06.05.2018, 21:36
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#11899
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Esst mehr Gemüse
Registriert seit: 22.09.2006
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Zur Feier des 6. Mai zitiere ich hier ein Posting aus dem reichhaltigen Schatz dieses Threads, in dem es schon zahlreiche Juwelen zu entdecken gab:
Zitat:
Zitat von schoppenhauer
Wir sind offener/toleranten und solidarischer als die meisten anderen Regionen dieser Welt. Und wir sind christlich geprägt.
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Antwort von Klugschacker am 08.11.2017:
Dort, wo wir offen, tolerant und solidarisch sind, sind wir aber nicht sehr christlich geprägt. Beispielsweise sind die Glaubensfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die sexuelle Selbstbestimmung, die Unantatstbarkeit der Würde jedes Menschen, die Pressefreiheit, die Freiheit der Forschung und der Künste nicht christlich.
Zum Vergleich:
Im Christentum gibt es keine Glaubensfreiheit, ganz im Gegenteil. Wenn Du falschen Glaubens bist, landest Du in der Hölle. Aber bereits auf Erde, bevor Du in die Hölle kommst, hast Du als Andersgläubiger nichts zu lachen. Etwa als Jude.
Wie auch in anderen totalitären Systemen gibt es im Christentum kein Recht auf freie Äußerung der eigenen Meinung. Man wurde bereits wegen kleinerer Vergehen Exkommuniziert, eingesperrt, gefoltert und/oder verbrannt. Das ist keine Verfehlung der Amtsträger, sondern steckt tief in allen monotheistischen Religionen drin. Sie erheben den Anspruch, wahr und allein wahr zu sein. Wer von ihnen abweicht, lebt in Unwahrheit.
Damit wäre zur Glaubensfreiheit bereits alles Wesentliche gesagt. Als die Protestanten verkündeten, den gemeinsamen Gott künftig anders als bisher anbeten zu wollen, entstand eine Auseinandersetzung, die Millionen Menschen das Leben kostete.
Zur Gleichberechtigung von Mann und Frau im christlich geprägten Deutschland (im Gegensatz zu den Arabern) empfehle ich dieses Video (50 Sekunden):
https://www.youtube.com/watch?v=zwp40wOIXaM
Um die traditionelle Ungleichbehandlung von Mann und Frau in unserer Gesellschaft zu verringern, wurden eigenes Gesetz nötig, das Gleichstellungsgesetz.
Freiheit der Künste: Du sollst Dir kein Bildnis machen.
Freiheit der Forschung: Die Kirchen haben stets die Freiheit der Forschung bekämpft, und schreckten auch vor Gewalt und Mord nicht zurück. Giordano Bruno wurde lebendig verbrannt, weil er behauptete, die Sterne am Himmel seien ebenfalls Sonnen wie unsere eigene.
Unantastbarkeit der Würde des Menschen: Sie ist im Christentum nicht unantastbar, sondern kann verwirkt werden. Über die meiste Zeit war es sogar noch drastischer: Die Menschenwürde erlangte man erst durch die Taufe. Vor der Taufe, als Neugeborener Mensch, landete man im Falle frühzeitigen Todes sofort in der Hölle, da man durch die Erbsünde (die Eltern hatten Geschlechtsverkehr) belastet war. Man kommt also ohne Menschenwürde auf die Welt; diese wird nur verliehen und kann wieder entzogen werden.
Sexuelle Selbstbestimmung: Existiert nicht im Christentum, insbesondere bei den Katholiken. Die sexuelle Entfaltung ist dort stark reglementiert. Empfängnisverhütung, Sex vor der Ehe, das Recht auf Ehescheidung usw. sind für uns heute jedoch Selbstverständlichkeiten.
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Viele der heutigen Christen in Deutschland lehnen diese Eigenschaften des Christentums ab. Sie sind Humanisten, gelegentlich ergänzt um vage Vorstellungen über ein mögliches Jenseits. Ihre Motivation ist, gute Menschen sein zu wollen. Christen im engeren Sinne sind im Deutschland unserer Generation aber eher selten.
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