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triathlon-szene.de | Europas aktivstes Triathlon Forum - Einzelnen Beitrag anzeigen - Aurlandsfjellet Extreme Triathlon, der kleine Bruder vom Norseman
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Alt 20.08.2013, 23:23   #1
loomster
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Aurlandsfjellet Extreme Triathlon, der kleine Bruder vom Norseman

Moinsen,
weil es ein paar Leute interessiert, schreibe ich mal meinen Rennbericht vom härtesten was ich bis jetzt im Triathlon durchgemacht habe. Wie meine Signatur sagt, ich bin Triathlontourist und versuche jedes Jahr einen WK im Ausland zu machen, der sich durch irgendwas besonderes auszeichnet.
Das ganze wird etwas länger. Sorry, ich schwafel gerne.
Dieses mal war dann die Mitteldistanz in Norwegen dran. Angelehnt ans Konzept vom Norseman gibt es ebenfalls im Fjordland jetzt das dritte mal den www.axtri.no. Am Donnerstag ging der Flieger von Kopenhagen nach Oslo und von da aus mit Mietwagen nach Aurland, resp. Flam. Die ganze Zeit den Wetterbericht im Blick. Die Kälte ist eigentlich mein Freund, zuhause laufe ich bei einstelligen Temperaturen noch in Shorts und T-shirt rum. Aber der Regen bei insg. 31 km Abfahrten, das machte mir Sorgen. Ich habe eh Höhenangst, komme aus dem platten Norddeutschland und hier in Ostdänemark gibt es ja auch keine Abfahrten zum trainieren. Dafür waren dann als Trainingslager dieses Jahr zwei Wochen Lanza und eine Woche Alpen angesagt.
Angekommen am ersten Anstieg mit dem Mietwagen kamen dann die Bedenken. Geht das gut, wenn Du hier runtermusst? Schlaglöcher und Viehgitter, keine Leitplanken in den Kehren? Da musst Du wohl durch...
Freitag dann noch mal die Radstrecke hin und zurück gefahren. Es war ar***kalt auf 1300m. Es regnete und mir war klar. Du startest nur, wenn die Abfahrten trocken sind. Aber für Samstag war gutes Wetter angekündigt. Also gut. Meine beste Freundin war dabei als Support. Allerdings kommen die im Gegensatz zum Norseman nicht mit auf die Strecke. Es ist sogar verboten. Ich war aber trotzdem froh, dass jemand da war, der mich beruhigte, meine Klamotten einsammelte wenn ich durch war, und mich dann nachher auch noch von der Finishline wieder runter fährt. Kann jedem nur empfehlen jemanden mitzunehmen.
Aber jetzt zum Rennen. Start ist in einer kleinen Lagune mit sehr engem Ausgang. Ich bin ein starker Schwimmer, aber hier hatten alle Sixpacks und ich war mit Abstand der dickste Starter an der Startlinie. Deswegen etwas konservativer aufgestellt und das erste mal in 6 Jahren Triathlon mal richtig Waschmaschine gehabt. Nach 300m die erste Boje, ich hatte ein Feld von guten Schwimmern gefunden und hielt mich an die Gruppe bis mir auffiel, dass wir nach außen drifteten. Bin dann rechts dran vorbei und hab dann nach 1100m nur noch 8 Leute vor mir. Die meisten schwimmen wohl zur einfacheren Orientierung immer 10m vom Ufer entfernt. Das Ufer schlängelt sich aber und die Bojen sind bei der ruhigen See sooo gut zu sehen, dass ich mal wieder meine eigene Linie schwimme. Belohnung, ich komme als 4. aus dem fast 12°-warmen Wasser.
