Ein wesentlicher Faktor ist auch, dass früher die Arbeitsplätze sicherer und dauerhafter waren. Viele Facharbeiter haben vor 30 Jahren kurz nach der Ausbildung und Festanstellung gebaut, weil sie genau wussten, dass sie die nächsten 20 Jahre im Unternehmen bleiben. Heute ist die Welt viel volatiler, Job- und Ortswechsel sind häufiger und viele (ausgenommen Beamte) können und wollen es sich nicht mehr leisten, sich für eine Immobilie über 20 Jahre und mehr zu verschulden.
Die Preisentwicklung ist natürlich noch ein zusätzlicher Faktor. Kurz nach dem Studium hatte ich auch ein paar mal rein aus Interesse nach Immobilien geguckt, da bekam man schöne Altstadtvillen mit 1000m2 Grundstück mitten in Nürnberg für 500tDM, heute bekommt man für das gleiche Geld höchstens eine 1 Zimmer Wohnung.
Der Artikel beschreibt viele Effekte und Verhältnisse m.M.n. sehr richtig. Einen Altbau,wie wir ihn in 1995 gekauft haben (mit 50 % Eigenkapital, nach 10 Jahren aus zwei Teilzeitgehältern abbezahlt ohne wesentlichen Verzicht auf Urlaube o.ä., allerdings mit einiger Eigenleistung in der Renovierung vor dem Einzug) könnte ich mir heute zu ähnlichen Bedingungen leisten. Tatsächlich konnten wir über die Jahre, und besonders um 2014 - 2016 in grundlegende Sanierungen investieren, die in der summe den einstigen Kaufpreis sogar überstiegen, ohne Kredite aufnehmen zu müssen (immer noch zwei Teilzeit-Ingenieursgehälter, die als Haushaltseinkommen uns aber immer noch zu den Top 20 % Verdienern im Land gehören lassen). Aber bei dem damals niedrigen Zinsniveau wären die Kredite auch nicht schmerzhaft gewesen.
Trotzdem klagte gleichzeitig ein in Vollzeit arbeitender promovierter Kollege (also fast doppeltes Einkommen als ich), daß er sich wohl nie im Leben ein Haus leisten können wird. Dürfte also viel damit zu tun haben, wofür man sein Geld bevorzugt ausgibt, was man als "unverzichtbar" ansieht. Ich habe das Gefühl, daß es heute einfach viel mehr gibt, wofür man sein Geld noch ausgeben kann außer dem, was man zum Leben unbedingt braucht - und diese Möglichkeiten werden von vielen stärker ausgenutzt, als von mir.
Ein weiterer Faktor dürften auch die gestiegenen Bau-Anforderungen sein: vor 30 - 40 Jahren haben so manche ihr Haus mit viel Eigenleistung bauen können. Heute sind die Auflagen, angefangen bei der Statik (viel mehr Stahl in Beton verlangt), über steigende Wärmedämmvorschriften bis hin zu Haustechnik viel umfangreicher, viele Bereiche sind von "autodidaktischen Heimwerkern" nicht mehr abzudecken (oder dürfen es nicht), was die Kosten wegen der zwingenden Einbindung von Handwerkern und Behörden deutlich steigen läßt, und das Sparpotential durch Eigenleistung einschränkt. Das dürfte ein großer Begrenzer für alle mit schmalem Geldbeutel sein.
__________________
“If everything's under control, you're going too slow.” (Mario Andretti)
Ich hab damals nix gekauft/gebaut und plans heute nicht, aber ja, in den 70/80ern des letzten Jahrunderts wars schonmal möglich, dass der ein-/zweiwöchige Familienurlaub n paar Jahre ausfallen konnte, eine Woche Zeltlager mit den Pfadfindern die einzige, grössere Action in den Sommerferien war und die restlichen fünf Wochen der Herr Vater Urlaub hatte, um sich auf der Baustelle zu verlustieren und den Junior dafür einzuspannen.
Doof, dass wir öfter mal gebaut haben, mich lässts aber komplett kalt, wenns heut n paar Taler mehr kost. So schlimm scheints ja nedd zu sein, wenn die aktuelle Bauherrengeneration nicht bereit ist, zugunsten des Eigenheims den Lebensstandard mal n paar Tage runterzuschrauben.
N bissl kann ichs auch verstehn. Rund die Hälfte aller Ehen wird geschieden, die Hütte geht an die Frau oder die Bank, da ärgert man sich doch hinterher nur…
Ich denke, das stimmt. Zumindest für einen Teil der Menschen, mich eingeschlossen.
Meine Eltern mussten nach Kauf ihres Hauses vor 30 Jahren echt sparen. Allerdings beobachte ich bei meiner Mutter, dass das eher so in den Genen ist und selbst jetzt, wo sie das nicht mehr müsste, gibt sie wirklich wenig Geld aus. Ich fühle mich verschwenderisch daneben.
