Einfaches Beispiel: Ich behaupte blau ist die schönste Farbe. Du findest aber rot sei schöner.
Guter Punkt, und deswegen wird auch kein vernünftiger Mensch diese Argumentation benutzen. Das bedeutet aber nicht, dass überhaupt keine Entscheidungen getroffen würden, oder als ob generell nichts entscheidbar wäre.
Das trifft genau mein Anliegen: Wenn die Gläubigen sich auf diese Art von Abwehr-Argumentation zurückziehen, nach dem Motto: "Ihr könnt überhaupt nichts beweisen!", dann wird die Karawane ohne sie weiterziehen.
Und weiter: Die Debatten, die religiöse Fragen tangieren, sind auf einem anderen Niveau als "blau ist nicht besser als rot". Eben das ist die Illusion der Gläubigen: dass die Wissenschaft im Grunde nur Geschwätz wäre, weil die Wissenschaft noch nicht mal so einfache Fragen wir rot und blau entscheiden könnte -- folglich unbrauchbar. Das ist eine Illusion, und zwar eine Illusion aus Unkenntnis.
Was ist mit dieser Frage: "Der aktuelle Papst kann Fragen zu einer übernatürlichen Existenz senden und eine zutreffende Antwort zurück erhalten -- wahr oder falsch?" Diese Frage kann die Wissenschaft klipp und klar beantworten, jedenfalls mit einer für die Debatte ausreichenden Sicherheit.
Was ist mit dieser Frage: "Bischof Lehmann kann durch Aufsprechen lateinischer Verse eine Weizenmehl-Oblate in Fleisch verwandeln -- war oder falsch?" Ist diese Frage der Wissenschaft zugänglich oder nicht?
nein ich denke nicht, daß es sich um diese Verwechslung handelt. Natürlich ist die Religion mit bestimmten Überzeugungen verbunden. Diese sind aber, insofern sie von spezifisch religiöser Natur sind, nicht über empirische Sachverhalte.
Die Schaffung der Welt ist kein empirischer Sachverhalt?
Die Naturgesetze und deren zwingende Geltung (und damit auch die Frage nach Wundern und der angeblichen Allmacht von Gott) sind kein empirischer Sachverhalt?
Die angebliche Heilung von Krankheiten durch die Einwirkung von Heiligen (neulich Mutter Theresa und Johannes Paul II) ist keine Einflussnahme auf empirische Sachverhalte? Ich dachte nämlich, dass die beweisbare Einwirkung auf empirische Sachverhalte geradezu die Voraussetzung wäre, um heilig gesprochen zu werden.
Die angebliche Heilwirkung von Lourdes ist kein empirischer Sachverhalt? Wissen das die Millionen von Pilgern?
Das Zustandekommen der Bibel (angeblich durch den "Anhauch des Heiligen Geistes gewirkt") ist kein empirischer Sachverhalt? Auch nicht, wenn ich die Bibel auf meinem Tisch liegen habe?
Sorry, aber da sind wir einfach unterschiedlicher Auffassung.
Auch ohne Kirche würde es einen Glauben geben. Er würde nur anders aussehen. Der Glaube hat sich vor der Kirche entwickelt.
Klar, aber damit ist der Glaube in erster Linie vom Zufall abhängig, nämlich davon, was einem die (zufällige) Umgebung erzählt hat, was man glauben soll.
Wofür ist das gut, zufällig an irgendwas zu glauben?
Und indem dieser Grundglaube evtl. noch nach eigenem Gutdünken ein wenig abwandelt wird, wird es auch nicht plausibler.
Eben das ist die Illusion der Gläubigen: dass die Wissenschaft im Grunde nur Geschwätz wäre, weil die Wissenschaft noch nicht mal so einfache Fragen wir rot und blau entscheiden könnte -- folglich unbrauchbar. Das ist eine Illusion, und zwar eine Illusion aus Unkenntnis.
