Zitat:
Zitat von keko#
Ich streite dafür, dass die Kirche Z.B ihre Position zur Homosexualität und Frauenordination behalten darf. Die Kirche ist nicht der Staat. Wir haben längst Gleichstellung.
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Diesen Standpunkt finde ich sehr interessant. Einerseits vertreten wir den Wert, dass niemand wegen seiner sexuellen Gesinnung oder seines Geschlechtes diskriminiert werden darf. Auf der anderen Seite haben wir den Wert der Meinungsfreiheit. Im Rahmen der Meinungsfreiheit müssen wir auch Gedanken ertragen, die wir für völlig falsch halten. Besonders beeindruckt hat mich in diesem Zusammenhang Noam Chomsky, der ablehnte, dass Rechtsradikale an seiner Universität ein Redeverbot erhalten, weil er die Meinungsfreiheit für ein so schützenswertes Gut hält, dass er antisemitische Reden toleriert.
In dem Zusammenhang finde ich auch interessant, sich vorzustellen, wenn die Standpunkte nicht unter Bezug auf einen religiösen Glauben, sondern auf eine weltliche Gesinnung zurückgeführt würden. Wie würde der Staat reagieren, wenn ein großer weltlicher Arbeitsgeber, zum Beispiel ein Autounternehmen, veröffentlicht, dass Homosexuelle widernatürlich seien oder dass Frauen in bestimmten Bereichen des Unternehmens keine Aufstiegschancen haben? Würden wir dann sagen, die Frauen können sich ja einen anderen Arbeitsplatz suchen?
In Berlin gibt es inzwischen große Menge an Arabern, die laut äußern, dass sie Juden hassen. Dabei berufen sie sich auf ihre Religion. Ist das von der Meinungs- und Glaubensfreiheit gedeckt? Wenn wir das in diesem Fall ablehnen und sagen, dass man unter Berufung auf Religion solche antisemitischen Äußerungen nicht tätigen darf, warum sollten wir den Fall einer christlichen Kirche anders bewerten, welche frauenfeindliche Äußerungen tut (beispielsweise Diskriminierung am Arbeitsplatz)?
Du schreibst, Keko, dass wir längst Gleichstellung hätten. Ich meine, dass das noch nicht ganz stimmt. Beispielsweise “Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist ein Ideal, das noch nicht überall funktioniert. Es ist aber ein Ziel, das man nur erreichen wird, wenn man es klar formuliert. Und wenn Du schreibst „wir haben längst Gleichstellung“, dann bezieht sich das nicht auf die Kirche und die Caritas als Arbeitgeber. Dort ist das Ziel der Gleichstellung nicht formuliert, weshalb ich es für unwahrscheinlich halte, dass es dort verwirklicht wird.
Trotzdem finde ich wie gesagt die Frage interessant, wie viel (schein)heilige Haltung zur Homosexualität und Frauenordination eine freiheitliche Gesellschaft ertragen will.
In diesem Thread wurde ja auch schon oft geschrieben, dass es egal sei, was jemand zu Hause bzw. privat glaubt, solange er andere nicht diskriminiert. Auch das finde ich eine spannende Frage. Wie kann ich glauben, dass eine Frau, die kein Kopftuch trägt, unrein ist und das ausblenden, wenn ich in der Arbeitswelt unverschleierten Frauen möglicherweise als Kundinnen, Kolleginnen oder Vorgesetzten begegne und beispielsweise zu entscheiden habe, ob bei begrenzten Ressourcen die verschleierte oder unverschleierte Frau den Vorzug bekommt?
Wie kann ich privat glauben, dass Schwarze zur Rasse der von Gott Bestraften gehören und das bei der Begegnung in der Öffentlichkeit ausblenden?
Ich habe keine Lösung für diese Fragen. Ich finde sie gesagt ein schwieriges Spannungsfeld zwischen Glaubens-und (religiöser und nichtreligiöser) Meinungsfreiheit auf der einen Seite und anderen Werten (Diskriminierungsverbot wegen Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft).