Also dann wollen wir doch mal.
Nachdem hier ja schon massiv gespoilert wurde steig ich gleich mal mit den harten Fakten ein.
2. Platz Gesamt beim Inferno. - das liest sich schonmal ganz ordentlich.
„Nur“ 5:5x Minuten hinter Jan van Berkel macht die Sache noch etwas spezieller.
Wie es dazu kam? Das könnte jetzt etwas länger werden…
Ich fang einfach mal beim Frühstück an.
Um 4:30 Uhr, irgendwo in einem AirBNB im Thuner Vorort kam ein Satz von meinem Mitstreiter und Motivator mich überhaupt für das Rennen anzumelden.
Der Wortlaut frei zitiert: „was passiert eigentlich wenn einer von uns die Beine des Lebens erwischt und auf einmal das Rennen anführt. Was soll man dann machen?“
Ich selbst hab es mit einem einfachen „ach geh, bei der Konkurrenz die am Start ist müssen wir uns um vieles Gedanken machen, nur nicht um dieses Szenario“ und weiter an meinem Kaffee genippt und ein paar Happen Griesbrei in mich reingezwungen.
Diese Unterhaltung sollte mir nochmal mächtig durch den Kopf gehen. Dazu aber später mehr…
Zum Rennen selbst:
Die Stimmung vor dem Start ist in Thun immer irgendwie anders. Es herrscht das gewohnt rege Treiben in der Dunkelheit und eine gewisse Anspannung gepaart mit Nervosität liegt in der Luft und ist quasi greifbar.
Nach ein paar Zügen einschwimmen im Freibad geht es Richtung See um nochmal ein paar Meter einfach fürs Gefühl zu sammeln.
Dank dem Wind, der aus Richtung Interlaken über den See fegt ist das Wasser verhältnismäßig unruhig und wir stellen uns schonmal auf einen etwas längeren Aufenthalt im Wasser ein.
Strategisch hab ich mich am Start neben Karl, einem guten Bekannten und mittlerweile Local, ganz rechts aufgestellt.
Dieses Jahr bin ich ganz gut weggekommen und hab mich relativ schnell an die Beine heften können. Die konnte ich auch gute 500 m halten, bevor eine kleine Lücke entstand. Das Loch wurde dann durch ein paar Schwimmer von der linken Seite gefüllt und somit war der Plan klar. Einfach nicht den Anschluss verlieren, sonst wird es nicht nur unruhig und lang, sondern auch noch einsam auf dem Weg nach Oberhofen. Außer ein paar kleinen Konzentrationsschwächen mit anschließenden Sprints an die Beine verlief das restliche Schwimmen äußerst unspektakulär.
So ging es mit der ersten Verfolgergruppe Einzelstarter aus dem Wasser. Knappe 2 Minuten war da der Rückstand auf die Spitze. Weniger als gedacht und genau da wo ich sein wollte. Check-Check
Der Wechsel war relativ unspektakulär und nachdem ich mich für die spartanische Variante, Helm auf, Gels in die Tasche und Schuhe werden auf dem Rad angezogen, entschieden hatte ging es zusammen mit dem zweiten auf die Radstrecke.
Nach 500 Metern kommt der erste Berg und somit bleibt nicht viel Zeit zum sortieren. Ich lies Karl ziehen und bin mein eigenes Tempo gefahren. An der Verpflegungsstelle kurz vor der Abfahrt nach Interlaken hat sich die Geduld dann ausgezahlt und ich bin an zweiter Position in die Abfahrt gegangen.
Die Abfahrt selbst ist breit, schnell, verkehrsarm und übersichtlich. Perfekt zum richtig rollen lassen.
Am Ortsausgang startet dann das ca 40 km lange „flachstück“ Richtung Große Scheidegg. Wobei dieses Flachstück auch ein paar Wellen und auf dem letzten Kilometern schon leicht ansteigend seinem Namen auch nicht ganz gerecht wird.
An diesem Ortsausgang kam dann die Info, dass der Rückstand auf die Spitze in etwa gleich geblieben ist. Leicht überrascht, aber auch zufrieden hab ich mich zusammengefaltet versucht meinen Rhythmus für die nächste Stunde zu finden.
