Vorbemerkungen zum eEUR
Wenn wir vom digitalen Eureo ("eEur") sprechen muss man genau hinhören. In der Fachdebatte wird von zwei verschiedenen Dingen gesprochen:
a) Retail CBDC
b) Wholesale CBDC
CBDC bedeutet "central bank digital currency". Warum gibt es nun zwei verschiedene davon? Weil wir
zwei unterschiedliche Geldkreisläufe haben.
a) den Geldkreislauf zwischen der Zentralbank und den Geschäftsbanken (ComBa, DeuBa, Sparkassen, VoBas etc. pp). Hier kursiert das sogenannte Zentralbankgeld.
b) den Geldkreislauf der Geschäftsbanken und der Wirtschaft bzw den Konsumenten. Hier kursiert das sogenannte Giralgeld bzw. Buchgeld.
Was is nun was?
a) Das
Bargeld - also die Scheine und Münzen, die von der Zentralbank "gedruckt" und ausgegeben sowie von den Geschäftsbanken unters Volk gebracht werden,
ist das sogenannte Zentralbankgeld (genaugenommen auch die sog. Mindestreserve der Geschäftsbanken, hinterlegt bei der Zentralbank - das ist aber erstmal unerheblich für diese Debatte).
Das EUR Bargeld ist im Grunde das einzig offizielle Zahlungsmittel. Es gibt im EUR Raum kein zweites offizielles Zahlungsmittel.
Wenn ich schreibe, dass hier das Zentralbankgeld "kursiert", dann werden hier natürlich nur buchhalterisch Summen bewegt. Niemand transportiert tatsächlich Bargeld zwischen den Banken.
b) Das Buchgeld ist das, was man auf dem Konto hat (oder halt auch nicht). Das Buchgeld (oder die sog. Sichteinlagen) entsteht entweder dadurch, dass jemand auf sein Konto Zentralbankgeld (Bargeld) einzahlt oder - das ist der stark überwiegende Fall: quasi aus dem "Nichts", indem die Bank einfach einen Kredit gibt.
Buchgeld ist kein offizielles Zahlungsmittel, das ist lediglich ein buchhalterisch (soll/haben) dokumentierter Anspruch auf Zentralbankgeld. Man kann Buchgeld in ein offizielles Zahlungsmittel wandeln, wenn man Geld am Automaten abhebt.
Was hat der eEUR damit zu tun?
Die EZB überlegt nun neben dem Zentralbankgeld für den Giralgeldkreislauf (also Geschäftsbanken <-> Wirtschaft/Konsumenten) eine neue Art von Zentralbankgeld herzustellen und auszugeben: Retail CBDC, als den eEUR. Fachsprachlich wird der einzelne, konkrete eEUR Token genannt. So einen eEUR kann immer nur einer haben. Genau wie bei einem Schein oder einer Münze. Der digitale Euro kann dann in einem "digitalen Tressor" bei der EZB liegen (Konto wäre der falsche Ausdruck m.E. - es ist ja kein Buchgeld). Von dort kommt der eEUR dann online auf das Smartphone ins eEuro-Wallet (mit Sparkassenbranding oder so
)
Die EZB überlegt aber auch für den Zentralbankkreislauf (Zentralbank <-> Geschäftsbanken) eine sog. Wholesale CBDC einzuführen. Diese Form des eEUR würde dann für den Interbankenhandel (Devisen, Wertpapiere ...) und für den Interbanken Zahlungsverkehr verwendet werden.
ZV im SEPA Raum (i.W.S. EUR)
Wir haben heute eine sog. Single European Payment Area. Wir kennen die SEPA Überweisung, die SEPA Lastschrift und die SEPA Eilzahlung. Aufgrund der Art und Weise wie "unbarer" Zahlungsverkehr zwischen Konsumenten und Unternehmen in Europa abgewickelt wird ist der normale ZV für die Geschäftsbanken vergleichsweise teuer. Vor allem die Kleinzahlungen der Konsumenten. Da is nix verdient.
