St. George, Utah, 01.05.2010 – Tag der Entscheidung
Bilder vom Ironman,
St. George und Las Vegas findet ihr unter:
http://picasaweb.google.de/merlin191...rgeUndLasVegas
Wie auch bei jedem anderen Ironman klingelte pünktlich um 4:00h der Wecker. Raus aus den Federn,
kurz ins Bad und wie es in der Lektüre steht das Frühstück zubereitet. Natürlich ist es in
St. George im Hotel nicht so wie bei uns, dass die sich in irgendeiner Weise an den Bedarf von Dutzenden Gästen richten würden und das Breakfast ausnahmsweise vorzuverlegen. Daher das am Vortag gekaufte Rosinenbrot (gibt’s auch in USA, juhu!), Cornflakes mit Joghurt und eine Tasse Kaffee von Mini-Kaffeemaschine eingeworfen.
Alle Sachen, die ich am Vortag zu Recht gelegt hatte eingepackt und zum 2,5 km entfernten Start im „Historical District“ mit dem Auto gefahren. Dort gingen für alle Athleten zwischen 4:30h und 5:30h die typisch gelben amerikanischen Schulbusse zum 25 km entfernen Sand Hollow Reservoir ab. Zuschauer wurden später separat dorthin transportiert nachdem die Athleten abtransportiert wurden.
Noch in der Dunkelheit dort angekommen übliches Treiben in T1. Nochmals die TT-Räder der Mitstreiter anschauen mit den passenden Gesichtern dazu – hochinteressant. Irgendwie kam ich mir mit meinem Cucuma Soleil, Alurahmen wie ein Nichts vor. Ein Material war zu sehen, wow! Das müssen ja alles „Halbprofis“ sein. Furchteingeflößt habe ich schon einmal von die Ambition „Kona-Slot“ abgehakt. Zu stark die Konkurrenz, rein an den Zeitfahrmaschinen und dem selbstbewussten Auftreten der Amis gemessen. Lange Schlangen an den Dixie-Klos. Wartezeit schätzungsweise eine dreiviertel Stunde und das eine halbe Stunde vor Start. Was soll’s. Ich riskiere es ohne.. . Irgendwie wird’s werden ;-)
Schwimmstart
7:00h, Wassertemperatur 58°Fahrenheit, entspricht 14,4°C. Nur ein Drittel aller Starter geht vorher in’s Wasser. Ich hab mich 2 Minuten vorher überwunden und bin in den Eistopf gegangen. Gleich darauf der Startschuss. Erste Kraulversuche, Atemnot! Sobald das Gesicht unter Wasser war blieb mir die Luft weg. Kurz Brustschwimmen, nächster Kraulversuch. Atemnot! Wasserballkraul – zu anstrengend im Startgetümmel. Kraulversuch – Atemnot. Sind so 3,8 km möglich? War dem Verzweifeln, fast sogar dem aufgeben nahe. So ging es die ersten 200 min hin und her, bis mal kontinuierliches Kraulen möglich war. Irgendwann nach 1:09 h war der Wasserschock vorrüber und es ging zur
T1.
Nicht so wie bei uns, wo jeder auf sich selbst gestellt ist, wird man in USA aus dem Neo von Helfern gepult. 2 Mann ziehen und reißen an den Beinen, bis die Menschenhaut wieder am Tageslicht erblickt. Erschwerend in meinem Falle kam hinzu, dass sich durch die erlaubten „Swimsocks“ sich die beiden Beinausgänge derart verstopften und mir dieses „Wechselerlebnis“ wie unendliche Minuten vorkamen. Rein ins Wechselzelt. Viel zu klein dimensioniert, überall Menschen, alle Sitzplätze belegt, alle Gänge voll. Ich quetsche mich in eine Lücke, Schuhe an, den Neo packt ein freundlicher Helfer in meinen Wechselsack, der mir auch vorher von einem Helfer gereicht wurde und ab auf die
Radstrecke.
