Und das ist nicht die erste Stelle in der Bibel, die sich mit Sklaverei beschäftigt, sondern es gibt noch die berühmte Stelle in 2. Mose, Kapitel 21.
Es bestreitet niemand, dass es Sklaverei gab und dass es als normal galt. Das war der Status Quo.
Gleichzeitig war bekannt (und beide Bibelstellen belegen es), dass es eine miserable Lage für den Sklaven war (und ganz besonders für weibliche Sklavinnen, vor allem, wenn sie hübsch waren). Denn sonst gäbe es die in Deinem Zitat eingeführten Einschränkungen nicht.
Dies erhärtet den Vorwurf, den man Jesus machen könnte. Er wusste, dass Sklaverei so mies war, dass es man es dem eigenen Bruder und dem eigenen Volksgenossen ersparen wollte. Genau dies steht in Deinem Zitat. Jesus kannte diese Texte (sofern er existiert hat).
Das Neue Testament hat aber den Anspruch, den alten Status Quo zu verändern. Ein paar kurze Beispiele:
Frauen und Ehebruch: Auch die gesellschaftlichen Umstände der Frauen entsprachen irgendeinem Status Quo. Eine Steinigung nach dem Ehebruch war Status Quo. Sogar von Jahwe persönlich angeordnet. Und doch ist bis heute die (frei erfundene) Geschichte berühmt, als Jesus die Ehebrecherin quasi "freisprach" und sogar die Leute belehrte mit "Wer von Euch frei ist von Sünde, der werfe den ersten Stein! Du aber gehe hin und sündige nicht mehr" (aus dem Gedächtnis zitiert). Hier lehnte sich Jesus also auf gegen den Status Quo. Warum nicht für Sklaven? Hätte er nicht wenigsten den weiblichen Sklaven den Sex mit ihrem Besitzer ersparen können?
Beamte im Dienst der Römer: Er rehabilitierte Zöllner; auch deren Verachtung (als Schergen der Römer) war Status Quo. Warum hatte er kein Wort für Sklaven?
Jesus lockerte das heilige Sabbat-Gebot, ebenfalls ein Status Quo. "Der Sabbath ist für den Menschen da, und nicht der Mensch für den Sabbath." Die Empörung der Schriftgelehrten steht gleich im nächsten Vers.
Er sprach sich gegen den Status Quo der Reinheitsgesetze aus — dem zentralen Element des Judentums. "Denn siehe, nicht was in den Menschen hinein geht, macht ihn unrein, sondern das, was aus ihm herauskommt." (Alles aus dem Gedächtnis zitiert.)
Eine der wichtigsten Passagen des Neuen Testaments, die Bergpredigt, hat eine noch heute berühmte Form, die den Status Quo zuerst nennt, und ihn dann verwirft. Mehrmals wiederholt Jesus: "Ihr habt gehört, dass geschrieben steht... ich aber sage Euch..."
Ganz offensichtlich hat Jesus keine Angst, den Status Quo zu ändern. Warum tat er es nicht für Sklaven?
Angeblich sagte Jesus: "Was Ihr dem Geringsten getan habt, siehe, das habt Ihr mir getan" (Aus dem Gedächtnis.) Hier wirft also Jesus seine ganze göttliche Herrlichkeit in die Waagschale, um eine Verbesserung für "die Geringsten" herauszuholen. Sehr nobel! Aber wer zum Kuckuck sollen "die Geringsten" gewesen sein, wenn nicht die Sklaven? Diese waren aber nicht gemeint. Diesen Knick in der Logik seiner Autoren kann man schwerlich übersehen.
Ein interessanter Diskussionsverlauf. Das Helmut S ein bestimmtes Nietzsche-Zitat in den Sinn kam scheint nachvollziehbar.
Zitat:
Zitat von Jörn
...Meine Erklärung dafür ist, dass Jesus nicht existierte und er seine Reden nie gehalten hat. Sie wurden erfunden von religiösen Fanatikern, die nur ihren religiösen Fanatismus im Blick hatten...
Zitat:
Zitat von qbz
...Für mich ist die Diskussion insofern schwierig, weil Du mal erzählst, wovon die reale Person Jesus ausging, dann dass es ihn nicht gab, dann dass die Bibel eben in der zweiten / dritten Generation entstand und etwas anderes aufschrieb als Jesus wirklich sagte. Worauf soll ich mich da beziehen? Für mich existieren als eindeutige Quellen halt alle biblischen Texte, um über die fiktive Person Jesus zu reden und aus dieser Quelle hattest Du zitiert. Insofern wählte ich logischerweise bei der Interpretation Deiner ausgewählten Bibelstellen auch wieder das NT.
Zitat:
Zitat von Jörn
...Dies sind nicht nur humanistische Fragen der Neuzeit. Sondern es sind theologische Fragen der damaligen Zeit, und Jesus war definitiv "Theologe"...
Zitat:
Zitat von Zur Erinnerung für die Leser nochmals Jörn
...
Meine Erklärung dafür ist, dass Jesus nicht existierte und er seine Reden nie gehalten hat.
Zitat:
Zitat von qbz
Ich verstehe nicht, weshalb Du wieder auf das Sklaventhema zurück kommst, nachdem Du geschrieben hattest: "Gehen wir weg von der Sklaverei, wenn dieses Beispiel nicht zu einem Konsens führt."
Zitat:
Zitat von Jörn
Und das ist nicht die erste Stelle in der Bibel, die sich mit Sklaverei beschäftigt...
Ich bin auf den weiteren Verlauf des Dialog gespannt.