Die Systeme sind u.a. deshalb so kompliziert ausgelegt, weil Banken eine Kerneigenschaft haben: Sie trauen sich gegenseitig nicht
Außerdem muss man sich vergegenwärtigen, was es bedeutet, wenn Bank A der Bank B 2 Mrd EUR überweist und n paar Stunden später überweist die Bank B der Bank A 1,98 Mrd. Beide Banken benötigen zunächst die Liquidität um die große Summe zu überweisen. Da wäre es doch gleich viel besser, wenn Bank A der Bank B nur 20Mio überweisen würde und gut is. Solche und viele andere Dinge können die ZV Systeme in Europa. Es gibt davon übrigens mehrere: Target2 (real-time, Mitgliedsländer), EURO1: Großbetragszahlungen auf Basis des Target2, STEP1 für Kleinbetragstransaktionen usw. usw. In dem ganzen Spiel gibt es dann noch sogenannte Korrospondenzbanken, die das sog. Clearing und Settlement vornehmen.
Es ist egal was das ist, es zeigt aber wie dermaßen komplex der Zahlungsverkehr in Europa ist. Das der ganze Zirkus kostenintensiv ist, ist klar. Und hier kommt der eEUR (genauer die Wholesale CBDC) ins Spiel.
Was bringt der eEUR (Retail CBDC) für den Konsumenten?
Es werden folgende Vorteile immer wieder genannt:
- Geschwindigkeit: Ich halte das für kein gutes Argument. Man kann heute SEPA Instant Überweisungen machen, dass Geld ist im EUR Raum innerhalb weniger Sekunden auf dem Empfängerkonto. Meine SpaKa App informiert mich sogar über einen "Ping!" wenn Geld rein kommt.
- Da der eEUR CBDC ist, unterliegt er nicht dem Insolvenzrisiko der eigenen Geschäftsbank. Das ist theoretisch richtig, aber allerdings gibt es zumindest in D den Einlagensicherungsfonds und die Geschäftsbanken können sich Geld im Fall des Falles von der EZB zur Befriedigung der Kundenforderungen leihen. Dafür gibt es einen Topf. Ausserdem gibt es mittlerweile auch sowas wie Basel IV (u.a. Eigenkapitalrichtlinien für Banken).
- Preiswerter: Das ist zwar für den Interbankenzahlungsverkehr völlig richtig, für den Retail CBCD ist das m.E. wenn überhaupt höchstens homöopathisch. Das könnte sogar in die andere Richtung losgehen. Man muss nicht meinen, dass die Infrastruktur bei der EZB oder den Geschäftsbanken für einen Retail eEUR nicht auch Geld kosten. Vor allem wenn man die Geschichte mit den Energiekosten der Blockchain diskutiert ... einer muss das ja bezahlen. Allerdings gibt es a) auch DLT die kostengünstiger sind und b) muss man notwendigerweise kein DLT für eine CBDC machen
- Maschinelle Abwicklung im IoT: Das sehe ich deutlich. Während man heute für eine Überweisung von einem Konto weg eine Kontoberechtigung benötigt und auch hinter einem sog. "technischen Teilnehmer" am Ende eine juristische Person stehen muss, ist das beim eEUR nicht mehr nötig. #kekos Bsp mit dem Auto ist gut: Der Besitzer lädt n paa eEUR auf die Kiste und das Auto bezahlt Maut, Ladestrom, Werkstatt etc ... gleich direkt.
Nachteil wird der Verlust von Anonymität sein. Der eEUR als reguliertes, offizielles elektronisches Zahlungsmittel unterliegt auch gesetzlichen Vorgaben. Allen voran den Gesetzen zur Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung /-finanzierung. Heute werden die ZV Ströme automatisch gescannt und auf verdächtige Merkmale untersucht. Diese Zahlungsaufträge werden dann ausgesteuert und und aufwendig manuell kontrolliert bzw freigegeben oder gesperrt. Solch eine Funktion MUSS der eEUR auch haben, will er gesetzeskonform abgewickelt werden. Das widerspricht der Anonymität.
Meine Meinung: Der eEur wird sicher kommen, aber mehr aus politischen und sonstigen Erwägungen (Kosten Interbanken ZV) und weniger weil er so geile Vorteile für den Konsumer schafft. Allerdings bietet der eEUR sicher eine technologische Basis für Anwendungen der Zukunft.
Bei Fragen ... gerne