180 km, Temperatur beim Radstart ca. 10°C. Zuerst einmal locker machen, Sonnenschutz im Gesicht auftragen, Schluck aus der Aerobottel und es locker angehen. Um mich herum das ganze Sortiment Triathleten: Schnelle, Langsame, Orientierungslose, Übermotivierte, Ungeduldige. Manche mit Winterklamotten, mit Blousons, die sich aufblasen wie Heißluftballons, einer mit knallengen roten Zeitfahrüberschuhe (hat bestimmt 5 min. zum überziehen gebraucht).
So ging es also auf den Radkurs, der bereits schon im Vorfeld sehr gefürchtet war und im Internet interessantes zu lesen war. Bis
St. George ging es hügelig auf und ab. Bis zum Anfang der ersten Runde waren es 35 km und bereits schon 365 hm. Das Anfangspacing hat sehr gut geklappt, nicht überzockt und der Puls war ca. 7 Schläge unterhalb des normalen IM-Radpuls.
Erste von 2 Runden. Nur ab und zu ein wenig Gegenwind auf dem ersten Drittel. Am meisten machte mir der grobe, schlechte Stein-Asphalt-Belag zu schaffen. Dieser war auf der ersten Hälfte fast ständiger Begleiter. Kurze, knackige Anstiege mit über 10%, recht unrytmisch zu fahren. Kurz vor dem 2 Ort Veyo nach 2/3 der Runde leitet eine Serpentine einen 7,5%-igen Anstieg für 1,3 km ein, der dann oben vor dem „Gipfel“ im zweistelligen Prozentbereich liegt. Es ging dann mit nur geringer Steigung weiter, bis es dann nach dem Schlußanstieg nach Veyo, links vorbei an einem interessanten vulkanähnlichen Berg, zum Downhill kam. Insgesamt 18 km Gefälle, mit steilen Kuppen, bei denen Geschwindigkeiten um die 75 km/h erreicht wurden. Scharf nach rechts, gleiche 2. Runde und nach fast 2.000 hm und nach 6:03 h in die Wechselzone. Was 6:03 h? So schlecht? In Klagenfurt letztes Jahr hatte ich doch 5:19 h gebraucht. War ich so schlecht in Form? Die Trainingsergebnisse, vor allem die 3,5 Std. Kraftausdauerausfahrten waren doch nicht so schlecht gewesen.
Zur T2. Links ausgeklickt, Bein über das Rad geschwungen, hingerollt zur Linie, absteigen wollen und umgefallen. Im Stile eines „Eiskaffee-Imponieres“. Nicht ausgeklickt gewesen. Böser Fehler! Wie peinlich! Schnell aufgestanden, rein in das Zelt, Wechselbeutel gereicht bekommen, kurz aufs Dixie und ab auf die
Laufstrecke.
Ich war gewarnt. Über 600 Höhenmeter aber eigentlich ideal für mich als Läufer um dort meine Stärke einzusetzen. Gleich von Anfang an 2% Steigung. Immer wieder auf den Garmin geschaut ja nicht unter 5 min/km zu kommen. Überpacing wäre jetzt das Todesurteil für den schwierigen Kurs. Mist, hinten am Trikot fühlt sich alles verklebt an. Die Faktor 50 Sonnencreme ist ausgelaufen da sich durch die Vibrationen der Deckel gelöst hat. Mit der ausgelaufener Creme nochmals Gesicht und Schultern eingecremt. Der 2. Km auch wieder mit der richtigen Pace gelaufen. Immer noch weiter bergauf. Jetzt mehrere steilere Kuppen, steiler Anstieg über bestimmt 400 m. Nach 5 km sind schon über 150 hm überwunden. Vor mir 2 Dixiehäuschen, irgendwie habe ich ein dringendes Bedürfnis. Ist bestimmet die Rache für die Ignoranz vor dem Schwimmstart. Ein Häuschen davon ist frei. Wenn nicht jetzt wann dann? Rein und nach einer Blitzsitzung wieder raus auf den weiterhin steigenden oder fallenden Kurs. Kein gerades Stück auf der Laufstrecke. Dann die Wende und zurück wieder zum Start der Laufstrecke. Halbmarathon, die erste Hälfte ist geschafft. Jetzt noch einmal die durch diese selektiven Runde. Wieder den langen Anstieg. An den steilen Passagen ist gehen nur unwesentlich langsamer als das Laufen. Entscheide mich wie viele andere, fast alle um mich herum sind erst auf der ersten Laufrunde, zu gehen um die Energie dann an den „leichteren“ Passagen sinnvoller einzusetzen. Doch wie es kommen muss: die Dixie-Haus-Rache ereilt mich nochmals bei km 35.
