Beachrace, das Zweite stand nun am WE an. 52 km Wendepunktstrecke, also hin mit Rückenwind, zurück mit Gegenwind.
Und irgendwie lief am WE alles so leicht schräg.
Das fing schon am Freitag morgen an, als ich zu meinem EuroSpezial-Ticket die Radkarte für Samstag früh am Bahnhof holen wollte und mir der junge Mann am Schalter erklärte, das Radabteil sei voll, das nächste Mal sollte ich eher kommen. Ich hatte auch gleich mein EuroSpezial -Ticket für den 10. Januar dabei. Und oh, Wunder auch da war das Radabteil voll.
Wie gut, dass ich mein Radtäschchen habe, also focht mich das nicht weiter an.
Samstag morgen stellte sich dann raus, dass der Zug gar kein Radabteil hatte, stand extra an der Anzeigetafel.
Egal, Rad ins Gepäckfach und gut.
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Nun kam ich in Voorhout an und mußte noch ein paar km nach Noordwijk rollen, hatte meinen Stapel google-Karten in der Jackentasche und fuhr los, wie ich dachte, das es richtig sei. Auf einmal kam ein Schild: Strasse dicht. Toll und nu? Ein paar Strassenarbeiter turnten da rum, einer erklärte ich sei komplett falsch, ich müßte in die andere Richtung. Ich prokelte die Karten raus und siehe da ich hatte das Frauenrechts genommen, statt des richtigen Rechts.
Jetzt wars einfach, immer geradeaus auf nem holländischen Radweg. Um mich nicht wieder zu verfahren hatte ich jetzt die Karte von Noordwijk in der behandschuhten Hand und überlegte gerade ob man da, wo ich grad fuhr, wohl auch mit dem Rad fahren dürfte, als mich von hinten jemand zur Seite schubste. Oma mit zwei Einkaufstaschen am Lenker ihres Hollandrades, die schimpfte, ob ich ihr Klingeln nicht hörte. Nee, hörte ich nicht, das war leiser als der Wind, der in meinen Ohren pfiff.
Gebucht hatte ich in Noordwijk ein Zimmerchen in einer Pension, Schlüssel abholen sollte ich aber im Hotel auf der gegenüberliegenden Seite.
Da ich der einzige Gast in der Pension sein sollte, wurde ich ins Hotel umquartiert zum sagenhaften Preis von 24 € incl. Frühstück.
Mein Jeronimo bekam ein eigenes Zimmerchen. Grad als ich es ihm bequem machte, hörte ich draussen Radfahrer ankommen. Der Strandgott Ramses (Bildmitte) mit Gefolge.
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Unsere Wege sollten sich im Laufe des Nachmittags noch öfter kreuzen. Es war eine wahre Freude die Jungs beim Training zu beobachten. Der Streuselkuchensand wird genommen als wenn es nix wäre. Beim lockeren Rollen hab ich mal versucht hinterher zu rollen. Hehe, ich war schweiss gebadet, meine Beine komplett übersäuert und das nach wenigen 100 Metern.
Abends noch ein kleiner Strandlauf zum Beine ausschütteln. Um das farbenfrohe Grau etwas aufzulockern, gab sich die Sonne richtig Mühe ...
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Sonntagmorgen konnte ich sowas wie ausschlafen, Start war erst um 10:00 Uhr. Die Startnummernausgabe erfolgte im Elften Gebot (das muss sein: Du sollst nicht von dieser Erde gehen ohne ein Beachrace gefinisht zu haben.). Dumm nur, dass es keine Umkleiden gab. Meinen Rucksack konnte ich bei der Anmeldung abgeben. Um 9:00 Uhr fing ich an mich einzurollen. Erst im Dorf und dann an den Strand, Startbereich anguggen, wie man am besten rollt, wo man am besten durch den Sand kommt, wenn man vom Deich runter gerollert kommt.
