss die Staatsanwaltschaft dem Täter die Schuld nachweisen. Bei den Sportgerichten ist es anders herum. Da gilt man solange als schuldig, bis man seine Unschuld beweisen kann.



Das ist in der Tat ein Unding und auch der Grund, warum der CAS in der Vergangenheit von Juristen schon als "Laienspieltruppe" angesehen wurde.

Klugschnacker
16.01.2015, 09:24
Das kann man auch anders sehen wenn man bedenkt, welchen Schaden 10 Betrüger, oder andere Verbrecher, anderen und damit der Gesellschaft zufügen können.

Nach dieser Logik würde gelten: Je schwerer das zur Last gelegte Verbrechen, desto lückenhafter darf die Beweisführung sein.

Megalodon
16.01.2015, 09:33
Nach dieser Logik würde gelten: Je schwerer das zur Last gelegte Verbrechen, desto lückenhafter darf die Beweisführung sein.

Das darf natürlich nicht sein. Es wird in extremen Ausnahmefällen bei Kapitalverbrechen eher so sein, dass die Zweifel vielleicht etwas größer sein dürfen und trotzdem verurteilt wird. Das wird man aber nie erfahren, weil die Zweifel per Definition natürlich nicht in der Urteilsbegründung stehen. Zumindest ist das bei mir und meinen Kollegen so.

sgt.pepper
16.01.2015, 10:02
Das kann man auch anders sehen wenn man bedenkt, welchen Schaden 10 Betrüger, oder andere Verbrecher, anderen und damit der Gesellschaft zufügen können.


Was passiert den mit den Leuten die überführt wurden und einen großen Schaden verursacht haben ?
Soweit mir bekannt ist z.B. Lance Armstrong noch auf freiem Fuß und genießt sein Vermögen.

Hafu
16.01.2015, 10:21
I...
Aber dann kommt für mich das eigentlich Unfassbare. Normalerweise gilt ja der Satz "im Zweifel für den Angeklagten". Im Bereich der ordentlichen Gerichte muss die Staatsanwaltschaft dem Täter die Schuld nachweisen. ..

Das ist ein großer Irrtum, der (nicht nur hier im Forum) immer wieder verbreitet wird!

"Im Zweifel für den Angeklagten" gilt nur im Strafrecht, weil hier mögliche Strafen in der Regel extrem stark in das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten eingreifen (z.B. Freiheitsstrafe). Deshalb will die Leegislative in diesem Bereich die Gefahr von Fehlurteilen möglichst minimieren, stattet dafür aber die Exekutive, also Staatsanwaltschaft und Ermittler mit extrem hohen Befugnissen aus, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, sowie auch um die Opfer zu schützen (es gibt hier die Möglichkeit von Durchsuchungen, Überwachungen, Beugehaft. Für dieses "in dubio pro Reo" können also viele Grundrechte eines Beschuldigten zeitweise gravierend beschnitten werden.
Zusätzlich ist die Exekutive (Polizei) personell und finanziell außerordentlich gut ausgestattet, um ihren Ermittlungsaufgaben nachkommen zu können. Woher sollten denn die Sportfachverbände das Geld hernehmen um einen Ermittlungsapparat zur Dopingbekämpfung zu finanzieren, der auch nur ansatzweise vergleichbar ist mit dem milliardenteuren Polizeiapparat in Deutschland?


In allen anderen Bereichen der Justiz (Zivilrechtsprozesse, Verkehrsrechtsprozesse, Scheidungsprozesse usw.) gilt "in dubio pro reo'" nicht! E Es kommt in derartigen Prozessen dann zu einer Verurteilung, wenn mehr für die Schuld des Angeklagten als für die Unschuld spricht.
Ein Führerschein wird einem Taxifahrer oder LKW-Fahrer dann abgenommen, wenn er z.B. durch Geschwindigkeitsüberschreitungen eine gewisse Menge an Punkten in Flensburg überschritten hat. Die Polizei muss im Einzelfall nicht beweisen, dass er auch tatsächlich hinter dem Steuer gesessen hat, sondern er muss das Gericht davon überzeugen, dass er nicht die Person auf dem Blitzerbild ist, falls er sich auf diese Verteidigungslinie einlässt.
Die Polizei muss auch nicht beweisen, dass ihre Radaranlage korrekt funktioniert hat und korrekt aufgebaut war, sondern der Beschuldigte muss im Zweifelsfall das Gericht davon überzeugen, dass die Geschwindigkeitsmessanlage defekt war.

Der Einzug eines Führerscheins ist für einen Berufskraftfahrer ein mindestens so großer Eingriff wie eine Wettkampfsperre für einen dopenden Sportprofi. Warum wird von den Kritikern des aktuellen Sportrechtssystem nicht auch "im Zweifel für den Raser", "Im Zweifel für den Verkehrsrowdy" gefordert?

Loretta
16.01.2015, 10:25
Eine Unterschrift, ohne die sie quasie Berufsverbot gehabt hätte.

Schon mal Deinen Arbeitsvertrag genau durchgelesen? Da stehen auch gewisse Klauseln was Du machen darfst und was zu einer Kündigung führen kann.
Wenn ihr das so gegen den Strich geht hätte sie in 20 Jahren
Leistungssport dagegen vorgehen können.
100%ige Gewissheit gibt es auch in anderen Prozessen nie, es ist immer eine Abwägung von Indizien.
Ich will mal außerdem nicht davon reden, was ich von der Schadensersatzsumme halte die sie einfordert, die ist nämlich so bizarr wie ihre Blutwerte...

qbz
16.01.2015, 10:39
In den meisten Fällen bezieht sich die abstrakte "Im Zweifel für den Angeklagten"-Kritik und die "Beweis-Umkehr"-Kritik am Verfahren ja alleine darauf, dass der Sportler nachweisen muss, wie der in der A-/B-Probe gefundene Stoff in seinen Körper ohne sein Wissen kam, und er dazu irgendeine entlastende Geschichte erzählt bzw. erfindet.
Ich finde diese Vorgehensweise der Verbände richtig, da man ansonsten das Doping gleich freigeben könnte.

Ausserdem reicht es auch für eine Verurteilung wegen Alkohols am Steuer aus, dass der Pegel über der Grenze lag, und der Betreffende müsste ebenso nachweisen, dass er ein falsch etikettiertes Getränk zu sich nahm, um evtl. einer Verurteilung zu entgehen. Man sollte doch möglichst ähnliche Sachverhalte vergleichen :-) .

Komplizierter ist es natürlich bei der Interpretation von Blutwerten und Grenzwerten, da müssen sich die Verbände an Sachverständige halten, was ein Teil des Problems im Pechstein-Fall darstellt.

captain hook
16.01.2015, 11:43
Was passiert den mit den Leuten die überführt wurden und einen großen Schaden verursacht haben ?
Soweit mir bekannt ist z.B. Lance Armstrong noch auf freiem Fuß und genießt sein Vermögen.

Da gab es zumindest mal einige, die Rückforderungen und Schadenersatzklagen ankündigten... Sponsoren, Preisgelder...

Hafu
16.01.2015, 12:07
Lieber zehn gedopte Betrüger laufen lassen, als einen sauberen Sportler zu unrecht verurteilen.

Die 10:1 (möglicherweise auch 100:1) Quote wird ja seit Jahren bereits in der Praxis gelebt. Blutpässe im Profi-Radsport und im Wintersport gibt es seit fast 10 Jahren. Wieviel Sperren hat es bislang aufgrund auffälliger Blutprofile und ohne positive Probe gegeben?

Claudia Pechstein war der erste Fall einer Dopingsperre ohne Nachweis einer verbotenen Substanz, alleine anhand auffälliger Veränderungen des Blutprofils.
Es wird voraussichtlich auch der Letzte bleiben.

+1


Im Zweifel für den Sportler, auch wenn ich Doper zum :Kotz: finde

Nicht nur die Doper (oder Dopingverdächtige) sind Sportler, sondern auch die ehrlichen nicht dopenden Sportler.

Wesentliche Aufgabe eines Rechtssystems ist nicht nur Schuldige zu bestrafen, also allgemein formuliert Regelbrüche zu sanktionieren, sondern auch Unschuldige zu beschützen, d.h. die Mehrheit, die sich regelkonform verhält vor Betrügern zu beschützen.
Ein Rechtssystem, das diese Differenzierung zwischen Regelüberschreitern und Regelbefolgern nicht schafft, führt früher oder später zu gravierenden Akzeptanzproblemen bei der (bislang) ehrlichen Mehrheit und in der Kosequenz zu immer mehr Regelüberschreitungen.

Wer von uns würde sich denn noch an das Tempolimit von 50km/ h innerorts auf Hauptstraße halten, wenn das Risiko für eine Tempoüberschreitung zur Kasse gebeten zu werden, gegen Null geht?

Ja, eine falsche Verurteilung ist für den Betroffenen natürlich nicht "suboptimal" sondern eine Katastrophe.

Aber eine 100%ige Sicherheit hast Du nicht mal bei Mordprozessen.
Das ist leider unmöglich.

Sehe ich auch so.:Blumen:

Kasrwatzmuff
16.01.2015, 13:17
Das ist ein großer Irrtum, der (nicht nur hier im Forum) immer wieder verbreitet wird!


Gut, ich habe in der Kürze der Zeit auch einige Worte nicht ganz auf die "Goldwaage" gelegt. Wo ich das Wort "ordentliches" Gericht gebraucht habe, meinte ich auch die Strafgerichte.

Aber davon ab: ich glaube auch im Verkehrsrecht fällt der Richter die Entscheidung, ob es zum Entzug der Fahrerlaubnis kommt. Und der sollte nach Prüfung der ihm vorliegenden Fakten im Zweifelsfall auch für den "Angeklagten" entscheiden.

Bei wirklichen Zivilprozessen ist es dann ja wieder anders. Hier geht es ja meist nicht um Schuldfragen. Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten werden die Streitgegner in der Regel ihre Standpunkte darlegen und das Gericht entscheidet dann anhand der Sachlage.

Aber das ändert nichts an meiner Einstellung, dass auch im Sport der Grundsatz "in dubio pro reo" gelten sollte.

Es wird auch dann immer wieder skurrile Fälle wie bei Evi oder Dieter geben. Und auffällige Werte wie bei Claudia oder Lothar auch. Und dann auch wieder vermeintlich offensichtliche wie bei Nina Kraft (fiel mir gerade ein) oder den vielen finnischen Skilangläufern. Im Endeffekt muss man jeden Fall sehr sorgfältig prüfen. Aber solange Geld und Prestige noch als Damoklesschwert über dem "sauberen" Sport schweben, wird dies wohl sehr schwierig.

Megalodon
16.01.2015, 14:03
Und dann auch wieder vermeintlich offensichtliche wie bei Nina Kraft (fiel mir gerade ein) oder den vielen finnischen Skilangläufern.

Wieso "vermeintlich offensichtlich". Der Fall war doch glasklar, weil sie selbst nach ihrem Hawaii Sieg und der anschließenden positiven Probe zugegeben hat, dass sie voll war.

NBer
16.01.2015, 14:08
Das kann man auch anders sehen wenn man bedenkt, welchen Schaden 10 Betrüger, oder andere Verbrecher, anderen und damit der Gesellschaft zufügen können.....

Wenns danach gehen würde, dürften die meisten Doper nie verurteilt werden. Das sind in der Regel nämlich Indizienprozesse und bei denen bleiben immer Restzweifel......

du vermischt wieder beide sachen. ob und wieviel doper erwischt werden ist völlig unerheblich für die eventuelle verurteilung eines unschuldigen. letzteres ist völlig inaktzeptabel.
ein rechtssystem, das diesen namen auch verdient, muss ZUERST sicherstellen, das keine unschuldigen verurteilt werden. erst DANACH kommt die verfolgung schuldiger. und wenn es da nicht gelingt die schuld zweifelsfrei zu belegen (was übrigens nicht 100% bedeutet, sondern nur, das es keine begründeten zweifel an der schuld gibt), ist das rechtssystem bzw die eingesetzten mittel nicht gut genug.

Megalodon
16.01.2015, 14:30
du vermischt wieder beide sachen. ob und wieviel doper erwischt werden ist völlig unerheblich für die eventuelle verurteilung eines unschuldigen. letzteres ist völlig inaktzeptabel.
ein rechtssystem, das diesen namen auch verdient, muss ZUERST sicherstellen, das keine unschuldigen verurteilt werden. erst DANACH kommt die verfolgung schuldiger. und wenn es da nicht gelingt die schuld zweifelsfrei zu belegen (was übrigens nicht 100% bedeutet, sondern nur, das es keine begründeten zweifel an der schuld gibt), ist das rechtssystem bzw die eingesetzten mittel nicht gut genug.

Es gibt auf der ganzen Welt kein Rechtssystem, das Deinen Ansprüchen genügt.

Die Realität ist, das der deutsche Staat schon ein ziemlich gutes System implementiert. Aber auch hier ist die Verurteilung Unschuldiger keinesfalls ausgeschlossen. Ich würde das als "eher unwahrscheinlich" betrachten. Viel wahrscheinlicher ist, dass Schuldige davon kommen. Aber das ist der Preis für unser Rechtssystem, den wir als Gesellschaft bereit sind zu akzeptieren.

Der bekannteste Fall der näheren Vergangenheit war der Lehrer, der von seiner Kollegin der Vergewaltigung bezichtigt wurde und dafür für über 4 Jahre in den Knast kam. Später stellte sich heraus, dass alle Anschuldigungen gelogen waren, und die Frau kam selbst vor Gericht. Der Lehrer ist übrigens nach seiner Entlassung an einem Herzinfarkt gestorben und hat die späte Gerechtigkeit nicht mehr erfahren. Das alles ist eine riesen Sauerei und zeigt, dass auch unser System keinesfalls perfekt ist.

NBer
16.01.2015, 16:20
Es gibt auf der ganzen Welt kein Rechtssystem, das Deinen Ansprüchen genügt......

aber das heisst doch nicht, dass das nicht das ziel sein darf/sein muss. und nicht umsonst werden justizirrtümer auch in der presse groß aufgezogen, weil es eigentlich nicht passieren darf. aber überall wo menschen arbeiten /urteilen,passieren fehler.
das darf aber nicht dazu führen, das man erst einmal alle verdächtigen schuldig spricht und eventuell unschuldige als kollateralschaden in kauf nimmt. genau andersherum muss es sein: es sind alle unschuldig bis zum beweis des gegenteils. das ist, noch einmal, der grundsatz der existenziellen rechtsnorm "im zweifel für den angeklagten".
leider herrscht bei vielen hier im forum die andere denkweise......jeder der sport treibt ist potentiell verdächtig, und jeder verdächtige ist potentiell schuldig. soll ER doch das gegenteil beweisen (wobei mir bisher noch niemand sagen konnte, wie man seine unschuld beim dopen beweisen kann). dieser denkweise mag ich mich nicht anschließen.

Loretta
16.01.2015, 23:31
Eine Unterschrift, ohne die sie quasie Berufsverbot gehabt hätte.

Schau mal übrigens, was Du unterschreibst, wenn Du den Antrag für den DTU- Pass ausfüllst...da steht auch etwas zur Anerkennung der Doping- Richtlinien wenn ich mich recht erinnere...
Und "Ja": wenn Du das nicht unterschreibst darfst Du nicht an den Veranstaltungen die von der DTU genehmigt werden teilnehmen weil Du dann keinen Startpass bekommst.
Also: was soll es denn sein: unterschreiben und Dich damit mit den Doping- Regularien unterwerfen und auch davon profitieren, dass der Verband gegen Doper vorgehen kann oder empfindest Du das als "Erpressung", weil Du ja ansonsten nicht starten darfst?
Ist irgendwie komisch: gegen Doping sind alle, aber nur solange, bis man nicht selber mit den Regularien Probleme bekommt...oder jemand, den man gut findet. Oder man sich in seiner (grenzenlosen) Freiheit eingeschränkt fühlt.

feinkost
17.01.2015, 12:31
Ihr "Beruf" ist ja Beamtin bei der Bundespolizei, auf Lebenszeit. Das geht auch ohne Schlittschuhlaufen.

sybenwurz
17.01.2015, 13:27
Ihr "Beruf" ist ja Beamtin bei der Bundespolizei, auf Lebenszeit. Das geht auch ohne Schlittschuhlaufen.

Guter Punkt, hahaha...!
:Lachen2:


Wie hab ich dieser Tage irgendwo gelesen: "der (die) Falsche kämpfte für die richtige Sache...".
Das ist in meinen Augen sehr zutreffend.

Klugschnacker
17.01.2015, 16:58
Ist irgendwie komisch: gegen Doping sind alle, aber nur solange, bis man nicht selber mit den Regularien Probleme bekommt...oder jemand, den man gut findet. Oder man sich in seiner (grenzenlosen) Freiheit eingeschränkt fühlt.

Du sprichst von "allen", deshalb möchte ich Dir widersprechen. Auf mich trifft Deine Feststellung nicht zu.
:Blumen:

Ich finde es spannend, was dabei heraus kommt, wenn Pechsteins Fall vor Gericht überprüft wird. Waren die Beweise ausreichend, um sie zu sperren?

Falls der Verband diesen Nachweis erbringen kann, wäre doch auch in Deinem Sinne alles okay. Wenn er es nicht kann: Was spricht dann aus Deiner Sicht gegen einen Freispruch?

Grüße,
Arne

Loretta
17.01.2015, 21:08
Natürlich sind nicht alle gegen Doping:Lachen2: , aber ich denke mal Du zumindest auch.
Nein, es geht darum, dass erstmal etwas akzeptiert wird und dann, wenn es sich gegen einen selber richtet, es einen selber erwischt plötzlich gaaannz schlecht und falsch ist. Die gute Claudia hätte- wenn es sie nicht selber betroffen hätte- niemals so einen Prozeß angestrengt um den Blutpass als schlechtes Kontrollmittel aus der Welt zu schaffen.
Tatsache ist- wie auch schon von Hafu angesprochen- dass die Sperre aufgrund der damaligen Beweislage korrekt war: es gab massive Unregelmäßigkeiten gerade vor Großereignissen.
Somit war sie aufgrund der festgesetzten Rahmenwerte auffällig auf Doping und zu sperren. Der CAS hat die formale Richtigkeit dieser Sperre bestätigt- die Beweise waren somit damals ausreichend. Die auffälligen Werte bleiben bestehen, egal vor welchem Gericht. Wie sie zustande gekommen sind, darüber herrschen verschiedene Meinungen, selbst unter den Experten. Tatsache ist aber trotzdem, dass Claudia Pechstein diese Regularien die auch den Blutpass betreffen akzeptiert hat und somit auch die Konsequenzen die aus einem auffälligen Blutbild entstehen.
Komischerweise ist das Umgehen der Sportgerichte erst attraktiv geworden seitdem deutlich mehr Doper erwischt und sanktioniert werden und es um mehr Geld geht. Ganz augenscheinlich versprechen sich die Erwischten mehr Chancen bei einem normalen Gericht besser abzuschneiden. Da wird dann von Berufsverbot, etc. gefaselt.
Gruß,
Loretta

Triabolo82
18.01.2015, 13:55
Sehe ich ein wenig anders. Es gibt seit Jahren die wissenschaftlichen Untersuchungen über genetisch bedingte Abnormalitäten bei Athleten. Diese sind vom CAS nie unterscuht worden noch hat man auch nur die Möglichkeit in Betracht gezoegn, dass ein Richter, der kein Molekularbiologe sein kann, ein Doping nicht einwandfrei erkennen kann, wenn er von den Möglichkeiten der genetischen Defekte nichts weiß. Somit hat der CAS und ISU jahrzehntelang gepennt und Athleten aufgrund, aus heuteiger Sicht zweifelhafter bzw nicht eindeutiger Beweise gesperrt. Viel schlimmer wiegt in meinen Augen dabei noch, dass bis heute der CAS nicht einmal ein Berufungsverfahren zulässt, sich also als unfehlbar einstuft und auch vehement die beweise für Gendefekte (die nicht nur im Falle Pechstein wohl leistungssteigernd sein dürften) als nicht beachtungsrelevant darzustellen versucht.

Es wäre ein einfaches zu sagen, wir haben uns geirrt, die heutigen Beweise sind eindeutig, wir wussten davon nichts, bzw es war nciht erforscht und aufgrund dessen rehabilitieren wir ....

Fr Pechstein hat dem Blutpass sicher auch zugestimmt, weil sie ja nichts zu verbergen hatte (wenn wir mal annehmen, dass sie nicht gedopt hat) Von daher kann ich deiner Argumentation zwar im Grunde folgen, sehe aber, im Gegensatz zu Dir, überhaupt nichts Verwerfliches daran, wenn man zu Unrecht einer Sache bezichtigt wird, die Regularien mal in Frage zu stellen.

LidlRacer
18.01.2015, 14:41
Es gibt seit Jahren die wissenschaftlichen Untersuchungen über genetisch bedingte Abnormalitäten bei Athleten.

Welche und wo (abgesehen von Pechsteins Spezialfall)?

Triabolo82
18.01.2015, 14:45
Im 3SAT oder MDR lief die Tage eine ausführliche Doku (aufgehängt an dem Fall Pechstein) darüber und da wurde von diesen Untersuchungen und die verzweifelten Versuche der Leugnung der Ergebnisse durch CAS und ISU berichtet. Da kann einem schon die Galle hochkommen.

LidlRacer
18.01.2015, 14:57
Im 3SAT oder MDR lief die Tage eine ausführliche Doku (aufgehängt an dem Fall Pechstein) darüber und da wurde von diesen Untersuchungen und die verzweifelten Versuche der Leugnung der Ergebnisse durch CAS und ISU berichtet. Da kann einem schon die Galle hochkommen.

War wohl diese:
http://www.mdr.de/mediathek/suche/video246274_zc-485c01ae_zs-d23ba9ff.html

Schau ich mir später mal an ...

LidlRacer
18.01.2015, 15:38
Ich glaube, wir hatten diesen Artikel noch gar nicht, in dem aus Pechsteins abgehörtem Telefoat über ihre Blut-UV-Bestrahlung zitiert wird:

Dann plauderten die beiden Damen über einen Doktor Franke aus Erfurt, der eigenartige UV-Bestrahlungen des Blutes vornehme. Das habe sie, Pechstein, selbst einmal erlebt. Dieser Franke, so erzählt sie, habe bei ihr Blut abgenommen. Das Blut sei bestrahlt worden, und "dann läuft's wieder rein bei dir. Dat ist total abartig". Sie habe gar nicht genau gewusst, was mit ihr passiert sei.

Das sei ja auch irgend 'ne Art von Doping, find ick", sagt Pechstein in dem Telefonat. Sie habe sich gefragt: "Darf ich dat überhaupt?

Hafu
18.01.2015, 15:47
War wohl diese:
http://www.mdr.de/mediathek/suche/video246274_zc-485c01ae_zs-d23ba9ff.html

Schau ich mir später mal an ...

Die Kernkompetenz des MDR liegt sicher eher in der Produktion von Volksmusiksendungen und weniger in investigativem Sportjournalismus.;)

noam
18.01.2015, 16:30
Ich glaube, wir hatten diesen Artikel noch gar nicht, in dem aus Pechsteins abgehörtem Telefoat über ihre Blut-UV-Bestrahlung zitiert wird:

Herr Kittel, der ja nun als Speerspitze des neuen Radsports hierzulande vermarktet wird, war doch auch dort zur Bestrahlung, wenn ich mich recht erinner. Mir war so, als dass dies damals nicht als Doping verurteilt wurde, sondern erst danach als Doping betrachtet wurde, so dass man da fein raus ist.


Was das allerdings zeigt ist, dass "manche" Sportler alles tun, um ihre Leistung zu optimieren. Offensichtlich greifen sie hier auch zu absolut fragwürdigen Methoden obwohl sie dabei deutlich Bauchschmerzen im Hinblick auf die Dopingproblematik haben. Hier stellt sich mir dann die Frage, wer den Sportlern versichert, dass es sich nicht um Doping handelt? Ich glaube hier kommen dann die Funktionäre ins Spiel

HobbyStudent
18.01.2015, 16:51
"Mit denen möchte ich nicht verglichen werden", sagte Pechstein über den Radprofi Patrik Sinkewitz und Ex-Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle. "Die haben in ihren Körpern verbotene Mittel gehabt, es gibt positive Proben, also Beweise. Diese Klagen sind für mich lächerlich."

harte Worte

Hafu
18.01.2015, 17:51
Ich glaube, wir hatten diesen Artikel noch gar nicht, in dem aus Pechsteins abgehörtem Telefoat über ihre Blut-UV-Bestrahlung zitiert wird:
Zitat von Spiegel
Dann plauderten die beiden Damen über einen Doktor Franke aus Erfurt, der eigenartige UV-Bestrahlungen des Blutes vornehme. Das habe sie, Pechstein, selbst einmal erlebt. Dieser Franke, so erzählt sie, habe bei ihr Blut abgenommen. Das Blut sei bestrahlt worden, und "dann läuft's wieder rein bei dir. Dat ist total abartig". Sie habe gar nicht genau gewusst, was mit ihr passiert sei.

Das sei ja auch irgend 'ne Art von Doping, find ick", sagt Pechstein in dem Telefonat. Sie habe sich gefragt: "Darf ich dat überhaupt?

Diejenigen, die Pechstein nur als unschuldiges Opfer betrachten, sollten sich ruhig mal im Detail mit der Erfurter Affäre befassen, die wir auch hier im Forum schonmal ausführlich diskutiert haben und die in all ihren Aspekten hier sehr übersichtlich dargestellt ist:

http://www.cycling4fans.de/index.php?id=5695

Die damals eingeleiteten Musterdopingverfahren z.B. gegen eine Eisschnelläuferin und einen Radfahrer endeten aus unterschiedlichen Gründen jeweils ohne Sperre, aber nicht weil etwa die NADA oder die beteiligten Antidopingkommissionen der Meinung waren, dass es sich bei der UV-Betrahlung des Blutes um eine verbotene Methode handelte (daran gibt es gemäß dem damals geltenen WADA-Code eigentlich keinen Zweifel), sondern insbesondere deswegen, weil zumindest einige Sportler den Arzt, der ja als Olympiastützpunkt-Arzt einen besonderen Vertrauensvorschuss genoss vor und während der Behandlung explizit gefragt hattem, ob das denn erlaubt sei und der Arzt sie -aus welchem Grund auch immer- falsch informierte.

Dass auch Pechstein (mit ihrer langen Erfahrung im Hochleistungssport, die jemand wie Kittel oder die ebenfalls sehr junge Eisschnelläuferin Hess, noch nicht hat) so etwas widerspruchslos mit sich machen lässt, ist ein starkes Indiz dafür wie sie eigentlich grundsätzlich innerlich tickt und welche Einstellung sie potenziell leistungssteigernden Methoden gegenüber hat.

Hafu
18.01.2015, 17:57
Zitat von DER SPIEGEL
"Mit denen möchte ich nicht verglichen werden", sagte Pechstein über den Radprofi Patrik Sinkewitz und Ex-Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle. "Die haben in ihren Körpern verbotene Mittel gehabt, es gibt positive Proben, also Beweise. Diese Klagen sind für mich lächerlich."
harte Worte

Für mich klingt diese Argumentationslinie von Pechstein sehr ähnlich wie diejenige von Lance Armstrong die dieser jahrelang gebetsmühlenartig in entsprechenden Interviewfragen runtergeleiert hatte: "Ich war immer negativ, bei mir hat man in etlichen Tests nie eine Dopingsubstanz direkt nachgewiesen, also bin ich sauber"

HobbyStudent
18.01.2015, 18:24
Für mich klingt diese Argumentationslinie von Pechstein sehr ähnlich wie diejenige von Lance Armstrong die dieser jahrelang gebetsmühlenartig in entsprechenden Interviewfragen runtergeleiert hatte: "Ich war immer negativ, bei mir hat man in etlichen Tests nie eine Dopingsubstanz direkt nachgewiesen, also bin ich sauber"

ganz genau so seh ich das auch. Wenn ein Verband schon mal den Arsch in der Hose hat, jemanden zu sperren, dann hab ich eigentlich keine Zweifel mehr an der Schuld des Dopers. Paragrafenreiterei danach ändert für mich auch nichts mehr. Heißt nicht, dass ich andere Meinungen nicht gelten lasse ;)

Klugschnacker
18.01.2015, 19:11
Diejenigen, die Pechstein nur als unschuldiges Opfer betrachten, sollten sich ruhig mal im Detail mit der Erfurter Affäre befassen, die wir auch hier im Forum schonmal ausführlich diskutiert haben und die in all ihren Aspekten hier sehr übersichtlich dargestellt ist:

http://www.cycling4fans.de/index.php?id=5695

Die damals eingeleiteten Musterdopingverfahren z.B. gegen eine Eisschnelläuferin und einen Radfahrer endeten aus unterschiedlichen Gründen jeweils ohne Sperre, aber nicht weil etwa die NADA oder die beteiligten Antidopingkommissionen der Meinung waren, dass es sich bei der UV-Betrahlung des Blutes um eine verbotene Methode handelte (daran gibt es gemäß dem damals geltenen WADA-Code eigentlich keinen Zweifel), sondern insbesondere deswegen, weil zumindest einige Sportler den Arzt, der ja als Olympiastützpunkt-Arzt einen besonderen Vertrauensvorschuss genoss vor und während der Behandlung explizit gefragt hattem, ob das denn erlaubt sei und der Arzt sie -aus welchem Grund auch immer- falsch informierte.

