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qbz 27.06.2021 10:27

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1608284)
Im Bundestagswahlkampf spielen die außenpolitischen Vorstellungen von Olaf Scholz (SPD), Armin Laschet (Union) und Annalena Baerbock (Bündnis 90/Grüne) kaum eine Rolle. Dabei wird einer von ihnen in die Fußstapfen von Angela Merkel treten müssen, die als Grand Dame der Außenpolitik bald die Weltbühne verlässt.

Bei einer Fragerunde der Münchner Sicherheitskonferenz im ARD-Hauptstadtstudio mussten sich alle drei Kandidaten neunzig Minuten lang den Fragen von Hauptstadtstudio-Leiterin Tina Hassel und dem Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, stellen.


Ich bin gerade dabei, mir folgende Interviews in kleinen Etappen anzuhören. Leider muss man sich die Antwort der anderen Parteien dazu denken, weil die nicht eingeladen sind, obwohl sie aktuell mehr Wähler repräsentieren als eine der anwesenden VertreterInnen.

Nur ein paar erste Gedanken, die mir unmittelbar beim Anhören des ersten Teils durch den Kopf gingen.

Die BundeskanzlerbewerberInnen vermeiden konsequent das Wort "Krieg", auch wenn es um die Beteiligung der Bundeswehr an Kriegen im Ausland geht. Stattdessen heisst es verharmlosend: "Einsatz", "Stabilisierungsauftrag", "Mission", "Bündnisbeitrag", "Unterstützung", usf. Typisches Reframing, um zu umgehen, dass die Bundeswehr nach der Verfassung eine reine Verteidigungsarmee sein soll.

Alle Drei unterstützen direkt oder indirekt die Aufrüstung, die Erhöhung der Militäretats.

Mit der von allen geteilten Definition der transatlantischen Rolle DE und Europas als "Partnership in Leadership" überschätzen die EU, DE und FR ihre Rolle in der Welt und vor allem gegenüber Asien. Andere Länder lehnen es ab, wenn DE und die EU auf der Welt als "Leadership" agieren wollen. Eine Überschätzung der eigenen Rolle scheint mir keine gute Basis für freundschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern.

DE soll mit FR in der EU politisch und militärisch eine bestimmende Rolle einnehmen. Einführung von Mehrheitsentscheidungen, gemeinsame Rüstungsprojekte, europäische Armee.

Die von Baerbock geforderte Einmischung in die Hongkong Konflikte hätte das Verhältnis sowie die Beziehungen der EU und DE zu China sehr wahrscheinlich deutlich verschlechtert und für die Hongkonger nichts gebracht, sondern nur den Konflikt zwischen Hongkong und China verschärft (Öl ins Feuer). Ähnliches gilt für die von ihr gefordete Aufgabe von Nordstream 2 (und der Ersatz durch amerikanisches Fracking Gas) im Verhältnis zu Russland.

Über die von allen Anwesenden unterstützte und komplett gescheiterte Syrien- oder Afghanistanpolitik wurde der Mantel des Schweigens ausgebreitet, trotz umfangreicher Statements in 2h.

El Stupido 28.06.2021 12:15

Zitat:

Zitat von lbu1979 (Beitrag 1608175)
(...)
Nur um das vorab klarzustellen, ich halte die AFD ebenfalls für eine nichtdemoktratische und nichtwählbare Partei, lehne ebenfalls viele Punkte ihrer Ziele ab!

:Blumen:

Zitat:

Die AfD, und zwar nicht der rechte Flügel, sonder der gemäßigte Part, sind in vielen östlichen Bundesländern sehr anerkannt. Ich komme von da und meine gesamte Familie lebt noch dort, denke also das ich es auch persönlich einschätzen kann.
Teile meiner Familie sehen das die AfD viele Punkte anspricht die auch sie selber sehen und "fürchten". Daher die breite Akzeptanz der Partei dort. Die Hintergründe der Ängste und Befürchtungen sind sicher bereits ausführlich diskutiert.
"Gemäßigter Part"? Gibt es den (noch)?
Kann man so einfach trennen zwischen Flügel und Nicht-Flügel?
Wer AfD wählt unterstützt eben auch den Flügel.
Womit spricht die AfD den Leuten denn aus der Seele?
Es wird Angst geschürt vor Zuwanderung und viele in den östlichen Bundesländern müssen erst mal Google Bildersuche bemühen wenn sie eine Frau mit Kopftuch sehen wollen.