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Zwischendurch befiel mich immer wieder der Gedanke, ich wäre zu dick angezogen. Andere Mädels fuhren unten kurz und oben mit LA-Trikot bei 6°C, leichtem Regen und heftigem Wind, aber die fahren auch in einer anderen Liga und sind "etwas" eher im Ziel, ausserdem sind die das gewöhnt.
Auf dem Bild noch in WarmUp-Klamotten:
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Auch hier war man mal wieder als Frau im Vorteil. Dies Mal kamen die Profis zu erst, dann die schnelleren Fahrer der letzten Jahre, dann die Frauen und schlußendlich der Rest.
Jede Gruppe hat einen eigenen Eingang. So konnte ich recht lange fahren ohne mir Gedanken machen zu müssen keinen Platz mehr zu haben. Die Profifrauen hatten ihre Betreuer rumwirbeln mit Luftpumpen und den WarmUp-Klamotten der Mädels unterm Arm. Die Absperrbänder wurden entfernt, der Sprecher erzählte irgendwas, mir war kalt. Da gings dann auch endlich los, diesmal schön langsam erst ein Stück auf dem Königin Wilhelmina Bouleward, dann den Deich hoch, wieder runter und ab in den Streuselkuchensand. Ich sprang gleich ab und rannte was das Zeug hielt, sprang auf und trat wie blöd, um eine gute Gruppe zu erwischen. Da war aber alles noch in der Findungsphase und löste sich genauso schnell wieder auf wie es zustande kam. Auf einmal hatte ich das Gefühl ich hätte nen Platten, erinnerte mich aber, dass das bei bestimmten Sandzuständen letztes Mal auch so war. Nix desto trotz fuhr ich an den Rand und guggte, ob alles in Ordnung sei. War es. 7 km lang sprintete ich hinter Gruppen hinterher, fuhr Löcher zu, kämpfte mich durch diesen Sinksand (das ist der der aussieht wie der feste Sand, nur dass man bestimmt nen Zentimeter versinkt und man ungleich mehr Kraft aufwenden muss um mit gleicher Geschwindigkeit durchzufahren). Von diesem Sand gab es diesmal sehr viel. Dafür gabs keine Priele, keine Laufpassagen, wenn man mal vom Anfang und Ende absieht. Nach 7 km wurde ich also ruhiger, erinnerte mich daran, dass ich noch ein paar Körner für den Rückweg mit dem heftigem Gegenwind brauchen würde (und wußte da aber noch nicht wie Recht ich haben sollte). Ich fand eine kleine Gruppe mit 6 Fahrern, die ein Tempo fuhren, das mir erlaubte auch mal vorne in den Wind zu gehen, ohne mich gänzlich abzuschiessen.
Nach 22 km kam uns die Führungsgruppe entgegen mit ca 30 Fahrern, die noch alle recht entspannt aussahen und ihr Ausscheidungsrennen wohl erst kurz vorm Ziel machen würden.
