So wie ich meine Renn-Bekleidung auswähle, halte ich es auch ja auch meist mit meinen Sport-Einheiten: immer spontan. Deswegen habe ich gestern einfach wieder alles ganz anders gemacht und die Gunst der Stunde genutzt. Elendig heiß war es und ich bin laufen gegangen. Bei 27 Grad Lufttemperatur ist das für mich ja schon richtig anstrengend.
Obwohl ich durch den Wald laufe, frage ich mich schon auf der ersten 5-Kilometer-Runde, was ich denn wohl noch jugendfrei ausziehen könnte. Mir fällt nichts ein. Auf Runde drei ist mir schon entsetzlich langweilig und ich laufe zu einem jungen Mann auf. Der joggt im Einteiler so vor sich hin und hat in der Rückentasche eine Wasserflasche stecken. Ich dränge ihm ein Gespräch auf. Er ist auf der zweiten Runde unterwegs und ist nach eigenem Bekunden gerade dabei, sich auszulaufen. In drei Wochen will er im Kraichgau auf der Mitteldistanz seinen ersten Triathlon machen. Bei der schwülen Hitze wär´s schon sinnvoll, was zu trinken dabei zu haben, meint er. Er schnauft ganz schön. Ob dem klar ist, wie die Luft im Kraichgau steht, wenn man hinten ins Feld läuft?
Runde vier laufe ich wieder allein. Dann ein kurzer durstgetriebener Abstecher nach Haus. Auf den letzten 30 Metern vor unserem Haus sucht mich immer derselbe Albtraum heim: Ich sehe eine riesengroße schwarze Digitalanzeige mit roten Ziffern. Sie zeigt 14:59:32 und läuft gnadenlos weiter. Vermutlich entgegen sämtlicher Trainingsempfehlungen sprinte ich die letzten 30 Meter. Wenn ich auf einen Fall vorbereitet bin, dann auf einen Endspurt, bei dem es zwar nicht um Leben und Tod, dafür aber um Finish oder DNF geht. Völlig überraschender Weise finde ich in unserem Kühlschrank eine Cola. Leider light. Feixend öffne ich ein Zuckertütchen, lasse die weißen Körner in das dunkle Gesöff rieseln und bin froh, dass mein Mann nicht da ist und mit mir schimpft. Eiskaltes Getränk in ausgetrocknete Kehle. Das Leben kann so schön sein.
Dann noch schnell in der prallen Sonne über heißen Asphalt zum Kindergarten getrabt. Dort wundert man sich über meine Auftritte schon längst nicht mehr. Conny fragt, ob ich für Hawaii trainiere, was ich leider verneinen muss. Bei mir geht´s nur um Finish oder nicht. Leute wie Connis Nachbar Holger versauen den sport-interessierten Zuschauer ja total: Der Mann ist 24-facher Ironman-Finisher und war mehrfach auf Hawaii. Schon klar, dass Conny dann denkt: "Kann doch nicht so schwer sein", oder? Wie auch immer, das Kind will nicht mit. Ich trabe also nach Hause und überlege, wie kurz oder lang ich wohl unterwegs war und beschließe, eine neue Uhr zu kaufen. Vielleicht kann man da ja auch einen Countdown einstellen, der alle paar Minuten eine 14:59:32 blökt. Das könnte für die letzten Trainingswochen noch mal richtig Pepp ins Training bringen. Schauen wir mal.
PS: Ich vergaß noch zu erwähnen, dass ich meine schönen Brooks Racer ausprobiert habe, die ja zumindest auf kürzeren Strecken geradezu von allein laufen. Über 10 Kilometer scheinen sie allerdings im Dauer-Clinch mit meinen Achillessehnen zu liegen. Das muss ich noch vermitteln.
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