Dass auch Pechstein (mit ihrer langen Erfahrung im Hochleistungssport, die jemand wie Kittel oder die ebenfalls sehr junge Eisschnelläuferin Hess, noch nicht hat) so etwas widerspruchslos mit sich machen lässt, ist ein starkes Indiz dafür wie sie eigentlich grundsätzlich innerlich tickt und welche Einstellung sie potenziell leistungssteigernden Methoden gegenüber hat.

Das tut alles nicht zur Sache. Es geht allein um die Frage, ob die Indizien, die zu ihrer Sperre führten, ausreichend waren. Sie war wegen keinem der Punkte, die Du aufführst oder andeutest, angeklagt.

Loretta
18.01.2015, 19:25
Hallo Arne,

der Verband war der Meinung nach Prüfung der Sachlage, dass die Indizien ausreichend waren- auf dieser Grundlage wurde die Sperre ausgesprochen- was willst Du mehr?
Dass, wenn ein Athlet nicht der gleichen Meinung ist, dann mittels bizarr hoher Schadensersatzforderungen der Athlet dann versucht den Verband- dessen Regularien er schriftlich anerkannt hat- vor einem Zivilgericht zu verklagen? Wir sprechen hier übrigens von einer 2-jährigen Sperre und nicht von einem Kapitalverbrechen, welches eine Haftstrafe nach sich zieht...
Richtig, sie war deswegen nicht angeklagt. Diese Geschichte weckt aber starke Zweifel an der Ehrlichkeit der Sportlerin und der Einstellung zu Doping allgemein. Daraus wird dann ein Profil einer Sportlerin, die mit sehr auffälligen Blutwerten und der Bereitschaft zu dopen alle juristischen Mittel im Rahmen der Sportgerichtsbarkeit ohne Erfolg ausgeschöpft hat und nun den Weg über die zivilen Gerichte geht mit einer Schadensersatzsumme die in keinem Maße in einem Verhältnis zu ihren finanziellen Ausfällen steht.
Gruß,
Loretta

LidlRacer
18.01.2015, 19:46
... mit einer Schadensersatzsumme die in keinem Maße in einem Verhältnis zu ihren finanziellen Ausfällen steht.

Weißt Du, was sie verdient hat?
Ich nicht.
Wobei es natürlich letztlich nicht wirklich berechenbar ist, weil niemand weiß, wie sie sich platziert hätte, wie sich Sponsorenverträge entwickelt hätten etc.
Aber zumindest grob dürfte das analog zu den Vorjahren abschätzbar sein.

Loretta
18.01.2015, 20:35
Nein, aber in einem Sport ohne viel Sponsoren oder Medien wird das eher nicht in einem 7-stelligen Bereich sein...
Und im Gegensatz zu einer Frisienger konnte sie auch nicht mit "sportfremden" Produkten, die einen größeren Konsumentenkreis erschließen (BH- Werbung) zahlungskräftige Sponsoren anlocken. Un

Was der genaue Grund dieser bizarren Summe ist wird Dir sicher einer der hier anwesenden Anwälte erklären können...sofern sie sich nicht einfach nur ihren Sportlerherbst vergolden lassen und dem Verband einen möglichst großen finanziellen Schaden zufügen will...aufgrund ihrer erlittenen seelischen Schäden :Kotz: :Kotz: :Kotz:

Klugschnacker
18.01.2015, 23:24
Hallo Arne,

der Verband war der Meinung nach Prüfung der Sachlage, dass die Indizien ausreichend waren. Auf dieser Grundlage wurde die Sperre ausgesprochen. Was willst Du mehr?

Keine Strafe ohne Schuld. Es bestehen begründete Zweifel, ob der damals herangezogene Blutwert eine Schuld Pechsteins ausreichend sicher nachweisen kann. Es besteht die Möglichkeit, dass der Verband sich irrte und sie zu unrecht gesperrt wurde. Wer für Fairplay streitet, sollte ein Interesse daran haben, das von unabhängiger Seite überprüfen zu lassen.

Der Blutpass war damals gerade erst eingeführt worden, und Pechstein war eine der ersten Athletinnen, die allein aufgrund schwankender Blutwerte, ohne positive Dopingprobe, gesperrt wurde. Es lagen damals noch sehr wenige Erfahrungswerte vor. Heute würde Pechstein aufgrund derselben Werte nicht mehr gesperrt; sie hat die damals beanstandeten Werte nach wie vor. Es ist nach meinem laienhaften Verständnis nicht auszuschließen, dass sie zu unrecht gesperrt wurde.

Ich habe zudem den ebenfalls laienhaften und unmaßgeblichen Eindruck, dass man diese berechtigten Bedenken vonseiten der Verbände arrogant formaljuristisch abgeschmettert hat. Das geht mir gegen den Strich.

Grüße,
Arne

monte gaga
19.01.2015, 11:13
Keine Strafe ohne Schuld. Es bestehen begründete Zweifel, ob der damals herangezogene Blutwert eine Schuld Pechsteins ausreichend sicher nachweisen kann.

Hallo Arne,
ich empfehle nach so langer Zeit noch einmal die Lektüre des CAS Urteils im Wortlaut.

Es waren mitnichten die Blutwerte allein !

Der CAS würdigte eingehend das Verhalten der Sportlerin in Zusammenhang mit der Aufklärung des Sachverhaltes. Dabei ging es nicht allein um mangelnde Kooperation, sondern um aktive "Vernebelung" (die ihr, da sich die Richter dort nicht die Hosen mit der Beißzange anziehen, schlussendlich um die Ohren geflogen ist....).

Alles was danach kommt, halte ich für das Werk von Claudia Pechsteins "Spin Doctors"...

LidlRacer
19.01.2015, 12:36
Hallo Arne,
ich empfehle nach so langer Zeit noch einmal die Lektüre des CAS Urteils im Wortlaut.

Es waren mitnichten die Blutwerte allein !

Der CAS würdigte eingehend das Verhalten der Sportlerin in Zusammenhang mit der Aufklärung des Sachverhaltes. Dabei ging es nicht allein um mangelnde Kooperation, sondern um aktive "Vernebelung" (die ihr, da sich die Richter dort nicht die Hosen mit der Beißzange anziehen, schlussendlich um die Ohren geflogen ist....).

Alles was danach kommt, halte ich für das Werk von Claudia Pechsteins "Spin Doctors"...

Habe das Urteil (http://www.claudia-pechstein.de/Gerichtsunterlagen/CAS%20Urteil.pdf)mal quer gelesen und kann Deine Einschätzung nicht nachvollziehen.
Hast Du ma'n Zitat?

Liest man nur das Urteil, könnte man meinen, die Lage sei völlig klar, da eine Blutanomalie zweifelsfrei widerlegt sei:

Nach Ansicht des Schiedsgerichts ist der von Prof. Schrezenmeier vorgelegte Beweis in dieser Sache ausschlaggebend, da in seiner Expertise grundsätzlich ausgeschlossen wird, dass die Athletin an einer nachweisbaren Blutkrankheit leidet.


Diese entscheidende Begründung ist tatsächlich absolut falsch, wie Prof. Schrezenmeier später erklärt hat. Er sei mehrfach vom Gericht falsch zitiert worden, es sei nur ein vorläufiger und kein Abschlussbericht gewesen, eine Blutkrankheit sei keinesfalls ausgeschlossen usw.

Nach meinem jetzigen Informationsstand halte auch ich das Urteil für skandalös falsch.

Klugschnacker
19.01.2015, 13:39
es gab massive Unregelmäßigkeiten gerade vor Großereignissen.

Das ist ein schwerwiegendes Argument, denn es legt die Interpretation nahe, dass Pechstein sich vor Großereignissen unerlaubter Mittel oder Methoden bedient hat.

Die Unregelmäßigkeiten bestanden darin, dass sie vor Großereignissen eine erhöhte Blutbildung im Knochenmark hatte. Man maß eine erhöhte Anzahl an gerade erst gebildeten, heranreifenden roten Blutkörperchen (Retikulozyten). Das würde man auch finden, wenn jemand mit EPO die Blutbildung stimuliert hätte. Allerdings würde dann auch die Hämoglobinmenge im Blut zunehmen, da die neu gebildeten Blutzellen Hämoglobin enthalten. Eine solche Zunahme der Hämoglobinmenge wurde jedoch nicht festgestellt. (Mögliche Erklärung: Pechstein hätte die überschüssige Blutmenge abgezapft, in der Absicht, sie sich später wieder zuzuführen).

Allerdings lassen sich diese Blutwerte auch durch die diagnostizierte Kugelzellenanämie Pechsteins erklären. Bei dieser Erbkrankheit – ihr Vater hat sie ebenfalls – gehen in Schüben immer wieder massenhaft rote Blutkörperchen zugrunde. Der Körper reagiert darauf mit einer erhöhten Blutneubildung. Das erklärt die erhöhte Zahl junger, heranreifender roter Blutkörperchen. Die Hämoglobinmenge im Blut ist dabei nicht erhöht, da ja durch das krankhafte Massensterben roter Blutkörperchen Hämoglobin verloren geht. Genau das hat man als Unregelmäßigkeit im Blut festgestellt: Blutneubildung hoch, Hämoglobinmenge normal.

Die zeitliche Übereinstimmung mit Großereignissen passt zwanglos zu den Befunden, die auch andere Patienten mit Kugelzellenanämie an sich feststellen: Dass großer körperlicher oder seelischer Stress Krankheitsschübe auslöst, bei dem dann viele rote Blutkörperchen untergehen. Diese Form der durch körperliche Belastung ausgelöste Hämolyse konnte von Andreas Weimann, Arzt und Biochemiker an der Charité in Berlin, bei Claudia Pechstein festgestellt werden.

Wer darüber etwas lesen will, findet bei Wikipedia Infos, außerdem hier:

Fall Pechstein: Ärzte schließen Doping aus (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/fall-pechstein-aerzte-schliessen-doping-aus-a-683599.html)

Die Doping-Sperre für die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein fußt auf wissenschaftlichen Fehlern. (http://www.faz.net/aktuell/sport/wintersport/der-fall-pechstein-falsches-beuteschema-1595020.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2) Autor: Gerhard Ehninger, Vorsitzender der DGHO Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie.

Ob Claudia Pechstein in ihrer Karriere gedopt hat oder nicht, kann ich natürlich nicht beurteilen.

Triabolo82
19.01.2015, 14:48
Nach meinem jetzigen Informationsstand halte auch ich das Urteil für skandalös falsch.

Dito :Danke:

sybenwurz
21.01.2015, 22:07
Hier (http://detektor.fm/kultur/doppelstunde-sport-januar-2015-doping-crowdfunding-cyclocross) macht Werner Franke ein paar ganz interessante Aussagen u.a. zum Thema Pechstein und dem Urteil.

Hafu
22.01.2015, 09:55
Hier (http://detektor.fm/kultur/doppelstunde-sport-januar-2015-doping-crowdfunding-cyclocross) macht Werner Franke ein paar ganz interessante Aussagen u.a. zum Thema Pechstein und dem Urteil.

Sehr anhörenswert, das Interview mit Franke!
Danke Sybi, für den Link.:Blumen:

Franke kritisiert (zurecht!) die Sportgerichtsbarkeit (personelle Verflechtungen der berufenene Schiedsgerichte, intransparente Berufung der Richter, die selbst keinerlei biochemischen oder medizinischen Sachverstand haben und damit bei der Beurteilung von Dopingfragestellungen Laien sind).

Er hält das Pechstein-Urteil des CAS für falsch, da es deutliche Hinweise für Doping bei Pechstein gab, aber eben keine für eine Verurteilung ausreichenden Beweise.

Aber: Er ist der festen Überzeugung, dass Pechsteins Auffälligkeiten im Blutbild auf Doping und nicht auf eine genetische Anomalie zurückzuführen sind ("da mag die deutsche Gesellschaft für Hämatologie behaupten und erklären was sie will! Es stimmt nicht") nicht zuletzt auch weil zwei weitere Erfurter Eisschnelläuferinnen zum selben Zeitpunkt dieselben Blutbildveränderungen aufgewiesen hatten und weil sie nachweislich bei dem Erfurter Arzt mit der, so Franke "DDR-Methode" des Blutdopings in Behandlung war, was aber seitens der Verbände nie richtig aufgeklärt worden ist.

In der Quintessenz bestätigt Franke die "Läuse-und-Flöhe-Hypothese", von der auch ich denke, dass sie der Wahrheit am nächsten kommt:
Pechstein hat gedopt. Ihre Blutbildveränderungen lassen sich durch die milde genetische Anomalie nicht hinreichend erklären. Der Verband und die Sportgerichtsbarkeit war aber aufgrund fehlenden Sachverstand, mangelnder Ressourcen und auch aufgrund verbandsinterner Mauscheleien nicht willens und in der Lage einen überzeugenden indirekten Dopingbeweis zu führen (über die Machenschaften des Erforter OSP-Arztes ist ja eindeutig von Seiten des Olympiastützpunktes Erfurt die schützende Hand gehalten worden, vermutlich aus der Angst heraus, dass auch weitere Sportler und v.a. Verbandfsunktionäre bei lückenloser Ermittlung und Aufklärung in die Affäre hineingezogen werden könnten

Klugschnacker
22.01.2015, 10:18
In der Quintessenz bestätigt Franke die "Läuse-und-Flöhe-Hypothese", von der auch ich denke, dass sie der Wahrheit am nächsten kommt:
Pechstein hat gedopt. Ihre Blutbildveränderungen lassen sich durch die milde genetische Anomalie nicht hinreichend erklären. Der Verband und die Sportgerichtsbarkeit war aber aufgrund fehlenden Sachverstand, mangelnder Ressourcen und auch aufgrund verbandsinterner Mauscheleien nicht willens und in der Lage einen überzeugenden indirekten Dopingbeweis zu führen

Ob das so ist, können wir nicht wissen. Wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, dann hätte der Verband die Gelegenheit, einen überzeugenden Beweis zu liefern. Falls er das kann, ist alles gut.

NBer
22.01.2015, 11:03
.....Er hält das Pechstein-Urteil des CAS für falsch, da es deutliche Hinweise für Doping bei Pechstein gab, aber eben keine für eine Verurteilung ausreichenden Beweise........

witzig ist, das er selbst nach seiner aussage "was nicht bewiesen ist, kann nicht unterstellt werden", hinweise und unterstellungen nachschiebt (abreise ohne aufregen usw).

bei allem richtigen was er sagt, kommt er mir so vor, als wenn er sich persönlich als einzige aussagekräftige unabghängige dopinganlaufstelle in deutschland sieht.
er fordert dopingjäger mit medizin- UND juraausbildung, die zusätzlich auch keinerlei interesse am sport haben, was sie ansonsten schon befangen machen würde. die muss er sich glaube ich erst noch backen.
und bemerkenswert, wie er alle deutschen dopingfälle der nachwendezeit in 5min interview zur sportgerichtsbarkeit unterbringt.

monte gaga
22.01.2015, 12:12
nicht zuletzt auch weil zwei weitere Erfurter Eisschnelläuferinnen zum selben Zeitpunkt dieselben Blutbildveränderungen aufgewiesen hatten und weil sie nachweislich bei dem Erfurter Arzt mit der, so Franke "DDR-Methode" des Blutdopings in Behandlung war, was aber seitens der Verbände nie richtig aufgeklärt worden ist.


Bringt mir um Himmelswillen die Doktores nicht durcheinander !
Dr. Franke hat nie in Erfurt praktiziert und bestrahlt - oder ?

Hafu
22.01.2015, 12:33
Bringt mir um Himmelswillen die Doktores nicht durcheinander !
Dr. Franke hat nie in Erfurt praktiziert und bestrahlt - oder ?

Der Erfurter Dopingarzt in Diensten des dortigen Olympiastützpunktes heißt leider auch Franke.

Das eine ist halt der Erfurter Dr. Franke und das andere ist der Dopingexperte und Ehemnann der Diskuswerferin Brigitte Berendonk Professor Franke.

Hafu
22.01.2015, 12:46
witzig ist, das er selbst nach seiner aussage "was nicht bewiesen ist, kann nicht unterstellt werden", hinweise und unterstellungen nachschiebt (abreise ohne aufregen usw).

bei allem richtigen was er sagt, kommt er mir so vor, als wenn er sich persönlich als einzige aussagekräftige unabghängige dopinganlaufstelle in deutschland sieht.
...

So ist Professor Franke eben. Manchmal finde ich seine Eitelkeit auch störend, aber er redet Klartext, ist nie langweilig, nimmt niemals Rücksichten, auch nicht auf sich selbst, provoziert gerne auch mal von ihm vermutete Doper,(z.T. sogar in der Hoffnung verklagt zu werden, weil zum Teil dann ermittelt werden muss und er derartige Prozesse auf lange Sicht bisher immer gewonnen hat).

Überzeugende und einfach praktikable Lösungen zum Dilemma der Sportverbände kann er leider auch nicht anbieten, was seine Analyse bestehender Missstände in diesem konkreten Dopingfall Pechstein, sowie auch im Verfahren gegen Dr. Huber bzw. die Freiburger Dopingärzte Heinrich und Schmid trotzdem nicht falsch macht.

Klugschnacker
28.01.2015, 09:50
Claudia Pechstein bei Maischberger:
http://www.ardmediathek.de/tv/Menschen-bei-Maischberger/Böse-Gerüchte-üble-Nachrede-Wie-wehrt-/Das-Erste/Video?documentId=26130002&bcastId=311210

Klugschnacker
28.01.2015, 12:01
Was der genaue Grund dieser bizarren Summe ist wird Dir sicher einer der hier anwesenden Anwälte erklären können...sofern sie sich nicht einfach nur ihren Sportlerherbst vergolden lassen und dem Verband einen möglichst großen finanziellen Schaden zufügen will...aufgrund ihrer erlittenen seelischen Schäden :Kotz: :Kotz: :Kotz:

Nachtrag: Die geforderten 4 Millionen Euro sind nach Pechsteins Auskunft ihre konkreter finanzieller Schaden (Verdienstausfälle etc.) plus EUR 400.000 Schmerzensgeld.

Zum finanziellen Schaden erlaube ich mir kein Urteil. Das geforderte Schmerzensgeld finde ich angemessen für ein möglicherweise zu unrecht erlittenes jahrelanges Martyrium einer öffentlichen Person.

Zum Vergleich: Jörg Kachelmann, vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen, klagt nach Auskunft seines Anwalts gegen die Blätter "Bild", Bunte" und "Focus" auf ein Schmerzensgeld 3,25 Millionen.

Pippo
28.01.2015, 14:58
Das geforderte Schmerzensgeld finde ich angemessen für ein möglicherweise zu unrecht erlittenes jahrelanges Martyrium einer öffentlichen Person.


Jahrelanges Martyrium? Ne Weile nicht mit Schlittschuhen im Kreis fahren können?

Zum Vergleich würde ich nicht die marktschreierischen Forderungen eines Prominenten-Anwalts heranziehen, sondern tatsächlich ergangene Urteile.

Literaturempfehlung: Andreas Slizyk, Beck’sche Schmerzensgeld-Tabelle 2014

Leider hab ich manchmal den Eindruck, dass hier der Verstand aussetzt, sobalds um Sportler geht.

sybenwurz
28.01.2015, 15:09
Die geforderten 4 Millionen Euro sind nach Pechsteins Auskunft ihre konkreter finanzieller Schaden (Verdienstausfälle etc.) ...

Ääh, ich dachte, Frau Pechstein wär bei der Bundespolizei angestellt/verbeamtet.
Kriegt man da, wenn man als Sportler gesperrt wird, parallel das Salär gestrichen?

Duafüxin
28.01.2015, 15:23
Sie meinte bestimmt Sponsorengelder ... Preisgelder. .. Gibts auch Antrittsgelder?

Hafu
28.01.2015, 15:31
Ääh, ich dachte, Frau Pechstein wär bei der Bundespolizei angestellt/verbeamtet.
Kriegt man da, wenn man als Sportler gesperrt wird, parallel das Salär gestrichen?

Sie hat natürlich ihre Bezüge weiter erhalten, hat aber vorübergehend ihre Kaderstatus und damit auch ihre Sonderrechte verloren und hätte -man stelle sich das vor- während ihrer Dopingsperre- Innendienst als Polizeibeamtin leisten sollen. Da dies natürlich für eine gesperrte ehemalige Leistungssportlerin undenkbar ist, hat sie sich zwei Jahre lang für die komplette Dauer ihrer Sperre krank schreiben lassen.
Auch als sie dann bereits wieder an Wettkämpfen und am Trainingsbetrieb in Erfurt teilnehmen durfte, hat sie sich weiter krank schreiben lassen, solange, bis sie die Kadernormen wieder nachgewiesen hatte und wieder ihren Sonderstatus zurückerlangt hatte.

Streng genommen hat sie das Schmerzensgeld (mehr als zwei Jahre lang Beamtenbezüge ohne jede Gegenleistung und offensichtlich ohne Vorliegen einer begründbaren Erkrankung) bereits vom Steuerzahler erhalten.

Bei jedem normalen Arbeitnehmer (ohne Beamtenstatus), unabhängig von der Frage ob sie jetzt gedopt hat oder nicht, hätte ein solches Verhalten längst eine Kündigung und im Falle einer nachweisbaren Diagnose die zwangsweise Einleitung eines Rentenverfahrens zur Folge gehabt.

captain hook
28.01.2015, 15:33
Sie wird das bestimmt anhand von Daten aus den Vorjahren belegen können. Sie macht das ja schon ne Weile. Wusste bislang garnicht, dass beim Eisschnelllauf soviel verdient wird. 3,6 Mio müssten ja entgangener Verdienst sein. Nicht schlecht für 2 Jahre, oder?!

Sollte sie unschuldig sein, finde ich 400.000€ nicht besonders viel, wenn man sich mal überlegt, wie man sie öffentlich über den Marktplatz geschliffen hat. Ganz zu schweigen vom Reputationsverlust einer in der Vergangenheit seeeeehr erfolgreichen Wintersportlerin.

Sollte das Gericht feststellen, dass sie ungerechtfertigter Weise gesperrt war, wird das mit der Kohle eh das kleinste Problem sein vermute ich.

Klugschnacker
28.01.2015, 18:56
Streng genommen hat sie das Schmerzensgeld … bereits vom Steuerzahler erhalten.

Was ebenfalls zur Wahrheit gehört: Es gab ein Disziplinarverfahren gegen Pechstein. Es wurde eingestellt, weil sich nach Ansicht der Bundespolizeiakademie das zur Last gelegte Blutdoping nicht zweifelsfrei nachweisen ließ.

Es wurde in der Begründung darauf hingewiesen, dass das erforderliche Beweismaß in einem Disziplinarverfahren höher liege, als es in der Sportgerichtsbarkeit der Fall sei. Mit anderen Worten: Die Argumente, die zur einer Verurteilung im Sport genügen, reichen für ein Disziplinarverfahren nicht aus. (Quelle hier (http://www.bmi.bund.de/cln_156/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2010/08/pechstein.html))

Speziell heißt es in der Begründung der Verfahrensniederlegung:

„Insgesamt ist festzuhalten, dass sämtliche in diesem Vorgang bereits ergangenen sportrechtlichen Entscheidungen … ein Beweismaß anwendeten, bzw. akzeptieren, das nicht den Anforderungen eines staatlichen Disziplinarverfahrens nach deutschem Recht genügt … Die Tatsache, dass eine sportgerichtliche Verurteilung wegen Dopings möglich ist, während eine disziplinarrechtliche Verurteilung scheitert, wirft ihrerseits Zweifel an der Angemessenheit des sportrechtlichen Beweismaßes auf.“
(Ralf Röger, Professor an der Fachhochschule des Bundes in Lübeck, zitiert aus der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/sport/wintersport/claudia-pechstein-die-zweifel-laufen-immer-noch-mit-11595692.html))

LidlRacer
28.01.2015, 19:05
Die geforderten 4 Millionen Euro sind nach Pechsteins Auskunft ihre konkreter finanzieller Schaden (Verdienstausfälle etc.) plus EUR 400.000 Schmerzensgeld.

Zur Höhe des geforderten Schadensersatzes tragen vermutlich auch Verträge bei, die angeblich wegen des Dopingfalls nicht abgeschlossen wurden:
"Der Schaden, der auf sie zukommt, ist in einer olympischen Saison sicher siebenstellig", sagte ihr Manager Ralf Grengel der "Sport Bild". Grund ist ihre Verurteilung durch den Weltverband ISU zu einer zweijährigen Sperre wegen Blutdopings. Die Rekord-Winterolympionikin hatte sich vor Bekanntwerden des Doping-Falles angeblich in Gesprächen mit mehreren Sponsoren befunden.

Dabei soll es um Werbung auf ihrer Wettkampfkleidung sowie um die werbliche Nutzung ihrer Persönlichkeitsrechte gegangen sein.

"Diese Gespräche waren schon sehr weit und konnten jetzt nicht zum Abschluss gebracht werden", sagte Grengel.
http://www.t-online.de/sport/id_19432108/claudia-pechstein-drohen-millionenverluste.html (2010)

Weiß nicht, ob das auch bei Maischberger thematisiert wurde, hab's noch nicht gesehen ...

Hafu
28.01.2015, 19:20
...Speziell heißt es in der Begründung der Verfahrensniederlegung (?):

„Insgesamt ist festzuhalten, dass sämtliche in diesem Vorgang bereits ergangenen sportrechtlichen Entscheidungen … ein Beweismaß anwendeten, bzw. akzeptieren, das nicht den Anforderungen eines staatlichen Disziplinarverfahrens nach deutschem Recht genügt … Die Tatsache, dass eine sportgerichtliche Verurteilung wegen Dopings möglich ist, während eine disziplinarrechtliche Verurteilung scheitert, wirft ihrerseits Zweifel an der Angemessenheit des sportrechtlichen Beweismaßes auf.“
(Ralf Röger, Professor an der Fachhochschule des Bundes in Lübeck, zitiert aus der FAZ (http://www.faz.net/aktuell/sport/wintersport/claudia-pechstein-die-zweifel-laufen-immer-noch-mit-11595692.html))

Das was du zitierst ist nicht die Urteilsbegründung, sondern die Interpretation der beiden Verfahren durch einen am Disziplinarverfahren unbeteiligten Juristen.

Dass sich bei Pechstein sehr viele sog. Fachleute (juristische und medizinische) einmischen und auf die eine oder andere Seite schlagen ist ja hinreichend bekannt.

Dass in Dopingverfahren , in herkömmlichen Zivilverfahren, sowie wie in klassischen Stafverfahren unterschiedliche Maßstäbe gelten (z.B. kein "in dubio pro reo" in Dopingverfahren) haben wir an anderer Stelle schon seitenweise erörtert.

(OJ Smpson z.B. ist seinerzeit im Strafverfahren ("in dubio pro reo") ´vom Geschworenengericht freigesprochen worden und anschließend im Zivilverfahren zu Schadensersatz zu zahlen an die Angehörigen des Opfers verurteilt worden, weil eben insgesamt mehr für seine Schuld ls für seine Unschuld gesprochen hat, trotz Freispruchs im Strafverfahren.)

Klugschnacker
28.01.2015, 21:56
Das was du zitierst ist nicht die Urteilsbegründung, sondern die Interpretation der bei den Verfahren durch einen am Disziplinarverfahren unbeteiligten Juristen.

Du hast gesehen, dass ich direkt die Begründung zur Verfahrenseinstellung auf der Website des Bundesministeriums des Innern verlinkt habe? Dort steht genau dasselbe (http://www.bmi.bund.de/cln_156/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2010/08/pechstein.html): Nämlich dass die gegen Pechstein vorliegenden Beweise für ein Disziplinarverfahren nicht ausreichend sind.

Ich verstehe im Moment noch nicht, warum Du offenbar dagegen bist, dass das gegen Claudia Pechstein gefällte Urteil von einem ordentlichen Gericht überprüft wird. Der Verband hat dort alle Rechte und Möglichkeiten, den Beweis zu führen, dass Claudia Pechstein zurecht gesperrt worden ist.

Wenn er das kann, ist doch alles gut.

Dass in Dopingverfahren , in herkömmlichen Zivilverfahren, sowie wie in klassischen Stafverfahren unterschiedliche Maßstäbe gelten (z.B. kein "in dubio pro reo" in Dopingverfahren) haben wir an anderer Stelle schon seitenweise erörtert.

Da hast Du recht. Jetzt müssen wir halt mal schauen, ob diese Maßstäbe etwas zu unterschiedlich geworden sind.

Grüße, :Blumen:
Arne

Loretta
28.01.2015, 22:49
Nachtrag: Die geforderten 4 Millionen Euro sind nach Pechsteins Auskunft ihre konkreter finanzieller Schaden (Verdienstausfälle etc.) plus EUR 400.000 Schmerzensgeld.

Zum finanziellen Schaden erlaube ich mir kein Urteil. Das geforderte Schmerzensgeld finde ich angemessen für ein möglicherweise zu unrecht erlittenes jahrelanges Martyrium einer öffentlichen Person.