Zitat:

(...)
Jeder kategorische Ausschluss, jede generelle Schmähung der AfD, ist direkt und indirekt ein Schlag ins Gesicht von ca. 30% der ostdeutschen Bevölkerung.
Es wird nicht helfen, die Gesellschaft weiter zu trennen sondern nur Annäherung schafft erfolge. Und wenn das über diesen Weg passiert wäre, wäre es zumindest etwas worüber man nachdenken hätte können.
Du schreibst selbst, dass du die AfD für "nichtdemokratisch" hälst. Aber weil lokal um die 30% sie wählen soll man dann bitte mal nicht so sein mit der Ausgrenzung? Weil das unfair wäre den Wähler*innen gegenüber?

Zitat:

(...)
Stattdessen haben wir mit Ramelow einen Vertreter einer anderen extremen Partei, nur von der anderen Seite, auf der selben Position. Auch wenn Ramelow sicher ein eher gemäßigter und pragmatischer Mensch ist, muss er sich doch in wesentlichen Dingen seiner Führung unterordnen. Ich hab mir das am Sonntag beschlossene Programm der Linken durchgelesen, und für mich persönlich, wenn auch bei anderen Punkten, sehe ich es ähnlich gefährlich wie das Programm der AfD.
Ich bin auch kein großer Fan von vielen Sachen der LINKE und schreibst ja selbst, dass du Ramelow als gemäßigt und pragmatisch siehst. In diesem Zusammenhang zu nennen ist aber Hufeisen par exellence

Hafu 28.06.2021 14:44

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1608294)
N... Ähnliches gilt für die von ihr gefordete Aufgabe von Nordstream 2 (und der Ersatz durch amerikanisches Fracking Gas) im Verhältnis zu Russland...

Hallo???

Jetzt unterstellst du Baerbock aber im Stil der Springerpresse eine Aussage, die sie so absolut nicht getätigt hat. Sie hat mit keiner Silbe gefordert, dass amerikanisches Fracking-Gas anstelle des zukünftig durch Nord-Stream2 fließenden Gases importiert werden soll.

Für mich war viel eher Laschets blauäugige Aussage zu NordStream2 erschreckend: Er betrachtet die Pipeline so wörtlich als "rein wirtschaftliches Projekt". Er sieht also weder die Bedrohung der Ukraine durch NordStream2, die von den bisher existierenden Pipelines einerseits in Form von Transitgebühren profitieren und die andererseits aktuell mit Stopp von Gaslieferungen aus Russland nicht erpresst werden können, ohne dass sich Russland gleichzeitig Lieferverpflichtungen gegenüber dem Westen drückt.
Auch dass eine Pipeline negative implikationen für den Kampf gegen Klimawandel und dem Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe hat, entgeht Laschets Wahrnehmung.

Weißer Hirsch 28.06.2021 15:07

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1608534)
Für mich war viel eher Laschets blauäugige Aussage zu NordStream2 erschreckend: Er betrachtet die Pipeline so wörtlich als "rein wirtschaftliches Projekt". Er sieht also weder die Bedrohung der Ukraine durch NordStream2, die von den bisher existierenden Pipelines einerseits in Form von Transitgebühren profitieren und die andererseits aktuell mit Stopp von Gaslieferungen aus Russland nicht erpresst werden können, ohne dass sich Russland gleichzeitig Lieferverpflichtungen gegenüber dem Westen drückt.

