Ich bin Triathletin und sportlich nicht aktiv
Bekanntlich stehe ich ja in unserem Haushalt dem Finanz-Ressort vor. Und weil ich das Ernst nehme, feile ich natürlich ständig an der Optimierung des Ressourcen-Einsatzes. Dass kurz nach dem Einsetzen der letzten Energiesparbirne ein Rauschen durch den Blätterwald von erhöhtem Krebsrisiko aufgrund eben dieser Birnen zu vernehmen war, war Pech. Das habe ich schlichtweg todesverachtend ignoriert. Ich kann mich ja nun auch wirklich nicht um alles kümmern.
Dass sich gesundheitsbewusstes Verhalten und die strikte Verfolgung von Sparzielen aber durchaus nicht ausschließen, will mir ja meine Krankenkasse weiß machen. Deswegen interessiere ich mich auch seit gestern für deren Bonusprogramm. Wer sein gesundheitsbewusstes Verhalten in krankenkassen-akzeptabler Manier nachweist, soll belohnt werden. So gibt es z.B. die Möglichkeit, seine sportlichen Aktivitäten belohnen zu lassen. Zu eben diesen zählen beispielsweise die aktive Mitgliedschaft im Sportverein, geführte Laufttreffs oder das Erlangen der Sportabzeichens. Trifft bei mir ja alles nicht zu. Ich bin eine alte, zynische Frau, die Triathlon hauptsächlich deshalb betreibt, damit sie ihre Ruhe hat und nicht grantelig zu irgendwelchen Trainingskollegen ist.
Aber weil mich gerade so der Hafer sticht, nehme ich meine Krankenkasse beim Wort, zögere nicht und wähle die Servicenummer. Nach kurzem Verweilen in der Warteschleife meldet sich eine schlecht gelaunte Sächsin. Na, das fängt ja gut an, denke ich. Aber ich bin selbstverständlich tolerant bis in meine ehemals blonden Haarspitzen und freue mich darauf, dass die Service-Maus bestimmt nicht hesitaten wird, mir zu helfen. Nein, freuen wird sie sich, dass sie endlich, endlich eine beinharte Herausforderung in ihrem tristen Call center-Berufsalltag hat, die sie ohne Umschweife angehen und eine Lösung für ihre Kundin finden wird.
Zurück zur Wirklichkeit. Ich sage der Dame, dass ich keinem Verein angehöre, allerdings Triathletin sei und in welcher Form denn diese sportliche Aktivität anerkannt werde. "Nee", sagt sie, "das geht nicht. Das ist ja so als wenn sie immer tanzen gehen." "Ach soooo," antworte ich gedehnt. Und da fällt es mir auf einmal wie Schuppen von den Augen: Wir alle sehen gar nicht verschiedene Stile auf der Laufstrecke - nein, das sind alles Tanzschritte! Jawohl, im Paso Doble in die Wechselzone, mit einem schnellen Quickstep an die Verpflegungsstation, im erleichterten Wiener Walzer von der Dixi-Toilette und dann endlich ins Ziel in schleppendem Tango Argentino. Da habe ich sofort vollstes Verständnis für meine Krankenkasse, dass die das nicht als Sport anerkennen können.
Abschließend bleibt festzuhalten: die Dame kann mir nicht sagen, ob z. B. die Einreichung einer Urkunde als knallharter Ergebnisfakt von dem strengen Bonusprogramm-Gremium anerkannt wird oder nicht. "Aber", meint sie zum etwas freundlicher als sie den Gesprächsabschluss bereits fest im Visier hat, "Sie können es ja versuchen und die Quittung mit erreichen." "Ja," antworte ich müde und denke so bei mir "Welche Quittung auch immer". Möglicherweise verzichte ich aber auch einfach auf den Bonus.
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