Zum Vergleich: Jörg Kachelmann, vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen, klagt nach Auskunft seines Anwalts gegen die Blätter "Bild", Bunte" und "Focus" auf ein Schmerzensgeld 3,25 Millionen.

Uh, da ziehst Du ja einen üblen Vergleich: der Vorwurf der Vergewaltigung einer so öffentlichen Person wie bei Kachelmann mit einem "Martyrium" (alleine Deine Wortwahl ist grotesk!)mit einer möglicherweise zu unrecht bekommene Sperre zu vergleichen ist schon etwas hart, oder?
Das öffentliche Interesse für eine wegen Dopings gesperrte Sportlerin ist doch verschwindend gering. Bei Deinem Vergleich fehlt mir eindeutig die Verhältnismäßigkeit.
400000 Euro als Schmerzensgeld bekommt man übrigens noch nicht mal bei einer schweren Querschnittslähmung.
Manchmal kann ich mich nur wundern, mit welcher Hartnäckigkeit Du für Jan Ullrich, Claudia Pechstein, etc hier eine Lanze brichst.
Gruß,
Loretta

PS: Die Berichterstattung dieser Blätter war auch ein etwas anderer als Bei Claudia Pechstein...und Kachelmann klagt auch nicht auf Schmerzensgeld gegen den Staat oder die Anklägerin. Ein kleiner Unterschied, oder?

Klugschnacker
28.01.2015, 23:09
Ein kleiner Unterschied, oder?

Sicher. Ich sage ja auch nicht, das wäre alles dasselbe. Aus meiner Sicht bist Du derjenige, der alles in einen Topf wirft. Jeden Fall muss man für sich einzeln betrachten, auch den von Jan Ullrich, Claudia Pechstein und Lance Armstrong. Es genügt meiner Meinung nach nicht, alle Dopingfälle über einen Kamm zu scheren.

LidlRacer
28.01.2015, 23:23
Uh, da ziehst Du ja einen üblen Vergleich: der Vorwurf der Vergewaltigung einer so öffentlichen Person wie bei Kachelmann mit einem "Martyrium" (alleine Deine Wortwahl ist grotesk!)mit einer möglicherweise zu unrecht bekommene Sperre zu vergleichen ist schon etwas hart, oder?
Das öffentliche Interesse für eine wegen Dopings gesperrte Sportlerin ist doch verschwindend gering. Bei Deinem Vergleich fehlt mir eindeutig die Verhältnismäßigkeit.

Eine falsche Dopingverurteilung ist wohl so ungefähr das Schlimmste, das einem Sportler passieren kann. Mag sein, dass das früher anders war und in anderen Ländern noch anders ist.
Und gerade im Pechstein-Fall war das öffentliche Interesse alles andere als gering.
Die geforderte Summe liegt eine Größenordnung unter der bei Kachelmann - wobei auch da noch nix entschieden ist.

Absurd erscheint mir das also nicht - mal abgesehen davon, dass im Gegensatz zu Pechsteins Selbstdarstellung keineswegs feststeht, dass sie unschuldig ist ...

Loretta
28.01.2015, 23:34
Sicher. Ich sage ja auch nicht, das wäre alles dasselbe. Aus meiner Sicht bist Du derjenige, der alles in einen Topf wirft. Jeden Fall muss man für sich einzeln betrachten, auch den von Jan Ullrich, Claudia Pechstein und Lance Armstrong. Es genügt meiner Meinung nach nicht, alle Dopingfälle über einen Kamm zu scheren.

Von Lance Armstrong habe ich hier nicht gesprochen, sondern von Deinen teilweise seltsamen Vergleichen.
Du hast Claudia Pechsteins Schadenersatzforderungen mit denen von Jörg Kachelmann- wie erwähnt gegen Zeitungen, die ihn in seinen Augen verunglimpft haben, nicht gegen die damaligen Ankläger- verglichen.
Das Wort Martyrium benutzt man normalerweise in etwas anderen Situationen, mir fallen da nur wirklich schwere menschliche Tragödien in diesem Zusammenhang ein wo die Opfer dann unter Folter, etc. von Straftätern litten.
Wie Du Dich auch für Jan Ullrich stark gemacht, ihn als "Opfer" bezeichnet hast war auch schon sehr gewöhnungsbedürftig.
Das scheinst Du anders zu sehen. Vielleicht solltest Du mal mit einem wirklichen Opfer aus einer Straftat konfrontiert werden, dann ändert sich vielleicht Deine Wortwahl.
Gruß,
Lorant

Loretta
28.01.2015, 23:45
Eine falsche Dopingverurteilung ist wohl so ungefähr das Schlimmste, das einem Sportler passieren kann. Mag sein, dass das früher anders war und in anderen Ländern noch anders ist.
Und gerade im Pechstein-Fall war das öffentliche Interesse alles andere als gering.
Die geforderte Summe liegt eine Größenordnung unter der bei Kachelmann - wobei auch da noch nix entschieden ist.

Absurd erscheint mir das also nicht - mal abgesehen davon, dass im Gegensatz zu Pechsteins Selbstdarstellung keineswegs feststeht, dass sie unschuldig ist ...

Das öffentliche Interesse war bei ihr im Vergleich zu dem Kachelmann- Prozess verschwindend gering. Da interessiert die breite Masse 10x mehr, wer Dschungelkönig wird...
Dass eine falsche Dopingverurteilung für einen Sportler schlimm ist- ob es das Schlimmste ist sei dahingestellt- ist ohne Frage.
Doof ist dann natürlich auch, wenn das Handy abgehört wird und zumindest Zweifel an der Einstellung gegen Doping offensichtlich werden...
Von einem Martyrium würde ich aber trotzdem nicht sprechen wollen, dieser Begriff wird doch in einem ganz anderen Kontext gebraucht.

Klugschnacker
28.01.2015, 23:57
Von Lance Armstrong habe ich hier nicht gesprochen, sondern von Deinen teilweise seltsamen Vergleichen. Du hast Claudia Pechsteins Schadenersatzforderungen mit denen von Jörg Kachelmann- wie erwähnt gegen Zeitungen, die ihn in seinen Augen verunglimpft haben, nicht gegen die damaligen Ankläger- verglichen.

Ich bin kein Jurist. Schadenersatzforderungen richten sich nach meinem Verständnis gegen denjenigen, der den Schaden zu verantworten hat. Ob das ein Verband ist oder eine Zeitung – ich verstehe nicht, worin Du da einen prinzipiellen Unterschied siehst.

Mein Vergleich bezog sich auf die konkrete Höhe der Geldforderung. Damit wollte ich nicht ausdrücken, dass sämtliche Aspekte der beiden Fälle vergleichbar wären.

Das Wort Martyrium benutzt man normalerweise in etwas anderen Situationen, mir fallen da nur wirklich schwere menschliche Tragödien in diesem Zusammenhang ein wo die Opfer dann unter Folter, etc. von Straftätern litten.

Ja, da hast Du recht. Ich habe für unterschiedlich verursachtes Leid denselben Begriff benutzt. Für Claudia Pechstein handelte es sich wohl um eine "menschliche Tragödie". Sicher haben aber andere mehr gelitten als sie.

Wie Du Dich auch für Jan Ullrich stark gemacht, ihn als "Opfer" bezeichnet hast war auch schon sehr gewöhnungsbedürftig.

Ich sehe ihn gleichzeitig als Täter und Opfer. Wenn einem eine Sache ausschließlich als weiß oder ausschließlich als schwarz erscheint, hat man sie meistens nicht genügend durchdacht. Jan Ullrich hat seine sportliche Strafe zurecht bekommen. Dass man ihn 5 Jahre nach Karriereende nicht den Ötztaler mitradeln lässt, ist hysterisch.

Vielleicht solltest Du mal mit einem wirklichen Opfer aus einer Straftat konfrontiert werden, dann ändert sich vielleicht Deine Wortwahl.

Welche Wortwahl? Hier geht es doch nirgends um ein Opfer einer Straftat, oder stehe ich auf dem Schlauch? Falls Du den Begriff "Märtyrer" meinst, schau mal bei Wikipedia. Das sind keine Opfer von Straftaten. Sondern Menschen, die an ihrer Überzeugung oder ihrem Glauben festhalten und deshalb zu leiden haben.

Peace: Arne

Klugschnacker
29.01.2015, 00:11
Das öffentliche Interesse war bei ihr im Vergleich zu dem Kachelmann- Prozess verschwindend gering. Da interessiert die breite Masse 10x mehr, wer Dschungelkönig wird...

Da hast Du Recht. Ich Fall geht aber durch alle überregionalen Zeitungen, Spiegel, FAZ, Die Zeit, Die Welt, sie sitzt bei Maischberger. Das nur vorläufige Urteil des letzten Prozesses kam in der Tagesschau und in den heute-Nachrichten. Und so weiter.

Das Entscheidende scheint mir zu sein, dass sie ausreichend prominent ist, um eine von der konkreten Person losgelöste mediale Identität zu haben. Claudia Pechstein ist für die allermeisten Deutschen das, was über sie in der Zeitung steht und im Fernsehen kommt. Wohin sie auch geht, überall trifft sie auf Menschen, die bereits eine Meinung von ihr haben.

Wer von uns Bratwürsten einen ramponierten Ruf hat, kann in eine andere Stadt ziehen und neu anfangen, sich wieder aufrappeln. Das ist bei einer prominenten Person, die fast 20 Jahre lang im Winter die Flimmerkiste bevölkerte, eine ganz andere Sache.

Grüße,
Arne

Loretta
29.01.2015, 00:17
Ich bin kein Jurist. Schadenersatzforderungen richten sich nach meinem Verständnis gegen denjenigen, der den Schaden zu verantworten hat. Ob das ein Verband ist oder eine Zeitung – ich verstehe nicht, worin Du da einen prinzipiellen Unterschied siehst.

Nun, im Fall von Kachelmann hätte er ja die Klägerin auf Schadensersat verklagen können. Hat er aber nicht, sondern die Zeitungen, die ihn- unabhängig vom Ausgang des Prozesses vorverurteilt haben und auf Seiten der Klägerin standen.


Mein Vergleich bezog sich auf die konkrete Höhe der Geldforderung. Damit wollte ich nicht ausdrücken, dass sämtliche Aspekte der beiden Fälle vergleichbar wären.

Ein Vergleich zwischen einem Rufmord, der von mehreren Zeitungen wegen einer angeblichen Vergewaltigung betrieben wurde und einem womöglich nicht gerechtfertigten Dopingurteil würde ich persönlich auf keiner Ebene ziehen.

Ja, da hast Du recht. Ich habe für unterschiedlich verursachtes Leid denselben Begriff benutzt. Für Claudia Pechstein handelte es sich wohl um eine "menschliche Tragödie". Sicher haben aber andere mehr gelitten als sie.

Eine Tragödie für den Sportler Claudia Pechstein wäre meine Formulierung.



Ich sehe ihn gleichzeitig als Täter und Opfer. Wenn einem eine Sache ausschließlich als weiß oder ausschließlich als schwarz erscheint, hat man sie meistens nicht genügend durchdacht. Jan Ullrich hat seine sportliche Strafe zurecht bekommen. Dass man ihn 5 Jahre nach Karriereende nicht den Ötztaler mitradeln lässt, ist hysterisch.

Laut Deiner Argumentation einer Schwarz- Weiß Malerei wäre dann jeder Täter ein Opfer. Somit auch ein ehemaliger Nazi Mörder aus Ausschwitz? Das sehe ich dann doch anders. Wenn wir schon an Grundsatzfragen gehen.



Welche Wortwahl? Hier geht es doch nirgends um ein Opfer einer Straftat, oder stehe ich auf dem Schlauch? Falls Du den Begriff "Märtyrer" meinst, schau mal bei Wikipedia. Das sind keine Opfer von Straftaten. Sondern Menschen, die an ihrer Überzeugung oder ihrem Glauben festhalten und deshalb zu leiden haben.

Peace: Arne

Also ich finde unter Martyrium folgendes:
http://www.duden.de/rechtschreibung/Martyrium
Und davon ist Claudia Pechstein doch etwas entfernt, oder hat der Papst sie schon zur Heiligsprechung vorgeschlagen:Cheese: ?

Peace und Gute Nacht,
Lorant

Loretta
29.01.2015, 00:33
Da hast Du Recht. Ich Fall geht aber durch alle überregionalen Zeitungen, Spiegel, FAZ, Die Zeit, Die Welt, sie sitzt bei Maischberger. Das nur vorläufige Urteil des letzten Prozesses kam in der Tagesschau und in den heute-Nachrichten. Und so weiter.

Das Entscheidende scheint mir zu sein, dass sie ausreichend prominent ist, um eine von der konkreten Person losgelöste mediale Identität zu haben. Claudia Pechstein ist für die allermeisten Deutschen das, was über sie in der Zeitung steht und im Fernsehen kommt. Wohin sie auch geht, überall trifft sie auf Menschen, die bereits eine Meinung von ihr haben.

Wer von uns Bratwürsten einen ramponierten Ruf hat, kann in eine andere Stadt ziehen und neu anfangen, sich wieder aufrappeln. Das ist bei einer prominenten Person, die fast 20 Jahre lang im Winter die Flimmerkiste bevölkerte, eine ganz andere Sache.

Grüße,
Arne

Nun ja, bei Maischberger musste sie nicht sitzen, das wollte sie wohl selber. Sie hat sich also sehr bewusst mit den Medien auseinandergesetzt um ihre Interessen besser vertreten zu können.
Wie sehr sie und ihr Anwalt selber diese Medienaufmerksamkeit gesucht haben werden sie nur selber wissen.
Wie viele Leute tatsächlich im Winter sie im Fernsehen gesehen haben, sich Eisschnelllauf angeschaut haben, darüber kann ich nur mutmaßen.
Tatsache ist aber, dass Doping in weiten Kreisen der Bevölkerung als Teil des Leistungssport angesehen wird und die Akzeptanz/Ignoranz dafür recht hoch ist: "Die sind doch eh alle voll, anders geht das doch nicht!" Das siehst Du schon daran, dass eine Kristin Otto mit unbestreitbarer Doping- Vergangenheit munter als Sportreporterin arbeitet. Oder eine Heike Drechsel noch immer fröhlich im Fernsehen erscheint obwohl sie nachweislich gedopt hat und das sogar im Fernsehen vehement als "Lüge" abgetan hat- und das später zurückziehen musste. So wie ich das sehe ist der Schaden für diese Personen doch recht gering ausgefallen. Sie laufen noch immer fröhlich herum und sind vor allem im Osten Heldinnen. Ebenso eine Katrin Krabbe, etc.
Gruß,
Lorant

Klugschnacker
29.01.2015, 00:39
Das siehst Du schon daran, dass eine Kristin Otto mit unbestreitbarer Doping- Vergangenheit munter als Sportreporterin arbeitet. Oder eine Heike Drechsel noch immer fröhlich im Fernsehen erscheint obwohl sie nachweislich gedopt hat und das sogar im Fernsehen vehement als "Lüge" abgetan hat- und das später zurückziehen musste. So wie ich das sehe ist der Schaden für diese Personen doch recht gering ausgefallen. Sie laufen noch immer fröhlich herum und sind vor allem im Osten Heldinnen. Ebenso eine Katrin Krabbe, etc.

Wirf doch bitte nicht alles durcheinander. Kristin Otto und Heike Drechsler waren nie wegen Dopings gesperrt.

Ich würde Dich gerne verstehen, Lorant! Kannst Du in wenigen Sätzen zusammenfassen, warum Du nicht möchtest, dass Pechsteins Schuld oder Unschuld von einem ordentlichen Gericht überprüft wird?

Grüße,
Arne :Blumen:

P.S.: Die fett gedruckten Absätze oben habe ich nicht gelesen, da fühle ich mich angeschrien (no offense intended).

Theredbulletin
29.01.2015, 09:16
Ich finde die Überprüfung vor einem ordentlichen Gericht ok. Wieso auch nicht.
Was mich etwas sauer Aufstoßen lässt, ist die für meine Begriffe, die wahnsinnig hohe Summe an Schmerzensgeld. In meinen Augen finde ich es frech, geht es ihr um Kohle zu machen?, ihren Ruf wieder herstellen zu lassen? oder wozu diese 4 Mio.? Verdienstausfall?
Sie ist keine Sportlerin die während der Sperre kein Geld "verdient" hat. Sie ist Polizeihauptmeisterin. Ihr Beruf ist Polizeivollzugsbeamtin und wird lediglich von der BPOL gefördert. Sich vor Gericht im Dienstanzug zu präsentieren und 4. Mio. Schadensersatz zu verlagen, passt nicht in mein Weltbild.

Klugschnacker
29.01.2015, 09:48
Ich habe mich jetzt über die übliche Höhe von Schmerzensgeldzahlungen bei Wikipedia informiert. Demnach scheint mir die Forderung von EUR 400.000 ebenfalls zu hoch. Unabhängig von der konkreten Höhe der Forderung finde ich es jedoch legitim, dass sie einen Ausgleich für den erheblichen immatriellen Schaden geltend macht.

Hafu
29.01.2015, 10:15
...
Ich verstehe im Moment noch nicht, warum Du offenbar dagegen bist, dass das gegen Claudia Pechstein gefällte Urteil von einem ordentlichen Gericht überprüft wird. Der Verband hat dort alle Rechte und Möglichkeiten, den Beweis zu führen, dass Claudia Pechstein zurecht gesperrt worden ist.

Wenn er das kann, ist doch alles gut.
...

Ich bin kein Hämatologe und versuche, die bekannt gewordenen Fakten mit meinem allgemeinen medizinischem Wissen zu bewerten.
Weil ich mich in den letzten Jahren sehr viel mit Dopingthemen auseinandergesetzt habe, besitze ich mittlerweile ein ziemlich gutes Bauchgefühl, was verdächtige Leistungsentwicklungen von Sportlern und Dopingwahrscheinlichkeiten angeht. Claudia Pechstein war über mehrere Jahre (im Prinzip seit den olympischen Spielen in Salt Lake City 2002) auf dem absteigenden Ast, ähnlich wie ihre langjährige Konkurrentin Anni Friesinger sowie rund 10 Jahre früher Gunda Niemann. Im Prinzip eine ganz normale Entwicklung für einen Leistungssportler, der auf die 40 zugeht.
2008 war ihre leistungskurve plötzlich wieder steil ansteigend. Plötzlich erreichte sie in ihren Spezialdisziplinen wieder reihenweise Podestplazierungen, die für sie über mehrere Jahre sehr selten geworden waren.
Als dann nach dem Mehrkampf-WM-Sieg in Hamar die Vorwürfe des Blutdopings bekannt wurden und Pechstein einfach nur ohne weitere Erklärungen abreiste, wie ein in flagranti erwischter Täter und danach auch wochenlang nichts von sich hören ließ, war das für mich nur folgerichtig und ihre anfängliche Zurückhaltung, gegen den Doppingvorwurf anzugehen passte absolut nicht zu jemandem, der zu Unrecht beschuldigt wurde.

Pechsteins Anomalie führt ja nicht per se zu erhöhten Retikulozytenwerten (darauf stützt sich ja der indirekte Dopingbeweis), sondern zunächst mal zu erhöhtem Zerfall der roten Blutkörperchen und erst wenn diese nennenswert unter der Norm liegen, kommt es zu einer erhöhten Blutneubildung mit erhöhten Retikulozyten. In keiner der bekannt gewordenen Blutproben war aber von einer nennenswerten Anämie die Rede, sondern die Gesamtzahl der roten Blutkörperchen war immer im Normbereich.
Mit einer genetischen Anomalie die mehrfach pro Jahr zu einer echten Anämie führt, wäre Pechstein mit Sicherheit auch nicht zur erfolgreichsten Wintersportlerin Deutschlands mit Spezialstrecke 3000m und 5000m geworden.

Ich glaube nicht, dass ein neuer Prozess vor einem zivilen Gericht die offen gebliebenen Fragen klären kann, weil ja keine neuen Fakten mehr zutage gefördert werden können und letztlich nur die bekannten Beweise/ Indizien von verschiedenen Fachleuten neu bewertet werden und die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten , die für Schuld oder Unschuld sprechen von juristischen Experten, die gleichzeitig medizinische Laien sind eingeordnet werden müssen.

Die ISU hat sich seinerzeit sicherlich gut von Experten beraten lassen, bevor sie sich getraut hat, als erster Verband weltweit eine Sperre wegen eines indirekten Dopingbeweises auszusprechen, während die UCI bei fünf ähnlich gelagerten Fällen bei Radprofis wenige Monate zuvor die Auffälligkeiten des Blutpasses nur ohne Sperre an die jeweiligen Fachverbände gemeldet hat. Rückblickend betrachtet wäre es aber vermutlich trotzdem besser gewesen, wenn die ISU trotzdem noch ein oder zwei Jahre länger gewartet hätte, bis die Datenbasis noch besser gewesen wäre oder vielleicht doch ein direkter Dopingbeweis gelungen wäre.

Der neutral gehaltene Artikel aus dem Spiegel von 2009 hat nichts von seiner Aussagekraft verloren (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-66055489.html):

Die Dopingfahnder halten sich an einen Grundsatz, der in der Rechtsmedizin schon lange gilt, Forensiker haben die Idee der absoluten Sicherheit längst aufgegeben, sie arbeiten mit Wahrscheinlichkeiten.

Vor vier Wochen gab die UCI bekannt, dass es auffällige Werte gibt bei fünf Radfahrern, sperrte vorerst keinen, eröffnete bloß Verfahren und reichte die Angelegenheit an die jeweiligen nationalen Verbände weiter. Die UCI war anscheinend zu feige, den Präzedenzfall zu riskieren.

Die Internationale Eislauf-Union, die ISU, ist im Fall Claudia Pechstein mutiger.

Mit der jetzigen Situation und dem drohenden Schadenersatz, der in seiner Höhe jeden Fachverband einer Nischensportart auf Jahre hinaus wirtschaftlich ruinieren wird, kann man davon ausgehen dass es in Zukunft nie mehr weitere Verfahren wegen Auffälligkeiten in den Blutpässen geben wird. Reiche Sportler mit gewieften Anwälten sitzen da gegenüber den ehrenamtlichen Verbänden gegenüber am längeren Hebel.

Ich persönlich halte Pechstein für schuldig, aber wenn die Datenbasis, die zu ihrer Verurteilung führte bei einer Neubewertung möglicherweise zu einem Freispruch führt, dann ist das halt so. Jedes Rechtssystem (auch das rechstsystem des Sportes) muss es aushalten, dass auch mal ein Schuldiger nicht bestraft wird. Im Sport ist es sogar so, dass seit Jahrzehnten nur einen Bruchteil der tatsächlichen Doper bestraft wird.
Der Einzelfall Pechstein ist also nicht das Problem.

Das eigentlich Problem sehe ich in der Signalwirkung, die dieser Fall auf alle zukünftigen Dopingfälle haben wird, gerade wenn die Beweislage nicht zu hundert Prozent sondern nur zu 99% klar ist. Kein Verband wird sich mehr trauen gegen Sportler Sanktionen zu verhängen, wenn das Haftungsrisiko derart hoch ist und es wird sicherlich viele Sportler gteben, die die geänderten Machtverhältnisse zu ihren Ungunsten ausnutzen werden!

Loretta
29.01.2015, 10:40
Wirf doch bitte nicht alles durcheinander. Kristin Otto und Heike Drechsler waren nie wegen Dopings gesperrt.

Ich würde Dich gerne verstehen, Lorant! Kannst Du in wenigen Sätzen zusammenfassen, warum Du nicht möchtest, dass Pechsteins Schuld oder Unschuld von einem ordentlichen Gericht überprüft wird?

Grüße,
Arne :Blumen:

P.S.: Die fett gedruckten Absätze oben habe ich nicht gelesen, da fühle ich mich angeschrien (no offense intended).

Ich habe sie fett markiert um Dir das Lesen der Antwort auf Deine Äußerungen zu erleichtern.
Du fühltest Dich angeschrien:confused: ?
Ich werfe da nichts durcheinander, es geht darum, dass die beiden genannten Sportlerinnen trotz eindeutiger Dopingvergangenheit keineswegs ein ruiniertes Leben haben. Ob sie nun gesperrt waren oder ihre Dopingvergangenheit erst nach Ende ihrer Karriere voll ans Licht kam ist doch unerheblich. Heike Drechsler hat auch Prozesse gegen Franke geführt und verloren und erscheint trotzdem lächelnd im Fernsehen, nicht als gebrandmarkte Doperin und Lügnerin. Sie sind beide als gedopte Sportlerinnen bekannt und haben trotzdem keine beruflichen Nachteile erfahren. Wieso eine Kristin Otto zudem noch den Vorzug gegenüber Dutzenden von studierten und ausgebildeten Journalisten bekommen hat um Sport im Fernsehen zu präsentieren ist zudem noch fragwürdig.

Zu Deiner Frage: weil das Gericht nicht über ihre Schuld- also Doping ja oder nein- überprüft, sondern es darum geht, ob der CAS und der Verband berechtigt waren den Blutpass als Kontrollmittel und im Falle einer Auffälligkeit entsorechende Sanktionen einzusetzen. Es geht somit vor allem darum die Verbände und ihre Sanktionierungsmaßnahmen zu entwerten: Und Claudia Pechstein vielleicht einfach um die Möglichkeit der- sagen wir mal ganz altmodisch- Rache...und der Möglichkeit sich mit so einer finanziellen Forderung ein arbeits- und sorgenfreies Leben zu ermöglichen.
Und weil Claudia Pechstein alle Instanzen der Sportgerichtsbarkeit, der sie sich unterworfen hatte durch hat (und verloren hat und das erträgt sie nun mal sehr schlecht) und nun versucht über die Hintertür doch noch Recht und Geld zu bekommen.



Gruß,
Lorant

PS: Der letzte Satz von Hafu trifft es zudem noch sehr gut: durch Leute wie Clauia Pechstein wird der Doping- Kampf ausgehöhlt und erschwert.

Klugschnacker
29.01.2015, 10:52
Pechsteins Anomalie führt ja nicht per se zu erhöhten Retikulozytenwerten (darauf stützt sich ja der indirekte Dopingbeweis), sondern zunächst mal zu erhöhtem Zerfall der roten Blutkörperchen und erst wenn diese nennenswert unter der Norm liegen, kommt es zu einer erhöhten Blutneubildung mit erhöhten Retikulozyten. In keiner der bekannt gewordenen Blutproben war aber von einer nennenswerten Anämie die Rede, sondern die Gesamtzahl der roten Blutkörperchen war immer im Normbereich.
Mit einer genetischen Anomalie die mehrfach pro Jahr zu einer echten Anämie führt, wäre Pechstein mit Sicherheit auch nicht zur erfolgreichsten Wintersportlerin Deutschlands mit Spezialstrecke 3000m und 5000m geworden.

Hier vereinfachst Du so weit, dass es nach meinem Verständnis falsch ist. Richtig ist, dass Pechsteins nachgewiesene Blutkrankheit zu einem schubweisen Zerfall der roten Blutkörperchen führt. Falsch ist, dass es deshalb zu einer Blutarmut (Anämie) kommen müsse.

Denn: Die zerstörten roten Blutkörperchen werden vom Körper ersetzt. Wie Dir natürlich bekannt ist, steigert der Körper die Blutneubildung im Knochenmark. Solange die Blutneubildung Schritt halten kann mit dem Verlust roter Blutkörperchen, bleibt die Hämoglobinmenge und damit die Anzahl roter Blutkörperchen konstant. Das ist genau das, was man man Pechstein gefunden hat: Erhöhte Blutneubildung bei gleichzeitig normaler Hämoglobinmenge.


Mit der jetzigen Situation und dem drohenden Schadenersatz, der in seiner Höhe jeden Fachverband einer Nischensportart auf Jahre hinaus wirtschaftlich ruinieren wird, kann man davon ausgehen dass es in Zukunft nie mehr weitere Verfahren wegen Auffälligkeiten in den Blutpässen geben wird … Das eigentlich Problem sehe ich in der Signalwirkung, die dieser Fall auf alle zukünftigen Dopingfälle haben wird, gerade wenn die Beweislage nicht zu hundert Prozent sondern nur zu 99% klar ist. Kein Verband wird sich mehr trauen gegen Sportler Sanktionen zu verhängen, wenn das Haftungsrisiko derart hoch ist und es wird sicherlich viele Sportler gteben, die die geänderten Machtverhältnisse zu ihren Ungunsten ausnutzen werden!

Du verallgemeinerst vom Pechsteins Fall auf künftige Dopingfälle, bei denen es nur den Blutpass, aber keine positive Probe gibt. Mittlerweile wurden jedoch die Regeln geändert, so dass es zu keinen weiteren Anklagen aufgrund nur eines einzigen Blutwertes kommen wird.

Diese Regeländerung war bereits in Kraft, als Pechstein vom obersten Sportgericht CAS verurteilt wurde. Dort urteilte man nämlich nicht nach den aktuell gültigen Bestimmungen, sondern nach denjenigen, die zur Zeit von Pechsteins erster Verurteilung gültig waren. Dies ist ziemlich grotesk, da ja gerade die Erfahrungen mit dem Fall Pechstein zur Änderung der Regeln geführt hatten. Heute hat sie dieselben Blutwerte wie damals, wird jedoch nicht gesperrt.

