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Zitat von Klugschnacker
Was mich beschäftigt: Es handelt sich nicht um ein einzelnes Heim, in dem die Verantwortlichen irgendwie durchgedreht sind. Die Misshandlungen gehen quer durch 18 Heime, mit all den Mitwissern.
Zu den Mitwissern zählen unter anderem die Nachbarn, die Medienberichten zufolge die halbverhungerten Kinder täglich auf dem Weg in die Dorfschule sahen. Es gehören auch die Mediziner in den Universitäten dazu, die offenbar nicht Alarm schlugen, dass man zu Forschungszwecken ständig extrem abgemagerte Leichen von Kleinkindern überstellt bekam; in mindestens einem der Heime verhungerte über Jahre hinweg durchschnittlich jede zweite Woche ein Kind (Wikipedia).
Man kann diese Verbrechen daher nicht einzelnen verwirrten Tätern zuschreiben, die eine in ihren Fundamenten gute christliche Lehre lediglich missverstanden hätten. Vielleicht ist auch die konsequente Einteilung der Welt in Gut und Böse, die im Christentum stark auf Jesus zurückzugehen scheint, eine der Ursachen: Die einen ins Paradies, die anderen in die ewige Hölle.
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Ich denke, die Religion bzw. die sittlichen Moralvorstellungen der bürgerlichen und religiösen Oberschicht dienten dazu, die soziale Selektion zu rechtfertigen. Irland war ein sehr, sehr armes, bäuerliches Land, das für viele andere Länder wie England und die USA eine industrielle, menschliche Reservearmee während der ursprünglichen Akkumulation stellte. Da standen uneheliche Kinder auf der untersten Stufe, fanden auch als Knechte und Tagelöhner in Irland keinen Broterwerb, die bürgerliche Oberschicht sah in ihnen familien- und beziehungslose, entwurzelte Heimkinder, das unterste Proletariat ("Lumpenproletariat") und fürchtete zukünftige Kriminelle.
Ab Beginn des 20. Jahrhunderts wurden übrigens in den USA, Schweiz, Deutschland, Skandinavien regelmässig auch Zwangsterilisationen vor allem an Fürsorgeempfängerinnen durchgeführt.