Aus Sicht von D, und Laschet kandidiert als Kanzler für D, ist es auch ein wirtschaftliches Projekt. Es geht um die Sicherung unseres Energiebedarfes.

Ob eine zweite Pipeline potentiell politsch genutzt werden kann (oder dadurch eben die bisher existierende erste Pipeline) ist meiner Meinung nach nachrangig zu betrachten.

Der ganze Ukraine-Konflikt ist überhaupt erst durch die vom Westen vorangetriebene EU- und Nato-Osterweiterung entstanden. Ob der Auftritt von Habeck an der Grenze zur Ukraine ("Waffen zur Verteidigung, zur Selbstverteidigung kann man meiner Ansicht nach, Defensivwaffen, der Ukraine schwer verwehren") in diesem Kontext so clever war kann jeder selbst bewerten. Wenn das aber unsere zukünftige Linie in der Außenpolitik wird, wird es auch wirtschaftlich schwer für D. Denn neben Russland gibt es aus Sicht der Grünen noch viele andere Länder (USA, Naher Osten, China etc.) mit denen man aus verschiedenen Gründen nicht sprechen oder verhandeln darf.

qbz 28.06.2021 17:44

Zitat:

Zitat von Hafu (Beitrag 1608534)
Hallo???

Jetzt unterstellst du Baerbock aber im Stil der Springerpresse eine Aussage, die sie so absolut nicht getätigt hat. Sie hat mit keiner Silbe gefordert, dass amerikanisches Fracking-Gas anstelle des zukünftig durch Nord-Stream2 fließenden Gases importiert werden soll.
....

Ich habe ihre Ablehnung von Nordstream 2 in nur 1 kurzen Satz formuliert. Bitte um Nachsicht. Ja, sie sagte nichts dazu, was Ersatz für das russische Gas sein soll, aber jeder weiss, dass in der Konsequenz es USA-Fracking-Gas sein wird, was ich in dem Satz nicht unter den Tisch fallen lassen wollte.

Das ist nämlich in der bisherigen Diskussion um Nord Stream 2 oft genug angeführt worden, dass das Interesse der USA an einem Stopp von Nordstream 2 vor allem daran liegt, dass sie amerikanisches Gas (aus der dort in den letzten Jahrzehnten stark ausgeweiteten Fracking-Produktion) nach Europa liefern wollen. Die USA haben sogar angedroht, die am Bau beteiligten Firmen zu sanktionieren, was eine unverschämte Einmischung in den freien Handel zwischen DE und Russland darstellt. Mecklenburg-Vorpommern hat deswegen eine besondere Stiftung Nordstream 2 gegründet, um die angedrohten USA-Sanktionen zu umgehen. Und Scholz wiederum bot Trump an, Fracking Gas zu importieren als Ausgleich für den Verzicht auf Sanktionen.

Unbestritten ist doch, dass im Falle des Wegfalls von Nord Stream 2 der in DE und der EU benötigte Gasbedarf aus den USA den dann fehlenden russischen Import ersetzen wird. Niedersachsen hat in Stade ein Terminal errichtet, wo Fracking-Gas aus den USA künftig importiert wird.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/...c-07bb7abd0cd1

Dass Klimaschützer beide Gas-Importe kritisieren, finde ich verständlich und unterstützenswert. Die Politik und die Wirtschaft muss bei einem Verzicht auf beide aber auch sicher begründen, ob das in den nächsten 10-20 Jahren überhaupt realistisch ist und ob ausreichend andere Energieträger zur Verfügung stehen bzw. alternativ geplant sind, was sie bisher nicht vermochte.

Mit Menschenrechten oder der Ukrainie hat der Pipeline Streit im Hintergrund am allerwenigsten zu tun. Man sucht einfach je nach Interessenlage nach vorgeschobenen Gründen.