Zum Haftungsrisiko der Verbände: Hier darf man nicht vergessen, dass Pechstein umfangreiche Beweismittel zu ihrer Entlastung vorgelegt hat. Selbst der im Urteil zitierte maßgebliche Sachverständige fühlte sich nach dem Urteil vom Gericht missverstanden. Eine vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) eingesetzte Expertenkommission spricht von einem Fehlurteil (http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/claudia-pechstein-von-medizinischer-kommission-entlastet-13396925.html). Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie "schließt Doping aus (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/fall-pechstein-aerzte-schliessen-doping-aus-a-683599.html)".

Diese Experten sind keine gekauften Hampelmänner. Ihre Einwände sind ernst zu nehmen. Man kann sie nicht vom Tisch wischen mit dem Hinweis, man können sonst künftig niemanden mehr überführen. Ich halte diese Befürchtung für übertrieben. Es ist nicht davon auszugehen, dass alle angeklagten Sportler ähnlich überzeugende Beweise zu ihrer Entlastung vorzulegen imstande sind.

Grüße! :Blumen:
Arne

Klugschnacker
29.01.2015, 11:10
Zu Deiner Frage: weil das Gericht nicht über ihre Schuld- also Doping ja oder nein- überprüft, sondern es darum geht, ob der CAS und der Verband berechtigt waren den Blutpass als Kontrollmittel und im Falle einer Auffälligkeit entsorechende Sanktionen einzusetzen. Es geht somit vor allem darum die Verbände und ihre Sanktionierungsmaßnahmen zu entwerten

Das Verbandsgericht hat nicht nur die Interessen des Sports, sondern auch die der Sportler zu berücksichtigen. Das folgt aus dem Ein-Verbands-Prinzip, das wir in Deutschland haben: Für jede Sportart gibt es nur einen einzigen Dachverband. Folglich hat der Sportler keine Wahl zwischen verschiedenen Verbänden, sondern muss sich mit diesem einen arrangieren.

Aus diesem Grund sind die Verbände verpflichtet, nicht nur die Interessen des Sports zu wahren, sondern auch die der Sportler. Ein Verbandsgericht muss beiden gerecht werden.

Insofern ist es durchaus legitim, die Aussagekraft des Blutpasses in der damaligen Form infrage zu stellen. Es ist ein berechtigtes Interesse des Sportlers, nicht zu unrecht sanktioniert zu werden. Der Verband hat dieses Interesse zu berücksichtigen und zu vertreten.

Falls er das nicht ausreichend getan hat, ist es richtig und gut, wenn ein ordentliches Gericht einschreitet.
:Blumen:

Theredbulletin
29.01.2015, 11:25
Ich habe mich jetzt über die übliche Höhe von Schmerzensgeldzahlungen bei Wikipedia informiert. Demnach scheint mir die Forderung von EUR 400.000 ebenfalls zu hoch. Unabhängig von der konkreten Höhe der Forderung finde ich es jedoch legitim, dass sie einen Ausgleich für den erheblichen immatriellen Schaden geltend macht.

Wenn es "nur" 400.000€ wären. Aber sie will ja mehr als 4,4 Mio Euro. Hallo???? Geht es noch? Klar, aber man soll mal auf dem Teppich bleiben.

Klugschnacker
29.01.2015, 11:30
Wenn es "nur" 400.000€ wären. Aber sie will ja mehr als 4,4 Mio Euro. Hallo???? Geht es noch? Klar, aber man soll mal auf dem Teppich bleiben.

Du musst unterscheiden zwischen dem geforderten Schadenersatz und dem Schmerzensgeld.

Theredbulletin
29.01.2015, 12:50
Du musst unterscheiden zwischen dem geforderten Schadenersatz und dem Schmerzensgeld.

Richtig, da gebe ich dir Recht. Mein Fehler. Aber ich finde beide Forderungen nicht verhältnismäßig.

Hafu
29.01.2015, 13:40
...bleibt die Hämoglobinmenge und damit die Anzahl roter Blutkörperchen konstant. Das ist genau das, was man man Pechstein gefunden hat: Erhöhte Blutneubildung bei gleichzeitig normaler Hämoglobinmenge.

Schon die normale Hämoglobinmenge (orientiert am Normbereich für die Allgemeinbevölkerung) ist für einen Audauersportler eigentlich eben nicht normal. Alle Blutwerte von exzessiv Ausdauersport treibenden Frauen, die mir bekannt sind bewegen sich an der unteren Grenze des Normbereichs oder sogar darunter aufgrund des durch Ausdauertraining erhöhten Plasmavolumens (bei Männern ist es ähnlich, allerdings fällt da der zusätzliche Faktor Menstruationsblutung bekanntlich weg)



...Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie "schließt Doping aus (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/fall-pechstein-aerzte-schliessen-doping-aus-a-683599.html)".

Diese Experten sind keine gekauften Hampelmänner. Ihre Einwände sind ernst zu nehmen. ...

Eigentlich müsste man sie ernst nehmen, da hast du recht. Aber alleine die Aussage "schließt Doping aus" ist doch absurd.
Jeder, der sich mit der Realität des Sportes auskennt (und mit den gültigen WADA-Definitionen) weiß dass es unmöglich ist Doping "auszuschließen". Das ist ja oftmals auch ein Dilemma für (saubere) Sportler:
Man kann (in seltenen Fällen) Schuld nachweisen, aber niemals Unschuld beweisen.

Da kann ich nur empfehlen, dass von Sybenwurz vor einigen Tagen verlinkte Interview mit Franke nochmal anzuhören, dem man als sicherlich führenden Biochemiker in Deutschland (2007 war er Hochschullehrer des Jahres) durchaus einen Expertenstatus zubilligen darf:
Er schließt gar nichts aus, hält subjektiv Pechstein für gedopt, würde sich andererseits aber auch einen bessere Beweislage seitens der ISU im damaligen Verfahren wünschen.

Klugschnacker
29.01.2015, 13:56
Man kann (in seltenen Fällen) Schuld nachweisen, aber niemals Unschuld beweisen.

Naja, in der Sportgerichtbarkeit wird ja ebendies vom Athleten verlangt, nämlich der Beweis seiner Unschuld.

Hier geht es aber nicht um den Beweis, dass Pechstein sauber war oder nicht. Es geht um die Frage, ob die gegen sie vorgebrachten Beweise stichhaltig und ausreichend waren. Mit anderen Worten: Es geht nicht um die Entkräftung aller nur denkbarer Indizien. Sondern nur um diejenigen, die ihr konkret vorgeworfen wurden. Gegen andere kann sie sich ja nicht verteidigen.

Grüße, :Blumen:
Arne

LidlRacer
29.01.2015, 14:48
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie "schließt Doping aus (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/fall-pechstein-aerzte-schliessen-doping-aus-a-683599.html)".

Diese Experten sind keine gekauften Hampelmänner. Ihre Einwände sind ernst zu nehmen.

Eigentlich müsste man sie ernst nehmen, da hast du recht. Aber alleine die Aussage "schließt Doping aus" ist doch absurd.
Jeder, der sich mit der Realität des Sportes auskennt (und mit den gültigen WADA-Definitionen) weiß dass es unmöglich ist Doping "auszuschließen".

Das war eine unzulässig vereinfachende Überschrift des Spiegel.

Das tatsächliche Gutachten der DGHO, wo das natürlich differenzierter drinsteht, findest Du hier:
http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Prof.%20Ehninger%2015.06.2010.pdf

Hafu
29.01.2015, 15:52
Das war eine unzulässig vereinfachende Überschrift des Spiegel.

Das tatsächliche Gutachten der DGHO, wo das natürlich differenzierter drinsteht, findest Du hier:
http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Prof.%20Ehninger%2015.06.2010.pdf

Danke für den Link. Freiwillig hätte ich mich nie auf www.claudia-pechstein.de verirrt.;)

Gibt es die entsprechenden Gegengutachten, auf die sich Prof. ehnihng mehrfach in seinem Text bezieht auch online?

Etwas irreführend finde ich, dass das Gutachten als Gutachten einer Fachgesellschaft (nämlich der DGHO) bezeichnet wird faktisch aber eben ein Gutachten einer einzigen Person ist, nämlich eines Onkolgen/ Hämatologen, der geschäftsführender Vorsitzender einer Gesellschaft ist.

in vielen Bereichen des Gutachtens merkt man dem Gutachter eine klare persönliche Meinung an, die eigentlich in einem derartigen Gutachten, dass
sich um eine objektive Darstellung und Analyse der Fakten bemühen sollte nichts verloren hat.

so schreibt er z.B. schon auf Seite 2:

Die Erhöhung der Retikulozyten...ist Ausdruck der gesteigerten Blutbildung und nicht durch Doping bedingt

Eine wissenschaftlich korrekte neutrale fromulierung müsste eigentlich lauten:
Die gemessene Erhöhung der Retikulozyten kann auch Ausdruck einer gesteigerten endogenen Blutbildung sein und muss nicht durch Doping bedingt sein.

Mehrfach geht Ehninger darauf ein, dass bei Pechstein für Epo-doping untypische Parameter im Blut vorliegen. Dass es erhöhte Retikulozytenwerte aber auch bei praktiziertem Blutdoping (ohne EPO!) gibt (und genau das vermuten ja die meisten Experten, die von pechsteins Unschuld nicht überzeugt sind) und dass beim Blutdoping die Retikulozyten genauso beschaffen sind wie die Retikulozyten bei einer Sphärozytose, darauf geht Ehninger in dem Gutachten seltsamerweise gar nicht ein.

Zur Person von Herrn Ehninger, der sich aus irgendeinem Grund, vielleicht aus Gründen eines verletzten Gerechtigkeitsempfindens vielleicht aber auch weil er in diesem Fall die Öffentlichkeit genießt, mit enormem Aufwand engagiert und sogar eine eigene Pressekonferenz organisiert hatte (äußerst ungewöhnlich für einen sonst eher im Hintergrund agierenden Gutachter, der sich in dser Regel um Neutralität und Objektivität bemühen müsste gibt es auch einen ganz interessanten Artikel auf Spon: (http://www.spiegel.de/sport/wintersport/neues-blut-gutachten-die-zwei-wahrheiten-der-claudia-pechstein-a-683634.html)

LidlRacer
29.01.2015, 16:19
Gibt es die entsprechenden Gegengutachten, auf die sich Prof. ehnihng mehrfach in seinem Text bezieht auch online?

Weiß nicht, welche Du konkret meinst, aber hier gibt es jede Menge Gutachten:
www.claudia-pechstein.de/gutachten.php

Klugschnacker
29.01.2015, 16:32
Das war eine unzulässig vereinfachende Überschrift des Spiegel. Das tatsächliche Gutachten der DGHO, wo das natürlich differenzierter drinsteht, findest Du hier:
http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Prof.%20Ehninger%2015.06.2010.pdf

In dem Gutachten steht: "Die Erhöhung der Retikulozyten ... ist Ausdruck der gesteigerten Blutbildung und nicht durch Doping bedingt. ... Mit diesen Untersuchungen konnte eindeutig geklärt werden, weshalb bei Claudia Pechstein wiederholt erhöhte Retikulozytenwerte gemessen wurden:..."

Weiter heißt es: "Keines der von anderen Gutachtern vorgetragenen Argumente stellt diese Diagnose in Frage".

Und abschließend: "Die bei Claudia Pechstein festgestellten Retikulozytenerhöhungen könnten nur durch die Zufuhr erythropoiesestimulierender Substanzen und Blutmanipulationen geklärt werden: Diese Annahme ist falsch, da alle Veränderungen vollständig und ausreichend durch die bestehende Blutanomalie erklärt werden können und nach Retikulozytenerhöhungen kein Anstieg des Blutfarbstoffwertes stattfindet."

Kurz: Die Möglichkeit, Pechsteins Blutwerte seien durch Doping verursacht, wird verneint.

Klugschnacker
29.01.2015, 16:43
Eine wissenschaftlich korrekte neutrale fromulierung müsste eigentlich lauten:
Die gemessene Erhöhung der Retikulozyten kann auch Ausdruck einer gesteigerten endogenen Blutbildung sein und muss nicht durch Doping bedingt sein.

Mehrfach geht Ehninger darauf ein, dass bei Pechstein für Epo-doping untypische Parameter im Blut vorliegen. Dass es erhöhte Retikulozytenwerte aber auch bei praktiziertem Blutdoping (ohne EPO!) gibt (und genau das vermuten ja die meisten Experten, die von pechsteins Unschuld nicht überzeugt sind) und dass beim Blutdoping die Retikulozyten genauso beschaffen sind wie die Retikulozyten bei einer Sphärozytose, darauf geht Ehninger in dem Gutachten seltsamerweise gar nicht ein.

Liegt hier nicht ein Irrtum vor? Blutdoping, also von außen zugeführtes Blut, müsste doch folgenden Befund verursachen:

- Hämoglobinmenge hoch
- Blutneubildung niedrig

Bei Pechstein hat man, wenn ich richtig informiert bin, das Gegenteil gefunden:

- Hämoglobinmenge normal
- Blutneubildung hoch

Entsprechend scheint mir Blutdoping als Ursache auszuscheiden.

Wo liegt mein Denkfehler? Welcher Experte geht von Blutdoping aus, gibt es da ein Beispiel? Es scheinen ja eine ganze Menge zu sein. ;-)

Hafu
29.01.2015, 16:45
I...
Kurz: Die Möglichkeit, Pechsteins Blutwerte seien durch Doping verursacht, wird verneint.

ich habe kurz vor deinem Post meinen eigenen nochmal ergänzt und mir ist die Passage, in der Doping komplett aus dem Reich der Möglichkeiten ausgeschlossen wird auch negativ aufgefallen.

Eine solche Aussage wirkt einfach unseriös und unwissenschaftlich.

Auf die Möglichkeit, dass ihre blutbefunde (auch die Erhöhung der Retikulozyten) auch durch Blutdoping erklärt werden könnten, geht Ehninger gar nicht ein. Er redet im Zusammenhang von Doping immer nur von Epo-Doping, was aber eben etwas anderes ist.

Auch die bei Pechstein stets normal gemessene Gesamt-Hb-Konzentration wertet er als eindeutigen Hinweis auf eine (kompensierte) Sphärozytose und scheint gar nicht auf die Idee zu kommen, dass der Gesamt-Hb-Wert leicht mit verschiedenen Methoden (exzessives Trinken, längeres auf den Kopf stellen, Infusionen) zu manipulieren ist und diese Manipulationen wie wir aus diversen Beichten geständiger Radprofis wissen seit den 90er Jahren (seit es in diversen Sportarten HB oder hämatokrit-GRenzen gibt) weit verbreitet und quasi perfektioniert wurden.

Klugschnacker
29.01.2015, 16:50
Auch die bei Pechstein stets normal gemessene Gesamt-Hb-Konzentration wertet er als eindeutigen Hinweis auf eine (kompensierte) Sphärozytose und scheint gar nicht auf die Idee zu kommen, dass der Gesamt-Hb-Wert leicht mit verschiedenen Methoden (exzessives Trinken, längeres auf den Kopf stellen, Infusionen) zu manipulieren ist und diese Manipulationen wie wir aus diversen Beichten geständiger Radprofis wissen seit den 90er Jahren (seit es in diversen Sportarten HB oder hämatokrit-GRenzen gibt) weit verbreitet und quasi perfektioniert wurden.

Die Hämoglobinkonzentration kann durch Flüssigkeitszufuhr schwanken, entweder durch Manipulation oder durch natürliche Ursachen.

Auf die Hämoglobinmenge insgesamt trifft das aber nicht zu. Sie bleibt davon unberührt. Bei Blutdoping müsste sie steigen. Bei Pechstein war sie meines Wissens nach konstant.

Grüße,
Arne :Blumen:

Hafu
29.01.2015, 16:56
Liegt hier nicht ein Irrtum vor? Blutdoping, also von außen zugeführtes Blut, müsste doch folgenden Befund verursachen:

- Hämoglobinmenge hoch
- Blutneubildung niedrig

Bei Pechstein hat man, wenn ich richtig informiert bin, das Gegenteil gefunden:

- Hämoglobinmenge normal
- Blutneubildung hoch

Entsprechend scheint mir Blutdoping als Ursache auszuscheiden.

Wo liegt mein Denkfehler? Welcher Experte geht von Blutdoping aus, gibt es da ein Beispiel? Es scheinen ja eine ganze Menge zu sein. ;-)

Es kommt drauf an, wann das Blut abgenommen wurde und wieviel Blut abgenommen wurde (und Blut ist bekanntlich nicht allzu lange, max. ca. 42 tage haltbar.)

Wenn die Blutabnahme relativ kurz vor einem Saisonhöhepunkt stattgefunden hat und umfangreich war, dann kommt es zu einer hefitgen endogenen Blutneubildung (so wie auch bei normalen Blutspendern) und wenn dann unmittelbar vor dem Saisonhöhepunkt das abgenommene Blut wieder zugeführt wird, dann hat man erhöhte retikulozyten und erhöhte Hb-Konzentration im Blut. Die erhöhte Hb-Konzentration im Blut lässt sich aber relativ leicht wieder (vorübergehend) nach unten manipulieren.

Die Radprofis, die ja meist für mehrwöchige Rundfahrten trainierten wählten meist ein anderes Vorgehen, weil sie inicht ein oder zwei Rennen, wie z.B. ein Eisschnelläufer, sondern meist Mehretappenfahrten hatte und sie deshalb das Blut später vor den für Gesamtklassement entscheidenden Alpen- oder Pyrenäenetappen erst zuführten. Da sind dann die retikulozytenwerte schon wieder niedriger, weil das Mehretappenrennen ja schon ein oder zwei Wochen läuft und man dafür keine Anämie brauchen konnte: d.h. bei diesen muss die Blutabnahme für Blutdoping deutlich früher passieren als bei Sportlern, die nur an einem Wochenende fit sein müssen.

Klugschnacker
29.01.2015, 16:59
Wenn die Blutabnahme relativ kurz vor einem Saisonhöhepunkt stattgefunden hat und umfangreich war, dann kommt es zu einer hefitgen endogenen Blutneubildung (so wie auch bei normalen Blutspendern) und wenn dann unmittelbar vor dem Saisonhöhepunkt das abgenommene Blut wieder zugeführt wird, dann hat man erhöhte retikulozyten und erhöhte Hb-Konzentration im Blut. Die erhöhte Hb-Konzentration im Blut lässt sich aber relativ leicht wieder (vorübergehend) nach unten manipulieren.

Ok, verstanden. Danke, Harald! :bussi:

Aber man müsste dann zwingend eine erhöhte Hämoglobinmenge (nicht -konzentration) finden, richtig? Findet man diese nicht, wird Blutdoping als Ursache für die Blutwerte unwahrscheinlich. Oder?

Hafu
29.01.2015, 17:04
...

Auf die Hämoglobinmenge insgesamt trifft das aber nicht zu. Sie bleibt davon unberührt. Bei Blutdoping müsste sie steigen. Bei Pechstein war sie meines Wissens nach konstant.

Grüße,
Arne :Blumen:

Nach meinem Wissen kann man die Gesamthämoglobinmenge gar nicht messen, weil man ja nie weiß, wieviel Liter Blut jemand hat. Dafür müsste man einen Patienten ja ausbluten lassen.

Man kann die Hb-Konzentration im Blut, die HB-Konzentration pro Erythrozyten und die Anzahl der Erythrozyten pro Volumeneinheit messen, aber alle sonstigen Parameter werden einfach nur anhand dieser Messgrößen sekundär bestimmt.

Klugschnacker
29.01.2015, 17:08
ich habe kurz vor deinem Post meinen eigenen nochmal ergänzt und mir ist die Passage, in der Doping komplett aus dem Reich der Möglichkeiten ausgeschlossen wird auch negativ aufgefallen.

Eine solche Aussage wirkt einfach unseriös und unwissenschaftlich.

Das ähnelt dem Urteil des CAS. Hier wird die Möglichkeit einer Krankheit als Ursache kategorisch ausgeschlossen:

Nach Ansicht des Schiedsgerichts ist der von Prof. Schrezenmeier vorgelegte Beweis in dieser Sache ausschlaggebend, da in seiner Expertise grundsätzlich ausgeschlossen wird, dass die Athletin an einer nachweisbaren Blutkrankheit leidet.

:Lachanfall:

Klugschnacker
29.01.2015, 17:19
Nachtrag: Die absolute Hämoglobinmenge wurde bei Pechstein nicht im Rahmen des Blutpasses erfasst. Es liegen nur Werte für die Hämoglobinkonzentration vor.

LidlRacer
29.01.2015, 17:22
Nach meinem Wissen kann man die Gesamthämoglobinmenge gar nicht messen, weil man ja nie weiß, wieviel Liter Blut jemand hat. Dafür müsste man einen Patienten ja ausbluten lassen.


Ironman Frankfurt hatte mal angekündigt, genau das vor und nach dem Rennen bei Freiwilligen messen zu wollen:

http://www.medicalsportsnetwork.de/archive/248994/Studie-zur-Blutvolumenmessung-beim-Frankfurter-Sparkasse-IRONMAN-European-Championship-IRONMAN-Germany.html

Klugschnacker
29.01.2015, 17:39
Nach meinem Wissen kann man die Gesamthämoglobinmenge gar nicht messen, weil man ja nie weiß, wieviel Liter Blut jemand hat. Dafür müsste man einen Patienten ja ausbluten lassen.

Doch, da gibt es einen in Bayreuth entwickelten Test, der die Hämoglobinmenge ermittelt. Prof. oder Dr. Schmid oder Schmidt. Markierung mit Kohlenmonoxid.

Klugschnacker
29.01.2015, 17:53
Wenn die Blutabnahme relativ kurz vor einem Saisonhöhepunkt stattgefunden hat und umfangreich war, dann kommt es zu einer hefitgen endogenen Blutneubildung (so wie auch bei normalen Blutspendern) und wenn dann unmittelbar vor dem Saisonhöhepunkt das abgenommene Blut wieder zugeführt wird, dann hat man erhöhte retikulozyten und erhöhte Hb-Konzentration im Blut. Die erhöhte Hb-Konzentration im Blut lässt sich aber relativ leicht wieder (vorübergehend) nach unten manipulieren.

Noch eine Frage dazu: :Blumen:

Ist es realistisch, dass sich jemand unmittelbar vor wichtigen Wettkämpfen Blut in größeren Mengen abzapft und dann sehr kurzfristig wieder refundiert? Die gewonnene Blutmenge, die schließlich die Leistungssteigerung erbringen soll, wäre dann nur das Wenige, das der Körper in der kurzen Zeit selbst neu hergestellt hätte. Von dieser geringen Menge abgesehen, handelt es sich nämlich um ein Nullsummenspiel: Blut raus und gleich wieder rein.

Wird aus diesem Grunde das Timing für ein Blutdoping nicht folgendermaßen angelegt?
- Blut abzapfen
- Mehrere Wochen warten, bis die angezapfte Blutmenge vom Körper ersetzt wurde
- Abgezapftes Blut zuführen

Nur mit diesem Szenario ergibt sich die volle Wirkung des Blutdopings. Entscheidend ist dafür, dass die Blutneubildung abgeschlossen ist und alles abgezapfte Blut ersetzt wurde. Die Blutneubildung muss deshalb zum Zeitpunkt der gewünschten Topform geringe Werte aufweisen. Bei Pechstein wurden aber hohe Werte für die Blutneubildung gefunden, und zwar ausgerechnet vor wichtigen Wettkämpfen.

Die Kugelzellenanämie, die bei Pechstein festgestellt wurde, erklärt diese Befunde aus meiner Laiensicht überzeugend.

Hafu
29.01.2015, 18:52
Noch eine Frage dazu: :Blumen:

Ist es realistisch, dass sich jemand unmittelbar vor wichtigen Wettkämpfen Blut in größeren Mengen abzapft und dann sehr kurzfristig wieder refundiert?

unmittelbar davor abnehmen und dann gleich wieder re-infundieren wäre natürlich Blödsinn (aber Pechstein hat ja bekanntlich auch Blödsinn gemacht, man denke nur an das Blutdoping mit UV-Bestrahlung, das sie ja zugegeben hat).

Was aber durchaus möglich ist, ist die Abnahme zwei oder drei Wochen vorher, gerade soviel dass durch die daraufhin überschießende Blutneubildung am Wettkampftag wieder normale HB-Werte erreicht sind. Bei Abnahme zwei Wochen vorher dürfte man ca. 500ml abnehmen.
Kurz vor dem Wettkampf wäre dann der Hb-Wert wieder im Normalbereich und die Retikulozytenzahl durch die stattgehabte Blutabnahme vor nur zwei Wochen noch deutlich erhöht. Das wären im Prinzip dieselben Werte, die man bei Pechstein gefunden hat (und die theoretisch auch durch eine Sphärozytose erklärbar wären).

Der Wettbewerbsvorteil ergibt sich natürlich erst, wenn das zwei Wochen zuvor abgenommene Blut dann kurz vor dem Wettkampf refundiert wird.



Nur mit diesem Szenario ergibt sich die volle Wirkung des Blutdopings.
Die volle Wirkung braucht man gerade bei enger Leistungsdichte heutzutage nicht mehr bei Doping. Ein kleiner Wettbewerbsvorteil langt oft aus um aus einem dritten oder vierten Platz einen potenziellen ersten Platz zu machen.


Entscheidend ist dafür, dass die Blutneubildung abgeschlossen ist und alles abgezapfte Blut ersetzt wurde. [U] .
das ist richtig, lässt sich aber relativ genau berechnen. Bei gut gefüllten Eisenspeichern kann ein gesunder Erwachsener ca. 0,7-0,8g Hb pro Woche neu bilden.


Die Blutneubildung muss deshalb zum Zeitpunkt der gewünschten Topform geringe Werte aufweisen.

das ist nicht richtig: die Retikulozyten sind junge rote Blutkörperchen, die zwar noch Zellkernreste enthalten und die ein bisschen anders aussehen als reie ältere Erys aber die durchaus bereits als Sauerstoffträger funktionieren. Auch wenn der Hab-Wert nach einem Blutverlust sich wieder normalisiert hat, sind erhöhte Retikulozyten (wie hoch, das hängt vom Ausmaß des vorherigen Blutverlustes ab) noch eine ganze Zeit lang nachweisbar.

Bei Pechstein wurden aber hohe Werte für die Blutneubildung gefunden, und zwar ausgerechnet vor wichtigen Wettkämpfen.

Die Kugelzellenanämie, die bei Pechstein festgestellt wurde, erklärt diese Befunde aus meiner Laiensicht überzeugend.

Ich verstehe den Zusammenhang immer noch nicht, dass mehrmals (die ISU sprach von 10 mal) gerade vor wichtigen Wettkämpfen, die Retikulozyten anstiegen.
Vor wichtigen Wettkämpfen schraubt man das Training zurück, gönnt seinem körper besonders viel Ruhe. Warum sollten gerade dann die Blutzellen zerfallen?.
Die BLutabnahmen für den Blutpass erfolgen ja entweder im Training (so wie heute bei Kienle) oder als pre-competition-Test kurz vor wichtigen Wettkämpfen.
Nach dem Ziel des Wettkampfes erfolgt dann nur noch eine Urinkontrolle und keine Blutabnahme für den Blutpass.
Und selbst wenn der Stress des gerade absolvierten WEttkampfes zu einem erhöhten Zerfall der genetisch veränderten Sphärozyten geführt haben sollte, würde man unmittelbar nach einem Wettkampf noch keine erhöhten Retikulozyten messen können, denn das dauert mehrere Tage, bis danach die Blutneubildung richtig in Gang gekomen ist.

LidlRacer
29.01.2015, 19:13
... (aber Pechstein hat ja bekanntlich auch Blödsinn gemacht, man denke nur an das Blutdoping mit UV-Bestrahlung, das sie ja zugegeben hat).

Ich frag mich ja immer noch, ob das wirklich Blödsinn war, oder ob nicht an meiner damaligen Theorie was dran sein könnte:

Jetzt hab ich aber mal ne Theorie zum Wirkmechanismus:
Dass die UV-Bestrahlung die Funktion der roten Blutkörperchen direkt verbessert, kann ich mir auch kaum vorstellen. Wie Hafu schon sagt, dürften diese wohl eher geschädigt werden.
Dann wäre für mich der Gedanke naheliegend, dass der Körper diese als geschädigt erkennt und zum Ersatz neue produziert. Und aus irgendwelchen Gründen produziert er mehr neue als geschädigt sind. Oder vielleicht sind sie auch nur scheinbar geschädigt, funktionieren aber trotzdem noch und es werden trotzdem zusätzliche produziert.

Das hab ich mir jetzt mal als Nicht-Mediziner aus den Fingern gesogen. Gelesen hab ich darüber bisher nix.

Wenn das so wäre, dann wäre es wohl tatsächlich Blut-Doping.

Naheliegend fände ich weiterhin, wenn Pechsteins komische Kugelzellen solche UV-geschädigten ehemals normale Zellen wären.

Habe noch nicht gehört, dass das mal einer ernsthaft überprüft hätte ...