Ich weiß gar nicht, woher du diese Einstellung hast. Du hast scheinbar auch viele Illusionen.
Weiter oben hast du die Nichtauferstehung Jesus abgehandelt. Entropie und Entropieänderung bei irreversiblen Prozessen werden in der 10. Klasse eingeführt (zummindest in BaWü). Für mich überträgt die Auferstehung (die es natürlich (<--wortwörtlich) so nicht gab) trotzdem eine Botschaft bis heute. Wie kann das überhaupt sein? Wieso glaube immer nocht Menschen? Alle blöd oder was?!
Kann man Zeit auch perspektivisch sehen, so wie den Raum und nicht bloß als Rechengröße t? Sollte man die Auferstehung aus einer anderen Perspektive betrachten versuchen?
Wieso glaube immer nocht Menschen? Alle blöd oder was?!
Hallo keko, als Erklärung würde ich anbieten, dass der christliche Glaube eine lange Tradition von Gewalt und mangelnder Bildung hat. Sogar der Besitz der Bibel war über die längste Zeit des Christentums für die meisten Menschen unmöglich, und selbst dann hätte kaum jemand die Möglichkeit gehabt, die vielen Fälschungen zu durchschauen, weil dazu ein umfangreiches geschichtliches und naturwissenschaftliches Wissen notwendig ist. Selbst heute hat kaum jemand dieses Wissen -- ganz sicher nicht durch den Besuch der Sonntagspredigten. Diese wurden übrigens bis in die 1960er-Jahre in lateinischer Sprache gehalten.
Zitat:
Zitat von keko#
Kann man Zeit auch perspektivisch sehen, so wie den Raum und nicht bloß als Rechengröße t? Sollte man die Auferstehung aus einer anderen Perspektive betrachten versuchen?
Und? Gibst Du uns auch die Antworten? Dann könnten wir untersuchen, ob sich Widersprüche erkennen lassen.
Es ist ja nicht so, das die Auferstehung von Jesus irgendwie eine neue Idee wäre, die wir nun zu entschlüsseln hätten. Sondern es war zu Zeiten von Jesus bereits eine altbekannte Idee, die auch erstmal nichts mit "Göttlichkeit" zu tun hatte, sondern die in der Vorstellung der Menschen einfach eine besondere Auszeichung für normale Menschen darstellte. Es hatte auch nichts mit dem Christentum oder dem Judentum zu tun, jedenfalls nicht exklusiv. Man muss sich vergegenwärtigen, dass es das Christentum (und seine Lehren) zur Zeit von Jesus überhaupt noch nicht gab. Klingt komisch, ist aber so.
Erst viel später verband sich die "Auferstehung" mit der Idee eines "Gottessohnes", also einer Gestalt, die sowohl Mensch als auch Gott war. Diese Idee gab es zu Zeiten von Jesus noch überhaupt nicht, sondern entstand erst ungefähr 400 Jahre später. Selbst wenn Jesus Gottes Sohn gewesen wäre, hätte damals niemand angenommen, dass er deswegen selbst ein Gott sei. Diese Idee entstand erst sehr viel später. Die sog. Zwei-Naturen-Lehre (ganz Mensch und ganz Gott, beides klar getrennt und doch in einer Person verbunden) ist ein absurdes Konstrukt aus dem Jahr 451, welches einem Teil der Kirche so bescheuert erschien, dass sich die Ostkirche abspaltete (und wegen des Oster-Datums, wenn ich mich recht erinnere).