Das gelang viel besser als gedacht. Die Kurbel ging mit gut Druck rum, die Verpflegung machte keine Probleme und irgendwann hab ich auch die beiden Staffelfahrer die zu Beginn noch etwa 100 m vor mir waren, eingeholt, überholt und mich als Lokomotive vorne eingespannt. Alles mit dem Hintergedanken mein eigenes Rennen zu machen.
Der eigentliche Anstieg zur Großen Scheidegg beginnt mit einer 180 grad Kurve um eine Tankstelle rum.
In dem Moment ist mir das Frühstück wieder in den Kopf geschossen. Also nicht das eigentliche essen, sondern die oben zitierte Konversation.
Ca 30 Sekunden vor mir ist ein weißes Trikot mit rotem Helm in den Anstieg eingebogen.
Ja, was passiert also dann, wenn man auf einmal in Führung liegt?
In den Genuss kam ich leider nie, weil einfach, wie zu erwarten war die letzten 500 hm des ca 1500 hm Anstiegs einfach dann zu lang und zu steil für mich sind. Bis dahin bin ich allerdings immer „auf Sicht“ gefahren.
Auf den letzten Kilometern Richtung Passhöhe bin ich dann noch überholt worden und somit als dritter in die Abfahrt ins regnerische Grindelwald gegangen.
10 grad, regen, trisuit und eine technische Abfahrt mit schlechtem Belag. Da soll mir keiner erzählen Felgenbremse wären völlig ausreichend.
Leicht zitternd ging es dann als Dritter aufs MTB. Diesesmal mit der vorbereiteten Weste über die Schultern geworfen.
Auch hier fand ich gut in meine Rhythmus und bin stur mein Tempo gefahren. Auch da hab ich wieder feststellen müssen, dass ich mit steilen Bergen einfach meine Probleme habe. Es ist besser als die Jahre davor, aber immernoch nicht wirklich so, dass ich zufrieden wäre.
So wurde ich nach der Hälfte vom Anstieg eingesammelt und auch kurz vor der Passhöhe der kleinen Scheidegg.
In der Abfahrt hab ich dann wieder auf den Vierten aufschließen können und im Flachstück zur letzten Wechselzone hat sich an der Situation auch nicht mehr viel verändert.
So ging’s als 5. in die Laufschuhe. 3 Minuten Rückstand auf Platz 2 und 3 und 7 Minuten auf die Spitze, eine Traumvorstellung.
Die ersten fünf Kilometer flach, bzw leicht abschüssig Richtung Lauterbrunnen liefen die Beine schon richtig gut und somit konnte ich erst den vormals 3. und dann meinen Mitstreiter auf der MTB Strecke überholen und fand mich auf dem vorläufigen Podium wieder.
Im Anstieg hab ich dann relativ schnell den Zweitplatzierten gesehen und bin auch näher gekommen, bzw hatte ihn bei Kilometer 8 auch schonmal eingeholt.
In der darauf folgenden Verpflegung hatte ich mir dann etwas Zeit gelassen und die Lücke ging wieder auf.
Immer in Sichtweite mit einem Abstand von 30-60 Sekunden sind wir dann den Berg rauf und in Mürren auch nur noch 4 Minuten Rückstand auf die Spitze.
Mürren ist nicht nur das Wettkampfzentrum, sondern auch das Ziel für die Teamrennen und zugleich für die Einzelstarter der Moment an dem es wirklich ernst wird.
Es folgen noch ca 1500 hm auf 8 km. Die Anteile die gelaufen werden können halten sich ab hier in Grenzen und somit ist jeder gelaufene Meter doppelt wichtig.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam es dann kurz vor dem Kanonenrohr (dem steilsten Stück der Strecke) endlich zum hart erkämpften Überholmanöver. Ich bin zu dem Zeitpunkt ja auch nur eine gute Stunde auf Sicht gelaufen.
Von da an hieß es also nicht mehr umschauen, keine Dummheiten mehr machen und alles was halbwegs zu laufen ist mindestens mal zu joggen.
Das System konnte ich dann bis oben durchziehen und schlussendlich als zweiter über die Ziellinie stolpern. Neblige 5 Grad waren jetzt nicht die Traumkulisse, aber man nimmt was man so kriegt.
Keine 6 Minuten hinter dem ersten und ca 7 Minuten vor dem dritten.
Rückblickend kann ich definitiv behauten, dass ich es nicht besser hätte machen können.
Vielen Dank an alle die es bis hierher geschafft haben.