Hafu
29.01.2015, 19:16
Doch, da gibt es einen in Bayreuth entwickelten Test, der die Hämoglobinmenge ermittelt. Prof. oder Dr. Schmid oder Schmidt. Markierung mit Kohlenmonoxid.

Von dem Test, bzw. der dafür durchgeführten Studie hat mit mal Timo Bracht vor Jahren erzählt, der damals auch an der Studie teilgenommen hat, aber das Verfahren scheint sich bis jetzt, obwohl mittlerweile patentiert nicht durchgesetzt zu haben und ich habe noch nie von einer routinemäßigen Anwendung gehört.

Habe gerade mal nach einer Veröffentlichung dazu gesucht:
http://www.zeitschrift-sportmedizin.de/fileadmin/content/archiv2009/heft09/standard_prommer_gf.pdf

Ich würde den Test als Leistungssportler wohl nicht an mir machen lassen, denn kohlenmonoxid ist hochgiftig und darüberhinaus (in den Konzentrationen in denen es noch nicht zu Schäden führt) leistungsmindernd. Herr Schmidt schreibt zwar, dass die für die Untersuchung an den Probanden verabreichte Kohlenmonoxidmenge gering sei und unterhalbt der erlaubten maximalen Arbeitsplatzkonzentration liegt, aber wir haben schon oft erlebt, dass z.B. bei Formaldehyd die erlaubten Arbeitsplatzkonzentrationen von vielen Toxikologen in Frage gestellt werden.
Giftige Substanzen führt man sich eigentlich prinzipiell nicht freiwillig zu.

Hafu
29.01.2015, 19:28
Ich frag mich ja immer noch, ob das wirklich Blödsinn war, oder ob nicht an meiner damaligen Theorie was dran sein könnte:

Habe noch nicht gehört, dass das mal einer ernsthaft überprüft hätte ...

Unlogisch ist die Hpothese nicht, denn UV-Licht hat selbstverständlich eine biologische Wirkung und zwar für Zellen eine zweifelsfrei schädliche Wirkung.

Das UV-Blutdoping von Pechstein ist ja erst zu einem Zeitpunkt bekannt geworden, als die Gutachten der ISU schon erstellt waren und die Gutachten und Expertisen, die das Pechsteinlager angeschleppt hat, versuchen verständlicherweise in erster Linie die Gutachten der ISU anzugreifen und zu erschüttern.

Klugschnacker
29.01.2015, 19:36
Also, dass Claudia Pechstein an einer milden Kugelzellenanämie leidet, ebenso wie ihr Vater, ist doch mittlerweile unstrittig, oder?

Hafu
29.01.2015, 20:41
Also, dass Claudia Pechstein an einer milden Kugelzellenanämie leidet, ebenso wie ihr Vater, ist doch mittlerweile unstrittig, oder?

Für mich (ich bin kein medizinischer Laie, aber auch kein hämatologischer Experte) ist es absolut nicht bewiesen, dass Pechstein und ihr Vater an einer milden Kugelzellanämie leiden.

In dem Gutachten von Herrn Ehninger stützt sich die Diagnose auf einen neu entwickelten Untersuchungsalgorhythmus, der (zumindest 2009) noch nicht veröffentlicht war und der sich lediglich auf die Verknüpfung verschiedener gemessener Blutparameter stützt.

Das Diagnoseverfahren hat laut Ehninger eine Spezifiät von 94,4%, d.h. bei 20 Patienten bei denen man mit dieser methode eine Sphärozytose versucht zu diagnostizieren, findet man einen bei denen man diese Diagnose zu Unrecht stellt. Der Link, der in dem Gutachten angegeben wird (www.sysmex.de/files/articles/Xtra_5_Symposium_ Istanbul.pdf), funktioniert leider nicht und führt nicht zu dem Diagnoseverfahren, sondern nur auf die Sysmex-Website.

Für die Erstellung des Diagnosealgorhythmus hat man Blutwerte von Gesunden mit den blutwerten von Sphärozytose-Kranken verglichen.

Wenn jetzt aber ein Gesunder in irgendeiner Weise mit seinem Blut gepanscht hat (sei es mit UV-Bestrahlung, mit Blutdoping oder sonst einer anderen Methode) hat er aber danach sicher nicht mehr die Blutparameter einer gesunden Normpopulation, so dass sich die Wahrscheinlichkeit , dass er zu Unrecht durch diese Methode als "krank" eingestuft wird, die ja ohnehin schon 1:20 beträgt, zweifellos erhöht.

Wenn ich als gesperrter Sportler nach Argumenten suchen würde, die dazu geeignet sein könnten die Gutachten des Verbandes in ihrer Glaubwürdigkeit zu schwächen und ein mir gewogener Gutachter würde mir vorschlagen, dass man meine Eltern untersuchen müsste, ob diese vielleicht ähnliche Blutbildveränderungen haben wie ich, würde ich vor dieser geplanten Untersuchung dasselbe mit dem Blut meines Vaters machen (z.B. ihn zur UV-Bestrahlung nach Erfurt schicken), wie in der Vergangenheit mit meinem eigenen, in der Hoffnung, dass sich dann das Blut z.B.meines Vaters in ähnlicher Weise verändert.

Bei 80-90% aller Patienten mit Sphärozytose lässt sich die Membranveränderung direkt in den roten Blutkörperchen nachweisen: bei Pechstein und ihrem Vater lässt sich eine solche Membranveränderung aber eben nicht nachweisen. (diesen Fakt findet man auf Seite 5 des Ehninger-Gutachtens.)
Das Argument des fehlenden Nachweises einer Membranveränderung wischt Ehninger mal eben beiseite, indem er lapidar anführt, dass bei 10%-20% der Patienten mit Sphärozytose diese Mempranveränderung nicht nachweisen lässt.

Dass das zur Diagnose angewandte indirekte Diagnoseverfahren ("Diagnosealgorhythmus") andererseits eine Fehlerwahrscheinlichkeit von 5% hat, wird andererseits von ihm nicht mal thematisiert.

Ich behaupte nicht, dass ich in dem Fall unvoreingenommen bin, aber Ehnigers Argumentationsweise ist für mich unseriös und eindeutig tendenziös. Getragen von einer aus welchem Grund auch immer vorgefertigten Meinung.

Im übrigen irritiert mich an dem sog. Gutachten von Herrn Ehninger die fehlende Gliederung und der geringe Umfang. 5 Seiten Gutachten, formuliert in ungegliedertem Fließtext ist bei einem Streitwert von über 4 mio Euro ein absoluter Witz. Eigentlich ist der Text kein Gutachten, sondern eher so eine Art Attest.

Wenn ich ein freies Gutachten erstelle z.B. für eine Unfallversicherung oder für das Sozialgericht bei einem Antrag auf Erwerbsminderung sind die entsprechenden Texte mindestens 15, manchmal 40 Seiten lang und folgen einer klaren Gliederung mit Zwischenüberschriften und auf den ersten ca. 3/4 eines Gutachtens habe sämtliche wertenden Äußerungen nichts verloren.
Im Anfangsteil geht man auf den Gutachtenzweck ein, erläutert die genutzten untersuchungsmethoden samt Literaturangaben, trägt dann möglichst neutral sämtliche Fakten und Untersuchungsergebnisse zusammen und erst im letzten Abschnitt fließt dann eine Bewertung der gesammelten Erkenntnisse in den Text ein, aber auch da muss man immer in beide Richtungen argumentieren und die endgültige Bewertung des Gesamtverhaltens letztlich dem Auftraggeber (Gericht, Versicherung) überlassen.

Klugschnacker
29.01.2015, 21:01
Wenn jetzt aber ein Gesunder in irgendeiner Weise mit seinem Blut gepanscht hat (sei es mit UV-Bestrahlung, mit Blutdoping oder sonst einer anderen Methode) hat er aber danach sicher nicht mehr die Blutparameter einer gesunden Normpopulation, so dass sich die Wahrscheinlichkeit , dass er zu Unrecht durch diese Methode als "krank" eingestuft wird, die ja ohnehin schon 1:20 beträgt, zweifellos erhöht.

Gibt es für diesen Schluss einen Beleg? Auf mich als medizinischer Laie wirkt das wie eine unbewiesene Behauptung. Geht da gerade der Gaul mit Dir durch? (No offense intended!)
:Cheese: :Blumen:

Eine ausführlichere Darstellung der Zweifel und Einwände findet Du zum Beispiel hier (die von Ehninger war Dir ja nachvollziehbar zu knapp):
http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Dr.%20Pöttgen%2009.01.2010.pdf

Grüße,
Arne

Hafu
29.01.2015, 21:27
Habe jetzt nach einigem rumsuchen die Veröffentlichung gefunden, auf die sich die Diagnose einer angeblichen Sphärozytose bei Claudia Pechstein beruft.

Ehninger schreibt in seinem Gutachten, dass sie 2009 in der (durchaus angesehenen) Zeitschrift Haematologica eingereicht worden ist. Dort ist die Arbeit aber offensichtlich nie erschienen, d.h. sie hat den dortigen peer-review-Prozess nicht bestanden, weshalb man als Wissenschaftler (publish or perish) die Arbeit dann anschließend bei weniger angesehenen Zeitschriften einreicht.
In den Annals of hematology ist dann 2011 das Verfahren, die angeblich neue Diagnosemethode beschrieben:

http://directory.unamur.be/research/publications/023c885c-f9a6-4e21-9997-b4168c970d44

Der Autor beschreibt seine Methode aber ausdrücklich als einfaches und schnelles "Screening-tool" (This simple and fast diagnostic method could be used as an excellent screening tool for HS.). (HS = heriditäre Sphärozytose)

Das heißt das Verfahren ist nicht dafür gedacht, eine Diagnose zu sichern, sondern innerhalb von Reihenuntersuchungen von hunderten oder tausenden Patienten diejenigen zu finden, die dann annschließend mit teuren und aufwändigen standardisierten und anerkannten Dignoseverfahren untersucht werden (z.B. Nachweis der für HS typischen Membranveränderungen der Erythrozyten).

Ein Screeningverfahren ist etwas anderes als eine laut Ehninger "neue Methode zur Diagnostik von Sphärozytosen"!

( Mich wundert, dass keiner der mit dem Fall im Detail befassten Journalisten auf diesen Aspekt der durchaus fragwürdigen Diagnosebegründung der beiden Pechstein gewogenen Gutachter, neben Ehninger beruft sich ja auch Herr Weinmann auf genau dieses fragwürdige Diagnoseverfahrend der HS, eingegangen ist.)

LidlRacer
29.01.2015, 21:46
Also, dass Claudia Pechstein an einer milden Kugelzellenanämie leidet, ebenso wie ihr Vater, ist doch mittlerweile unstrittig, oder?

Nach meinem Kenntnisstand ist das eine von vielen akzeptierte Theorie, für die auch einige Untersuchungsergebnisse sprechen, die aber keineswegs bewiesen ist, wie auch Werner Franke meint:

"Den einzigen Beweis, den ich akzeptieren würde, wäre eine DNA-Sequenz, die die genetischen Veränderungen in ihrem Körper und dem ihres Vaters belegt. Dann würde ich sofort sagen: Okay, das ist ein Beweis", sagte Franke, der die Diagnose des Blut-Anomalie-Spezialisten Klaus Eber genau studiert hat.
www.spiegel.de/sport/wintersport/doping-experte-franke-kritisiert-sperre-von-pechstein-a-951451.html

Stefan
29.01.2015, 21:56
Harald,
DANKE für Deine Beiträge!
Stefan

Klugschnacker
29.01.2015, 22:00
HaFu, nach dem ersten Screeningtest gab es Nachuntersuchungen.

Klugschnacker
29.01.2015, 22:10
Nach meinem Kenntnisstand ist das eine von vielen akzeptierte Theorie, für die auch einige Untersuchungsergebnisse sprechen, die aber keineswegs bewiesen ist, wie auch Werner Franke meint:

Werner Franke sagt im selben Artikel: ""Sie hätte nie gesperrt werden dürfen. Es gibt keinen Beweis für Doping, aber auch keinen Beweis für ihre Unschuld", sagte der Heidelberger Zell- und Molekularbiologe... Die erhöhten Retikulozytenwerte bei Pechstein waren ein Indiz auf Blutdoping, aber kein medizinischer Beweis"
:Blumen:

drullse
29.01.2015, 22:29
Harald,
DANKE für Deine Beiträge!
Stefan

Dem schließe ich mich an - auch wenn ich nicht alles verstehe...

LidlRacer
29.01.2015, 22:36
Werner Franke sagt im selben Artikel: ""Sie hätte nie gesperrt werden dürfen. Es gibt keinen Beweis für Doping, aber auch keinen Beweis für ihre Unschuld", sagte der Heidelberger Zell- und Molekularbiologe... Die erhöhten Retikulozytenwerte bei Pechstein waren ein Indiz auf Blutdoping, aber kein medizinischer Beweis"
:Blumen:

Das sehe ich ja genau so. Das CAS-Urteil war absolut falsch, insbesondere da es sich hauptsächlich auf ein Gutachten gestützt hat, das aber nach späterer Aussage des Gutachters völlig fehlinterpretiert wurde.

Aber zur Stützung meiner These, dass die UV-Bestrahlung eine Rolle bei den Blut-Merkwürdigkeiten spielen könnte, zitiere ich noch mal Prof. Perikles Simon (auch wenn ich den wegen der verkorksten Ironman-Doping-Befragung heftigst kritisiert habe):
Drittens könne die UV-Behandlung "auch Zellen zerstören. Dass dabei dann Blutbilder herauskommen wie bei einem Menschen mit einer pathologischen Bluterkrankung, ist nicht erstaunlich." Als mögliches Beispiel nannte Simon die Eisschnellläuferin Pechstein. Sie war bereits von 2009 bis 2011 wegen erhöhter Blutwerte gesperrt. "Möglicherweise hat sie keine vererbte Blutanomalie – sondern sich nur ihre Erythrozyten mit UV-Licht verbruzzelt."
http://www.badische-zeitung.de/sportpolitik/doping-mit-system-in-erfurt--55330967.html

Klugschnacker
29.01.2015, 22:51
Die roten Blutkörperchen sind nicht auf irgendeine, sondern auf eine ganz bestimmte Weise beschädigt, die genau zur Diagnose passt. Herr Simon soll die Zeitung lesen. Zum Beispiel die FAZ:

"Nach dem Urteil mit zweijähriger Sperre wurde Claudia Pechstein bei Andreas Weimann, Arzt und Biochemiker an der Charité in Berlin, weiter untersucht. Mit neuen Verfahren wurden ein funktioneller Membrandefekt belegt, für hereditäre Sphärozytosen typische Retikulozytenverteilungen gemessen und die Hämolyse nach körperlicher Belastung belegt."

Es ist nicht auszuschließen, aber es wäre doch ein merkwürdiger Zufall, wenn die Bestrahlung mit UV-Licht ausgerechnet diejenigen Defekte mit sich bringen würde, wie eine hereditären Sphärozytose, und sämtliche Experten darauf hereinfallen.

Und auf dieser Basis soll dann Recht gesprochen werden? Langsam wird’s albern.

LidlRacer
29.01.2015, 23:01
Die roten Blutkörperchen sind nicht auf irgendeine, sondern auf eine ganz bestimmte Weise beschädigt, die genau zur Diagnose passt. Herr Simon soll die Zeitung lesen. Zum Beispiel die FAZ:

"Nach dem Urteil mit zweijähriger Sperre wurde Claudia Pechstein bei Andreas Weimann, Arzt und Biochemiker an der Charité in Berlin, weiter untersucht. Mit neuen Verfahren wurden ein funktioneller Membrandefekt belegt, für hereditäre Sphärozytosen typische Retikulozytenverteilungen gemessen und die Hämolyse nach körperlicher Belastung belegt."

Es ist nicht auszuschließen, aber es wäre doch ein merkwürdiger Zufall, wenn die Bestrahlung mit UV-Licht ausgerechnet diejenigen Defekte mit sich bringen würde, wie eine hereditären Sphärozytose, und sämtliche Experten darauf hereinfallen.

Und auf dieser Basis soll dann Recht gesprochen werden? Langsam wird’s albern.

Natürlich kann und soll nicht auf Basis meiner und Prof. Simons Spekulationen Recht gesprochen werden. Aber falls die Theorie nicht gänzlich unplausibel ist, wie ja auch Hafu meint, könnte doch mal jemand entsprechende Untersuchungen durchführen.
Leute, die die UV-Methode bei irgendwelchen Heilpraktikern durchführen lassen, sollte es reichlich geben.
Deren Blut müsste sich nur mal jemand anschauen, der sich damit auskennt.

Und wie war das eigentlich noch mit Eislaufkolleginnen, die ähnliche Anomalien wie Pechstein haben sollen? Ich finde dafür gerade leider keine Quelle - hat die noch jemand zur Hand?
Aber wenn es da tatsächlich eine auffällige Häufung gäbe, wäre die durch die gleiche Behandlung deutlich besser zu erklären als durch eine recht seltene Krankheit ...

noam
29.01.2015, 23:03
Und auf dieser Basis soll dann Recht gesprochen werden? Langsam wird’s albern.

Aber ist das nicht zB im amerikanischen Schadensersatzrecht üblich, dass sich jede Seite geneigte Gutachter organisiert (oder schmiert oder sonst wie Einfluss nimmt) und der Richter oder wer auch immer sonst dann Recht zu sprechen hat, in seiner freien Beweiswürdigung nach besten Wissen und Gewissen über Recht oder Unrecht bzw Anspruch oder nicht entscheidet?

Ich glaube nach meiner dienstlichen Erfahrung mit diversen Richtern, dass viele sich zwar Mühe geben, aber als höchstens belesene Laien irgendwelchen Gutachtern ausgeliefert sind. Und es ist durchaus nicht unüblich (auch im Strafrecht) dass auf Gutachter versucht wird Einfluss zu nehmen um das mögliche Gutachten in eine bestimmte Richtung zu bewegen.


Ich finde der Fall Pechstein zeigt sehr gut auf wie anfällig ein Rechtssystem ist, da man in manchen Fällen halt einfach nie eindeutig eine Sachlage be- oder widerlegen kann. Und dann muss man sich als Gesellschaft fragen, welches Risiko einer Fehlverurteilung wir bereit sind in Kauf zu nehmen. Dies Problem tritt immer wieder in reinen Indizienprozessen auf.

NBer
29.01.2015, 23:26
Aber ist das nicht zB im amerikanischen Schadensersatzrecht üblich, dass sich jede Seite geneigte Gutachter organisiert (oder schmiert oder sonst wie Einfluss nimmt) und der Richter oder wer auch immer sonst dann Recht zu sprechen hat, in seiner freien Beweiswürdigung nach besten Wissen und Gewissen über Recht oder Unrecht bzw Anspruch oder nicht entscheidet?

Ich glaube nach meiner dienstlichen Erfahrung mit diversen Richtern, dass viele sich zwar Mühe geben, aber als höchstens belesene Laien irgendwelchen Gutachtern ausgeliefert sind. ........


in D urteilen wenigstens richter, bewandert mit der materie oder nicht haben sie aber zumindest einen gewissen bildungsgrad. in den usa urteilen geschworene, wo es nur auf befangen oder unbefangen ankommt. wissen zum thema oder bildung spielt dort keine rolle.

Klugschnacker
29.01.2015, 23:28
Natürlich kann und soll nicht auf Basis meiner und Prof. Simons Spekulationen Recht gesprochen werden. Aber falls die Theorie nicht gänzlich unplausibel ist, wie ja auch Hafu meint, könnte doch mal jemand entsprechende Untersuchungen durchführen.


Das wäre sicher interessant, spielt aber für den Fall Pechstein keine Rolle. Denn das oberste Sportgericht, der CAS, hat klargestellt, dass diese Form der Behandlung von jeweils 50ml Blut vor 2011 kein Doping ist. Unabhängig von unserer persönlichen Einstellung ist dieses Urteil maßgeblich.

Falls also die von der Norm abweichende Retikulozytenzahl Pechsteins auf die Bestrahlung zurückzuführen wäre (was ich bezweifle), hätte das für mein Verständnis die gleiche entlastende Wirkung wie die Diagnose einer Kugelzellenanämie. Man mag sich dagegen sträuben, aber beide Erklärungen würden den Blutwert plausibel machen, und keine Sperre zur Folge haben.

Insofern können wir uns meiner Meinung nach diese Bestrahlungsgeschichte sparen, da sie keine Relevanz für den Fall hat.

Grüße,
Arne

LidlRacer
30.01.2015, 00:15
Das wäre sicher interessant, spielt aber für den Fall Pechstein keine Rolle. Denn das oberste Sportgericht, der CAS, hat klargestellt, dass diese Form der Behandlung von jeweils 50ml Blut vor 2011 kein Doping ist. Unabhängig von unserer persönlichen Einstellung ist dieses Urteil maßgeblich.

Falls also die von der Norm abweichende Retikulozytenzahl Pechsteins auf die Bestrahlung zurückzuführen wäre (was ich bezweifle), hätte das für mein Verständnis die gleiche entlastende Wirkung wie die Diagnose einer Kugelzellenanämie. Man mag sich dagegen sträuben, aber beide Erklärungen würden den Blutwert plausibel machen, und keine Sperre zur Folge haben.

Insofern können wir uns meiner Meinung nach diese Bestrahlungsgeschichte sparen, da sie keine Relevanz für den Fall hat.

Hast Du dies schon gelesen?
Grit Hartmann: Fragen zum “Morbus Pechstein” (http://www.jensweinreich.de/2012/02/01/grit-hartmann-fragen-zum-morbus-pechstein/)

Dort gibt Fritz Sörgel einige Hinweise darauf, dass die UV-Bestrahlung tatsächlich für Pechsteins Blutanomalien verantwortlich sein könnte, und dass die Methode schon in der DDR zu Dopingzwecken eingesetzt wurde.

Damit wäre das CAS UV-Urteil genau so falsch wie das CAS-Pechstein-Urteil, womit letzteres dann möglicherweise im Ergebnis doch wieder richtig und nur in der Begründung falsch wäre.
Weischwasichmein?

Klugschnacker
30.01.2015, 00:16
Hast Du dies schon gelesen?
Grit Hartmann: Fragen zum “Morbus Pechstein” (http://www.jensweinreich.de/2012/02/01/grit-hartmann-fragen-zum-morbus-pechstein/)


Nein, vielen Dank, hole ich gleich nach! :Blumen:

Weischwasichmein?

Ja. Spontan würde ich Dir darin folgen.

Klugschnacker
30.01.2015, 00:52
1964 etwa legte ein Ärzteteam der Universität Göttingen Patienten mit diversen Hautkrankheiten unters UV-Licht. Resultat: Die Retikulozyten-Zahl fällt erst, zwischen dem 13. und 15. Tag aber kommt es zur „überschießenden Regeneration“, zu einem Plus von 36 Prozent. Hämatokrit und Hämoglobin, der rote Blutfarbstoff und wichtigste Sauerstofftransporter, bleiben unverändert.

Ja, das klingt auf den ersten Blick plausibel. Bestrahlung statt Kugelzellenanämie. Trotzdem wirkt die ganze Betrachtung etwas laienhaft. Auf Einzelheiten gehe ich gerne am Wochenende noch ein.

Es wurde verschiedentlich angeführt, Pechsteins Werte seien just zu den Hauptwettkämpfen mysteriös gewesen. Hier gibt es eine Analyse, auch grafisch, zu den jeweiligen Saisonhöhepunkten:
https://www.marienkrankenhaus.com/uploads/media/Sportmedizin-Artikel-Pechstein.pdf

Zusammenfassung:

"Bei summarischer Betrachtung aller Zahlenwerte ist keine Tendenz zu erkennen, dass mittels Doping die Blutwerte Hämatokrit und Hämoglobin für Top-Ereignisse „optimiert“ wurden, um damit eine bessere Leistungsfähigkeit zu erreichen. Auch bei den Retikulozyten sieht man keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Kontroll-Situationen."

"Es wurden keine Unterschiede zwischen Blutwerten festgestellt, die bei Top- Ereignissen wie Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, Weltcup- Veranstaltungen und im Training gewonnen worden waren. Hämoglobinwerte, Hämatokritwerte und Retikulozytenzahlen waren in diesen verschiedenen Situationen prinzipiell gleich...

Zusammenfassend wurde kein Hinweis für Blut-Doping vor der WM 2009 in Hamar gefunden. Zusätzlich wurde kein Hinweis für systematisches Blutdoping über die 10 Jahre hinweg gefunden. Diese Analyse hätte von den ISU-Verantwortlichen vor der Anklageerhebung durchgeführt werden müssen."

(Prof. Dr. med. Winfried Gassmann
Klinik für Hämatologie und internistische Onkologie)

Klugschnacker
30.01.2015, 01:00
Hier noch ein Kommentar zur Bestrahlungsthese. Ich erlaube mir, ihn von der oben verlinkten Seite zu kopieren. Er ist nicht ohne Logik:

"Betrachtet man die wissenschaftliche Evidenz, die es für die beiden oben in den Raum gestellten Hypothesen gibt, so fällt das Urteil klar zu Gunsten der Blutanomalie aus. Eine solche ist in Hunderten von Veröffentlichungen in qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Zeitschriften mit “Peer Review Verfahren” (so was gibt es in der Wissenschaft!) und Kontrollgruppen gut dokumentiert und wird weiter erforscht.

Die UV Bestrahlung wird nur in ganz wenigen alten “Studien” in Journals, die keinen Impact Faktor haben, beschrieben.

Zudem sollte bei der angeblich positiven Studie (Bergmann H, Strahlentherapie, 1964) bezgl. der Reticulozyten mal nach der Technik geschaut werden: Verschiedene Strahlenarten (incl. Röntgen), Ganzkörperbestrahlung.. . Der Unterschied zu dem Erfurther Verfahren ist doch etwas zu gross, um hier Rückschlüsse zu erlauben. Ich belasse es dabei.

Als weiterer Punkt sollte die Tatsache, dass dieses UV-Verfahren sich in der Schulmedizin nicht durchgesetzt hat, doch eigentlich ebenfalls Bände sprechen: Wenn man mit einem so einfachen Verfahren die Blutneubildung wirklich beschleunigen könnte, warum bekommen dann so viele Patienten z.B. nach Knochenmarkstransplantationen Transfusionen und sind auf EPO angewiesen?

(Sarkasmus an) Eine UV Lampe würde es nach dieser Logik doch auch tun? (Sarkasmus aus)"

Hafu
30.01.2015, 06:55
Die roten Blutkörperchen sind nicht auf irgendeine, sondern auf eine ganz bestimmte Weise beschädigt, die genau zur Diagnose passt. Herr Simon soll die Zeitung lesen. Zum Beispiel die FAZ:

"Nach dem Urteil mit zweijähriger Sperre wurde Claudia Pechstein bei Andreas Weimann, Arzt und Biochemiker an der Charité in Berlin, weiter untersucht. Mit neuen Verfahren wurden ein funktioneller Membrandefekt belegt, für hereditäre Sphärozytosen typische Retikulozytenverteilungen gemessen und die Hämolyse nach körperlicher Belastung belegt."
,,,.

Hast du da mal einen Link dazu (für den fett gedruckten Abschnitt).

Nach meinem bisherigen Kenntnisstand ist ja eben kein Membrandefekt belegt worden (der bei 80-90% der Patienten mit Sphärozytose nachweisbar ist) und dies wird im Gutachten der ISU als starker Hinweis gegen die SphärozytoseHypothese angesehen.

Prof. Ehninger wischt in seinem Mini-"Gutachten", dieses Argument lapidar beiseite mit dem Hinweis, dass es auch seltene Fälle gibt (10%-20%), in denen der Membrandefekt nicht nachweisbar ist und trotzdem eine Sphärozytose vorliegt.

Dass sog. "neue" Verfahren, dass Herr Weinman (im übrigen ein enger Spezi von Herrn Ehninger) angewandt hat ist ein reines Screening-Verfahren, entwickelt und gedacht für Reihenuntersuchungen (um auffällige Blutprofile zu finden --> hohe Sensitivität, aber eher geringe Spezifität!) und nicht zur Diagnosestellung in einem umschriebenen Einzelfall gedacht und entwickelt.

Das von Weinmmann genutzte Verfahren beruht eben nicht auf dem Nachweis des krankheitstypischen Memrandefektes sondern, auf der interpretation der REtikulozytenzahl, der Hamoglobinkonzentration innerhalb der Erys und verschiedener anderer automatisch von Analysegeräte gemessenen Blutparameter.

Man sollte bei der Beurteilung nicht vergessen, dass die Pechstein-Seite nur die Atteste und "Gutachten" veröffentlicht, die ihre Sicht der Dinge belegt, während man die Argumente die letztlich zur Verurteilung von Pechstein geführt haben nur teilweise indirekt in der Veröffentlichung des Urteilstextes des CAS-Urteils findet (laienhaft interpretiert von Juristen), nicht aber als direkten Download.

Hafu
30.01.2015, 07:16
Das wäre sicher interessant, spielt aber für den Fall Pechstein keine Rolle. Denn das oberste Sportgericht, der CAS, hat klargestellt, dass diese Form der Behandlung von jeweils 50ml Blut vor 2011 kein Doping ist. Unabhängig von unserer persönlichen Einstellung ist dieses Urteil maßgeblich.
...