Nach kurzer Pause dann auf nur noch abfallender Strecke ins
Ziel gelaufen und nach 3:48 h in insgesamt 11:10 h gefinisht. Ein Helfer wurde mir zugeteilt, von dem ich das Finishershirt und Finishercap bekam und der mich zur Verpflegung fürsorglich begleitet hat.
Hatte meine Frau bereits schon im Ziel getroffen und war echt enttäuscht über die scheinbar schlechte Zeit. Sie beruhigte mich und meinte es wären noch nicht allzu viele in meiner AK im Ziel. Doch was heißt nicht viele? 5 Mann, 10 Mann, 20 Mann? Für mich schien alles gelaufen. Versagt, Hawaii gelaufen, Tschüss, Frankfurt lässt grüßen mit dem neuen Versuch für Kona 2010. Weiterhin das Säbelrasseln von Steilküste und Dude verfolgen? Nein, das darf nicht sein.
Ok, mit hängendem Kopf das Rad abgeholt und ins Hotel gefahren. Laptop eingeschaltet, schnell auf
www.ironmanstgeorge.com und siehe da unglaubliches ist passiert! Platz 8 AK45. Insgesamt Platz 124 bei über 2000 Starter. Reicht das für den Slot?? Wird auf jedenfall eng zugehen. Wieviele Slots wird’s für die AK45 geben?
Sonntag 02.10.10
Machen wir es kurz: Jaaaaa es hat geklappt!! Es gab 6 Plätze für die AK45. Ein Slot wurde nicht abgeholt. Beim Rolldown hat der Platz vor mir (war gerade mal 38 sec. schneller) den Slot nicht annehmen brauchen, da er einen Startplatz in der Lotterie gewonnen hatte. Somit hatte ich ihn.
Was für ein unbeschreibliches Gefühl nach nur 3 Triathlon-Trainingsjahre die Kreditkarte zücken zu können, den Visabeleg mit den 575 $ unterschreiben zu können und das DINA4-Kuvert mit dem großen Ford Ironman World Championship –Aufkleber in den Händen halten zu können.
Nun zu Hause konnte ich das Rennen mal in aller Ruhe analysieren und musste feststellen, dass der 8.AK-Platz nicht aus dem „Nichts“ gekommen ist. Die Strecke war echt schwer, angefangen beim Schwimmen im eiskalten Wasser, fast 2.000 hm Rad auf teilweise schlechten ruppeligen Asphalt, bergige Laufstrecke. Wenn man allein schon anschaut, dass in der AK M45 nur 7 Mann unter 1 h geschwommen sind, nur 8 Mann einen Radsplit unter 6 h hatten und den Marathon unter 4 h auch nur 15 laufen konnten sagt das alles was dort angesagt ist. Bin wieder beruhigt und kann mich nun in aller Ruhe auf Kona vorbereiten.
Vielen Dank für alle, die mich unterstützt haben. Insbesondere den Schwimmtrainern vom SV Bayreuth, die einem Nichtschwimmer das Kraulschwimmen beigebracht haben, Hilmar alias Ausdauerjunkie für die guten Radtips und die Radausfahrten, Hubert für die letzte Motivation mit ihm zusammen die Kona-Vision zu verwirklichen und vor allem Arne Dyck für die kostenlosen 18-Stunden-Trainingspläne, an die ich mich stark gehalten habe und mir das ermöglicht haben. DANKE ALLEN! Es ist wahr geworden (noch vor 3 Jahren undenkbar gewesen)!