Hafu 28.06.2021 18:14

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1608559)
Ich habe ihre Ablehnung von Nordstream 2 in nur 1 kurzen Satz formuliert. Bitte um Nachsicht. Ja, sie sagte nichts dazu, was Ersatz für das russische Gas sein soll, aber jeder weiss, dass in der Konsequenz es USA-Fracking-Gas sein wird, was ich in dem Satz nicht unter den Tisch fallen lassen wollte.

Du hast suggeriert, dass sie den Import von amerikanischem Fracking-Gas in irgendeiner Weise befürwortet. Und das ist falsch, weil das Baerbock (und die Grünen) selbstverständlich nicht befürworten.

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1608559)
...
Unbestritten ist doch, dass im Falle des Wegfalls von Nord Stream 2 der benötigte Gasbedarf aus USA den russischen Import ersetzen wird. ... Die Politik und die Wirtschaft muss bei einem Verzicht auf beide aber auch sicher begründen, ob das in den nächsten 10-20 Jahren überhaupt realistisch ist und ob ausreichend andere Energieträger zur Verfügung stehen, was sie bisher nicht vermochte.

Wir decken seit Jahrzehnten unseren Gasbedarf über (landgebundene) Pipelines. In Zukunft wird (und muss) unser Gasbedarf substanziell sinken, weil der Anteil regenerativer Energien durch Ausbau von Windkraft und Solarkraft steigen muss und der Energiebedarf von Gebäuden sinken muss.
Wer also die Energiewende ernst nimmt und sich darum aktiv kümmert, der benötigt keine zusätzliche Erdgasleitung für russisches Erdgas und er benötigt auch kein Flüssiggas aus den USA.

Wer natürlich wie die Union nur so tut, als würde er sich um die Energiewende kümmern, faktisch aber kaum dafür konkrete Maßnahmen plant, für den könnte so eine Pipeline möglicherweise Sinn machen. Letztlich ist eine solche Politik aber eine Bankrotterklärung gegenüber dem Pariser Klimaschutzabkommen dessen formulierten Zielen zur Co2-Reduktion Deutschland verpflichtet ist.

Deinen genutzten Ausdruck "unbestritten ist jedoch" würde ich mal eben aufs Schärfste bestreiten.

Das DIW hält Nordstream2 jedenfalls für überflüssig.

Helios 28.06.2021 19:32

Zitat:

Zitat von qbz (Beitrag 1608559)
...........
und ob ausreichend andere Energieträger zur Verfügung stehen bzw. alternativ geplant sind, was sie bisher nicht vermochte.
..........

Wir haben genug Kohle - wenn alle Stricke reißen werden wieder Verkokungswerke gebaut, dort wird dann das Stadtgas gewonnen und in die regionalen Netze eingespeist - es hat leider einen geringeren Brennwert und es werden Unmengen an Kohle verkokst.
In den 70igern des vergangenen Jahrhunderts wurde das Stadtgas durch Erdgas ersetzt. Wer jetzt Erdgas runterfährt, weil es ihm co2-mäßig nicht in den Kram passt, hat nicht mehr alle Latten am Zaun :Lachen2:

Hafu 28.06.2021 20:50

Zitat:

Zitat von Helios (Beitrag 1608570)
...Wer jetzt Erdgas runterfährt, weil es ihm co2-mäßig nicht in den Kram passt, hat nicht mehr alle Latten am Zaun :Lachen2:

Ich weiß nicht, wie der Smilie in deinem Beitrag zu verstehen ist.

Unserer Erde passt das seit 200 Jahren stattfindende Verbrennen fossiler Energieträger nicht in den Kram.

Das Nichtfertigstellen einer Pipeline hat übrigens zunächst sehr wenig mit "Erdgas runterfahren" zu tun, sondern allenfalls damit, die Nutzung eines Brennstoffs nicht für die nächsten 20 bis 30 Jahren zu zementieren, der bei der Verbrennung gerade mal 20% weniger Co2 produziert als Benzin oder Heizöl und zusätzlich über Leckagen bei Produktion und Transport das im Vergleich zu Co2 25mal so klimaschädliche Methan in die Atmosphäre entlässt


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