Nach meinem Kenntnisstand hat es der Vorgang der UV-Bestrahlung überhaupt nicht bis zum CAS geschafft, so dass es auch kein Urteil dazu gibt.

Ganz zu Beginn des Verfahrens hat es einmal von der WADA die (inoffizielle) einschätzung gegeben, dass das UV-Verfahren wahrscheinlich keine verbotene Methode sei, wenige Tage später zog die WADA diese erste Einschätzung aber ausdrücklich zurück und erklärte das Verfahren zur verbotenen Methode.

Die drei als Musterverfahren von der NADA gegen betroffene Sportler (u.a. die Eisschnelläuferin Judith Hesse) eingeleiteten Dopingverfahren vor der Antidopingkommission endeten zwar ohne Sperre, aber hauptsächlich aus dem Grund, weil z.B. Hesse mehrmals beim verabreichenden Arzt nachgefragt habe, ob das auch erlaubt sei und dieser behauptet habe die Methode sei erlaubt. Als offizieller Olympiastützpunktarzt genosse der Erfurter Dr. Franke einen gewissen Vertrauensvorschuss.
Im Urteil in Zusammenhang mit diesem Verfahren wurde aber ncoh einmal explizit klar gestellt, dass es sich bei der UV-Betrahlung zweifelsfrei um einen Dopingverstoß gehandelt hat und das ergangene Urteil nur in diesem Einzelfall wegen der besonderen Umstände gilt (es somit bei anderen betroffenen Sportlern, z.B. wenn sie nicht so sorgfältig nachgefragt haben, oder mehr Lebenserfahrung haben) durchaus auch andere Urteile geben könnte.

Ein Verfahren des Deutschen Sportschiedsgerichts gegen die von Franke behandelte Erfurter Eisschnellläuferin Judith Hesse hatte vor einem Monat einen Freispruch ergeben. Der Sportlerin, die sich selbst angezeigt hatte, konnte kein persönliches Verschulden nachgewiesen werden, wenngleich das Gremium objektiv ein Dopingvergehen ausgemacht hatte. (http://www.badische-zeitung.de/sportpolitik/sportmediziner-franke-geht-straffrei-aus--61603822.html)

Warum es trotz dieser Einschätzung und Urteilsbegründung (bislang) nicht mehr sportrechtliche Verfahren gegeben hat (ca. 30 Sportler waren mindestens vom UV-Blut-doping betroffen), weiß ich nicht. Vermutlich hängt es mit der Unterfinanzierung der NADA zusammen, und damit dass die Antidopingkomissionen ehrenamtlich arbeitet und jedes einzelne Verfahren ein groer Aufwand bedeutet.

Franke selbst ist freigesprchen worden, aber das liegt vor allem an den Besonderheiten des Strafrechtes und dass es bislang in Deutschland kein Antidopinggesetz gibt und die Ermittlungen nur auf dem Arzneimittelgesetz beruhten. Ein verbotenes Verfahren ist ja schwer als Medikamentenmissbrauch strafrechtlich zu interpretieren.

Hafu
30.01.2015, 07:27
Hier noch ein Kommentar zur Bestrahlungsthese. Ich erlaube mir, ihn von der oben verlinkten Seite zu kopieren. Er ist nicht ohne Logik:

[INDENT]"Betrachtet man die wissenschaftliche Evidenz, die es für die beiden oben in den Raum gestellten Hypothesen gibt, so fällt das Urteil klar zu Gunsten der Blutanomalie aus. Eine solche ist in Hunderten von Veröffentlichungen in qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Zeitschriften mit “Peer Review Verfahren” (so was gibt es in der Wissenschaft!) und Kontrollgruppen gut dokumentiert und wird weiter erforscht.

...

Ich hab' gestern in verschiedenen Datenbanken recherchiert und halte daher die fett gedruckte Aussage für nicht haltbar.

Die für die "Diagnose" der milden Sphärozytose angewandte "neue" Methode ist nicht in hunderten, sondern in genau einer einzigen peer-review-kontrollierten Veröffentlichung dokumentiert und keinesfalls in der Medizin etabliert.
Und das von Ehninger und Weinmann genutzte Verfahren ist auch zu einem anderen Zweck entwickelt worden (Screening) als es von ihnen genutzt wurde.

Darüberhinaus wurde die Diagnosemethode 2009 bei Haematologica (einem sehr angesehenen Journal) eingereicht, hat aber dort den peer review-Prozess anscheinend aus unbekannten Gründen nicht bestanden und ist dann 2011 in einer anderen weniger angesehenen meidizinischen Zeitschrift veröffentlich worden. (http://directory.unamur.be/research/publications/023c885c-f9a6-4e21-9997-b4168c970d44)

Klugschnacker
30.01.2015, 08:27
Hast du da mal einen Link dazu (für den fett gedruckten Abschnitt).

http://www.faz.net/aktuell/sport/wintersport/der-fall-pechstein-falsches-beuteschema-1595020-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Klugschnacker
30.01.2015, 08:31
Nach meinem Kenntnisstand hat es der Vorgang der UV-Bestrahlung überhaupt nicht bis zum CAS geschafft, so dass es auch kein Urteil dazu gibt.

http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/doping/uv-bestrahlung-von-blut-cas-entscheid-in-der-causa-erfurt-12291073.html

"Der Internationale Sportgerichtshof Cas hat ein Grundsatz-Urteil in Sachen Blutdoping gefällt. Die UV-Bestrahlung des Blutes war vor dem 1. Januar 2011 keine verbotene Methode, wenn sie nicht zur Erhöhung des Sauerstofftransfers führte...

Dies sei im vorliegenden Fall nicht erwiesen, der objektive Tatbestand einer verbotenen Methode nicht erfüllt."

Klugschnacker
30.01.2015, 09:14
Man sollte bei der Beurteilung nicht vergessen, dass die Pechstein-Seite nur die Atteste und "Gutachten" veröffentlicht, die ihre Sicht der Dinge belegt, während man die Argumente die letztlich zur Verurteilung von Pechstein geführt haben nur teilweise indirekt in der Veröffentlichung des Urteilstextes des CAS-Urteils findet (laienhaft interpretiert von Juristen), nicht aber als direkten Download.

Das sehe ich auch so. Man findet mehr entlastendes Material als belastendes. (Das liegt zum Teil auch daran, dass wesentliche Punkte in der Argumentation erst nach der Verurteilung auftauchten, soweit ich die Chronologie überblicke. )

Für eine Verurteilung muss meiner laienhaften Vorstellung nach jeder vernünftige Zweifel ausgeschlossen sein. Deshalb ist es in Ordnung, sich mit der Überzeugungskraft der entlastenden Argumente auseinanderzusetzen. Und da gibt es wohl eine ganze Menge: Aus meiner Sicht ist es recht kühn zu behaupten, die von Pechstein vorgelegte Erklärung für den erhöhten Retikulozytenwert sei ausgeschlossen.

----

Dass Pechstein diese aus meiner Sicht entlastenden Argumente liefert, ist, wie wir alle wissen, nötig, weil sie durch die Beweislastumkehr vor einem Sportgericht ihre Unschuld beweisen muss. Dabei wird so getan, als gäbe es nur diese beiden Möglichkeiten:

a) Pechstein hat gedopt
b) Pechstein hat eine Kugelzellenanämie

Es wird so getan, als sei jede Schwächung des Standpunktes b eine Stärkung für Standpunkt a, was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für beide Standpunkte zusammen genommen 100% betragen müsse. Das ist aber ausgesprochener Bullshit.

Das sieht man daran, dass auch beide Aussagen gleichzeitig richtig sein können, oder keine von beiden. Denn bereits die Interpretation der Daten in Pechsteins Blutpass, hier müsse es sich in jedem Fall um einen manipulativen Eingriff im Sinne von Doping handeln, ist anzuzweifeln.

Mit anderen Worten: Wir stehen zunächst vor einem Haufen Daten in einem Blutpass. Um daraus einen Dopingvorwurf zu konstruieren, ist eine Interpretation und Bewertung der Daten erforderlich. Bereits diese Bewertung kann falsch sein, und wird auch in Zweifel gezogen, zum Beispiel hier (https://www.marienkrankenhaus.com/uploads/media/Sportmedizin-Artikel-Pechstein.pdf). Auch die Richtigkeit der Messdaten selbst wird in Zweifel gezogen, zum Beispiel hier (http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Dr.%20Pöttgen%2009.01.2010.pdf).

Vor einem ordentlichen Gericht ist vom Verband der Nachweis zu führen, dass diese Interpretationen und Bewertungen Doping zwingend nahelegen, und zwar so zwingend, dass andere Erklärungen so gut wie ausgeschlossen sind.

Wenn er das kann, ist alles gut! :Blumen:

Hafu
30.01.2015, 09:27
http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/doping/uv-bestrahlung-von-blut-cas-entscheid-in-der-causa-erfurt-12291073.html

"Der Internationale Sportgerichtshof Cas hat ein Grundsatz-Urteil in Sachen Blutdoping gefällt. Die UV-Bestrahlung des Blutes war vor dem 1. Januar 2011 keine verbotene Methode, wenn sie nicht zur Erhöhung des Sauerstofftransfers führte...

Dies sei im vorliegenden Fall nicht erwiesen, der objektive Tatbestand einer verbotenen Methode nicht erfüllt."

Danke:Blumen: , das Urteil kannte ich noch nicht. Allerdings bezieht es sich nur auf den Zeitraum vor dem 1.1.2011. Bekannt geworden ist die Erfurter Affäre ja Ende Januar 2012 und die Razzia, bei der die Patientenkartei sichergestellt wurde fand im "Frühjahr 2011 statt. Zumindest die Eisschnelläuferin Hesse, sowie wohl auch Kittel hatten die Behandlung nach dem 1.1.2011 erhalten. Von Pechstein finde ich kein genaues Behandlungsdatum.

Allerdings wirkt die Fixierung auf das Stichdatum ein wenig grotesk, denn ein von der Pechstein-Seite immer wieder vorgebrachtes Argument lautet ja, dass ihre BLutwerte nach dem aktuellen, überarbeiteten Reglement nicht zu einem Verfahren geführt hätten, weil mittlerweile mehr als nur die Prozentzahl der Retikulozyten bei der Beurteilung des Blutpasses eine Rolle spielen. Hier wünschen sich die PEchsteinanwälte also die Anwendung der aktuell geltenden überarbeiteten Regeln.

Im Zusammenhang mit dem UV-Doping ist es dagegen genau umgekehrt: hier können sie sich gemäß dem von dir verlinkten CAS-Urteil darauf berufen: UV-Doping wäre heutzutage zwar strafbar, vor dem 1.1. 2011 aber noch nicht...:confused: :(

Sportrechtlich ist es irrelevant, dass der Chef der WADA John Fahey ganz anderer Meinung ist als der CAS-GErichtshof:

„Ich habe keinen Zweifel daran, dass Blutdoping vor 2011 verboten war, vor 2011 und auch danach. So einfach ist das“, hatte Fahey unlängst in einem Rundfunk-Interview erklärt. „Nach meinem Verständnis schloss der Wada-Code das Verbot der UV-Blutbestrahlungen, wie es sie in Deutschland gegeben hat, mit ein - vor 2011 und danach“

Aber auch hier gilt: Wenn man die Autorität des CAS (den ich wegen der undurchsichtigen Berufungsverfahren der dortigen Richter auch für nicht unproblematisch als allerletzte Instanz für Sportler halte) im einen Urteil akzeptiert (weil der richterspruch einem in die Karten spielt), kann man schlecht das nächste CAS-Urteil, das einen selbst betrifft in Frage stellen und vor einem Zivilgericht dagegen vorgehen. Auch das ist irgendwie ein Widerspruch in sich.

Klugschnacker
30.01.2015, 09:41
Wenn man die Autorität des CAS im einen Urteil akzeptiert (weil der richterspruch einem in die Karten spielt), kann man schlecht das nächste CAS-Urteil, das einen selbst betrifft in Frage stellen und vor einem Zivilgericht dagegen vorgehen.

Doch, das geht. Der CAS hat ja nicht immer recht oder immer unrecht.

Aus dem Spiegel von gestern:

DOSB hält Pechstein für unschuldig
Der Deutsche Olympische Sportbund hat sich festgelegt: Die Dopingsperre für Eisschnelllaufstar Claudia Pechstein ist aus DOSB-Sicht zu Unrecht erfolgt. Verbandschef Alfred Hörmann macht sich für eine Neuaufnahme des Verfahrens stark.

"Alle Gutachter kommen zum Schluss, dass anhand der Blutbildverläufe und Erythrozyten-Merkmale von Claudia Pechstein ein Doping-Nachweis nicht geführt werden kann", teilte Wolfgang Jelkmann, der Direktor des Instituts für Physiologie an der Universität zu Lübeck, dem DOSB-Präsident Alfons Hörmann mit.

Aufgabe der vom DOSB im Oktober 2014 um Rat gebetenen Experten war es, alle medizinischen Fachgutachten und Diagnosen zusammenfassend zu bewerten. "Die von uns um Rat gebetenen Experten kommen zu einem klaren Ergebnis. Danach gibt es die vielen Fragezeichen in der Causa Pechstein zu Recht", erklärte Hörmann am Donnerstag."
http://www.spiegel.de/sport/wintersport/doping-dosb-spricht-sich-fuer-claudia-pechstein-aus-a-1015601.html

Die Süddeutsche gibt sich kritisch:

"Das Votum dieser Kommission kam nicht überraschend, sondern war bereits bei ihrer Zusammenstellung durch die DOSB-Spitze im Oktober so erwartet worden. Denn nahezu alle Mitglieder dieser fünfköpfigen Gruppe hatten auch schon vorher mehr oder minder eindeutig in der langjährigen Debatte um Pechsteins Blutwerte Position bezogen.

Der Vorsitzende Wolfgang Jelkmann, Direktor des Instituts für Physiologie an der Uni Lübeck, war 2009 einer der ersten Hämatologen, die sich auf die Seite der Athletin schlugen. Der Italiener Alberto Zanella hatte ursprünglich der ISU als Gutachter gedient, aber schon bald darauf erklärt, dass auch eine Anomalie die Werte erklären könne. Mathias Freund ist Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie (DGHO), sein Vorgänger in diesem Amt hatte bereits im März 2010 bei einer aufsehenerregenden Pressekonferenz gesagt, es stehe zu "99,9 Prozent" fest, dass Pechstein nicht gedopt habe. Und der Kölner Doping-Analytiker Wilhelm Schänzer hatte ebenfalls schon 2010 Kritik an der Sperre geäußert, weil sie nur auf einem auffälligen Wert, den Retikulozyten, beruhte."
http://www.sueddeutsche.de/sport/dosb-expertengruppe-auf-pechsteins-seite-1.2327076


Die FAZ kommentiert:

Wie konnte es zu dem Fehlurteil bei der Bewertung von Pechsteins Blutwert kommen? ... Und warum musste die Athletin vor dem Sportgericht ihre Unschuld beweisen, wenn doch kein positiver Test, mithin der physische Beleg für einen gedopten Körper vorlag, sondern allenfalls ein Indiz?

Die Umkehr der Beweislast, die Sportler in Sportgerichtsfällen trifft, sobald Analytiker Spuren verbotener Mittel in ihrem Urin oder Blut gefunden haben, war im Falle Pechstein nicht zulässig. Trotzdem bestand die ISU darauf. Außerdem musste dem Verband so wie dem Cas bekannt gewesen sein, dass ein einzelner Blutwert als Grundlage für eine Verurteilung über den „indirekten Beweis“ nicht dem wissenschaftlichen Stand entsprach. Das wurde in der Welt-Anti-Doping-Agentur längst diskutiert, als die Damen und Herren zu Gericht saßen. Wenige Tage nach der Bestätigung des Urteils durch das Cas traten neue, wesentlich verschärftere Bedingungen in Kraft. Vor diesem Hintergrund sollten sich ISU und Cas nicht nur über ein Fehlurteil grämen. Sie haben auch die Pflicht, öffentlich zu klären, wo der Fehler im System lag.
http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/nach-dosb-huldigung-vor-pechstein-gibt-es-neue-fragen-13397781.html

Hafu
30.01.2015, 09:47
...Dabei wird so getan, als gäbe es nur diese beiden Möglichkeiten:

a) Pechstein hat gedopt
b) Pechstein hat eine Kugelzellenanämie

Es wird so getan, als sei jede Schwächung des Standpunktes b eine Stärkung für Standpunkt a, was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für beide Standpunkte zusammen genommen 100% betragen müsse. Das ist aber ausgesprochener Bullshit.

Das sieht man daran, dass auch beide Aussagen gleichzeitig richtig sein können, oder keine von beiden. ...

Das ist richtig.:Blumen:

Und das stört mich auch an den vorliegenden Gutachten, die die Fakten nicht ergebnisoffen interpretieren, sondern ganz klar tendenziös und wertend in eine Richtung argumentieren.

Das "Gutachter-Viergestirn" Ehninger, Weinmanm, Jelkmann und Gassmann (die ja eng miteinander verbandelt sind) hat ausschließlich die Möglichkeit von klassischem Epo-Doping gegenüber der Möglichkeit des Vorliegens einer Sphärozytose abgewogen und sind in keiner Zeile darauf eingegangen, dass Pechsteins Blut auch anderweitig als durch Epo manipuliert worden sein könnte. Veränderung durch UV-Bestrahlung wurde hier bereits angesprochen, ebenso wie die Möglichkeit klassischen Blutdopings ohne Epo. Prof. Franke hat darüberhinaus noch darauf hingewiesen, dass auch androgene und anabole Substanzen (Steroide, Wachstumshormon, Testosteron) Auswirkungen auf die roten Blutkörperchen und die Blutneubildung haben.

Klugschnacker
30.01.2015, 10:04
...sind in keiner Zeile darauf eingegangen, dass Pechsteins Blut auch anderweitig als durch Epo manipuliert worden sein könnte. Veränderung durch UV-Bestrahlung wurde hier bereits angesprochen, ebenso wie die Möglichkeit klassischen Blutdopings ohne Epo. Prof. Franke hat darüberhinaus noch darauf hingewiesen, dass auch androgene und anabole Substanzen (Steroide, Wachstumshormon, Testosteron) Auswirkungen auf die roten Blutkörperchen und die Blutneubildung haben.

Weil das keine Rolle spielt. Wenn es nicht nur zwei Hypothesen zur Erklärung der fraglichen Blutwerte gibt, sondern zum Beispiel fünf, sagt das nichts aus über die Wahrscheinlichkeit der allein entscheidenden Hypothese, Pechstein habe gedopt.
:Blumen:

Hafu
30.01.2015, 10:13
Nachdem ich mich gestern erstmalig etwas genauer mit dem "Gutachten" von Herrn Ehninger im Detail befasst habe und wie bereits geschrieben einige medizinische und inhaltliche Ungereimtheiten darin gefunden habe, insbesondere die Diagnosestellung einer "milden Sphärozytose"durch einen Test, der nicht dafür vorgesehen ist, wofür ihn Herr Weinmann und Herr Ehninger benutzt haben, konnte ich erst nicht glauben, dass das nicht vorher schon anderen Medizinern, insbesondere solchen, die besser auf diese Materie spzialisiert sind als ich, aufgefallen ist.

Und dem ist natürlich auch nicht so: hier ist z.B. das Interview mit einem angesehenen Hämatologen (Professor Ganser), der sich von der FAZ befragt scharf von den Aussagen seines Kollegen Ehninger distanziert und auch zu Recht kritisiert, dass Ehninger so tut als spreche er für eine ganze Fachgesellschaft (DGHO) und sein seltsames Gutachten auch auf dem Briefpapier der DGHO verfasst, deren kommissarischer Vorsitzender er war, während er doch nur in Wirklichkeit seine ganz persönliche Sicht der Dinge kund tut.

"Das hat mit Wissenschaft wenig zu tun" (http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/doping/haematologe-ganser-zum-fall-pechstein-das-hat-mit-wissenschaft-wenig-zu-tun-1591361.html)

Solche Expertenmeinungen findet man natürlich nicht auf www.claudia-pechstein.de.

Klugschnacker
30.01.2015, 10:22
hier ist z.B. das Interview mit einem angesehenen Hämatologen (Professor Ganser), der sich von der FAZ befragt scharf von den Aussagen seines Kollegen Ehninger distanziert und auch zu Recht kritisiert, dass Ehninger so tut als spreche er für eine ganze Fachgesellschaft (DGHO) und sein seltsames Gutachten auch auf dem Briefpapier der DGHO verfasst, deren kommissarischer Vorsitzender er war, während er doch nur in Wirklichkeit seine ganz persönliche Sicht der Dinge kund tut.

"Das hat mit Wissenschaft wenig zu tun" (http://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/doping/haematologe-ganser-zum-fall-pechstein-das-hat-mit-wissenschaft-wenig-zu-tun-1591361.html)

Solche Expertenmeinungen findet man natürlich nicht auf www.claudia-pechstein.de.

Das Interview ist aus dem Jahr 2010. Zwischenzeitlich heißt es (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.doping-kugelzellanaemie-mit-folgen.749e73e4-3eb1-49e6-9183-00000c46b1b0.html):

"Es seien weitere Untersuchungen durchgeführt worden, die etwaige Zweifel beseitigt und schließlich auch, wie er sich schriftlich habe bestätigen lassen, seinen internen Kritiker aus Hannover überzeugt hätten. Der Fachkollege Arnold Ganser von der Medizinischen Hochschule Hannover hatte Nacharbeiten gefordert, und diese seien inzwischen erfolgt. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung würde demnächst folgen; sie soll dann veröffentlicht werden."

Welche Veröffentlichungen damit genau gemeint sind, und wo man sie findet, weiß ich nicht.

Hafu
30.01.2015, 10:46
Weil das keine Rolle spielt. Wenn es nicht nur zwei Hypothesen zur Erklärung der fraglichen Blutwerte gibt, sondern zum Beispiel fünf, sagt das nichts aus über die Wahrscheinlichkeit der allein entscheidenden Hypothese, Pechstein habe gedopt.
:Blumen:

Doch. In einem wissenschaftlichen Gutachten müsste das sehr wohl ein Rolle spielen. Nach damaligem Reglement hat die ISU mit ihrer Sperre richtig gehandelt, weil die beobachtete Erhöhung der Retikulozyten dafür ausreichend war. Das ist aber eine allein juristische (sportrechtliche) Begründung.

Wenn man die damals geltenende Regeln wissneschaftlich, also aus medizinsicher Sicht anzweifelt, kann man dies nicht so tun wie es Herr Ehninger getan hat (entweder Epo-Doping oder Sphärozytose), sondern muss nach ausführlicher neutraler Darstellung der Fakten alle möglichen Hypothesen diskutieren und versuchen zu verifizieren oder auch zu falsifizieren.

Und wenn es dann z.B. drei Erklärungsmodelle für eine unerlaubte Blutbehandlung (durch UV-Licht, durch androgen wirkende Substanzen, durch Blutdoping) die grundsätzlich möglich sind und eine Hypothese (milde Sphärozytose ohne Membranveränderung) die ebenfalls möglich aber äußerst unwahrscheinlich ist, dann muss das ein Gutachter so darstellen und letztlich dem Richter die Interpretation und Beurteilung der vom gutachter ggf. errechneten Wahrscheinlichkeiten überlassen.

Die hereditäre Sphärozytose tritt übrigens in Europa mit einer Häufigkeit von 1:2000- 1:2500 auf und ist damit als Erkrankung sehr selten (Quelle) (https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/sphaerozytose-hereditaer-kugelzellenanaemie).
Bei 80% - 90% (je nach Literaturveröffentlichung)der Sphärozytose-Erkrankten ist aber ein Membrandefekt der roten Blutkörperchen direkt nachweisbar (=Goldstandard für die Diagnose). Bei Pechstein ist dieser Nachweis nicht gelungen. Ebenso auch nicht bei ihrem Vater, der angeblich ebenfalls HS hat.

Die Wahrscheinlichkeit, dass bei jemandem also eine HS ohne nachweisbaren Membrandefekt vorliegt sinkt damit auf 1:10 000 bos 1:20 000!

captain hook
30.01.2015, 10:56
Na Hafu, ist halt nicht das Mädel ausm Nachbardorf, da kann man sich schonmal ganz schön verbeißen, oder? ;)

Hafu
30.01.2015, 11:00
Das Interview ist aus dem Jahr 2010. Zwischenzeitlich heißt es (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.doping-kugelzellanaemie-mit-folgen.749e73e4-3eb1-49e6-9183-00000c46b1b0.html):

"Es seien weitere Untersuchungen durchgeführt worden, die etwaige Zweifel beseitigt und schließlich auch, wie er sich schriftlich habe bestätigen lassen, seinen internen Kritiker aus Hannover überzeugt hätten. Der Fachkollege Arnold Ganser von der Medizinischen Hochschule Hannover hatte Nacharbeiten gefordert, und diese seien inzwischen erfolgt. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung würde demnächst folgen; sie soll dann veröffentlicht werden."

Welche Veröffentlichungen damit genau gemeint sind, und wo man sie findet, weiß ich nicht.

Dieser Text in der Stuttgarter Zeitung beruht aber ausschließlich auf den Aussagen Ehningers gegenüber einem Reporter der Zeitung und Ehninger hat sich mit seinen Aussagen und schriftlichen "Gutachten" soweit aus dem Fenster gewagt, dass seine gesamte wissenschaftliche Ehre und Reputation auf dem Spiel steht. Der kann gar nicht mehr zurückrudern.
Es wäre eine Frage der journalistischen Sorgfaltspflicht gewesen, dass die Stuttgarter Zeitung in Hannover bei Professor Ganser angerufen hätte und dort O-Töne eingeholt hat, ob der Fall wirklich mittlerweile von diesem komplett anders bewertet wird und die Zweifel an der Diagnose einer HS ausgeräumt seien.

Klugschnacker
30.01.2015, 11:22
Die Wahrscheinlichkeit, dass bei jemandem also eine HS ohne nachweisbaren Membrandefekt vorliegt sinkt damit auf 1:10 000 bis 1:20 000!

Auch diese Zahl spielt keine Rolle. Sie gilt, falls Du sie richtig dargestellt hast, woran ich nicht zweifle, für eine beliebige, zufällig ausgewählte Person. Wir haben es aber nicht mit irgendeiner Person zu tun, sondern mit einer, die ein sehr spezielles Merkmal aufweist.

Ausschlaggebend ist diese Wahrscheinlichkeit: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Person mit der bei Pechstein gefundenen Retikulozytenzahl und ihrer Dynamik an einer bestimmten Form der Kugelzellenanämie leidet?

Diese Wahrscheinlichkeit liegt vermutlich sehr viel höher.

Grüße,
Arne

Klugschnacker
30.01.2015, 11:52
Nach damaligem Reglement hat die ISU mit ihrer Sperre richtig gehandelt, weil die beobachtete Erhöhung der Retikulozyten dafür ausreichend war.

Moment mal! Die ISU ist nicht an ein von außen vorgegebenes Reglement gebunden gewesen, das sie lediglich umgesetzt hätte. Sondern sie hat diese Regeln selbst aufgestellt.

Genau diese Regeln sind jetzt Gegenstand der Auseinandersetzung. Die Blutwerte Pechsteins sind heute die gleichen wie im beanstandeten Zeitraum. Sie hat dreimal Selbstanzeige deswegen erstattet, ohne gesperrt zu werden. Trotz unveränderter Blutwerte spricht niemand mehr von ihnen als Beweis für Doping.

Die ISU muss sich fragen lassen, ob die Kritierien für einen Dopingfall, die sie damals selbst aufgestellt hat, ausreichend waren.

Die Antwort kennen wir: Direkt nach Pechsteins Verurteilung wurden die Kriterien für einen Dopingfall verschärft.

Grüße, :Blumen:
Arne
(Nach Diktat verreist)

TriAlex
30.01.2015, 11:56
:Lachanfall: :Lachanfall: :Lachanfall:


.....
Grüße, :Blumen:
Arne
(Nach Diktat verreist)

qbz
30.01.2015, 12:09
Die "Dopinggeschichte" um C.P. wäre in meinen Augen ziemlich anders verlaufen, wäre die Sportlerin beim DEC Inzell u.a. Weltspitze geworden. Die Konfliktfronten bekamen IMHO ihre Konturen, die Gestalt auf dem Hintergrund der Wiedervereinigung und des Umgangs mit Sportlern und Trainern aus der ehemaligen DDR (und vor allem auch wie ausländische Konkurrenten das sahen) sowie des Umgangs mit der Dopinggeschichte der DDR. (Omerta versus Aufklärung)

Joachim Franke (http://bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=860), Trainer von C.P. bis 2011, war ein sehr erfolgreicher Eisschnellauftrainer der DDR und nach der Wiedervereinigung Bundestrainer. Er erhielt das Bundesverdienstkreuz 2002. Bekannt ist, dass er Mitglied in der geheimen Forschungsgruppe "Zusätzliche Leistungsreserven im Sport" in der DDR war.

