1) Hat die längere Kurbel vielleicht Vorteile bei zunehmender Ermüdung und damit nachlassenden koordinativen Fähigkeiten? Umso kleiner und feiner die auszuführende Bewegung ist, umso koordinativ ansprungsvoller ist sie doch in der Regel. Wenn ich auf der Langdistanz bei km 150 bin, ziemlich am Limit, könnte das möglichweise ein Faktor sein?
2) Wenn ich mit zwei unterschiedlich langen Kurbeln fahre, gleiche Frequenz, gleiche Leistung, dann muss ich mit der kürzeren Kurbel eine höhere Kraft aufbringen. Dafür allerdings weniger Strecke zurücklegen. Könnte die höhere Kraft (in höheren Wattbereichen) zu einer schlechteren Durchblutung der Arbeitsmuskulatur führen? Könnte ja auch ein Grund für eine schnellere Ermüdung sein bei längeren Distanzen.
Dass Kurbeln innerhalb gewisser Bereiche "im Labor" keine wesentlichen Unterschiede zeigten ist mir bekannt. Aber es wurde sicherlich noch nicht wissenschaftlich mit Belastungszeiten von 3 oder 4 Stunden oder länger gearbeitet.
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Dass Kurbeln innerhalb gewisser Bereiche "im Labor" keine wesentlichen Unterschiede zeigten ist mir bekannt. Aber es wurde sicherlich noch nicht wissenschaftlich mit Belastungszeiten von 3 oder 4 Stunden oder länger gearbeitet.
Das ist sicherlich ein Kernproblem bei allen Biomechanik-Tests im Labor und auf der Radrennbahn wie sie Bikefitter oft mit beträchtlichem technischem Aufwand veranstalten: man kann die Situation, wie jemand mit zunehmender Ermüdung nach vier bis fünf Stunden Wettkampfdauer auf kürzere oder längere Kurbeln reagiert, kaum simulieren.
Wie der Captain schon angemerkt hat, gibt es durchaus (einige wenige) gute Radfahrer, die mit kurzen Kurbeln offensichtlich gut zurecht kommen und man weiß dann aber nicht: trotz oder wegen der kurzen Kurbeln?
Cameron Wurf fährt übrigens 170er-Kurbeln, also tendenziell eher kurz aber noch in der Bandbreite klassischer Kurbellängen, Bart Aernouts (für mich der eigentliche Überbiker beim Rennen in Kona 2018; keiner der Top-Finisher kam von so weit hinten nach dem Schwimmen) ist mit 172,5 für seine Kürpergröße auch eher mit einer klassisch langen Kurbel unterwegs.
Danke für die weiteren Podcast Tipps, ich hätte jetzt auch erstmal auf den letzten Pushing Limits Beitrag mit Lasse Ibert verwiesen. Fand ich sehr gut, was eine relativ differenzierte Betrachtung zu Kurbellängen angeht.
Allerdings bin ich dann persönlich auch sehr bei hafu, was die verinnerlichten Bewegungszyklen angeht.
Persönliche Erfahrung: Mein neuer Renner hat Semi-Compact mit 52/36, und davor bin ich am Rennrad ausschließlich 50/34 gefahren. Das fühlt sich teilweise erstmal komisch an...
Über die Grafik, die die Kurbellänge alleine in Bezug zur Schrittlänge bringt, lässt sich sicherlich noch diskutieren, weil die individuell optimale Kurbellänge auch vom Fahrstil (bevorzugte Trittfrequenzen insbesondere bei hoher Wattleistung, Sprunggelenksposition beim Kurbeln (=eher 90° im Sprunggelenk oder tendenzielle Spitzfußstellung) und insbesondere auch von der Oberschenkellänge im Vergleich zur Unterschenkellänge abhängt.
Jan Ullrich, der mit 183cm genauso groß ist wie ich zählt in der Grafik mit einer 180er-Kurbel zu den "Mittelkurblern", der größere Indurain zählt mit der 180er-Kurbel (die heutzutage glaube ich kaum jemand noch fährt) sogar zu den "Kurzkurblern"., bzw. mit der beim Stundenweltrekord benutzten, auch für die damalige Zeit extremen 190er-Kurbel zu den "Mittelkurblern".
...ich hätte jetzt auch erstmal auf den letzten Pushing Limits Beitrag mit Lasse Ibert verwiesen....
Den Podcast mit Lasse Ibert habe ich noch gar nicht angehört, wohl aber die beiden interessanten Podcasts mit Björn Geesmann von STAPS bei Pushing Limits und Tri-mag, in denen es u.a. auch um die Kurbellänge geht.
Mein Sohn, der 5cm kleiner ist als ich und am Rennrad 172,5mm-Kurbeln fährt, nutzt am TT übrigens auch 175er-Kurbeln (eher aus Zufall und Faulheit zum umbauen als aufgrund biemetrischer/biomechanischer Messungen) und kommt damit glänzend zurecht und tritt rund 60 Watt mehr im Wettkampf als ich, liegt also eher auf der Indurain-Schiene mit Nutzung längerer Kurbeln beim Zeitfahren als in Rennen mit Windschattenfreigabe.
Ich habe mit einer 170er-Kurbel festgestellt, dass ich weniger Knieschmerzen habe. Nachdem was Hafu geschrieben hat, könnte es aber auch einfach daran liegen, dass ich nicht so viel Kraft auf's Kniegelenk bringe, da der Hebel kürzer ist und damit natürlich das Kniegelenk geschont wird.
Aber ist das z. B. auf der Langdistanz relevant, wo man doch eher weit von der Maximalkraft entfernt ist?
Ich habe mit einer 170er-Kurbel festgestellt, dass ich weniger Knieschmerzen habe. Nachdem was Hafu geschrieben hat, könnte es aber auch einfach daran liegen, dass ich nicht so viel Kraft auf's Kniegelenk bringe, da der Hebel kürzer ist und damit natürlich das Kniegelenk geschont wird.
Das klingt jetzt aber unlogisch - bei kürzerem Hebel brauchst du ja mehr Kraft für dasselbe Drehmoment. Da hast du Hafu vermutlich falsch verstanden.