Inspiriert von Carlos und Fitschigogeler will ich auch auf mein Wettkampfjahr zurückblicken:
Februar: Trainingslager auf Fuerteventura mit Hannes Hawaii Tours:
http://www.triathlon-szene.de/forum/...las+playit as
April: Fisherman´s Friend Strongman Run:
Schrilles Event, von dem jeder schon mal gehört oder gesehen hat. Natürlich kein offizielles Rennen, sondern reiner Fun, wenn man denn auf ultrabrutale Dreck-, Schlamm-, Wasser- und Kletterhindernisse steht. Eigentlich habe ich 2008 gesagt, das brauche ich nicht nochmal, aber das Rennen ist ja nun vom Militärflughafen Weeze auf den Ring umgezogen. Ich hatte so die Idee, bei der Gelegenheit könnte ich dann ja auch 1x im Leben auf die Nordschleife und so habe ich mich dann rechtzeitig angemeldet. Die Recherche ergab folgende Facts: 2 Runden a´ 9,9 km, dabei je 14 Hindernisse von fies bis noch fieser, 10.500 (!) Meldungen, Start um 12 h. Meine Sportskameradin Heike (kennt ihr bestimmt von der Talentschmiede) wollte auch noch mit, hat aber keinen Vorabversand der Startunterlagen, so müssen wir um 11 h dasein und daher um 4.30 h los. Meine Lieblingszeit! Übernachtung mit fremder Frau wurde aber zu Hause nicht genehmigt oder, um der Wahrheit die Ehre zu geben, aus Feigheit noch nicht einmal beantragt. Sonntag morgen 04.00 h klingelt der Wecker. Und was tue ich an meinem letzten freien Tag für neun Wochen (Hochsaison für Spargel sowie Beet- und Balkonpflanzen, alle Feiertage geöffnet)? Ein Ausflug in die Eifel, Nürburgring, zum Strongmanrun. Krank! Heike läßt mich fahren, will sich noch ausruhen, was natürlich nicht klappt, denn wir sind bis zum Anschlag voll mit Adrenalin und gespannt, was uns heute erwartet. Wir vertreiben uns die Zeit mit lustigen Themen, z.B. hat Heike sich gerade von ihrem Kerl getrennt und statt jetzt eine hartnäckige Psychose mit viel Selbstmitleid zu bekommen (so nach dem Motto "keiner will mich, weil ich alt, doof, häßlich und langweilig bin"), analysieren wir lieber die Junggesellen aus dem Club und dem Bekanntenkreis auf ihre Partnerschaftsfähigkeit ("Wenn der so ist, dann will ich den auch nicht!") Ein Riesenspaß, vor allem, wenn man selbst mehr Glück bei der Suche hatte. Heike hat da auch ein totales Luxusproblem, alle die ich kenne, beschweren sich, dass ihre Partnerin so wenig Verständnis für den Ausdauersport hat und die Clubs bestehen zu mindestens 75 % aus Männern. Hoffentlich darf ich Heike weiter beraten!
Nach 550 km treffen wir pünktlich am Ring ein. Das Ambiente ist Wahnsinn: riesige Parkplätze, Hotels, Gastro, Shopping-Boulevard rund um den Motorsport- und die Rennstrecken. Grand Prix (kurz), Nordschleife (24 km), Spezialstrecken für Fahrsicherheitstraining usw. usf. Ein Erlebnis, auch ohne den Lauf. Wir haben reichlich Zeit und sehen uns alles in Ruhe an. Aus meiner bescheidenen Erfahrung (1x Strongmanrun, 1x Survivalrun) kann ich Heike ein bisschen einnorden: die ältesten Klamotten sind am Besten, weil man sie hinterher getrost wegwerfen kann (beherzigt) und man startet möglichst weit vorne, weil man so eine Chance hat, sich aus dem sich bildenden Hindernisstau herauszuhalten (leider nicht beherzigt). Ich tue, was ich angesagt habe und schaffe es in Reihe drei, Wahnsinn, bei 11.000 Meldungen(davon 9.000 Starter, 8.700 Finisher). Ich trage mein zweiteiliges Triathlontrikot von 2001, Tri-Team NMS, das habe ich sehr lieb, aber ich gehe davon aus, dass es sein letzter Wettkampf ist. Am liebsten wäre ich in meiner nagelneuen HSV-Klamotte gestartet, aber die Preise für meine Sportklamotten sind schon so zu Hause nicht gern gehört und das wären mal auf sicher 100 € Schaden, darauf verzichte ich lieber.