Zum Thema sportliche Erfolge der BRD in der Nachwendezeit und Joachim Franke schrieb die Zeit 1998:
http://www.zeit.de/1998/13/doping.txt.19980319.xml

Hafu
30.01.2015, 12:17
...
Grüße, :Blumen:
Arne
(Nach Diktat verreist)

:Cheese:

Einverstanden.:Blumen:

Ich bin nicht objektiv in der Sache, weil mir mein Bauchgefühl ziemlich eindeutig sagt, dass Pechstein gedopt hat (habe ich glaube ich schonmal geschrieben) und dass es mit der Sperre letztlich die Richtige erwischt hat.

Natürlich genügt mein Bauchgefühl nicht, um eine Sperre rechtswirksam zu begründen;) und Pechstein wäre bei einem Freispruch in einem wieder aufgerollten Prozess nicht die erste Dopingsünderin, die letztlich mit ihrer Lebenslüge davonkommt. Damit könnte ich leben und so wichtig ist Eisschenllauf für mich auch nicht.

Das was mich an dem Fall eigentlich am meisten stört, ist die auf Jahre wirksame Diskreditierung des indirekten Dopingbeweises ohne den die Blutpässe einfach keinen Sinn machen. Man hat sich von den Blutpässen (die es auch im Triathlon gibt!) ein wirksames Mittel gegen Doping durch unbekannte Substanzen, für die es noch kein direktes Nachweisverfahren und gegen all die epo-ähnlichen Substanzen, die im Urin nur ganz kurz nachweisbar sind versprochen.
Pechstein war der Präszendenfall, auf den auch alle anderen Fachverbände starren und wenn dieser Fall in einem millionenschweren Fiasko für den Eisschnellaufverband endet, dann kann man das sündhaft teure Blutpässe-Programm genauso auch wieder einstampfen, denn seit Pechstein gab es meines Wissens kein abgeschlossenes Verfahren mit indirektem Beweis mehr und wird es aufgrund des Verfahrensrisiko in zukunft vermutlich auch nicht mehr geben. Ob es tatsächlich seit Pechstein keinen Sportler mehr mit hochauffälligem Blutpasswerten gegeben hat, wage ich aber zu bezweifeln.

(Jetzt verreise ich aber auch:Huhu: , bzw. widme mich echter Arbeit)

meggele
30.01.2015, 15:15
Ausschlaggebend ist diese Wahrscheinlichkeit: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Person mit der bei Pechstein gefundenen Retikulozytenzahl und ihrer Dynamik an einer bestimmten Form der Kugelzellenanämie leidet?
Das bezieht sich allerdings nur auf Personen, die weder Motiv noch Gelegenheit für abnorme Blutwerte haben.

Denn ob gedopt oder nicht: wie schon von HaFu gesagt, muss sie als Teilnehmerin einer Hochdopersportart immer vor dem Hintergrund aller möglichen Manipulationen betrachtet werden. Das wird in ihrem Fall vermutlich weder zu einem klaren Ja oder Nein in der Frage Doping oder Krankheit führen, aber wenn es so ist, muss man es auch so darstellen.


Ansonsten möge sie doch einfach bitte auch für eine beliebige Zeit nach Karrieende diese Anomalien aufweisen, dann sind wir alle überzeugt.

captain hook
30.01.2015, 15:25
als Teilnehmerin einer Hochdopersportart

Ist das so? Mir sind aus dem Triathlon mehr Dopingfälle bekannt als von hochkarätigen Eisschnellläufern.

TriFra
30.01.2015, 16:37
@ Hafu. Vielen Dank für die sehr lebhafte und professionell geführte Diskussion die ich seit einigen Tagen verfolgen durfte.

Das mit dem Bauchgefühl ist bei mir auch der Fall.

meggele
30.01.2015, 16:42
Ist das so? Mir sind aus dem Triathlon mehr Dopingfälle bekannt als von hochkarätigen Eisschnellläufern.
Die Anzahl positiver Tests sagt doch nichts aus. Guck Dir nur mal die Radrennen in den USA an, wo (bislang?) die abgegebenen Proben überhaupt nicht auf die wirklich interessanten Substanzen untersucht wurden. Oder Gewichtheben, wo man es sich noch leichter macht und die favorisierten Russen erst gar nicht testet.

Oder anders gesagt, in jeder Ausdauersportart wird gedopt. Wie hoch oder niedrig die Quote konkret ist, spielt doch keine Rolle, wenn es um Fragen wie diese hier geht. Der Punkt ist, dass die Verteilung von Blutwerten bei Profisportlern eine andere ist als bei der unsportlichen Referenzbevölkerung. Und das liegt neben einer möglichen genetischen vorteilhaften Veranlagung in in den Veränderungen durch Training, Trainingsphase und Doping. Das bedeutet ja logischerweise nicht, dass jeder aus so einer Sportart gedopt ist (dann könnten wir sie gleich alle sperren, wär einfacher), sondern nur, dass Rückschlüsse aus Verteilungen von Nichtsportlern auf Sportler immer unzulässig sind.

Klugschnacker
30.01.2015, 17:33
Das was mich an dem Fall eigentlich am meisten stört, ist die auf Jahre wirksame Diskreditierung des indirekten Dopingbeweises ohne den die Blutpässe einfach keinen Sinn machen. Man hat sich von den Blutpässen (die es auch im Triathlon gibt!) ein wirksames Mittel gegen Doping durch unbekannte Substanzen, für die es noch kein direktes Nachweisverfahren und gegen all die epo-ähnlichen Substanzen, die im Urin nur ganz kurz nachweisbar sind versprochen.
Pechstein war der Präszendenfall, auf den auch alle anderen Fachverbände starren und wenn dieser Fall in einem millionenschweren Fiasko für den Eisschnellaufverband endet, dann kann man das sündhaft teure Blutpässe-Programm genauso auch wieder einstampfen, denn seit Pechstein gab es meines Wissens kein abgeschlossenes Verfahren mit indirektem Beweis mehr und wird es aufgrund des Verfahrensrisiko in zukunft vermutlich auch nicht mehr geben. Ob es tatsächlich seit Pechstein keinen Sportler mehr mit hochauffälligem Blutpasswerten gegeben hat, wage ich aber zu bezweifeln.

Das stimmt so nicht. Zum Beispiel die wohl beste Marathonläuferin der letzten Jahre, Lilija Schobuchowa, die wegen Auffälligkeiten in ihrem Blutpass gesperrt wurde. Es gibt aber noch zahlreiche andere. Viele auffällige Werte aus dem Blutpass haben auch im Radsport zu erfolgreichen Zielkontrollen geführt. Deine verständliche Sorge ist daher unbegründet.

Ich sehe in der Diskussion keinen einzigen Wissenschaftler, der heute noch die Meinung vertritt, man könne wie bei Claudia Pechstein mit nur einem einzigen Blutparameter einen Dopingnachweis führen. Es ist richtig, dass Pechstein ein Präzendenzfall war. Man hat daraus gelernt und die Nachweiskriterien deutlich angehoben. Jetzt gilt es, denn Fall Pechstein fair zu prüfen.

Grüße,
Arne

Klugschnacker
31.01.2015, 10:29
hier ist z.B. das Interview mit einem angesehenen Hämatologen (Professor Ganser), der sich von der FAZ befragt scharf von den Aussagen seines Kollegen Ehninger distanziert

Ich hatte herzu erwidert, dass auch Herr Prof. Ganser mittlerweile davon überzeugt sei, dass die Diagnose einer Kugelzellenanämie korrekt sei, ich aber keine Quelle dafür angeben könne. Ich reiche sie hier nach.

Die Meinung von Prof. Ganser ist interessant, weil er nach meiner Kenntnis der einzige Wissenschaftler war, der die Diagnose eine Kugelzellenanämie ablehnte. Seine Einwände waren berechtigt, deshalb hat man weitere Untersuchungen angestellt (in Erythrozytenlaboren in Würzburg, Ulm, Bremen und im Universitätsspital Zürich). Die dort ermittelten Labordaten wurden interpretiert von Prof. Dr. med. Stefan Eber, München. Ich zitiere aus seinem Bericht (http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Prof.Eber%2006.02.2011.pdf):

Was haben Sie festgestellt?
"Es liegt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine hereditäre Membranopathie mit mildem, subklinischen Verlauf vor... Die Vererbung ist durch die gleichartigen Veränderungen bei Vater und Tochter gesichert.

Wie häufig sind milde Membrananomalien?
Sehr häufig. Eber und andere fanden in einer Untersuchung von 1000 gesunden Blutspendern der Blutbank Göttingen eine Häufigkeit von 1 % für klinisch asymptomatische Anlageträger einer hereditären Sphärozytose. Ca 1/5 dieser Anlageträger wiesen Zeichen einer minimalen Hämolyse auf. Goede berichtet aktuell von einer Häufigkeit von 0,2 % von Trägern eines leichten Membrandefektes (im Sinne einer hereditären Xerozytose). Die Zahlen decken sich und weisen daraufhin, dass leichte Membrandefekte viel häufiger sind als bisher angenommen.

Teilt Herr Prof. Ganser, auf dessen Empfehlung sich Frau Pechstein an Sie gewandt hat, Ihre Diagnose?
Ja. Sowohl mündlich wie schriftlich betont Prof. Ganser, dass nach den jetzt durchgeführten Untersuchungen die Lage wesentlich klarer aus. Ich darf Prof. Ganser ausdrücklich und gerne zitieren, dass auch er der Meinung ist, dass die Ektazytometrie und die hämatologischen Veränderungen die Diagnose des Erythrozytenmembrandefektes belegen. Die erhöhten Retikulozyten-Werte sind dadurch ausreichend erklärt.

Gibt es aus Ihrer Sicht namhafte Experten, die zu einem anderen Ergebnis gekommen sind, bzw. angesichts der Ergebnisse kommen könnten?
Nein, alle bisher angesprochenen nationalen und internationalen Hämatologen teilen die Meinung, dass ein Membranopathie als Ursache der Retikulozytose vorliegt.

Sollte die ISU auf Basis ihrer Diagnose Claudia Pechstein eine Ausnahmegenehmigung für ihre schwankenden und zeitweise erhöhten Retikulozyten erteilen?
Ja, der Nachweis identischer Veränderungen beim Vater weist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einen hereditäre, vom Vater vererbte Defekt der roten Blutzellen, der nicht durch äußere Einflüsse, auch nicht durch Erythropoetin oder andere Substanzen oder Dopingmittel hervorgerufen werden kann; 

• die schwankenden und phasenweise leicht erhöhten Retikulozytenzahlen stehen ohne Zweifel im Zusammenhang mit den nachgewiesenen erythrozytären Anomalien; 

• das Wesen der Veränderungen besteht in einem Erythrozytenmembrandefekt, der in typischer Weise immer wieder mit variablen, milden Hämolysen einhergeht, jeweils gefolgt vom leichten Absinken der Hb Werte, dann Anstieg der Retikulozyten- Zahlen und Erholung der Hämoglobin- Werte. Dabei kommt es jedoch nicht zu erhöhten Werten wie beim EPO-Doping. 

• Die Verläufe sind typisch für hereditäre Hämolysen. Als Auslöser kommen Belastungen wie z.B. Infektionen, oxidative Faktoren, Training etc, in Betracht. Eine Krankheit ist nicht damit verbunden. Hb-Werte wie beim EPO-Doping wurden nicht erreicht. Bei zwischenzeitlich erhöhten Retikulozytenwerten war die Hämoglobinkonzentration nicht über den Normalwert angestiegen

In der Gesamtschau kann der Vorwurf eines Dopings in dem besonderen Fall von Claudia Pechstein, der durch den indirekten Nachweis einer Retikulozytose gestützt wurde, nicht mehr aufrechterhalten werden. Insofern tut die ISU gut daran, Frau Pechstein eine Ausnahmegenehmigung zu gewähren.

Grüße,
Arne

Hafu
31.01.2015, 11:56
Ich hatte herzu erwidert, dass auch Herr Prof. Ganser mittlerweile davon überzeugt sei, dass die Diagnose einer Kugelzellenanämie korrekt sei, ich aber keine Quelle dafür angeben könne. Ich reiche sie hier nach.

Die Meinung von Prof. Ganser ist interessant, ...

Danke für den Link, Arne.

Leider steht er auf Claudia-pechstein.de, was bei mir so eine gewisse Grundskepsis erzeugt, gegen die ich mich schlecht wehren kann.

In dem Text von Prof. Eber steckt viel Text, viele Meinungsäußerungen und es sind zugegeben nachvollziehbare Indizien, dass bei Pechstein tatsächlich ein erblicher Erythrozytendefekt vorliegt, die zweifellos auch eine gerichtliche Aussagekraft entfalten können.

Der einzige wirklich neu hinzugekommene Test ist aber die sogenannte Ektazytometrie (http://de.wikipedia.org/wiki/Ektazytometrie), ein Verfahren dass im ganzen deutschsprachigen Raum ausschließlich in Zürich durchgeführt wird und das eine Methode ist, die sehr selten und wenig verbreitet ist, so dass es zwar viel Erfahrungen mit der Ektazytometrie bei gesunden Probanden sowie bei Sphärozytose-Erkrankten gibt, es aber keine Studien gibt, welche Veränderungen der Erythrozyten bei Blutmanipulationen (z.B. UV-Bestrahlungen des Blutes) gefunden werden.

Was mich stört, ist dass keiner der hinzugezogenen und um ergänzende Beurteilung der Probenanalysen gefragten Ektazytometriexperten auf die Probengewinnung eingegangen ist.

Jeder der Experten scheint einfach mal von der Grundannahme auszugehen, dass das was da von Pechstein und ihrem Vater in Zürich analysierte Blut ihr "ganz normales Blut" ist, ohne dass es vorher in irgendeiner Weise manipuliert worden sei. Das ist ein ordentlicher Vertrauensvorschuss, denn Pechstein da von ihren Untersuchern erhält.

Bei der Tragweite des Falles, der Menge an Geld, um die es hier geht und der Energie die Pechstein bisher in ihren Kampf gegen die ISU gesteckt hat kann man davon aber nicht so ohne weiteres ausgehen.

Ich hab' vor ein paar Tagen schon geschrieben, dass wenn man Pechstein unterstellt, dass sie ihr Blut in der Vergangenheit manipuliert hat, sie sicher nicht unvorbereitet zu der Untersuchung nach Berlin zu Herrn Weinmann gefahren ist und sie mit Sicherheit auch ihren Vater entsprechend vorbereitet hätte.

Für die ergänzende Ektazytometrie ist Pechstein extra mit ihrem Vater nach Zürich gefahren, für eine weiter Untersuchung, die mehr oder weniger das beinhaltete, was auch Herr Weinmann in Berlin mit ihr anstellte nach München. Auch das war alles andere als eine überraschende Untersuchung, wie z.B. eine unangekündigte Trainingskontrolle, bei der es, wenn man entsprechende kriminelle Energie dem Pechstein-Lager, unterstellt ebenso denkbar wäre, dass sie ihr Blut und das ihres Vaters vorher entsprechend manipuliert hat bzw. in der gleichen Art hat manipulieren lassen, wie sie es vor ihrer Sperre zu tun gewohnt war.

Prof. Weber hat geschrieben, dass die Diagnose, die er Pechstein zuschreibt sehr häufig sei: nämlich 1:500 (asymptomatische Träger, bei denen sich ein Gendefekt nicht nachweisen lässt). 1:500 mag epidemiologisch häufig sein, auf einen Einzelfall bezogen ist es trotzdem eine außerordentlich seltene Konstellation. Umso mehr wenn man berücksichtigt, dass zwei weitere mit Pechstein nicht verwandte Erfurter Eisschnelläuferinnen ähnliche auffällige Blutwerte wie Pechstein aufweisen und zumindest bei einer von diesen ebenfalls dieselbe Dagnose laut Prof. Weber nachgewiesen worden ist.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine sehr seltene Bluterkrankung nicht nur bei einem sondern bei gleich zwei Eisschnelläuferinnen (Seite 16 des von Arne verlinkten umfangreichen Textes von Prof. Weber) auftritt beträgt im konkreten Fall 1:500 x 1:500, also 1:250 000 !!!!. Vor diesem Hintergrund und der Erkenntnis, dass am Olympiastützpunkt Erfurt mindestens bis 2011 in großem Stil die UV-Blutbestrahlung durchgeführt wurde für mindestens 30 Sportler, höchstwahrscheinlich aber noch für viel mehr, müsste man m.M.n. mal eine unabhängige Studie durchführen lassen, wie sich Blutbild und Verhalten der Erys bei der Ektazytometrie vor und nach ausgedehnter UV-Blutbetrahlung verändern.

Der Goldstandard zur Diagnose einer genetisch veränderten Erkrankung ist immer noch ein direkter Nachweis des Gendefektes, denn die Gene selbst lassen sich nicht manipulieren, aber ein solcher direkter Nachweis ist ja bei Pechstein nach wie vor nicht gelungen.

Klugschnacker
31.01.2015, 12:05
Ich bin nicht objektiv in der Sache, weil mir mein Bauchgefühl ziemlich eindeutig sagt, dass Pechstein gedopt hat (habe ich glaube ich schonmal geschrieben) und dass es mit der Sperre letztlich die Richtige erwischt hat.

Das mit dem Bauchgefühl ist bei mir auch der Fall.

Euer Bauchgefühl habe ich zunächst ebenso empfunden. Insbesondere der angebliche Anstieg kritischer Blutwerte just vor Hauptwettkämpfen erschien mir als sehr verräterisches Indiz.

Bei näherer Beschäftigung zeigt sich jedoch, dass dieser regelmäßige Anstieg nicht existiert. Es handelt sich um ein Märchen, dass einer Überprüfung nicht standhält. Das Gericht die vorliegenden Daten falsch interpretiert.

So heißt es im Gutachten von Prof. Dr. med. Winfried Gassmann:

"Bei den Top-Ereignissen wie Welt- und Europameisterschaften und Olympischen Spielen wurden exakt gleiche Blutwerte gefunden wie bei Weltcup-Veranstaltungen und bei unangemeldeten Trainingskontrollen...

Bei Frau Pechstein fallen doping-verdächtige Retikulozytenzahlen auf. Demgegenüber sind Hämoglobin- und Hämatokritwerte der gleichen Zeit so niedrig, dass Epo-Doping oder eine andere Form des Blutdopings sehr unwahrscheinlich erscheint."
http://jensweinreich.de/wp-content/uploads/2010/01/gassmann-zum-cas-urteil.pdf

LidlRacer
31.01.2015, 12:16
Der Goldstandard zur Diagnose einer genetisch veränderten Erkrankung ist immer noch ein direkter Nachweis des Gendefektes, denn die Gene selbst lassen sich nicht manipulieren, aber ein solcher direkter Nachweis ist ja bei Pechstein nach wie vor nicht gelungen.

Ich kann mich nicht erinnern, gelesen zu haben, dass ein solcher Gentest versucht worden wäre. Hab ich da was verpasst, oder gibt es vielleicht gute Gründe, den Test nicht zu machen bzw. die Ergebnisse geheim zu halten ...?

Klugschnacker
31.01.2015, 12:24
Harald, Du unterstellst hypothetisch Blutmanipulationen per UV-Strahlung. Nehmen wir einmal an, das stimmt. Dann müssten im Blut die leistungssteigernden Effekte dieser Manipulation sichtbar werden, zum Beispiel beim Hämatokrit- oder Hämoglobinwert, kurz: eine erhöhte Anzahl von Sauerstoffträgern. Die findet man jedoch nicht: Die Hämoglobinwerte von Pechstein weisen keine außergewöhnlichen Schwankungen auf und befinden sich weit weg von den Grenzwerten.

Dies könnte sie auch durch exzessives Trinken, Kochsalzinfusionen, Kopfstand etc. erreicht haben, aber das hätte sie 10 Jahre lang tun müssen, und zwar nicht nur bei Wettkämpfen, sondern auch für die unangemeldeten Trainingskontrollen.

Man findet bei Pechstein nur und ausschließlich eine schwankende Blutbildung, aber keine tatsächlich leistungssteigernde Merkmale, z.B. in Form übermäßig vieler Sauerstoffträger.

Allein die hier zusammengetragenen Argumente sollten nach meiner Überzeugung ausreichen, Pechsteins Fall im Licht dieser zum Teil neuen Erkenntnisse neu aufzurollen. Mehr wird ja nicht verlangt.

Grüße,
Arne

Klugschnacker
31.01.2015, 12:29
Ich kann mich nicht erinnern, gelesen zu haben, dass ein solcher Gentest versucht worden wäre. Hab ich da was verpasst, oder gibt es vielleicht gute Gründe, den Test nicht zu machen bzw. die Ergebnisse geheim zu halten ...?

Ich habe diese Aussage von Prof. Eber dazu gefunden:

"Ein definitiver Beweis für die hier beschriebenen Anomalien liesse sich durch die Messung der erythrozytären transmembranösen Kationenpermeabilität (Transmembranöse Flussraten) erbringen. Diese Untersuchungen sind sehr aufwändig und werden derzeit unseres Wissens in keinem Labor routinemässig angeboten."

LidlRacer
31.01.2015, 13:06
Ich habe diese Aussage von Prof. Eber dazu gefunden:

"Ein definitiver Beweis für die hier beschriebenen Anomalien liesse sich durch die Messung der erythrozytären transmembranösen Kationenpermeabilität (Transmembranöse Flussraten) erbringen. Diese Untersuchungen sind sehr aufwändig und werden derzeit unseres Wissens in keinem Labor routinemässig angeboten."

Es sollte weniger darum gehen, die Anomalie zu beweisen sondern mehr um die Ursache. Und da fordert Franken wohl nicht ohne Grund den Gentest.

Hafu
31.01.2015, 16:30
Harald, Du unterstellst hypothetisch Blutmanipulationen per UV-Strahlung. Nehmen wir einmal an, das stimmt. Dann müssten im Blut die leistungssteigernden Effekte dieser Manipulation sichtbar werden, zum Beispiel beim Hämatokrit- oder Hämoglobinwert, kurz: eine erhöhte Anzahl von Sauerstoffträgern.

Ich unterstelle es nicht direkt, aber es ist ja eine Tatsache, dass Pechstein diese UV-Bestrahlung praktiziert hat und vor diesem Faktenhintergrund müsste man einfach mal systematisch untersuchen, was die UV-Bestrahlung mit den roten Blutkörperchen anrichtet. Und am besten nicht bei Pechstein oder sonstigen verdächtigen Sportlern, sondern möglichst bei normalen gesunden Kontrollpersonen, bei denen keinerlei Manipulationsverdacht besteht.

Insbesondere war die in Erfurt praktizierte Apparatur ja dazu geeignet, große Mengen von Blut zu bestrahlen, denn es wurde ja nicht nur einfach eine Spritze Blut abgenommen, bestrahlt und wieder zugeführt, sondern dem Sportler wurden zwei intravenöse Zugänge gelegt: aus dem einen Wurde Blut abgeleitet, durch eine Apparatur zur UV-Bestrahlung geführt und anschließend durch den zweiten Zugang wieder zugeführt.

Wieviel Blut dann tatsächlich bestrahlt wurde hing alleine davon ab, wie lange der Sportler neben dieser Apparatur saß.

Angeblich sollen es zwar nur 50ml blut gewesen sein, aber das habe ich schon damals in dem entsprechenden Thread stark angezweifelt. die 50ml waren eine reine Schutzbeahuptung des betroffenen Arztes, der weiß, dass 50ml gerade noch als Injektion darstellbar waren, während größere Mengen als Infusion klassifiziert werden müssen und Infusionen ins blut egal mit welcher Substanz sind auch schon vor 2010 (spätestens seit der HAES-Affäre von Stephane Franke zweifellos verboten.

Im Zusammenhang mit der Erfurter Affäre wurde ja diskutiert, ob die UV-Betrahlung des Blutes tatsächlich leistungssteigernd wirkt und manche wenn nicht die meisten Experten verneinten dies und erklärten sie zu Humbug.
Allerdings ist die UV-Bestrahlung Erfahrungsmedizin, wurde in der DDR seit den 60er Jahren regelmäßig praktiziert und bei Methoden, die sich so lange in der Praxis halten, ist es schon nicht unwahrscheinlich, dass sie auch tatsächlich leistungssteigernde Effekte (über den Placebo-Effekt hinaus) haben,
Immerhin scheint es sich ja auch unter Sportlern außerhalb Erfurt herumgesprochen zu haben, die dann zu dem Dr. Franke aus Erfurt pilgerten.
UV-Licht schädigt zweifellos die Ery und verkürzt deren Haltbarkeit, weil es dies mit allen Zellen ekanntlich macht. Von daher ist ein Anstieg der Retikulozyten wahrscheinlich und eine VEränderung der Membranpermeabilität wahtscheinlich.
Zu einem Anstieg der Gesamtzahl der Erythrozyten kann es eigentlich nicht kommen, denn diese wird ja über das körpereigene Epo reguliert.
Ein positiver leistungssteigernder Effekt könnte aber über die Verbesserung der Fleißeigenschaften des Blutes (mehr junge, kleine Erthrozyten), die besser durch die Kapillaren, die eigentlichen Orte der Sauerstaffabgabe vom Blut in die Muskulatur, passen.
Diese Kapillaren sind ohnehin derartig klein, dass normale Erythrozyten nur nacheinander hindurch passen.

Bei der Methode des Xenon-Dopings hat man auch einige Zeit gerätselt, wieso man nach regelmäßigem Einatmen von Xenon leistungsfähiger ist. Die Hb-Konzentration wird durch Xenon genaus wie die Menge der Erythrozyten nicht direkt beeinflusst, aber es scheint trotzdem leistungssteigernd zu wirken wie die frappierenden Erfolge der Russen über 50km in Sootschi (Rang1, 2, und 3) belegen zu scheinen.


...
Allein die hier zusammengetragenen Argumente sollten nach meiner Überzeugung ausreichen, Pechsteins Fall im Licht dieser zum Teil neuen Erkenntnisse neu aufzurollen. Mehr wird ja nicht verlangt.

Grüße,
Arne

Dass angesichts der insgesamt unklaren Lage und mancher neu aufgetretenen Aspekte (sowohl die Ergebnisse aus Zürich mit der Ektazytometrie als auch die (angebliche) Betroffenheit von Pechsteins Vater , aber eben auch die mehrfach stattgehabte UV-Bestrahlung von pechsteins Blut waren bei den Urteilsbegrundenden Gutachten der ISU noch nicht bekannt) es gute Gründe gibt, den Prozess nochmal neu aufzurollen, stelle ich mittlerweile auch nicht in Abrede.

Allerdings wäre es zu wünschen, dass man an neue Untersuchungen /Gutachten ergebnisoffen, vorurteilsfrei und mit einer gesunden Skepsis gegenüber dem, zu was manche Sportler fähig sind zu tun rangeht.

Sämtliche Mitglieder der Kommission, die der DOSB gebildet hat (Ehninger, Gassmann, Weinmann, Eber), haben sich längst klar positioniert und haben im Rahmen eines neuen Prozesses gegen oder für Pechstein als Gutachter nichts verloren.

So wie ich bei der interpretation der Fakten dazu neige immer das Haar in der Suppe zu suchen und noch offene Fragen im Zweifelsfall gegen Pechstein interpretiere (Selbst wenn ich Hämatologe wäre, würde ich mich in diesem Fall auch nicht als Gutachter eignen;) , ist es bei den o.g. Personen umgekehrt.
Sie haben ihre wissenschaftliche Reputation öffentlich eng mit dem Fall Pechstein verknüpft, würden unfassbar an Ansehen verlieren, wenn sich die Anomalie-Hypothese nicht bestätigen sollte und können damit zu einer kritischen Aufbereitung aller Fakten nichts mehr beitragen.

Hafu
31.01.2015, 17:02
Ich kann mich nicht erinnern, gelesen zu haben, dass ein solcher Gentest versucht worden wäre. Hab ich da was verpasst, oder gibt es vielleicht gute Gründe, den Test nicht zu machen bzw. die Ergebnisse geheim zu halten ...?

Ich habe mir jetzt gerade die Leitlinie für die Hereditäre Sphärozytose (http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/025-018l_S1_Hereditaere_Sphaerozytose.pdf)von der AWMF (=Netzwerk der wissenschaftlich medizinischen Fachgesellschaften) runtergeladen. Dort sind auch die Diagnosekriterien nochmal spezifiziert und es steht folgendes zur Genanalyse drin:

Gen - Analyse
Die molekulargenetische Diagnostik identifiziert den Patienten- bzw. familienspezifischen genetischen Defekt. Sie bleibt aufgrund der zahlreichen Zielgene mit der Heterogenität möglicher Mutationen sowie den daraus resultierenden erheblichen Kosten Spezialfällen vorbehalten (19).

Aus meiner Sicht ist der Fall Pechstein ganz klar ein Spezialfall und die erwähnten erheblichen Kosten dürften immer noch weitaus niedriger sein, als der im Raume stehende Schadenersatz und man sollte um Restzweifel auszuräumen, bei ihr und ihrem Vater eine molekulargenetische Diagnostik anstreben.

Natürlich gibt es selbst beim Beweis einer milden asymptomatischen Form der Sphärozytose noch die "Läuse- und Flöhe-Hypothese" =man kann das eine und das andere haben), d.h. auch wenn eine asymptomatische Krankheit nachgewiesen ist, kann der Betroffene selbstverständlich trotzdem gedopt habe, aber da Sperre und Urteil ja maßgeblich durch die Retikulozytenzahl definiert waren, wäre in diesem Fall ein nachträglicher Freispruch selbstverständlich angezeigt.