Dann kommt der langsamste Wechsel der Triathlongeschichte. Ich hatte mich komplett umgezogen, und komme weder in meinen Einteiler noch in mein Trikot rein. Die Armlinge wollen nicht übers Handgelenk, der Garmin wird irgendwie ans Rad gepuhlt. 10 min, aber egal, die Zeit wird auf dem Anstieg verloren. Mein nach Arnes Trainingsplänen für die LD gewählter WK-Puls lag zwischen 150-155. Auf dem Rad habe ich 165-168 und komme nicht runter. Achja, das Radfahren, die Königsdisziplin hier. 3050 Höhenmeter, verteilt auf zwei Anstiege mit 1300 und einer „Flachpassage“ mit 350 Höhenmeter auf 12 km oben auf dem Plateau. Ich werde weiter fleißig überholt und mir kommen die Kommentare meiner Freunde und bekannten Triathleten ins Gehirn. Watt/kg, Watt/kg, Watt/kg…
In Hamburg bei meiner Generalprobe bin ich mit nem lockeren Radsplit noch als erster vom Rad gekommen. Hier sieht man, die anderen hatten mehr Recht als ich gehofft hatte. Watt/kg nicht Watt sind hier entscheidend und ich bin halt groß (1,88) und schwer (87kg). Ich werde weiter überholt und mein Puls will nicht sinken. Mir kommt die Angst (also wir reden von wirklicher Panik), dass ich platze. Aber so schwer fühlt es sich nicht an, also beißen. Langsamer geht es eh nicht. Mit ner 28-er Kassette fahre ich 60-er Trittfrequenzen. Nach 45 min komme ich zu Stegastein und weiß, dass ich langsam die Baumgrenze hinter mir lassen werde. Am Berg kann man jetzt weit sehen und die ganze Strasse ist eine lange Kette von langsam fahrenden Triathleten, ein wahnsinnig schöner Anblick. Drafting und nebeneinanderfahren ist ausdrücklich erlaubt. Natürlich nur auf den Anstiegen. Ich rede viel mit zwei Norwegern und einem Holländer, die die letzten 400 hm mit mir gemeinsam fahren. Achso, die Strecke ist hier nicht nach Kilometern angeschrieben sondern nach Höhenmetern. Auf dem Hinweg ist jedes neue 100 hm-Schild noch Motivation. Bei ca. 1100 hm wird mir kalt. Der Wind kommt jetzt voll auf den Körper. Die Armlinge kommen hoch und es geht gut weiter. Die erste Stunde ist durch. Bis jetzt habe ich eine Flasche High5 4:1 getrunken (verdünnter als beschrieben) und nen Riegel gegessen. Eigentlich war mein Ziel das jede Stunde runterzudrücken. Am Ende war es dann viel weniger. Kurz nach dem 1300hm-Schild ist man auf dem Plateau. Alle halten, ziehen sich Buffs und Regenjacken an. Der Hinweg bedeutet eher kurze Anstiege und lange Abfahrten und 100hm bergab. Am Ende dann die einzige Verpflegungsstation. Zwei neue Flaschen Iso eingepackt und ab dafür. Ich bin die Strecke mit dem Auto dreimal (zweimal zurück, einmal hin) gefahren und weiß wann was kommt. Zumindest theoretisch. Die neuen Bremsbeläge quietschen wie Sau, aber ich halte fleißig weiter die Bremse. Trotzdem bekomme ich vom Garmin irgendwann ne 5 km-Zwischenzeit von knapp 6 min. 14,5 km bergab mit teilweise 14%. Junge, Junge, da willst Du wieder rauf? Auf einmal habe ich ein anderes Problem. Als Rettungsring habe ich mir eine Flasche Mt. Dew ins Trikot gepackt. Die bewegt sich gerade unter der Regenjacke Richtung Bund. Also Handzeichen und da wo der Asphalt etwas weiter ist an den Rand gefahren. So kriegt man den Puls dann auf Abfahrten auch wieder hoch. Wieder kommt Panik auf. Das ist nix für Dich Flachlandindianer, aber was soll ich jetzt tun? Zurück muss ich so oder so. Also unten auf Meereslevel angekommen und umgedreht. 2:24 sind vergangen seitdem ich mein Madone bestiegen habe. Enttäuscht war ich schon. Nachdem HH so gut lief, dachte ich, ich wäre weitaus schneller. Aber wie gesagt, hier geht es um Watt pro Kilogramm… Den Berg wieder hoch. Waren auf der Abfahrt auch schon Schafe da? Der Aufstieg von Erdal ist wirklich wunderschön, nur startet er gleich mit 10%. Mittlerweile halte ich meinen Puls aber konstant unter 160. Man sieht sowas dann ja irgendwann schon als kleinen Erfolg an. Nach der Wende überholt mich niemand mehr. Stattdessen sammele ich noch mal 20 Leute ein. Das Gefühl wird besser. Hast wohl Deinen WK-Puls unterschätzt. Der Anstieg endet wieder an der Verpflegungsstation. Die Flasche Mt. Dew wird jetzt getrunken, weil ich sie nicht mit runternehmen will. Zwei Flaschen Iso, Regenjacke wieder an und wieder zurück. Ein kurzes Hochgefühl, weil die Strecke auf dem Hinweg so ne schöne Drückerstrecke ist, genau für mich gemacht. Auf dem Rückweg wird es aber nur