Szenekenner
Registriert seit: 10.08.2011
Ort: Metropolregion Hamburg, auf dem Dorf
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...der Pass leider viel steiler. Aber was hilft es, Kette rechts und gute Beine, auf geht's. Mühsam gelingt es mir, die Nasen von vorhin wieder einzusammeln, Bange machen gilt nicht. Auf dieser Seite des Passes hat es sogar Flechten und weiter oben ist Schnee zu sehen. Schon cool, ich im Einteiler, das Wasser strömt und - Schnee. Ich fühle mich immer schlapper, Sauerstoff ist auch rar und ich ärgere mich, dass ich nach dem Test im Hypoxielabor eben nicht deren Trainingsangebot angenommen habe, sondern alles besser wußte. "Das geht, das läuft, Du brauchst nicht..." tja, da habe ich mich wohl getäuscht. Nach dem Pass noch eine Abfahrt, dieses Mal werde ich auch nicht mehr so oft kassiert.
In T2 ab in die Schuhe und los. Die Strecke führt zunächst in Richtung Davosersee, rundherum und zurück, dann da capo und zum Schluss noch zwei kürzere Runden. Marco macht mich heiß: "Du bist AK3. Der da vor Dir (400 m) ist auf 2. Der erste ist 8 min weg." Na super, wenn das so ist habe ich Zeit für einen kurzen Plausch und bitte Marco, mir bis zur nächsten Passage in einer Stunde alles über HSV-Heidenheim zu recherchieren. Dann laufe ich los. Zunächst mal auf Asphalt usw. zum See, dort geht es auf gewalzten und losen Wegen um den See. Viel ist auch geschottert, was bedeutet, dass die wasserdurchlässigen Wettkampfschuhe eigentlich nicht erste Wahl sind. Na ja, ist eh zu spät.
Und auch hier habe ich etwas unterschätzt: es gibt nicht nur wenig Sauerstoff, nein, es gibt auch viele Höhenmeter, die reichlich kosten. Nicht nur rund um den See, nein auch in der Stadt. Es gibt sogar einen kurvigen Höhenweg, der den Puls in nie gekannte Bereiche treibt. Wow. Und top Motivation: Marco berichtet, das PML das Spiel mit einem Hattrick gedreht hat und dass mir nur noch 2 min zur AK-Führung fehlen. Das dürfte klappen, kein Stress, was soll passieren? Defensiv laufe ich das Rennen nach Hause, freue mich über die Berge, den See, das schöne Wetter, die Architektur und, und, und. Sehr unterhaltsam.
Nach nicht so tollen 6:17 h bin ich im Ziel und gewinne die AK. Tja, das erfüllt mich jetzt nicht mit unbändigem Stolz, aber es ist nicht meine Schuld, dass so wenige gemeldet haben und dass die anderen in der AK nicht mehr drauf hatten. Gefreut habe ich mich trotzdem. Später bei der Siegerehrung im Hard Rock Hotel Davos lerne ich auch noch Zibi Szkifcik kennen. Er fragt, wieso ausgerechnet ein Hamburger hier ist und dann auch noch gewinnt. Ich erzähle ihm eine schöne Geschichte, die Ihr auch kennt, falls Ihr hier schon länger dabei seid. Auf dem Podium in der Chapel (cooler Raum im Hotel, wie eine Kirche halt, extrem hoch, eine Kanzel, Bleiverglasungen, eine Orgel usw.) erhalte ich einen Holzpokal und einen Davoser Mutschli, einen kleinen Käse, den ich bedauerlicherweise bei Marco im Kühlschrank vergesse. Wow, seit Jahren bin ich nicht mehr oben gewesen, na ja, wenn beim Dorflauf der Sieg für ne 40 wegging und ich gut drauf war... Schwer war's nicht, aber was soll's?
Zusammengefaßt ist es so, dass Challenge Davos ein Top Rennen ist, wenn Ihr auf "Ich und die Aufgabe" steht. Ich kann mich nur an einen Moment in meiner Hobbysportkarriere erinnern, der so toll war, wie das zweite Mal die Passhöhe Flüela zu erreichen und das war, als ich beim 1. Red Bull Tri Islands gerade noch so das Ticket für das Speedboot nach Sylt geschafft habe. Saugeil, mein erster Alpenpass. Davos ansich ist etwas mühsam zu erreichen, Flieger ZH und dann die Bahn bzw. mit einem Auto. Ohne Übernachtung geht es, trotz Start um 11 h, eigentlich nicht, das wäre schön sehr anstrengend auch von Zürich aus. So kostet es dann etwas Geld, vor allem in der Summe, Reisen, Hotel, Restaurants, Startgeld usw. Aber es ist eben eine Marken-MD, die ist nicht umsonst.
Von einheimischer Bevölkerung und regulären Touristen wird das Rennen praktisch überhaupt nicht wahrgenommen. Finden sich am Start noch ein paar Fans so kann man getrost davon ausgehen, dass es sich um direkte Angehörige und Betreuer einzelner Athleten handelt. Auf der Radstrecke ist sowieso kein Mensch und beim Laufen ist es auch dünn, höchstens ganz vorn muss es ein paar gegeben haben. Aber veranstalterseits bemühte man sich, ein DJ, ein wenig Messe sowie side events, die das ganze mit der OD, der Flüelachallenge (hier startete auch Zibi) und "Ride the Alps" zum Davos Triathlon Festival machen. Nicht hoch genug loben kann ich nochmals die traumhafte Betreuung durch Marco und seine Partnerin, sie nahmen auch meine Frau bestens unter ihre Fittiche, so dass ich von der Seite auch keine Probleme wegen des Sportfimmels hatte. Super, hinten heraus gab es noch ein Sightseeing sowie ein paar Geschäfte aus unserer Branche, das muss man einfach mitnehmen, davon wird man nicht dümmer.
Als Blogger habe ich nun den 7. Sportfred abgeschlossen, vier kamen ins Ziel, drei leider nicht. Mit dem Siegtreffer könnte also gut der Schlußpfiff ertönen. Neben narzisstischen Motiven war mein Antrieb immer Aufmerksamkeit für meine Abteilung im Großverein, eben einfach die Aussage zu transportieren, dass der HSV nun auch eine Triathlonabteilung hat. Ich bin der Ansicht, dass das in Deutschland nun jeder weiß, den das interessiert und darüberhinaus auch noch einige mehr. Meine eigene Hobbysportkarriere ist ein wenig auserzählt, neue Impulse kann ich kaum setzen, die Verjüngung der Abteilung muss woanders her kommen, vor allem inhaltlich. Ich selber werde na klar weiter Sport treiben, auch auf anspruchsvollem Niveau (wenn denn das hier geschilderte dafür reicht). Zu erzählen habe ich aber nix mehr, fürchte ich. Kommentieren? Na klar, immer gern. Ein neues sportliches Ziel? Sehr wahrscheinlich. Noch ein Blog? Eher nicht. Ich danke Euch fürs Interesse und alle Anteilnahme!
Geändert von jannjazz (17.09.2018 um 22:11 Uhr).
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