Hafu
31.01.2015, 17:37
Weiß nicht genau, ob das hier schonmal verlinkt war, aber der nachfolgende Link (http://www.jensweinreich.de/2012/02/01/grit-hartmann-fragen-zum-morbus-pechstein/) passt auf jeden Fall zu den Fragen die wir hier uns auch stellen.

Interessanteste Passage:

Die dritte Arbeit schließlich, publiziert 1986 von der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften, hält ebenfalls Interessantes fest: UV-Licht schädigt die Membranen der roten Blutkörperchen.
Anomalie der Membranen, verrückt spielende Retis – auf den ersten Blick verblüffende Parallelen zu Pechsteins Blutbild.

Die o.g. Arbeit bezieht sich zwar auf eine Ganzkörperbestrahlung mit UV-Licht und nicht auf eine direkte Bestrahlung des Blutes außerhalb des Körpers, aber bei der Ganzkörperbestrahlung wirken ja sämtliche Schutzmechanismen der Haut,so dass nur ein kleiner Teil des UV-Lichtes überhaupt die Erys erreichen kann.
Bei einer direkten Bestrahlung des Blutes wären also deutlich stärkere Effekte des UV-Lichtes auf die Ery zu erwarten (abhängig von der Menge des bestrahlten Blutes und der gewählten UV-Dosis).


(und wer viel Zeit hat, kann sich auch noch die aufschlussreiche Diskussion nach dem Artikel durchlesen, in der auch Herr Gassmann, einer der Pechstein-Gutachter sich mit unglaublichem Einsatz, aus dem hervorgeht, wie ungeheuer wichtig ihm der Einzelfall ist, aber auch wie festgefasst seine Meinung zu dem Thema mittlerweile ist.)

Klugschnacker
31.01.2015, 18:02
Es sollte weniger darum gehen, die Anomalie zu beweisen sondern mehr um die Ursache. Und da fordert Franken wohl nicht ohne Grund den Gentest.

Diesen Standpunkt kann ich nicht ganz nachvollziehen. Falls die Anomalie nachweislich vorhanden ist, wird Claudia Pechstein dadurch entlastet. Unabhängig von der konkreten Ursache der Anomalie, sofern sie keine verbotene Methode darstellt..

Nehmen wir an, die Ursache der Anomalie wäre nicht erblich, wie alle beteiligten Experten versichern, sondern die Folge einer Bestrahlung des Blutes mit UV-Licht. Dann würde die dadurch entstandene Anomalie sie trotzdem vom Vorwurf des Epo-, Blut- oder Sonstwas-Dopings entlasten.

Vorwerfen könnte man ihr dann nur noch die UV-Behandlung selbst. Diese war aber im fraglichen Zeitraum nicht verboten. Das müssen wir unabhängig von unserer persönlichen Einstellung erstmal akzeptieren. Die UV-Behandlung hat keine Relevanz für diesen Fall.

(Nachtrag: Ich persönlich hätte wohl als CAS Richter die UV-Behandlung von Blut als versuchtes Doping eingestuft.)

LidlRacer
31.01.2015, 18:24
Diesen Standpunkt kann ich nicht ganz nachvollziehen. Falls die Anomalie nachweislich vorhanden ist, wird Claudia Pechstein dadurch entlastet. Unabhängig von der konkreten Ursache der Anomalie, sofern sie keine verbotene Methode darstellt..

Nehmen wir an, die Ursache der Anomalie wäre nicht erblich, wie alle beteiligten Experten versichern, sondern die Folge einer Bestrahlung des Blutes mit UV-Licht. Dann würde die dadurch entstandene Anomalie sie trotzdem vom Vorwurf des Epo-, Blut- oder Sonstwas-Dopings entlasten.

Vorwerfen könnte man ihr dann nur noch die UV-Behandlung selbst. Diese war aber im fraglichen Zeitraum nicht verboten. Das müssen wir unabhängig von unserer persönlichen Einstellung erstmal akzeptieren. Die UV-Behandlung hat keine Relevanz für diesen Fall.

(Nachtrag: Ich persönlich hätte wohl als CAS Richter die UV-Behandlung von Blut als versuchtes Doping eingestuft.)

Ich gehe stark davon aus, dass die UV-Methode schon immer als verboten angesehen worden wäre, wenn sie nachweislich leistungssteigernd wirken sollte.

Pechstein ist übrigens extrem sparsam mit Informationen über ihre eigene Behandlung. Meines Wissens hat sie öffentlich dazu überhaupt nichts gesagt. Und es wurden wohl Aufzeichnungen beim Doc darüber vernichtet/gelöscht.
Tut man das, wenn das alles harmlos ist?

LidlRacer
31.01.2015, 18:32
Insbesondere war die in Erfurt praktizierte Apparatur ja dazu geeignet, große Mengen von Blut zu bestrahlen, denn es wurde ja nicht nur einfach eine Spritze Blut abgenommen, bestrahlt und wieder zugeführt, sondern dem Sportler wurden zwei intravenöse Zugänge gelegt: aus dem einen Wurde Blut abgeleitet, durch eine Apparatur zur UV-Bestrahlung geführt und anschließend durch den zweiten Zugang wieder zugeführt.


Bist Du sicher? Ich weiß nur von 60 ml Küvetten (statt der eigentlich serienmäßigen 50 ml), die bei Dr. Frankes UV-Apparat gefunden wurden, und die schon Zweifel weckten, ob die zeitweise erlaubten 50 ml eingehalten wurden.

Was ich selbst gerade erst gefunden habe, ist diese ausführliche Diskussion der UV-Bestrahlung durch Dr. Grassmann:
https://www.marienkrankenhaus.com/fileadmin/pdf/armstrong/Blutbestrahlung-Gesamtgutachten.pdf
Muss ich selbst noch lesen ...

Klugschnacker
31.01.2015, 20:42
Kittel hatte das so beschrieben wie von HaFu dargestellt. Das Blut wurde über eine Art Bypass nur kurz an der UV-Lampe vorbei geführt und floss dann sofort wieder zurück in die Vene.

LidlRacer
31.01.2015, 21:19
Kittel hatte das so beschrieben wie von HaFu dargestellt. Das Blut wurde über eine Art Bypass nur kurz an der UV-Lampe vorbei geführt und floss dann sofort wieder zurück in die Vene.

Ich glaube, Ihr habt das missverstanden oder ein anderes Interview gelesen als ich:

Bei Franke lief das so: Über eine Spritze und einen Schlauch wird eine kleine Menge Blut, maximal 50 Milliliter, unter UV-Licht transportiert. Das ist wie eine verlängerte Vene, das Blut wird gar nicht vom Kreislauf getrennt, gar nicht entnommen. Mir wurde also kein Blut gegeben, nicht mal richtig entnommen.
www.zeit.de/sport/2012-02/interview-kittel-doping-erfurt

Noch klarer:
Man hat einen Schlauch. Am Ende die Spritze zum aufziehen. Der Schlauch geht dann durch den UVB-Kasten. Dann wird das Blut einfach 50ml aufgezogen und sofort reinjeziert. Das heißt jetzt nicht, dass das Blut minutenlang bestrahlt wird. Die Zeit, die das Blut braucht um in den Spritze zu gehen, ist gleichzeitig die Dauer der Bestrahlung.
http://jonathansachse.de/2012/erfurter-dopingaffaere-interview-kittel/

LidlRacer
01.02.2015, 00:04
Was ich selbst gerade erst gefunden habe, ist diese ausführliche Diskussion der UV-Bestrahlung durch Dr. Grassmann:
https://www.marienkrankenhaus.com/fileadmin/pdf/armstrong/Blutbestrahlung-Gesamtgutachten.pdf
Muss ich selbst noch lesen ...

Das Ding ist ziemlich interessant.
Gassmann kommt zwar insgesamt zu dem Ergebnis, dass die UVB-Methode nach den Regeln von 2011 kein Doping darstellt.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass er das Gutachten für 2 angeklagte Sportler sowie für Dr. Franke erstellt hat.

Trotzdem finden sich darin interessante Punkte, die für den Pechstein-Fall relevant sein könnten:
Z.B. zitiert er aus einer Studie:
Die Erythrozyten zeigen eine geringe Abnahme nach der 1. UVB, ein Befund der zwar gering erscheint, auf Grund der geringen Streuung der Werte jedoch auf dem 5%-Niveau zu sichern ist. Nach der 6. UVB besteht gegenüber dieser Senkung jedoch eine Zunahme über den Ausgangswert hinaus, die mit alpha < 0,01 gesichert ist. Die Anregung der Erythropoese ist, wie wir im Vorjahr in Leipzig hören konnten, auch aus der Veterinärmedizin bekannt (6).
Bei einem Patienten mit einer Panmyelopathie konnten wir erreichen, daß die aus den vorhergehenden Klinikaufenthalten bekannte notwendige Transfusionsrate auf die Hälfte zu senken war.......... Aus der Literatur ist bekannt, daß sich mit der UV-Therapie Blutkonserven sparen lassen (8)

Dieses Ergebnis lässt er aber aufgrund mangelnder Qualität der Studie nicht gelten. Insbesondere ist merkwürdig, dass eine zugehörige Grafik den genannten Anstieg der Erythrozyten gerade nicht erkennen lässt.

Habe längst nicht alles gelesen, aber in den Anlagen zu seinem Gutachten (https://www.marienkrankenhaus.com/fileadmin/pdf/armstrong/Blutbestrahlung-Gesamtgutachten-Anlagen.pdf) finde ich noch was:
The autotransfusion of UV-irradiated blood (70-200 ml) results in the structural modification of cell surface in all the circulating erythrocytes of cardiological patients. The effect is registered within 1 hour after transfusion
[...]
This effect is suggested to be responsible for the main peculiarities of the therapeutic effect of UV-irradiated blood autotransfusion--high rate of appearance, prolongation and wide spectrum of the therapeutic action.

Wenn ich das richtig verstehe, führt die UV-Bestrahlung einer relativ geringen Menge von Blut zu einer strukturellen Veränderung der Zelloberfläche aller - also auch der nicht-bestrahlten - roten Blutkörperchen!?
Was genau die therapeutische Wirkung dieser Oberflächenveränderung ist, wird leider nicht zitiert.

Übrigens lässt Pechstein gern kostenpflichtige Abmahnungen verschicken, wenn man was Falsches über sie bzw. ihre Gutachter schreibt. Jens Weinreich hatte schon mal das Vergnügen.

Hafu
01.02.2015, 09:03
Ich glaube, Ihr habt das missverstanden oder ein anderes Interview gelesen als ich:

Zitat von Marcel Kittel
Bei Franke lief das so: Über eine Spritze und einen Schlauch wird eine kleine Menge Blut, maximal 50 Milliliter, unter UV-Licht transportiert. Das ist wie eine verlängerte Vene, das Blut wird gar nicht vom Kreislauf getrennt, gar nicht entnommen. Mir wurde also kein Blut gegeben, nicht mal richtig entnommen.


www.zeit.de/sport/2012-02/interview-kittel-doping-erfurt

Noch klarer:

http://jonathansachse.de/2012/erfurter-dopingaffaere-interview-kittel/

ich habe mich schon auf die Kittel-Aussage bezogen, glaube aber, dass sie so wie die Sachse-Aussage geschönt und auf das überall problemlos nachlesbare WADA-Reglement passend gemacht wurde. Auch bei dieser von Kittel beschriebenen Anordnung kann man problemlos die 50ml-Spritze beliebig oft aufziehen und damit x-mal 50ml Blut bestrahlen.

Die 50ml sind ja schon extrem hoch gefasst. Kein Arzt benutzt im normalen Klinikalltag 50ml-Spritzen um irgendwas zu injizieren. Bei uns auf der Station gibt es 1ml-Spritzen für Insulin und Heparin, 2ml-Spritzen, 5ml-, 10ml und 20ml.

50ml-Spritzen benutzt man niemals für eine Injektion, sondern allenfalls z.B. um Erguss aus einem Gelenk abzuziehen. Wenn man Medikamente in dieser Menge (50ml) appliziert, z.B. Antibiotika, dann gibt man das als Kurzinfusion.

Dass jeder der Erfurter Athleten aus dem Stand genau wusste, dass es nur exakt 50ml waren, die ihnen entnommen wurde und dies auch ungefragt jedem Reporter erzählte, weist deutlich daraufhin, dass die Sportler gebrieft waren, was sie sagen durften/ mussten, denn nach altem Reglement war alles über 50ml zweifellos verboten und unter 50ml bestand eine gewisse Grauzone, je nachdem ob man die UV-Bestrahlung als Blutmanipulation zum Zwecke der Leistungssteigerung interpretiert (das sollte sie aus Sportlersicht zweifellos sein und in deisem Fall war sie zweifellos auch nach altem reglement verboten) oder als sinnlosen esoterischen Humbug ohne jeden Effekt (letztere war schließlich die Verteidigungslinie der betroffenen Sportler)

Hafu
01.02.2015, 09:20
Das Ding ist ziemlich interessant.
Gassmann kommt zwar insgesamt zu dem Ergebnis, dass die UVB-Methode nach den Regeln von 2011 kein Doping darstellt.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass er das Gutachten für 2 angeklagte Sportler sowie für Dr. Franke erstellt hat.

Trotzdem finden sich darin interessante Punkte, die für den Pechstein-Fall relevant sein könnten:
Z.B. zitiert er aus einer Studie:


Dieses Ergebnis lässt er aber aufgrund mangelnder Qualität der Studie nicht gelten. Insbesondere ist merkwürdig, dass eine zugehörige Grafik den genannten Anstieg der Erythrozyten gerade nicht erkennen lässt.

Habe längst nicht alles gelesen, aber in den Anlagen zu seinem Gutachten (https://www.marienkrankenhaus.com/fileadmin/pdf/armstrong/Blutbestrahlung-Gesamtgutachten-Anlagen.pdf) finde ich noch was:


Wenn ich das richtig verstehe, führt die UV-Bestrahlung einer relativ geringen Menge von Blut zu einer strukturellen Veränderung der Zelloberfläche aller - also auch der nicht-bestrahlten - roten Blutkörperchen!?
Was genau die therapeutische Wirkung dieser Oberflächenveränderung ist, wird leider nicht zitiert.

Übrigens lässt Pechstein gern kostenpflichtige Abmahnungen verschicken, wenn man was Falsches über sie bzw. ihre Gutachter schreibt. Jens Weinreich hatte schon mal das Vergnügen.

Ich bin auch gestern auf das oben verlinkte "Gutachten" gestoßen, wobei man ja berücksichtigen muss, dass es ein Auftragsgutachten, angefertigt auf Veranlassung der angeklagten Sportler ist und Herr Gassmann sich ja 2011 bereits eindeutig auf die Seite des Pechstein-Lagers positioniert hat. Nicht eine einzige der Aussagen von Pechstein/ Hesse etc. wird in dem Gutachten auch nur annäherungsweise hinterfragt und auf ihre Glaubwürdigkeit geprüft.

Ferner ist interessant, dass das Gutachten halbwegs objektiv beginnt:
dass es bei Dopingfragen richtigerweise nicht darauf ankommt, ob ein Verfahren eine Leistungssteigerung bewirkt, sondern ausschließlich darauf, ob es verboten ist. Es ist auch zweitrangig, ob das Verbot berechtigt ist oder nicht. Dadurch
werden endlose Debatten vermieden.

dann aber das Gutachten im weiteren Verlauf sich selbst widerspricht:
Das Hauptargument warum Gassmann der festen Überzeugung ist, dass es sich bei der UV-Bestrahlung nicht um Doping handelt, ist seiner Ansicht nach der fehlende Wirknachweis, will heißen, es gibt keine seiner Ansicht nach überzeugende Studie, derzufolge die UV-Bestrahlung leistungssteigernd wirkt.

Auch auf Jensweinreich.de, den ich im ürbigen als kritischen unabhängigen Journalisten auch was FIFA- und IOC-Fragen anbelangt, sehr schätze meldet sich Herr Gassmann ungewöhnlich genug für einen Wissenschaftler, laufend in den Kommentaren im Zusammenhang mit Pechstein zu Wort, argumentiert dort teilweise sehr emotional und aggressiv und kämpft um die Vorherrschaft der öffentlichen Meinung, so dass man sich unwillkürlich fragt, warum ihm dieses Thema derartig wichtig ist.

Hafu
01.02.2015, 09:46
...
Vorwerfen könnte man ihr dann nur noch die UV-Behandlung selbst. Diese war aber im fraglichen Zeitraum nicht verboten. Das müssen wir unabhängig von unserer persönlichen Einstellung erstmal akzeptieren. Die UV-Behandlung hat keine Relevanz für diesen Fall.

(Nachtrag: Ich persönlich hätte wohl als CAS Richter die UV-Behandlung von Blut als versuchtes Doping eingestuft.)

Sie wäre zweifelsfrei verboten gewesen, wenn statt der behaupteten 50ml nur 1ml mehr, also 51ml oder mehr Blut bestrahlte geworden wäre und da man 60ml-Spritzen gefunden hat ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die von den beteiligten Sportlern und dem verabreichten Arzt behaupteten 50ml nur eine schutzbehauptung darstellen.

Da aber bereits wegen der UV-Geschichte ein sportrechtlich letztinstanzlicher Spruch ergangen ist (obwohl das Pechstein-Lager den CAS ja bekanntlich nicht als höchste Instanz anerkennt und das OLG München hier diesbezüglich gefolgt ist) hast du im Prinzip recht, dass wenn es gelingt nachzuweisen, dass ihre Anomalie auf einer ( formal erlaubten) Blutmanipulation, nämlich der UV-Bestrahlung beruht, die Sperre juristisch trotzdem falsch war.

Allerdings könnte die Beurteilung der Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen deutlich anders aussehen, insbesondere wenn es Hinweise gibt, dass Pechstein möglicherweise durch weitere UB-Behandlungen vor ihren Untersuchungen in Berlin, München und Zürich versucht hat, ihre Blut weiterhin aktiv zu manipulieren, um damit die beteiligtn Gutachter hinters Licht zu führen. Allerdings wird es äußerst schwierig sein, so etwas im Nachhinein nicht nur zu behaupten oder für möglich zu halten (wie wir es hier tun), sondern auch juristisch verwertbar zu belegen.

Klugschnacker
01.02.2015, 09:50
Auch auf Jensweinreich.de... meldet sich Herr Gassmann...laufend in den Kommentaren im Zusammenhang mit Pechstein zu Wort, argumentiert dort teilweise sehr emotional und aggressiv und kämpft um die Vorherrschaft der öffentlichen Meinung, so dass man sich unwillkürlich fragt, warum ihm dieses Thema derartig wichtig ist.

Welche Begründung ist für sein Engagement ist für Dich persönlich am Wahrscheinlichsten? Eine Verschwörung, zusammen mit zahlreichen Hämatologen und Laboranten?
:Lachen2:

Hafu
01.02.2015, 16:25
Welche Begründung ist für sein Engagement ist für Dich persönlich am Wahrscheinlichsten? Eine Verschwörung, zusammen mit zahlreichen Hämatologen und Laboranten?
:Lachen2:

Ne, einfach die etwas schwer nachvollziehbare Faszination, die von manchen in der Regel sehr prominenten Profisportlern auf manche Mediziner ausgeht.:Huhu:

Die ganzen Pro-Pechstein-Gutachter (Ehninger, Weinmann, Gassmann, Weber) hatten sich ja vor 2010 nie zum Thema Doping in irgendeiner Weise geäußert und sind ja erst mit der Causa Pechstein in die ganze Thematik hineingerutscht. Sie sind also nicht vergleichbar mit echten Doping-Eperten, wie z.B. Prof.Franke, Sörgel, Schänzer etc.
Ich halte die erstgenannten durchaus für Experten auf ihrem Gebiet, aber mir fehlt die notwendige Grunddistanz, die man als begutachtender Mediziner eigentlich grundsätzlich haben muss, auch wenn es nur um ein Rentenverfahren oder ein Versicherungsgutachten geht- erst recht aber wenn man es mit Profi-Sportlern zu tun hat und auch das Umfeld der Sportler (ihre im konkreten Fall durchgängig im DDR--Leistungssport sozialisierten und ausgebildeten Trainer, Betreuer und Mannschaftsärzte)

Diese Faszination Profi-Sport gibt es aber natürlich nicht nur in Erfurt, sondern ich beobachte sie auch vor der eigenen Haustür:
In unserer Klinik sind ja desöfteren prominente Sportler als Patienten und da wird jedesmal ein Riesenaufwand mit Termin für die Lokalpresse, Händeschüttelfototermin usw. geplant. Als wir Ullrich mal seiner chronischen Knieprobleme wegen behandelten (in der Zeit nach der positiven Amphetaminprobe und kurz vor der Fuentesgeschichte) wurde sogar gleich ein Schaukasten im Eingang mit Ulle-Fahrrad und signiertem Trikot für einige Monate dekoriert und die Deko wurde auch noch belassen, als der ganze Dopingskandal um Fuentes längst im Detail bekannt war.
Das Händeschüttel-Foto von meinem ehemaligen Chef zusammen mit Ulle hängt auch heute noch im Trainingstherapieraum (neben Niemann, Riesch und Friesinger), obwohl ich es eher als Antiwerbung ansehe und schon längst entsorgt hätte.

Klugschnacker
01.02.2015, 16:37
Ne, einfach die etwas schwer nachvollziehbare Faszination, die von manchen in der Regel sehr prominenten Profisportlern auf manche Mediziner ausgeht.:Huhu:

Die ganzen Pro-Pechstein-Gutachter (Ehninger, Weinmann, Gassmann, Weber) hatten sich ja vor 2010 nie zum Thema Doping in irgendeiner Weise geäußert und sind ja erst mit der Causa Pechstein in die ganze Thematik hineingerutscht. Sie sind also nicht vergleichbar mit echten Doping-Eperten, wie z.B. Prof.Franke, Sörgel, Schänzer etc.
Ich halte die erstgenannten durchaus für Experten auf ihrem Gebiet, aber mir fehlt die notwendige Grunddistanz

Ist es nicht genau umgekehrt? Die Gutachter, allesamt anerkannte Fachleute auf dem hier gefragten Gebiet der Hämatologie, haben viel mehr Distanz zum Sport als die Dopingjäger Franke, Sörgel, Schänzer und so weiter. Ihnen ist im Zweifel mehr Objektivität zuzutrauen.

Und das beste ist: Die genannten "Lager" vertreten allesamt die Meinung, dass Pechstein Opfer eines Fehlurteils ist:

Prof. Sörgel: „Grob fahrlässig, bei Pechstein von Doping zu sprechen (http://www.bild.de/sport/mehr-sport/grob-fahrlaessing-von-doping-zu-sprechen-8932530.bild.html)“

Prof. Schänzer: "Pechstein-Sperre falsch (http://archiv.sport1.de/de/olympia/olympia_winter/oly_win_eisschnelllauf/newspage_841502.html)"

Prof. Franke: „Pechstein hätte nie gesperrt werden dürfen (http://www.berliner-zeitung.de/sport/-franke--pechstein-haette-nie-gesperrt-werden-duerfen--,10808794,26089586.html)“

Hafu
01.02.2015, 17:07
Ist es nicht genau umgekehrt? Die Gutachter, allesamt anerkannte Fachleute auf dem hier gefragten Gebiet der Hämatologie, haben viel mehr Distanz zum Sport als die Dopingjäger Franke, Sörgel, Schänzer und so weiter. Ihnen ist im Zweifel mehr Objektivität zuzutrauen.

Falsch! Ein Gutachter braucht Distanz zu dem, den er begutachtet! Für den Sachverhalt, den er begutachtet, benötigt er profundes Fachwissen und das ist im konkreten Fall eben nicht nur die Hämatologie, sondern auch das WADA-Reglement sowie die sehr besondere Welt des Hochleistungssports, in der abartige Dinge möglich sind, die ich mir selbst vor zwanzig Jahren noch als Sportler und junger Mediziner niemals hätte vorstellen können (man denke nur an den Einsatz von Methoden und nicht zugelassenen Medikamenten aus der Tiermedizin, Kälbermast, die Nutzung von Schangerschaft nebst nachfolgender Abtreibung zur gezielten Leistungssteigerung usw.).

Ein Gutachter soll Fakten zusammentragen, einordnen und Argumente (pro und contra) detailliert ausführen, darf diese auch zurückhaltend gewichten aber er darf niemals ein klares Urteil liefern, denn dies ist Aufgabe der Richter, die ein Gutachten auswerten.



Und das beste ist: Die genannten "Lager" vertreten allesamt die Meinung, dass Pechstein Opfer eines Fehlurteils ist:

Prof. Sörgel: „Grob fahrlässig, bei Pechstein von Doping zu sprechen (http://www.bild.de/sport/mehr-sport/grob-fahrlaessing-von-doping-zu-sprechen-8932530.bild.html)“

Prof. Schänzer: "Pechstein-Sperre falsch (http://archiv.sport1.de/de/olympia/olympia_winter/oly_win_eisschnelllauf/newspage_841502.html)"

Prof. Franke: „Pechstein hätte nie gesperrt werden dürfen (http://www.berliner-zeitung.de/sport/-franke--pechstein-haette-nie-gesperrt-werden-duerfen--,10808794,26089586.html)“

Vorsicht Arne, jetzt reißt du Zitate aber komplett aus dem Zusammenhang und weißt das natürlich auch:Huhu: :

z.B. Sörgel:
Wenn ich behaupten würde, dass Frau Pechstein gedopt hat, wäre das grob fahrlässig. Es ist aber auch schwer, einen medizinischen Grund für die isolierte Erhöhung der Retikulozyten-Werte zu finden.
Um an die Ursachen ranzukommen, brauchen wir noch mehr Daten über die Kontrollen bei Frau Pechstein. Deshalb sollte auch die Nationale Anti-Doping Agentur alle Ergebnisse offen legen.
Ich hätte Frau Pechstein nicht gleich für zwei Jahre gesperrt, sondern erst nur eine Schutzsperre ausgesprochen

Das ist eine distanzierte, nachvollziehbare Beurteilung und hört sich ganz anders wie die naiven Einlassungen eines Prof. Ehninger oder Gassmann an, die ernsthaft meinen, dass man aufgrund ihrer Messwerte und Befunde -so wörtlich- "Doping ausschließen" kann.

Und Franke hat im selben Atemzug, in dem er die ISU kritisiert hatte und die Sperre als falsch, da vorschnell verhängt eingestuft hat, seine Ansicht bekräftigt, dass "Pechstein selbstverständlich gedopt" war. Eine solche Äußerung kann man zwar auch nicht unbedingt als distanziert und objektiv einstufen, aber sie passt zu ihm und letztlich schimmert in jedem von Frankes Interviews ein Teil seiner ganzen Lebenserfahrung durch.
Aufgrund seiner Ehe mit Brigitte Berendonk und der engen Begleitung all ihrer Prozesse gegen ehemalige DDR-Ärzte, Funktionäre oder auch andere Ex-DDR-Sportler, die wiederum Berendonk verklagt hatten, besitzt er nunmal eine unvergleichliche Detailkenntnis über das DDR-Leistungssportsystem.
Franke hat übrigens auf lange Sicht m.W.n. noch nie einen Prozess wegen einer seiner Aussagen verloren und mich wundert, warum Pechstein, die ja sonst sehr schnell mit kostenpflichtigen Abmahnungen bei der Hand ist nicht auf seine Aussage "selsbtverständlich war Pechstein gedopt" z.B. mit einer einstweiligen Verfügung reagiert hat.
Franke legt es oft regelrecht darauf an, offen gebliebene Fragen von Gerichten klären zu lassen, man erinnere sich nur an die Auseinandersetzung mit Jan Ullrich und seinen Anwälten.

Klugschnacker
01.02.2015, 17:13
Harald, die Aussage ist von 2009. Die geforderten zusätzlichen Daten liegen alle vor.

Hafu
01.02.2015, 17:53
Harald, die Aussage ist von 2009. Die geforderten zusätzlichen Daten liegen alle vor.

Drei Jahre später, also 2012 äußerte sich Sörgel, nachdem die UV-Bestrahlungsaffäre bekannt geworden ist, noch skeptischer, als 2009:

Der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel verweist nun auf Studien, die nach UV-Bestrahlungen des Körpers bei Menschen und Tieren einen ungewöhnlichen Anstieg der Retikulozyten beschreiben (http://www.jensweinreich.de/2012/02/01/grit-hartmann-fragen-zum-morbus-pechstein/)

Arzt Franke (der "andere" Dr. Franke!) verweist auf die Mini-Menge von nur 50 Milliliter […] Doch was sei denn, ‘wenn man das mehrmals am Tag oder mehrere Tage hintereinander macht?’, fragen Szenekenner wie Sörgel und Wilhelm Schänzer […] Was bedeutet so ein 50-ml-Marge, wenn ihre Einhaltung gar nicht überprüft werden kann?
[…]
Diese Blutmenge wird ja um ’10 ml (…) Natriumzitrat’ ergänzt ‘und das Blut ungerinnbar gemacht’ – dies schrieb Franke in einer Erklärung für offizielle Stellen, die der SZ vorliegt