kalt. Gegenwind, lange Bergaufstücke und irgendwie ist die Rückfahrt 6 min länger als der Hinweg und außerdem schneit es. Schnee, wirklich? Muss das sein? Naja, gleich geht’s bergab und ab 800hm war es eigentlich ok auf dem Hinweg. Hinter jeder Kurve bin ich mir sicher, dass es jetzt gleich bergab gehen muss. Dauert noch etwas, dann kommt die Abfahrt. Es geht mit 50 km/h den Berg runter. Und auf einmal schlafen mir die Hände ein. Liegt wohl hauptsächlich dran, dass ich dieses verf***te Trikot nicht reingekommen bin und die Ärmel sich verdreht hatten. Also, vergiss den 2 min Zeitverlust. Ich halte an und richte die Klamotten. Auf der Abfahrt sammele ich noch ein paar Leute ein und dann kommt der relaxte Teil der Radstrecke. 10 km relativ flach nach Vasbygdy. Dort gewechselt, Katrin war total besorgt. Hatte ich doch gesagt, ich komme nach 5 h vom Rad. War dann aber mit Schwimmen und Wechsel 6 h unterwegs. Trinkrucksack auf den Rücken und ab auf die Laufstrecke. 19,5km und 1300 hm. Hatte ich erwähnt, dass es hier um Watt/kg geht? Außerdem bin ich der gefühlt einzige Starter, der nicht komplett in Salomon gekleidet ist. Der Vorteil, Gummigelenke, beim schwimmen ist beim laufen dann von Nachteil. Es geht 1 km flach in den Wald rein und dann geht’s hauptsächlich bergauf, mal auch bergrunter. Mal auf allen vieren, aber selten im Laufschritt. Ich weiß genau, dass ich hier nicht laufen sollte. Meine Gelenke sind nicht dafür gemacht von Stein zu Stein zu hüpfen wie es die Norwegen Steinböcke um mich rum machen. Egal, die 9 h und damit das blaue T-Shirt waren eh außer Reichweite. Es geht dadrum, dass grüne zu bekommen (sub10) und nicht das weiße ausgehändigt zu bekommen, dass alle 10h+Finisher bekommen. Die Laufstrecke ist wirklich entzückend. Auch wenn ich zu 99% der Zeit den Kopf 1 m vor mir habe um nicht auf die Nase zu fliegen. Bringt nur leider nix. Nach ner Stunde ist mein Handgelenk leicht blau. Hatte ich beim Einstieg in den Berg noch gedacht, dass ich da trockenen Fußes hochkomme, werde ich am Wasserfall eines besseren belehrt. Auch durch viele Bachläufe kommt man nicht wirklich trocken durch. Irgendwann ist es dann auch egal, die Schuhe kommen dann wohl weg. 6 km in die Laufstrecke rein kommt man zur Verpflegung (Mineralwasser, Cola und Chips). Das rote Kreuz ist angehalten, Leute aus dem Rennen zu nehmen, wenn sie torkeln. Ich sehe wohl noch gut genug aus. Fühle mich auch gut.
Der Puls liegt auf der Laufstrecke irgendwo zwischen 140 und 170. Es geht halt hauptsächlich bergauf. Zwischendrin kommt die zweite Flasche Mt. Dew aus dem Rucksack. Dafür gönne ich mir dann mal eine Minute Pause. Setze mich auf nen Stein und fasse mal nach meiner aufkommenden Blase. Ach, der Socken ist weg, deswegen scheuert es wohl. Egal, auf geht’s. Nach 11 km sind die steilen Stücke vorbei. Was nicht heißt, dass es flach wird. Es geht nur nicht mehr nur bergauf. So viele Leute wie ich befürchte holen mich gar nicht ein. Hinter ein paar Leuten kann ich für 10-15 min mithalten. Hinterherlaufen kann ich noch besser. Dann muss ich nicht entscheiden, welcher Stein betretbar ist und welcher zu wackelig. Die letzten zwei Kilometer sind flach. Das grüne T-Shirt ist in Sicht. Langsam nehme ich noch mal Fahrt auf und laufe den letzten Kilometer doch tatsächlich noch mal mit 6 min recht fix, für den Untergrund.
Im Ziel gibt es ein Finishershirt, Cola/Wasser, einen Becher und Suppe. Ich bin glücklich, kaputt aber glücklich. Wer was besonderes machen will, was etwas außerhalb der bekannten Rennen liegt, dem kann ich den Axtri nur ans Herz legen. Die Stimmung ist so schön. Kein großes Konkurrenzdenken. Man schnackt den Berg hoch, alle wollen nur ins Ziel. Die Anstiege sind hart, richtig richtig hart. Aber halt auch sehr schön. Wer hier was holen will, sollte statt auf Krafttraining lieber auf Diät setzen. Jedes Kilo tut hier echt weh und macht mehrere Minuten aus. Traillaufen sollte man auch geübt haben. Mir aber alles egal. Ich habe das Rennen geschafft und bin nicht letzter geworden. Im Gegensatz zu 60 anderen, die entweder DNS oder DNF im Ergebnis stehen haben, stehe ich sogar im grünen Bereich. In zwei Jahren vielleicht noch mal
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triathlontourist mit hang zum klein schreiben
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