Wir haben vor 5 Jahren gekauft, unser Haus (Neubau) kostete damals knapp 600k, nun liegt es bei gut 900k, was ich deswegen weiß, weil hier direkt daneben 2 neue, gleichgroße gebaut wurden, die für den Preis verkauft wurden. Zusätzlich sind die Zinsen zwar zwischendurch runter gegangen, nun aber wieder immens hoch. Wir hatten quasi nix an Eigenkapital aber 2% Zinssatz ist vergleichen mit grade sehr gut. Wir sind jetzt also bis ans Lebensende, oder zumindest bis zur Rente, verschuldet. Ist ok für mich, weil Miete auch nicht günstig ist. Man muss aber dazu sagen, dass wir formal wahrscheinlich in die Kategorie Top-Verdiener fallen, ich denke obere 5% (2 volle Gehälter, beide promoviert...), und dennoch wohnen wir nicht in einer Villa oder so, es ist einfach teuer hier. Wie sich "normal" verdienende Leute wie Polizisten, Krankenschwestern usw. ein Eigenheim hier noch leisten wollen, ist mir absolut unklar. Bzw., ich denke, es ist schlicht unmöglich. Hier werden gerade Wohnungen gebaut... 100qm für 600k... nein, danke.
Und ja, wir leben nicht sparsam, wir geben richtig viel Geld aus für Reisen, Leben, Kinder und Hobby. Traurig aber wahr: Nur etwa 25% unseres Haushaltsnettos fließen in unser Haus und nur 20% wirklich in den Kredit.
Die Preise hier in Dresden sind in den letzten Jahren auch massiv hochgegangen. Vom Gefühl her ist es aber weiterhin nicht unmöglich, sondern zum Großteil schon die Lebensstandards die es vielen verwehrt Eigentum zu erwerben. Wir haben 2009 gekauft (Finanzkrise) und uns haben damals alle erzählt wie verrückt wir sind, dass man ja nicht weiß wie es weitergeht, etc.pp. Wir sind aber im Alltag auch durchaus sparsam.
Gerade diese Alltagssparsamkeit ist es imho, die bei vielen das Geld aus der Tasche zieht. Da gibt es die 4 Abos für Streamingdienste, die Lieferkiste für Essen, man geht ständig aus anstatt auch mal daheim mit Freunden was zu trinken, für die Feier XY muss es der Foodtruck sein anstatt 3 Leute Salate mitbringen zu lassen, ....
Alles nicht verwerflich wenn sich bewusst dazu entschieden wird - aber dann gleichzeitig meckern, dass man sich nix leisten kann passt eben nicht dazu.
Bei uns war die Abwägung zwischen Flexibilität beim Mieten und Entspanntheit im Eigentum zu wohnen ganz klar pro Letzteres.
Ein weiterer Aspekt ist, daß viele nicht mehr in der Lages sind Eigenleistung zu erbringen da es an der handwerklichen Ausbildung und Ausstattung fehlt.
Beim Bauherren wie bei dessen Umfeld.
Ich war gelernter Schreinermeister, in mein Freundeskreis waren Mauerer, Gipser, Zimmermann, Flaschner, Elektriker, Gas Wasser Schei.., ...
Wir halfen uns Gegenseitig aktiv oder auch nur mit Rat, konnten uns mit Werkzeug und Maschienen aus helfen.
So war das Bauen viel günstiger.
Handwerkliche Ausbildung im Baugewerbe macht keiner mehr, ich kenn zumindest niemanden mehr.
Ein weiterer Aspekt ist, daß viele nicht mehr in der Lages sind Eigenleistung zu erbringen da es an der handwerklichen Ausbildung und Ausstattung fehlt.
Beim Bauherren wie bei dessen Umfeld.
Ich war gelernter Schreinermeister, in mein Freundeskreis waren Mauerer, Gipser, Zimmermann, Flaschner, Elektriker, Gas Wasser Schei.., ...
Wir halfen uns Gegenseitig aktiv oder auch nur mit Rat, konnten uns mit Werkzeug und Maschienen aus helfen.
So war das Bauen viel günstiger.
Handwerkliche Ausbildung im Baugewerbe macht keiner mehr, ich kenn zumindest niemanden mehr.
Gruß Matthias
Sowas kann ich auf dem "Land" noch beobachten.....aber selbst da sind Elektriker wegen der Solarrally rar bzw. teuer...Ich finde zur Zeit keinen Elektriker, der mit mein erweitertes Balkonkraftwerk abnehmen möchte...da geht es um nicht viel, einfach Zählerkasten prüfen ob Update notwendig ist und dann ein Kabel anschliessen und die anmeldung machen bei den offiziellen...keine Chance!