Die Strategie geht voll auf: Ist ja klar, wenn geschätzte 6.000 durchschnittliche Läufer auf das erste Hindernis prallen, gibt es Stress. Da muß man vorher dran vorbei sein! Bin ich auch. Die Hindernisse sind hoch, dreckig, nass, schlammig und lang. Guckt sie Euch auf der Webside an! Toll ist die Kameradschaft, jeder hilft jedem und es gibt keinen Streit. Die Hindernisse sind auch nicht wirklich schwer, aber jedes einzelne bricht halt den Lauf und man muss sich neu sammeln. Am ehesten ist das noch mit dem Schwimmtraining verglichbar: 8 x 100 m Start alle 2 min bist Du nach einer Stunde fix und fertig und denkst zu Hause: wie kommt das, hab´ich jetzt gar nichts mehr drauf oder was? Und jedes Hindernis zermürbt. Nach 5 km (von 9,9 km/Runde bei zwei Runden) denke ich "Das wird dnf!" und will im Ziel aufgeben. Aber dann läuft es immer besser und es ist natürlich ein geiles Gefühl, auf die Grand Prix Strecke einzubiegen, wo sonst die Boliden und Superbikes starten!
Superlauf! 14 Hindernisse aller Qualitäten, 9,9 km, ständig Profilwechsel von Rennstrecke über Gras und Schlamm, Geröll und Kies, Matsch und Flusskiesel nur 56 min. Und Spaß ohne Ende unterwegs: Ich treffe den Hulk, Buisinessmen, Bräute im Kleid, die Ghostbusters usw. usf., viel gelacht. Super fand ich eine Gruppe Mädls mit hautengen rosa Tops, hinten drauf "Bigger Balls than the Boys!" Und noch mehr drauf! Exakt nach Trainingswissenschaft gehe ich die zweite Runde schneller an, die Hindernisse kenne ich ja und - komme in den Hindernisstau nach 5 km. Die meisten sind hier noch in Runde 1, ich könnt´s euch ja erklären, aber ich lass es lieber. Sieht man auch auf dem Photo von Heike, síe ist auch schon längst im Ziel und immer noch sind reichlich Teilnehmer am vorletzten Hindernis (Hintergrund). Durch die 8 min Warten im Stau versaue ich meine Zeit (2:04 h) aber das ist egal, ein echt geiles Rennen! Das beste sind die fiesen Wasserhindernisse, 8 Grad kalte, frische, dreckige Tümpel. Man darf sie auf einem legalen Umweg umlaufen, etwas länger, aber wer das tut ist geächtet: es steht ja klar und deutlich dran "Pussylane!" Und wer will das schon sein? In dem Moment ist sowieso alles egal. Hinein! Unterwegs gibt es viel zu sehen, nicht nur verkleidete Athleten, sondern auch Autos beim Fahrsicherheitstraining, seltene Karren, nach denen man sich auch in Pöseldorf umdreht, Boxengasse von der Fahrbahn aus, ein echtes Erlebnis in jeder Beziehung. Ein Läufer, mit dem ich auf Strecke plaudere, sagt, zu Hause wolle er Schuhe, Klamotten, Startnummernband sowie Medaille so, wie es ist, in eine beleuchtete Vitrine stellen, das sei nur angemessen. Recht hat er! Paar Probleme gab es natürlich auch: die versprochenen Duschen waren kälter als die Wasserhindernisse und bestanden nur aus einem Halbzollschlauch ohne Druck. Abseifen war verboten, Geschlechtertrennung gab es nicht. Für mich wunderbar, aber gerade nicht so üppig ausgestattete Damen mit schwach ausgeprägten Selbstbewußtsein hatten da ihre Probleme. Trotzdem schaffe ich es, das meiste vom Lehm wieder abzukriegen. So brauche ich ihn Gott sei Dank nicht in die Polster von Heikes neuem Auto zu wischen! Die Abreise gestaltet sich mühsam, unser Parkplatz wurde noch 90 min gesperrt, bis zur Autobahn sind es 30 km über kurvige Eifelstraßen, aber nichts davon schmältert unser wunderbares Erlebnis. In den 90 min habe ich das Gerüst für diese Story gemacht und ich war ja auch in charmanter Begleitung. Auf dem Rückweg bin ich dann am Ende. Der Fahrerwechsel kommt zur rechten Zeit. Schmerzen, Muskelkater, bisschen Blut- alles verdient! Und überall klebriger Lehm! 19 h dauerte der Trip, 1100 km. Begreift keiner, wie man das auch noch gut finden kann, aber man kann. Inzwischen habe ich auch meine Wettkampfschuhe restauriert, die Wunden sind verheilt. So schnell brauche ich das nicht wieder, aber es war schon ein Erlebnis! Ach ja, und eine Urkunde gab es natürlich auch. Daraus geht hervor, dass ich auf Platz 572 gekommen bin. Bei 9000 Startern verdanke ich das natürlich allein meiner Renntaktik (siehe oben). Allerdings bedeutet das natürlich auch, dass ich von 500 Läufern (netto!) überholt worden bin. Bei Licht betrachtet ist der sportliche Vergleich also extrem gering. Ein Riesenspaß war es aber allemal!