Das bedeutet, dass die uns heute geläufige Idee eines "Sohn Gottes", der stirbt und dann aufersteht (weil unsterblich), damals noch unbekannt war. Selbst Paulus, der die ersten Dokumente des Neuen Testaments schrieb, kannte diese Idee noch nicht -- dabei hat er die Auferstehung von Jesus überhaupt erst ins Spiel gebracht. Allerdings meint er nicht eine irdische Auferstehung, d.h. er hat nicht behauptet, Jesus wäre nach dem Tod irgendwo auf der Erde herumgelaufen. Sondern er spricht von "Erscheinungen" und "Visionen", die er (Paulus) gehabt haben will, und zwar ist ihm dies knapp zwanzig Jahre nach dem Geschehen eingefallen (wer's glaubt). Und selbst dabei bezieht er sich auf frühere Prophezeiungen ("nach der Schrift")
1. Korinther 15: "Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; 4 und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift;"
Das bedeutet, er hat es nicht "gesehen", sondern "empfangen".
Markus, der erste Evangelist des Neuen Testments, weiß ebenfalls noch nichts von einer Auferstehung, sondern es endet abrupt mit dem Tod (nicht mit der Auferstehung!). Erst ca. 200 Jahre später wurde das Ende erweitert, weil es den Klostern, die damals die Schriften handschriftlich kopierten, zu läppisch erschien. Und weil die neue Fassung ebenfalls unbefriedigend war, wurde diese wiederum später erweitert. Das Ergebnis ist, dass moderne Bibeln heute gleich drei alternative Endungen des Markus-Evanegliums enthalten.
Lukas und Matthäus, die ihre Evangelien deutlich später schrieben und das Markus-Evangelium als Quelle benutzten, haben die Auferstehung hinzu erfunden. Dabei ergeben sich deutliche Unterschiede zu Paulus, der ihnen als Quelle offenbar nicht vorlag. Paulus wusste beispielsweise nichts von einem leeren Grab. Gräber machen bei einer Hinrichtungsstelle auch keinen Sinn, weil die Opfer nicht begraben wurden. Und da es in der jüdischen Zeit geschah, kann man vermuten, dass sich keine jüdische Grabstelle ausgerechnet auf einem Hinrichtungshügel der Römer befunden hätte. Das macht überhaupt keinen Sinn.
Deswegen taucht diese Geschichte auch erst in einer christlichen Zeit auf, also zu einer Zeit, zu der sich das frühe Christentum aus dem Judentum abgespalten hatte und eigene Bräuche entwickelt hatte. Die Bräuche zur Zeit von Jesus, der ja Jude war, hatte man bis dahin einfach vergessen. Den Autoren fiel das deswegen nicht auf.
Die Auferstehung ist kein physikalisches Phänomen, das wir physikalisch erklären müssten, etwa durch eine perspektivische Verzerrung des Raum-Zeit-Gefüges. Sondern es ist ein literarisches, mythologisches Problem, welches im Rahmen dieser Mythologie eine Bedeutung transportiert (nämlich die, welche die Verfasser sich ausgedacht hatten).
Daß es die Welt überhaupt gibt, wie immer man sich ihre Entstehung vorstellen mag, ist kein zusätzlicher empirischer Sachverhalt zu allen übrigen, sondern deren Voraussetzung.
Die Naturgesetze beschreiben empirische Sachverhalte, sie gelten, soweit sie gelten. Sie stehen in keinem Fall in Konflikt mit einer angenommen Allmacht eines Gottes.
Mit angeblicher Wunderheilung kenne ich mich nicht aus. Es ist aber anzunehmen, daß z. B. viele der Pilger nach Lourdes, klüger sind als Du denkst und trotz ihres Wissens, daß die Heilwirkung zweifelhaft ist, dorthin gehen. Warum tun sie das?
Die Behauptung die Bibel sei durch den "Anhauch des Heiligen Geistes" zustandegekommen, ist keine über einen empirischen Sachverhalt und hat nichts mit ihrer tatsächlichen materiellen Entstehung zu tun. Vgl.: Ein Künstler sagt über eines seiner Werke: „Dieses ist durch göttliche Inspiration entstanden.“ Willst Du ihm nun nachweisen, daß er empirisch falsch liegt? Oder versuchen zu verstehen, was er damit sagen wollte?