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Alt 11.07.2013, 11:26   #1694
hazelman
triathlon-szene.de Autor
 
Benutzerbild von hazelman
 
Registriert seit: 02.07.2007
Ort: Titanspeicher Mittelhessen
Beiträge: 6.272
15h 01min 20sec.

Jetzt sagen ja manche, Leute wie meinereiner könnten sich gar nicht mehr vorstellen, wie das ist, hinten im Feld unterwegs zu sein. Erstens stimmt das nicht, auch ich hab mit 12:11h angefangen und war mal 13:26h unterwegs und zweitens hab ich vergangenen Sonntag hautnah miterlebt, wie knap es sein kann mit dem Eiermann-Zeitlimit. Mannomann, so hab ich noch nie gezittert. Nicht mal, als ich 2006 vor der Kona-Übertragung den Normann aus 9.000km Entfernung angeschrien hab, auf dass er sich den Macca noch vom Leib halte.

Aber von vorn!
Dieses §$%&§ Team hat ein paar Verrückte an Bord und der mit Abstand verrückteste ist Luis! Der will dieses Jahr in Kona seinen 100. IM machen. Er ist nicht schnell, kommt aber immer an. Und, "No problem I only have to do another three before Kona this year", sagte er im Februar. Dann aber hatte er Mitte April nen Bandscheibenvorfall, musste operieert werden und die Ärzte verordneten ihm Spochtverbot für 75 Tage. Also konnte er Lanze nicht machen. Dafür hat er dann spontan Japan für August eingeplant. 80 Tage nach der Op - er durfte ja wieder Sport machen - flog er nach Frankreich. Nicht für nen Urlaub, nein. er hat noch nen anderes Projekt neben der IM-Sache. Das heißt 7 Summits. Ich sag ja, er ist durchgeknallt. Also ab nach Charmonix und raus auf den Mt- Blanc. Am 03. Juli 2013. Kaum runter geht's ins Auto, ab nach Frankfurt. Das Spochtverbot ist ja abgelaufen, da kann er ja Sonntag in Frankfurt mitmachen. Trainiert hat er... seit Anfang April nicht mehr.

Freitag treffe ich ihn auf der IM-Messe, er geht noch unrund, fragt nach nem Physio, der ihn vorm Rennen mal durchknetet. Also schnell mal telefoniert & schwupps, liegt er auf dem Liebfrauenberg bei der "Massage":





Leider hat er sein Triathlonrad nicht mit nach Ffm genommen, das Gepäcklimit war mit dem Bergsteigerkram schon voll. Also lieh er sich nen Rad von nen Freund, leider viel zu groß! Das sollte noch Konsequenzen haben. Ich bot ihm nioch meins an, das war aber zwei Nummern zu groß.



Da ich Sonntag früh selbst ne Runde radele, kann ich sein Schwimmen nicht verfolgen, das geht aber ganz gut, um 1:15h. Als ich dann gegen 13:30h die Strecke bei km 120 kreuze will es der Zufall, dass Luis gerade vorbeifährt. Ganz schön spät dran, denke ich kurz und schon ruft er mir zu er hätte schon zwei Plattfüße gehabt. Der zweite hätte ihn 20min gekostet. Er hatte bloß einen Schlauch dabei. Ich meine noch, dass wir uns beim laufen am Main sehen, er meint das werde ein eher ein "walk" statt "run".

Als ich dann gegen 14:30h bei km 8,5 jeder Runde am Main ankommt, läßt Luis noch sehr lang auf sich warten. Fürs radeln braucht er insgesamt kanpp 7:30h und dann geht er die komplette erste Runde. Gut gelaunt war er trotzdem:




Die Ärzte hatten ihm verboten, mit der vor nicht mal drei Monaten operierten Bandscheibe zu joggen. Da er aber nach der ersten Laufrunde schon 11h auf der Uhr hat, wird das Gehen ihn nicht rechtzeitig vor 22h ins Ziel bringen. Die Grillmeute tut ihr bestes, um ihn weiter zu motivieren und so wechselt er ab Laufrunde 2 zwischen langsamem joggen und gehen hin und her. Als es dann richtig schummrig wird, kurz nach 21:20h taucht er auf dem Weg raus zur Gerbermühle ein letztes Mal auf. Das Gesicht schmerzverzerrt, er tut seiner Gesundheit hier wirklich keinen Gefallen. Die letzen drei Griller rufen ihn zu, er könne es noch schaffen, er sagt nix mehr, beißt bloß noch die Zähne zusammen.

Als er dann den Grillplatz ein letztes Mal passiert sieht es und sieht er schlecht aus: Er hat für die letzten 2,5km noch 18 Minuten und wir brüllen ihn an. Der Coach und Dirk verabschieden sich Richtung Heimat, ich mache mich per pedale mit Luis auf die letzten 2,5km. Mal fahre ich vor, mal - unerlaubterweise - neben ihm und rede auf ihn ein. Er könne es noch schaffen. Wirklich. Er kann offensichtlich immer noch besser rechnen als ich bzw. seine Geschwindigkeit besser einschätzen und murmelt bloß: "One Minute". Egal, ich rede auf ihn ein, gebe die Hoffnung nicht auf und schaue ab der letzen Brückenquerung nicht mehr auf die Uhr. Die Athleten, die uns jetzt von check out entgegenkommen sind der Wahnsinn! Sie feuern an, was das Zeug hält, schreien, klatschen. Mittlerweile befinde ich mich selbst in einer Art Tunnel Richtung Ziel, muss Luis aber dann allein auf die letzten Meter gen Römer schicken.




Und da höre ich sie, die unerbittlichen Kirchglocken der Katharinenkirche vom gegenüberliegeneden Mainufer. Genau als Luis auf den mit rotem Teppich ausgelegten Zielkanal einläuft schlät es 10 Uhr. Er wird es nicht schaffen, in der Ergebnisliste zu landen. Shit! Nach 15:01:20h überquert er die Ziellinie. Mike Riley ruft ihn aus voller Kehle - die Lautsprecheranlage ist ja schon aus - ein "You are an Ironman!" zu und dann isses vorbei.

Eine halbe Stunde später kommt Luis aus dem Zielbereich raus und bedankt sich überschwänglich. Schmerzen hat er und weiss sehr wohl, dass er seinen Bandscheiben heute keienn Gefallen getan hat. Nixdestotrotz ist er stolz wie Oscar, es ins Ziel geschafft zu haben.

Und egal, wie unvernünftig dieses Finish war, solche Sachen lassen auch meinereinen nicht unberührt zurück.
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