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Alt 31.05.2018, 15:52   #12500
Jörn
Esst mehr Gemüse
 
Benutzerbild von Jörn
 
Registriert seit: 22.09.2006
Beiträge: 3.499
Ich bin übrigens extra heute morgen um 6 Uhr nach Mainz geradelt, um den Fronleichnams-Gottesdienst im dortigen Dom und die anschließende Prozession durch Mainz mitzumachen. Ich hatte gelesen, dass es in Mainz besonders pompös sei.

Soll mir keiner vorwerfen, ich wüsste nicht, was die Katholiken so treiben...

Die Predigt war eine schier endlose Aufreihung rhetorischer Tricks. Früher wäre mir das nicht so aufgefallen, und ich hätte an manchen Punkten sogar zugestimmt. Seit ich mich mehr mit Religionskritik befasse, kenne ich die immer gleichen Kunststücke auswendig: "Das ist Trick 8, das ist Trick 15, das ist erneut Trick 8, das ist ein Zirkelschluss, das ist Trick 10..." So ging es die ganze Predigt.

Interessanterweise setzte sich die Predigt vor allem damit auseinander, dass Christen an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden und ihr Recht verteidigen müssten, Christen zu sein. (So hält man die Truppen zusammen.)

Ein der am häufigsten angewandten Tricks ging wie folgt: "Wenn man bereit ist, alles infrage zu stellen, und nichts absolut zu setzen, dann glaubt man an gar nichts mehr. Diesen Menschen ist nichts mehr heilig."

Dabei wird verschleiert, dass Leuten, die alles auf den Prüfstand stellen, durchaus viele Dinge heilig sind. Etwa die Menschenrechte. Es bleibt jedoch alles einer dauernden Prüfung ausgesetzt, eben weil man die Menschenrechte möglichst gut und stets verbessert haben möchte. Dadurch können sich neue und bessere Einsichten durchsetzen. Es nützt ja niemandem, wenn man sie ein für allemal festschreibt und keiner mehr daran rütteln darf. Das ist albern.

Der Priester verschleiert dadurch auch, dass die Leute bittschön seine Ansichten für unantastbar halten sollten. Würde man ihm vorschlagen, den muslimischen oder wissenschaftlichen Standpunkt einzunehmen und diesen absolut zu setzen, hätte er sofort eine Ausrede parat.

Auch das Thema Toleranz hatte vor allem die Toleranz für sein Christentum zum Inhalt; eigentlich hatte ich erwartet, dass er die zukünftige Trauung von homosexuellen Paaren verkündet, aber das geht natürlich nicht -- weil man eben den Standpunkt tolerieren muss, dass es nicht toleriert wird. Man muss sich fragen, ob dem Priester diese Widersprüche nicht auffallen, oder ob er sie bewusst so konstruiert. Denn wenn es eins im Christentum nicht gibt, ist es Toleranz.

Diese Litanei an Tricks und Zirkelschlüssen ging etwa zwei Stunden.

Alle Teilnehmer sprachen das Glaubensbekenntnis. kekos Behauptung, dass kein Mensch mehr an dieses lächerliche Bekenntnis glauben würde, hat sich als nicht zutreffend herausgestellt. Keiner der etwa tausend Anwesenden hatte das Glaubensbekenntnis schriftlich vorliegen, soweit ich sehen konnte. Alle sprachen es auswendig.

Zum Schluss gab es die versprochene Prozession. Das muss man sich vorstellen wie bei einem sehr großen Begräbnis, also ein langer Trauerzug durch die Stadt. Ich will ja möglichst argumentativ debattieren und keine persönlichen Dinge in die Diskussion ziehen. Aber da vermutlich keiner der Diskutanten an dem Umzug teilgenommen hat, erlaube ich mir ein Wort, mit der Einschränkung, dass es pauschal ist und nur so verstanden werden sollte. Ich mag mich täuschen, aber die Hellsten sind nicht hinter dem Bischof her gestolpert. Das waren schon spezielle Leute.

Alles in allem eine für mich enttäuschende Veranstaltung. Theologisch gab es nichts her. Einen Keks durch die Stadt zu tragen und ihn für Gott zu halten, kann ich tolerieren. Aber die Teilnehmer müssen sich damit abfinden, dass die Albernheit debattiert wird. Immerhin machen sie es öffentlich. Dann ist auch Kritik erlaubt.

Der Priester gab sich große Mühe, nicht von Adam und Eva zu sprechen, sondern von gesellschaftlichen Themen, und dem Christentum in der Gesellschaft. Er sprach in staatsmännischen Ton. Leider hat er nur dummes Zeug geredet, denn diese Debatten haben inzwischen einen ganz anderen Stand und ein ganz anderes Niveau. Dem wurde er nicht gerecht.
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