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Alt 31.05.2018, 05:44   #12484
Jörn
Esst mehr Gemüse
 
Benutzerbild von Jörn
 
Registriert seit: 22.09.2006
Beiträge: 3.499
Was genau passiert an Fronleichnam?

Dieser Feiertag hat nichts mit einer Leiche zu tun, und es ist auch niemand froh oder leistet Frondienste. Es wird auch keinen Toten gedacht, wie manche Leute annehmen.

Sondern die Kirche feiert sich selbst. Anlass ist das Abendmahl und die Transsubstantiation, also der Glaube daran, dass sich Wein und Oblate in Blut und Fleisch von Jesus verwandeln würde, wenn man die richtigen lateinischen Verse spricht. Die Kirche holt jenen Jubel nach, der in der Karwoche (in der Jesus stirbt) nicht angemessen erscheint. Der Begriff "Fronleichnam" ist sehr alt und bedeutet den Körper Christi ("Corpus Christi") in seiner Gegenwart, etwa während eines Gottesdienstes. Es wird gleich noch etwas klarer.


Biblischer Hintergrund

Das Abendmahl, man erinnert sich, geschieht am Tage vor der angeblichen Kreuzigung. Jesus speist mit seinen Jüngern ein letztes Mal. Die christlichen Kirchen deuten das so, dass Jesus hier eine verbindliche Zeremonie einsetzt. Deswegen wird in jedem Gottesdienst die Oblate verspeist, als Nachahmung dieses gemeinsamen Mahls. Gleichzeitig soll sich die Oblate während dieser Zeremonie in das Fleisch (den Körper) von Jesus verwandeln.



Gefeiert wird also einerseits die Anwesenheit des „Leib Christi“ in der Oblate; andererseits die Tatsache, dass Jesus hier angeblich eine Weisung an die Kirchen gegeben hätte. Da es zu Zeiten von Jesus keine Kirchen gab, nutzen die heutigen Kirchen gerne die sich bietenden Gelegenheiten, ihre eigene Legitimität zu unterstreichen. Jesus, so heißt es, hätte mit dieser Zeremonie gleichzeitig ein Vorbild für die Versammlung der Gemeinde gegeben, die heute von den Kirchen fortgeführt wird. Aus diesem Grund ist der Feiertag ein besonders pompöses katholisches Kirchenfest. Es ist also nicht biblisch (wie Ostern), sondern kirchlich.

Man beachte den deutlich anderen Charakter des Feiertags im Vergleich zu Ostern. Dies waren stille Trauertage. Erläuterungen wie dieses Posting legen sich üblicherweise eine gewisse Zurückhaltung auf, um Geburt, Leiden und Tod einer religiösen Figur nicht lächerlich darzustellen, damit die Trauer der Gläubigen, auf die sie ein Anrecht haben, nicht ungebührlich beeinträchtigt wird. Aber bei diesem Feiertag darf durchaus auf die große Albernheit der Zeremonie hingewiesen werden.



Erwachsene Leute tragen einen Keks durch die Stadt.


Die Zeremonie

Der Priester wandelt dabei in besonders prächtigem, goldverziertem Gewand unter einem tragbaren Stoffdach, welches von vier Männern getragen wird. Die Zeremonie findet im Freien statt, in einer Prozession. Vor dem Priester bahnen, je nach Region, prächtig geschmückte Pferdegespänne, Ritterorden oder ein Knabenchor den Weg. Es ähnelt einem Karnevalsumzug, nur ohne Bonbons.

Der Priester trägt die sog. Monstranz vor sich her; darunter versteht man meist ein besonders opulent geschmücktes goldenes Kreuz, in dessen Mitte eine Glasscheibe eingelassen ist. Hinter der Glasscheibe ist der Leib von Jesus sichtbar, in Form einer Oblate. Der Priester trägt also eine reich verzierte Oblate durch die Gegend, und die Passanten bestaunen den Keks, sobald sie ihm angesichtig werden.



Berlin, 1928


Wie kam es dazu?

Die Zeremonie ist relativ neu. Etwa ab dem Jahr 1209 ging es los. Eine Chorfrau eines Klosters berichtete von einem Wunder. Sie habe nämlich im Traum den Mond gesehen, und dieser habe einen Fleck gehabt. Und dann wäre, ehrlich!, Jesus selbst erschienen und habe den Traum gedeutet. Der Fleck bedeute, dass ein bestimmtes Fest fehlen würde. Und zwar ein Fest, mit dem die heiligen Gegenstände auf dem Altar gewürdigt werden. Auf dem Altar stehen vor allem die Monstranz, sowie Schalen für Wein und Oblaten. Damals waren Kirchenfeste, und allgemein Gottesdienste, noch eine wichtige Einnahmequelle. Warum also nicht diese Gegenstände durch die Straßen tragen und zu einem Fest einladen? Eben.

Schon bald erkannte man das große Potential der Idee. Bereits 1264 wurde es von Papst Urban IV zu einem verbindlichen Fest der kath. Kirche befördert, „an welchem Tag das fromme Volk sich beeifern wird, in großer Menge in unsere Kirchen zu eilen, wo von den Geistlichen und Laien voll heiliger Freude Lobgesänge erschallen“ (Zitat Papst Urban IV in seiner Verordnung).



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Damals und heute

Da sich die kath. Kirche selbst feiert, wurde der Pomp nach und nach ins Uferlose gesteigert, was einige Städte und Gemeinden veranlasste, Beschränkungen aufzuerlegen. Beispielsweise wurde das massenweise Ausreißen von Birken und das Abfeuern von Kanonen untersagt, ebenso durften Blumenteppiche nicht mehr ganze Straßen lahmlegen. Dennoch ist Fronleichnam in vielen Gemeinden heute immer noch ein Fest mit besonders prächtigem Blumenschmuck. Es hat in vielen Regionen den Charakter eines Volksfestes.



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