In diesem Moment als es mir grad so richtig gut ging, flapperte etwas, Bevor ich wußte was es war, sprang ich vom Rad. Mein Hinterrad innerhalb von Sekundenbruchteilen geplättet. Nu stand ich da im sandigen Nichts, der Wind riß an mir und ich durfte den Schlauch wechseln. War nicht so ganz einfach, weil die Finger ziemlich kalt waren, der Mantel feucht und sandig, und der Wind immer wieder das Laufrad fast aus meiner Hand zerrte. Aber irgendwann wars geschafft. Als ich die Luft pumpte, fuhr grad die letzte größere Gruppe vorbei. Nun gut, verfahren kann man sich nicht, vielleicht fand ich die Ideallinie nicht, aber das war nun eh egal so als Absicherung des Feldes nach hinten. Der Wendepunkt konnte nicht mehr weit sein, da bot sich ein wunderbares Bild. Aus der Öffnung von Ijmuiden schob sich ein Riesenfrachter, davor auf dem Strand kamen mir die Beachbiker entgegen, so ganz winzig klein. Also nochmal stehen bleiben, Kamera raus, Kamera sagt Batterie ist alle. So toll wie sie ist, die Neue, so kommunikativ ist sie auch. Und das frißt Akku ohne Ende. Naja, also kein Foto, dafür kam dann gleich der Wendepunkt an dem eine Matte im Sand lag. Sch***, gab es etwa einen Chip? Bei irgendeinem Rennen wo ich mich angemeldet hatte, gab es einen Chip. Das fiel mir jetzt (!!!) ein. Ich hatte aber keinen Chip, ich hatte nur die Nummer aus der Tüte genommen, angepinnt und die Tüte in den nächsten Mülleimer geschmissen. Das sollte mich noch die nächsten 26 km beschäftigen. Schnell nen Stück Kuchen in den Mund gesteckt und weiter, allein auf weiter Flur. Weit vorne zuckelten zwei, die nahm ich mir mal als Ziel zum Ansaugen. Der Wind war bestialisch, aber man muß ihm zu Gute halten, dass er nicht böig war wie bei uns, sondern immer gleich stark und gut zu fahren war, wenn eben auch sehr sehr langsam. 15 kmh hatte ich auf dem Tacho und hatte da mein Limit schon fast erreicht. Aber die beiden da vorne die sollten es jetzt sein. Diesel anschmeissen und draufhalten. Nur noch 120 min treten und dann ist alles vorbei, so war meine Hochrechnung. Gerade als ich die beiden erreichte, überholten sie ihrerseits eine andere Frau, die sich bei den beiden in den Windschatten hängte. Flugs hängte sie sich in meinen und fragte ob das OK sei und ich sollte ihr Bescheid geben, wenn sie nach vorne soll. Ich erklärte ihr, dass ich nen Brast hätte und den jetzt erstmal rausfahren müßte, so lange könnte sie sich rein hängen. So fuhren wir in Zweiergruppe. Die Sonne kam raus, der Strand wurde voller, zwischendurch sammelten wir Kerlchen ein, die ganz furchtbar eingegangen waren. Manche hatten noch nichtmal mehr die Kraft in den Windschatten zu huschen. Einige schafften es allerdings. Einer von ihnen kam sogar dreimal nach vorne um für wenige Minuten Windschatten zu spenden. Dann merkte man aber auch schon, wie schwer es ihm fiel die Kurbel zu drehen und er verschwand wieder nach hinten.
Noordwijk war weithin sichtbar und es kam einfach nicht näher. Scheiss auf den Diesel, schmeiss alles rein was Du hast, sagte ich mir und versuchte die 16 kmh auf dem Tacho konstant zu halten, das taube Gefühl in den Beinen ignorierend.
Kurz vor Ende bekamen wir Besuch vom Veranstalter, der fragte ob mit uns alles OK sei. Fähnchen zeigten den Weg zum Anstieg, auf einmal kamen die Schattenmänner nach vorne, ich vermutete schon sie wollten jetzt, wo sie sich erholt haben, noch nen Zielsprint machen, aber falsch gedacht, die haben sich bedankt und fielen im Anstieg nochmal etwas weiter zurück.
Das Rennen verlief mal anders als gedacht, aber dann doch ganz gut, zumindest von der Krafteinteilung und vom Kopf her. Das brachte mir wieder mal den Platz der vorletzten Frau ein, aber den hab ich ja eh schon abonniert. Die drei Stopps haben mich insgesamt 13 Minuten gekostet (Vergleich meine Fahrzeit vom Tacho mit der von der Zeitnahme). Offizielle Zielzeit war 2:51 oder 52.
Der Chip war übrigens auf der Rückseite der Startnummer. Das Rennen mit dem Transponder am Rad kommt noch.
Und der Zug von Amsterdam nach Hannover hatte ein Radabteil, vollkommen leer
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