Und das ist nicht die erste Stelle in der Bibel, die sich mit Sklaverei beschäftigt, sondern es gibt noch die berühmte Stelle in 2. Mose, Kapitel 21.
Es bestreitet niemand, dass es Sklaverei gab und dass es als normal galt. Das war der Status Quo.
Gleichzeitig war bekannt (und beide Bibelstellen belegen es), dass es eine miserable Lage für den Sklaven war (und ganz besonders für weibliche Sklavinnen, vor allem, wenn sie hübsch waren). Denn sonst gäbe es die in Deinem Zitat eingeführten Einschränkungen nicht.
Für die (Sonder)Behandlung der Sklavinnen habe ich übrigens noch im AT diese kulturell interessante Stelle gefunden: "Wohnt ein Mann einer Frau bei, die einem andern Mann als Sklavin zur Nebenfrau bestimmt ist und die weder losgekauft noch freigelassen ist, dann sollen die Ansprüche untersucht werden; sterben sollen sie nicht, da sie nicht freigelassen war."
"Freie" Ehefrauen sollten in dem Fall also mit dem Tode bestraft werden, hingegen Sklavinnen, die mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr hatten, nicht.
Zitat:
Zitat von Jörn
Dies erhärtet den Vorwurf, den man Jesus machen könnte. Er wusste, dass Sklaverei so mies war, dass es man es dem eigenen Bruder und dem eigenen Volksgenossen ersparen wollte. Genau dies steht in Deinem Zitat. Jesus kannte diese Texte (sofern er existiert hat).
Das Neue Testament hat aber den Anspruch, den alten Status Quo zu verändern. Ein paar kurze Beispiele:
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Ganz offensichtlich hat Jesus keine Angst, den Status Quo zu ändern. Warum tat er es nicht für Sklaven?
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Angeblich sagte Jesus: "Was Ihr dem Geringsten getan habt, siehe, das habt Ihr mir getan" (Aus dem Gedächtnis.) Hier wirft also Jesus seine ganze göttliche Herrlichkeit in die Waagschale, um eine Verbesserung für "die Geringsten" herauszuholen. Sehr nobel! Aber wer zum Kuckuck sollen "die Geringsten" gewesen sein, wenn nicht die Sklaven? Diese waren aber nicht gemeint. Diesen Knick in der Logik seiner Autoren kann man schwerlich übersehen.
Die von Dir aufgezählten und als Änderung bezeichneten "Status Quo" Verhaltensnormen (heute würde man von Modernisierung bzw. Reformen sprechen) beinhalten Anliegen, die als softe, weiche Forderungen gelten, weil sie keine systemverändernde Bedeutung haben. Das Strafmass für Ehebruch z.B. zählt man zu den "soften" (weichen) Feldern der Politik. Mit solchen Themen kann man Stimmen sammeln, ohne die harten wirtschaftlichen Gesetzmässigkeiten ins Wanken zu bringen. Die inferiore Stellung der Frauen in der Gesellschaft wurde durch die empfohlene Änderung des Strafmasses für Ehebruch ja nicht abgeschafft.
Die Sklavenhaltung gehörte hingegen zu den überall verbreiteten wirtschaftlichen Basics der Antike, welche den Völkern - wie uns heute die Warenwirtschaft, Geld und Kapital - quasi als "naturgegeben" erschienen. Damit vermochten die Völker eine sog. Hochkultur auszubilden, um z.B. die Schreiber des AT und NT zu ernähren oder viel wichtiger, um Staats- und Verwaltungsapparate zu bilden, um Bauwerke, Paläste und Tempel zu errichten und um das eigene Volk vor Fremden zu beschützen bzw. Fremde zu unterjochen etc..
Neben den Sklaven anderer Völker kannte man auch noch die sog. Schuldsklaven (hier oft verschuldete (insolvente) Angehörige des eigenen Volkes), welchen das AT, wie ich beim "Durchblättern" gesehen habe keinen direkten Sklavenstatus aufdrückt und zu denen es jeweils je nach Region / Volk eigene Regelungen gab.
Wie ich schon zu Beginn der Diskussion anmerkte: Sklaven konnten sich zwar auch aktiv aus ihrer Rolle befreien oder freikaufen, wodurch sie einen anderen Status bekamen, aber damit im Kopf natürlich die auf der Sklavenhaltung basierenden Gesellschaftsordnungen, Hochkulturen nicht loswerden bzw. ablegen, so wie wir uns auch nicht vorstellen können, wie unsere Gesellschaften als hochproduktive funktionieren, wenn es kein Geld, Kapital, keine Warenform der Produkte mehr gäbe, mit breit ausgebildeten, produktiven Menschen nach dem Prinzip: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
Es fehlten zu der Zeit der Bibelentstehung einfach bestimmte gesellschaftliche Bedingungen wie sie dann in der Renaissancezeit mit dem Aufkommen des Bürgertums gegeben waren, um die Ideen der Aufklärung danals schon hervorzubringen.
Wenn ich Dich richtig verstehe, bist Du der Meinung, dass es für die Israeliten, die (dem Mythos nach) erstens der Sklaverei entflohen und anschließend dennoch für Jahrhunderte von anderen Völkern unterjocht wurden, unmöglich in der Lage waren, auch nur den geringsten Zweifel an der Sklaverei zu hegen. Und weiter, dass man es selbst Jesus nicht zum Vorwurf machen konnte.
Da es hier um Einschätzungen und Spekulationen geht, muss ich mich damit zufrieden geben.
Meine theologischen Einwände dazu bleiben vermutlich unbeantwortet.
Deinen Ausführungen zum Strafmaß bei Ehebruch kann ich im Moment nicht folgen.