Ein Kommentar von Severin Weiland zu der Wahlsendung in der ARD von gestern:
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Diese Vielfalt der Optionen zeigt jedenfalls: Auf den letzten Metern könnte die Stunde der Kleinen schlagen. Am Montagabend fand nun - im Schatten eines deutschen WM-Qualifikationsspiels - das Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten von CSU, Linke, FDP, Grünen und AfD in der ARD statt. Wer es sah, wurde nicht enttäuscht.
Auch hier hätte man Schlimmes befürchten können, auch hier gab es ein Fragekorsett, aber das Erstaunliche geschah: Die beiden Moderatoren hielten sich kurz, und in 75 Minuten tat sich Luft auf für eine sogar inhaltliche Debatte. Immerhin in Ansätzen wurden da in der Kürze der Zeit Themen behandelt, die in der Debatte der Großen teilweise vermisst wurden: Digitalisierung, Bildung, Rente, Mieten und sozialer Wohnungsbau, Flüchtlingspolitik und Dieselmotor. Die Unterschiede wurden in erstaunlich sachlicher Art und Weise zwischen Christian Lindner (FDP), Alice Weidel (AfD), Cem Özdemir (Grüne), Sahra Wagenknecht (Linke) und Joachim Herrmann (CSU) ausgetragen.
Erstaunlich deshalb, weil die Anwesenheit der Vertreterin der rechtspopulistischen AfD nicht dazu führte, dass sie durch den Zusammenschluss der anderen in die Opferrolle gedrängt wurde - eine Rolle, die die AfD nur allzu gerne einnimmt und aus der sich ein Teil ihres Erfolges speist. Doch diesen Gefallen taten ihr die Mitdiskutanten nicht.
"In welcher Konstellation auch immer"
Interessant war dieser Abend auch, weil Vorboten einer möglichen Koalitionsbildung zu erkennen waren. Da duzte FDP-Chef Lindner den Grünen-Chef Özdemir und sprach ihn in einer Fragerunde als möglichen künftigen Außenminister an - "in welcher Konstellation auch immer", so der Liberale.
Es war ein aufschlussreicher Nebensatz dieses "Fünfer-Duells", zeigte er doch, dass die Matadore durchaus schon die (selbstverständlich vor der Wahl weit von sich gewiesenen) Koalitionsmodelle durchspielen. Der künftige Bundestag, das zeigen die stabilen Umfragen der vergangenen Wochen, wird breiter gefächert sein als der alte.
Er bedeutet die Rückkehr der FDP, aber auch den Einzug der rechtspopulistischen AfD und mit ihr eine neue Härte in der innenpolitischen Debatte. Linke und Grüne müssen sich anstrengen - auch im Kampf um die Frage, wer die stärkste Oppositionskraft wird, wenn es doch zur Neuauflage der Großen Koalition kommt. Wer sagt also, dass dieser Wahlkampf nicht doch noch spannend wird?
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Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutsc...a-1166112.html